Weltraummüll

Am 11.1.2007 feuerte China eine Mittelstreckenrakete gegen den ausgedienten Wettersatelliten Feng-Yun 1C ab. Der „erfolgreiche“ Test produzierte mehr als 900 Trümmerteile. Aufgrund der Geschwindigkeit die sie durch die Explosion bekamen sind diese nun auf ganz anderen Bahnen gelangt als der Wettersatellit, der die Erde in 8020 km Höhe umkreiste und haben nun Bahnen von 250-10000 km Höhe. Alleine dieser Test hat den Weltraummüll um ein Sechstel erhöht. Am 19.2 explodierte dann eine Breeze M Oberstufe, als sie sich in 8000-9000 km Höhe befand. Sie sollte vor einem Jahr den Satelliten Arabsat 4 in den Orbit befördern, versagte jedoch bei der zweiten Zündung so dass Satellit und Oberstufe in einem unbrauchbaren Orbit strandeten. Nach einem Jahr ist nun der Treibstoff explodiert und es ergaben sich 1100 Trümmerstücke die wegen der hohen Bahnhöhe noch lange die Erde umkreisen werden. Damit haben Unglücke die Anzahl an Bruchstücken die so groß sind dass man sie mit einem Radar detektieren kann um 40 % erhöht.

Was ist die Gefahr von Weltraummülll? Nun es ist die Geschwindigkeit. Ein Körper bewegt sich auf einer erdnahen Bahn mit mehr 7.8 km/s (in einer geostationären Übergangsellipse z.B. mit 10.2 km/s). Bei kreisförmigen höheren Bahnen wird die Geschwindigkeit kleiner, in der geostationären Bahn zum Beispiel. 3.1 km/s. Haben nun die Bahnen von zwei Körpern eine Neigung zueinander so bewegt sich ein Körper mit hoher Relativgeschwindigkeit. im Extremfall wenn er auf Kollisionskurs ist sogar mit der doppelten Bahngeschwindigkeit des ersten Körpers auf diesen zu.

Selbst kleine Körper können dann eine sehr hohe kinetische Energie erreichen. Ein 1.8 g schwerer Körper auf einer Bahn mit einer Relativgeschwindigkeit von 7 km/s hat bei einem Auftreffwinkel von 45 ° z.B. die gleiche Sprengkraft wie 150 g TNT – das ist in etwa die Menge an Sprengkopf die in einer Handgranate stecken. Ist er aus Metall, so ist er nicht mal so große wie eine Haselnuss.

Man kann sich begrenzt davor schützen indem man Satelliten oder (meistens nur dort gemacht) Raumstationen mit einem Schild umgibt. Dieser besteht aus mehreren Dünnen platten. Zwar werden die erste und manchmal auch zweite Platte durchschlagen, doch beim Durchtritt zerfallen die Teile meist in kleinere Bruchstücke die dann in den folgenden Schichten stecken blieben.

Viel wichtiger ist es jedoch den Müll zu verhindern. Dazu gehört es dass man Raketenstufen passiviert. Also den Treibstoff nach beendeter Mission entlässt oder ihn sogar dazu nutzt die Bahn abzusenken, dass die Stufe schneller verglüht. Selbst wenn man den Kontakt zur Stufe verloren hat sollte es Sicherheitsvorrichtungen geben. Wie z.B. Ventile oder gar zeitgesteuerte Ventile, die automatisch nach Missionsende die Tanks entleeren. So etwas hätte die Explosion der Breeze M wirksam verhindern können.

Eine weitere Gefahr sind bei Feststofftriebwerken die Abgase. Das gebräuchliche Gemisch aus HTTP / Ammoniumperchlorat enthält auch Aluminium und Eisen. Als „Abgas“ gibt es dabei auch Aluminiumoxid größten Teil in Form von feinem Staub, aber eben auch einigen größeren Brocken von Zentimetergröße. Vor allem auf der geostationären Übergangsbahn gibt es durch die PAM-D Oberstufen hier sehr viele dieser Partikel. Durch die niedrigen erdnahen Punkte verglühen diese Teile aber rasch wieder und für den Transfer in den geostationären Orbit benutzt man wegen den höheren Anforderungen an die Lebensdauer meist keine Feststoffabtriebe mehr als Apogäumsmotoren.

Satelliten vor allem dort bringt man mit dem letzten Treibstoff noch in einen höheren Orbit, denn man gerne Friedhofsorbit nennt um eine Kollision mit anderen Satelliten zu verhindern. Ein Einatzzweck von ConusXpress soll es auch sein Satelliten in einen solchen Orbit zu bringen.

Der anti Satelliten Test von China ist dagegen nichts mehr als Dummheit und Angeberei. offensichtlich machen diese alles nach was andere schon als Dummheiten gemacht haben um sich als militärisch starke Nation zu präsentieren. Amerika und Russland haben solche Tests in den 80 ern beziehungsweise 60/70 er Jahren durchgeführt. Das ganze wäre genauso gegangen wenn man ein Ziel mit einer Interkontinentalrakete auf nahezu Orbitalgeschwindigkeit gebracht hätte. Das ist sogar erheblich schwieriger als einen Satelliten mit genau bekannten Bahndaten abzuschießen (wahrscheinlich können das die Chinesen eben nicht).

Wie auf der Erde: Müllvermeidung geht über alles, denn man kann ihn später nicht mehr beseitigen. Im Unterschied zur Erde kann man aber im Weltraum ungestraft Müll produzieren. Niemand zeigt einen an, selbst wenn es zu einem Schaden kommen würde dürfte es sehr unwahrscheinlich sein, dass der Staat dann für die kosten eines ausgefallenen Satelliten gerade stehen muss. Das Schlimme ist: der Müll vermehrt sich von alleine. Wäre Feng-Yun 1C nicht von einem Projektil, sondern einem Stück Weltraummüll getroffen worden – der Effekt wäre der gleiche gewesen, man hätte danach jede Menge neuer Trümmerstücke gehabt, die wiederum mit anderen Satelliten kollidieren können. Es ist ein Teufelskreislauf und seit Jahrzehnten steigt die Menge an Weltraummüll daher auch nur an.

Das Umdenken wird wohl erst kommen, wenn Menschen ihr Leben verlieren, vielleicht weil die ISS getroffen wird. (Eine der Unglücksursachen die man für den Verlust der Columbia annahm war auch die Kollision mit einem Stück Weltraummüll – man rechnet also schon damit).

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