Mit Safer zu Jupiter, Uranus, Neptun
Da ich über den NASA-Reaktor SAFER gestoßen bin, kann ich nun endlich einmal Orbitermissionen zu den äußeren Planeten mit Ionenantrieb angehen. Ich habe mich für ein modulares Konzept entschieden mit einem festen Ionenmodul und einer wechselnden Nutzlast, wobei da es sich um Orbiter zu Gasriesen handelt, auch diese identisch oder ähnlich sein können.
Konzeption
Da man für die äußeren Planeten eine hohe Geschwindigkeit aufbauen muss, startet man am besten von einer niedrigen Erdumlaufbahn aus. Die 7 km/s die man für die Fluchtbahn von der Erde zusätzlich braucht, fallen dann nicht so sehr ins Gewicht. Eine Atlas V 401 wäre die kleinste US-Trägerrakete die der NASA wertvolle Nutzlasten anvertraut. Sie kann maximal 9 t transportieren. Dies ist aber strukturell beschränkt. Dafür kann man eine elliptische Bahn einschlagen. Ich gehe nach einer Simulation von 380 x 1.000 km x 27,8 Grad aus. Für diese habe ich eine Nutzlast von 9 t errechnet. Lockheed-Martin gibt 10,3 t als Maximalnutzlast der Atlas 401 an.
Das Ionenmodul
Bei 9 t Nutzlast ist ein SAFER-Reaktor schon etwas wenig, denn er wiegt nur 526 kg. Ich habe daher drei angesetzt. Als Ionenantrieb habe ich wegen des benötigten hohen Schubs das NEXIS genommen, das immerhin den Prototypstatus verlassen hat. Es hat auch einen hohen spezifischen Impuls.
Für den Treibstoff habe ich Xenon im verflüssigten Zustand genommen, das senkt etwas die Tankmasse. (Anteil: 0,11 der Treibstoffmasse) Für Strukturen zusätzlich zu Stromversorgung, Treibstofftanks und Triebwerke habe ich konstant 500 kg angesetzt. Die Treibstoffzuladung resultiert aus dem geforderten Antriebsvermögen:
Planet | DV Erdfluchtbahn | DV Erdumlaufbahn → Transferbahn | DV Einschwenken Planet | DV Planetenmanöver | Dv Gesamt |
---|---|---|---|---|---|
Jupiter | 7,16 km/s | 9,1 km/s | 5,4 km/s | 1 km/s | 22,7 km/s |
Saturn | 7,16 km/s | 10,6 km/s | 5,4 km/s | 1 km/s | 24,2 km/s |
Uranus | 7,16 km/s | 11,6 km/s | 4,7 km/s | 3,7 km/s | 27,2 km/s |
Neptun | 7,16 km/s | 12 km/s | 4,1 km/s | 1 km/s | 24,3 km/s |
Zur Erklärung: die genauen Geschwindigkeiten (mit Ausnahme des Verlassens der Erde) muss man durch Simulation ermitteln. Ich habe daher die Geschwindigkeiten auf Hohmannbahnen angegeben. In der Realität werden sie bei der Transferbahn höher sein, da das Perihel ansteigt, das senkt aber wieder die Geschwindigkeit beim Einschwenken in den Planeten ab.
Bei den Planetenmanövern habe ich bei Jupiter, Saturn und Neptun nur die Geschwindigkeiten angegeben die man braucht, um in eine stabile Umlaufbahn einzuschwenken. Darauf folgende Bahnänderungen kann man bei diesen Planeten durch Swing-Bys an den größeren Monden Io, Europa, Ganymed, Kallisto, Titan und Triton durchführen. Solche Monde fehlen bei Uranus und daher wurde hier noch die Geschwindigkeit hinzuaddiert, um die Umlaufbahn von einer 44.400 x 5 Mill. Km auf eine niedrige Kreisbahn abzusenken.
Damit kann man das Antriebsvermögen mit einigen Reserven auf maximal 28 km/s festlegen und kommt so zu folgender Gewichtsbilanz im Worst Case / Best Case Fall:
System | Gewicht |
---|---|
Nutzlast | 3.062 kg (Uranus) bis 3.462 kg (Jupiter) |
Treibstoff: | 2.847 kg (Uranus) bis 2.460 kg (Jupiter) |
Tanks: | 314 kg |
SAFER: (3) | 1.578 kg |
Triebwerke: (12) | 598 kg |
Strukturen: | 500 kg |
Das sind komfortable Nutzlasten. Damit man einen Vergleich hat: Cassini wog 2.125 kg ohne Treibstoff, aber leeren Tanks und RTG. Die beide hier wegfallen. Die 2.500 kg reichen also noch für eine Atmosphärenkapsel zusätzlich. Im Folgenden habe ich immer die gleiche Nutzlast, nämlich die minimale von 3062 kg angesetzt.
Stufe 1: Verlassen der Erde
Das Verlassen der Erde ist noch bei allen drei Sonden gleich. Ich habe die Simulation ausgehend von einer 380 x 1000 km Bahn laufen lassen, bis die Grenze der Einflussphäre in 924.000 km Distanz erreicht ist. Der Grund: So gewinnt die Sonde eine leichte Überschussgeschwindigkeit, die man dann auf der Sonnenumlaufbahn addieren kann. Man erhält folgende Daten:
Parameter | Wert |
---|---|
Startmasse: | 9.000 kg |
Endmasse: | 8.165 kg |
Resttreibstoff: | 2.013 kg |
Geschwindigkeitsüberschuss: | 250 m/s |
Geschwindigkeitsänderung: | 7.160 m/s |
Dauer: | 125 Tage |
Stufe 2: Transferbahn zum Planeten
Hier habe ich die Simulation laufen lassen, bis das Aphel wenige Millionen km vor der mittleren Entfernung des Planeten von der Sonne liegt. Das lässt noch Spielraum für das Anheben für das Einfangen und ist immer noch sicher in der Einflusssphäre des Planeten.
Parameter | Jupiter | Saturn | Uranus | Neptun |
---|---|---|---|---|
Startmasse: | 8.165 kg | 8.165 kg | 8.165 kg | 8.165 kg |
Endmasse: | 7.208 kg | 7.012 kg | 6.882 kg | 6.634 kg |
Resttreibstoff: | 1.055 kg | 859 kg | 729 kg | 481 kg |
Geschwindigkeitsänderung: | 9.177 m/s | 9.256 m/s | 12.590 m/s | 13.102 m/s |
Dauer: | 2 Jahre 23 Tage | 5 Jahre 160 Tage | 13 Jahre 322 Tage | 29 Jahre 34 Tage |
Für Uranus und Neptun kommt man auf eine zu hohe Dauer, weil man Hohmannbahnen als Ausgangsbasis hat. Das werde ich in einem weiteren Schritt noch optimieren.
Stufe 3:Angleichen der Umlaufbahn an den Planeten
Parameter | Jupiter | Saturn | Uranus | Neptun |
---|---|---|---|---|
Startmasse: | 7.208 kg | 7.012 kg | 6.882 kg | 6.634 kg |
Endmasse: | 6.713 kg | 6.540 kg | 6.480 kg | 6.480 kg |
Resttreibstoff: | 560 kg | 387 kg | 327 kg | 327 kg |
Geschwindigkeitsänderung: | 4.989 m/s | 5.096 m/s | 4431 m/s | 3914 m/s |
Dauer: | 71 Tage | 70 Tage | 61 Tage | 52 Tage |
Rest-dV | 6411 m/s | 4.489 m/s | 3.811 m/s | 3.811 m/s |
Für Uranus habe ich noch die Abbremsung in eine Bahn mit einem Peripunkt von 70.000 km und einem Start-Apopunkt von 5 Millionen km berechnet. Nach 1 Jahr 81 Tagen hat man eine Bahn erreicht, die bis zum äußersten Uranusmond Oberon reicht. Nach etwas über 2 Jahren auch eine 37.500 km hohe Kreisbahn (über den Ringen). Trotzdem sind noch rund 250 kg Treibstoff übrig. Bei den anderen Planeten kann man die Geschwindigkeitsdifferenz für eine erste Bahn leicht bei Annäherung abbauen. Bei Neptun wäre ein Vorbeiflug an Triton hilfreich.
Zwischenbilanz
Man kommt zu den Planeten. Mit einer großen Reserve an Treibstoff und einer hohen Nutzlast. Für Uranus und Neptun aber mit sehr langen Reisezeiten. Das liegt an den Hohmannbahnen. Für Jupiter und Saturn ist das Konzept schon jetzt tragfähig. Zu Jupiter kommt man in unter 3 Jahren aus einer Erdumlaufbahn – schneller geht es über Swing-Bys im inneren Sonnensystem auch nicht und selbst eine Hohmanntransferbahn benötigt 2 ¼ Jahre. Ebenso sind die rund 6 Jahre zu Saturn vergleichbar mit der Reisedauer von Cassini – nur benötigte Cassini trotz Swing-Bys eine Titan 4B (heute: Delta Heavy) zum Start und keine Atlas 401.
Schneller zum Ziel
Für das anspruchsvollste Ziel: Neptun habe ich eine weitere Berechnung angestellt. Die Nutzlast liegt nun fix bei 2500 kg. Es sind vier anstatt drei SAFER um mehr Leistung für eine schnellere Beschleunigung zu haben. Daraus ergibt sich folgende Berechnung:
System | Gewicht |
---|---|
Nutzlast | 2.500 kg |
Treibstoff: | 2.617 kg |
Tanks: | 288 kg |
SAFER: (4) | 2.106 kg |
Triebwerke: (17) | 990 kg |
Strukturen: | 500 kg |
8154 kg verlassen die Erde nach 90 Tagen mit einer Überschussgeschwindigkeit von 430 m/s. Für die Reise zu Neptun habe ich nun eine Zeitgrenze gesetzt: 12 Jahre. In dieser Zeit kommt man zu Neptun nur mit einer hyperbolischen Bahn. Immerhin nach 22 Tagen hat man in Neptunentfernung die Geschwindigkeit soweit abgebremst, das man nur noch 30 m/s relativ zu Neptun hat und sich einfangen lassen kann. Es kommen noch 6.467 kg an mit 84 kg Resttreibstoff.
Für Uranus reicht eine Ellipse mit einem Aphel von 3900 Millionen km, um in 10 Jahren zu Uranus zu gelangen. Hier ist man nach weiteren 79 Tagen den Uranus erreicht mit 6883 kg Restmasse und in die hochelliptische Umlaufbahn gelangen noch 6.531 kg Restmasse. Für die Absenkung der Bahn braucht man dann den restlichen Treibstoff, es bleibt hier praktisch nichts übrig. Trotzdem dauert es knapp 3 Jahre weil man nur um Treibstoff zu sparen um den planetennächsten Punkt den Antrieb betrieben kann. Aber man ist ja schon in einer Umlaufbahn und kann den Uranus erkunden.
Andere Ziele
Es gäbe noch andere Ziele im äußeren Sonnensystem. Relativ unkompliziert sind Asteroiden im Gürtel zwischen Mars und Jupiter. Sie sind vergleichsweise erdnah, die Reisezeiten daher kurz. Hier würde sogar ein SAFER ausreichen, wenn man Reisedauern erlaubt wie man sie heute schon gewohnt ist – Juno brauchte auch 5 Jahre zu Jupiter. Wegen des kleinen Geschwindigkeitsbedarfs (etwa 18 km zu Ceres) könnte man auch mit einem Start zwei Sonden auf den Weg bringen.
Das gilt auch für die Trojaner, das sind Asteroiden, die durch den gravitativen Einfluss von Jupiter sich um dessen Umlaufbahn befinden, aber vor oder hinter ihm. Zu einem wird PSYCHE aufbrechen.
Erreichbar wäre auch gut Chiron. Chiron ist ein wirklich interessantes Objekt. Es it der größte und am besten erforschte Planetoid der Zentaurengruppe. Sein Orbit liegt zwischen dem von Saturn und Uranus und er ist 218 km groß, also relativ groß. Man hat bei ihm 1991 eine Koma entdeckt, sodass er auch als „verhinderter“ Komet gilt. Aufgrund seiner Umlaufbahn wäre er schneller erreichbar als Uranus mit einem Geschwindigkeitsaufwand von nur 22 km/s, in etwa so viel wie für Jupiter.
Schwierige Ziele
Theoretisch kann man ja alles erreichen, wenn man nur genügend Zeit hat. Doch die haben wir nicht. Die längsten Missionen, die es bisher gab, lagen knapp über 10 Jahren, bis man am Endziel ankam wie:
- Voyager 2: (12 Jahre)
- New Horizons (9 Jahre)
Geht es um Körper des Kuiper Gürtels, so gibt es dazu nur einen Weg: anfangs sehr stark beschleunigen und kurz vor dem Ziel abzubremsen. Bei 2000 kg Nutzlast ist man so nach 125 Tagen in einer Sonnenumlaufbahn. Nach weiteren 6 Jahren, 240 Tagen (davon 178 Tage angetrieben) auf einer hyperbolischen Bahn in 4400 Millionen km Entfernung. Bremst man nun ab, so ist man nach 101 Tagen auf der Bahn von Pluto angekommen. In der Realität wird man das langsam machen, und erst kurz vor Pluto abbremsen. Immerhin kommt man so in realistischen Zeit zu Pluto. Für noch entferntere KBO ist aber auch das keine Lösung, weil man sonst extrem viel Treibstoff benötigt, um auf tolerierbare Reisezeiten zu kommen.
Interessant.
Hat mich dazu bewogen mir mal nach langer Zeit die Wiki Artikel zu Cassini, New Horizons und den anderen Sonden anzuschauen.
Hatte völlig vergessen wie damals ein Geschrei wegen des Plutoniums bei Cassini gemacht worden ist. Bei New Horzions, welches nur 2 Kilo weniger hatte dagegen nix.
New Horizons hatte dreimal weniger Plutonium als Cassini, da nur ein und nicht drei RTG.