Der Terminator
Was hat Winfried Kretschmann mit Angela Merkel gemeinsam? Beide sorgen dafür das ihre jeweiligen Koalitionspartner in die Bedeutungslosigkeit versinken. Das kann man nach der Landtagswahl in Baden Württemberg am Sonntag wohl sagen.
Ja in der Wirkung ist Kretschmann noch „verheerender“ als Merkel. Denn während die Kanzlerkandidaten der SPD noch in der Politik eine Rolle spielen – mit Ausnahme von Martin Schmidt – Steinmeier ist sogar Bundespräsident geworden, sind die willigen Spitzenpersonen der Koalition mit den Grünen im Südwesten im Nirvana verschwunden. Hat jemand etwas in den letzten Jahren von Nils Schmidt gehört? Nach vier Jahren Koalition mit den Grünen verlor die SPD 10,4 Prozent auf 12,7 %. Die Grünen legten um 6,1 % zu. Nils Schmidt kam nur mit 14,2 % der Stimmen als Zweitstimmenkandidat über die Landesliste ins Parlament. 2016 kandidierte von der CDU Guido Wolf, der immerhin mit 33,7 % der Stimmen das Erstmandat holte. An dem desaströsen Ergebnis der CDU, die nun zweitstärkste Partei wurde, änderte das nichts. Vom Spitzenkandidaten merkte man nach der Wahl bei Wolf nichts. Schon bei der Wahl der Fraktionsposten ging er leer aus und bekam schließlich den bedeutungslosen Posten eines Ministers für Justiz und Europaangelegenheiten. Damals gab es nach der Wahl noch eine Debatte, wer die neue Regierung bilden sollte. Die CDU obwohl von den Stimmen her zweite meinte 2016, einen Führungsanspruch zu haben. Schlussendlich musste sie Juniorpartner in einer Grün-Schwarzen Koalition werden, vor allem weil die AfD mit 15,4 Prozent der Stimmen andere Konstellationen unmöglich machte.
Diesmal hat es Spitzenkandidatin Eisenmann noch schlimmer erwischt. Im selben Wahlkreis wie der Umweltminister Winfried Herman von den Grünen bekam sie nur 21,7 Prozent, Herman 39,8. Das reichte nicht mal für ein Zweitstimmenmandat. Sie ist also als Spitzenkandidatin nicht mal im Parlament. Das war wohl die Quittung für eine verkorkste Coronoapolitik. In ihrem Verantwortungsbereich liegen auch die Schulen und da glänzte sie nur mit Forderungen nach schnellem Präsenzunterricht, während digitale Lernplattformen nicht funktionierten und überhaupt für ein Hightech Land die Schulen und ihr Personal hinsichtlich Nutzung von Computern und Netzwerken hinterherhinken. Als sie bei einer Spitzenkandidaten-Diskussion am 2.3. mit Kretschmann noch behauptete ein „Impulspapier“ der Staatskanzlei nicht bekommen zu haben wurde ein GAU draus. Wie sich Tags später herausstellte, kam die Mail bei ihr an, es gab sogar Beweisfotos davon. Macht keinen guten Eindruck und verstärkt den Eindruck, dass Eisenmann auch sonst mit Computern auf Kriegsfuß steht. Erneut ist die CDU im Ergebnis nun gefallen.
Nun stehen die Sonderungsgespräche für die nächste Periode an. Auch wenn es heißt, dass es ergebnisoffen ist, lege ich mich fest: es wird wieder eine Grün-Schwarze Regierung. Warum? Sie hat die letzten fünf Jahre einfach gut funktioniert. Man hat nichts von Dissonanzen gehört, bis Anfang des Jahres als Eisenmann um sich abzusetzen, die Schulen früher öffnen wollte. Anders als z.B. die Koalition in Berlin, wo einzelne Minister andauernd mit nicht abgestimmten Vorschlägen vorpreschen, es Streit zwischen den Ministerien gibt, wo es über Schneidungen der Ressorts gibt oder Seehofer die Regierung erpresst. Der nächste Punkt ist, es das man eine Koalition aus zwei Parteien einfacher schmieden kann als mit drei. Zudem hat der FDP zwar in der Spitzenrunde angekündigt, dass man gerne mitregieren würde, egal mit wem, aber die Positionen zwischen FDP und Grüne sind doch weit auseinander und als wirtschaftsnahe Partei versuchen sie so viel wie möglich rauszuholen, auch wenn dann die Koalitionsgespräche platzen. Hat ja bei Lindner 2018 dann nicht geklappt mit der Erpressung anderer Partner. Lindner war entsprechend auch skeptisch wegen der politischen Differenzen. Unter ihm wird die FDP wohl nur regieren, wenn sie ihr Programm zu 100 % durchsetzen kann, was bei einer Regierung, wo sie nur 10 % der Wählerstimmer stellt, etwas problematisch werden würde. Ansonsten würde man ja „schlecht regieren“
Immerhin hat die CDU nun den Führungsanspruch der Grünen anerkannt und startet keine eigenen Sondierungsgespräche, denn rein rechnerisch würde es auch zu einer CDU/FDP/SPD Regierung reichen. Journalisten sehen auch die Chancen für Grün-Schwarz relativ hoch, weil sonst die CDU zusammen mit der AFD in der Opposition sitzen würde, und zwar nur mit der AfD. Dann würde auch Strobels Stuhl wackeln, der als CDU-Vorstandsmitglied eigentlich der bekannteste CDU-Politiker im Land ist, obwohl er nicht in der Regierung sitzt weder im Land noch im Bund. Schlau wie er war, hat er immer anderen den Vortritt bei den letzten zwei Wahlen gelassen, um gegen Kretschmann anzutreten.
Wie gut es zumindest persönlich in der Regierung abläuft, konnte man auch beim Spitzenduell zwischen Kretschmann und Eisenmann sehen. Der Umgangston war mit Ausnahme des „Impulspapiers“ freundlich und so weit auseinander waren die beiden auch nicht. Anders, als eine Woche später bei der Spitzenrunde bei der dann auch die Spitzenkandidaten der anderen Parteien anwesend waren. Da bezeichnete Bernd Kögel, angeblich Vertreter des gemäßigten Flügels der AfD den FDP-Fraktionsvorsitzenden Hans Ulrich Rülke als „Ökosozialisten“. Dabei war der, der einzige in dieser Runde, der wie die AfD weiter den Diesel produziert sehen will. Das ist insofern auch bemerkenswert, das von allen Parteien es zur FDP die meisten Überscheidungen gibt. Lindner und die FDP-Spitze betonen zwar andauernd das es ein anderes Menschenbild bei der FDP gäbe, aber jeweils der Buzzthemen der AfD wie Zuwanderung, Asylanten, Religion oder was sie sonst als „nicht deutsch“ ansehen ähnelt ihr Programm doch der FDP, vor allem im Bereich Wirtschaft bzw. den Schnittpunkten Wirtschaft mit Umwelt, Verbrauchern, Landwirtschaft. Das ist kein Wunder denn die die Abgeordneten stellen kommen aus der gleichen Wählerschicht der Selbstständigen, Unternehmer und Besserverdiener. Entsprechend findet man bei FDP wie AfD die Forderung nach Abbau von Sozialleistungen und schlankem Staat. Selbst bei der Coronapolitik gibt es kaum Unterschiede zwischen den Äußerungen von Kubicki und der AfD Spitze.
SPD Kandidat Andreas Stoch vergab bei der runde in der Schulpolitik als zweites Aufregerthema eine Note 6, das wollte Kretschmann nicht stehen lassen. Er wäre ja auch Lehrer (wie Stoch) und er hätte nie eine 6 vergeben. „Etwas kann ein jeder“. Und formal hat er recht. Eine 6 gibt es nur, wenn jemand komplette Arbeitsverweigerung betreibt, also ein leeres Blatt abgibt. Jenseits der Schule so kenne ich endet die Notenskala bei der 5. Das finde ich persönlich das Herausragende. Während sonst in der Politik es an der Tagesordnung ist über den politischen Gegner persönlich, in jedem Falle aber über seine Politik kein gutes Haar zu lassen bleibt Kretschmann auf dem Boden, lobt auch den Gegner, wenn der etwas in seinen Augen richtige tut. Vor ein paar Jahren wurde er von Parteifreunden kritisiert, weil er sagte, er bete jeden Tag für Merkel. Das heißt ja nicht das man ihre Politik gut findet, aber wenn durch göttlichen Beistand sie das Richtige tut, warum nicht?
Was mich persönlich gefreut hat, war nicht nur das die Grünen auch in Rheinland-Pfalz zugelegt haben und die AfD in beiden Ländern deutlich verloren hat. In BW rutsche die AfD von der stärksten Oppositionspartei zur kleinsten Fraktion – ich tippe drauf, dass sie noch kleiner wird, wenn sich die Abgeordneten der AfD wieder selbst zerfleischen. 2016 hatte die AfD nach der Wahl 21 Mandate, seitdem ist die Fraktion auf 13 Abgeordnete geschrumpft, weil Mitglieder austraten oder von der Partei ausgeschlossen wurden. Ähnliches kennt man ja auch von der Bundes-AfD, wo Lucke und Petry gechast wurden und seit Jahren ein Kampf zwischen „dem Flügel“ und denen tobt, die vielleicht irgendwann mal regieren wollen. Das scheint eine Eigenheit von rechtsextremen Parteien zu sein. Nicht nur heute. Auch Mussolini haben sie abgesetzt und in anderen europäischen Ländern rumort es auch innerhalb der Rechtspopulisten. So die innerparteilichen Konflikte lösen, wie bei dem großen Vorbild geht ja nicht. Da hat man einfach alle innerparteilichen Konkurrenten erschossen und behauptet die wollten putschen.
Viel gelernt hat man in der AfD nicht. Nicht nur, dass man die FDP als Ökosozialistisch bezeichnet. Nein, Bernd Kögel wollte auch mit Niemanden regieren. Eine Partei, die nicht mit anderen regieren will, wird ihr Parteiprogramm nie auch nur teilweise durchsetzen können, außer die hat mehr Mandate als alle anderen zusammen, denn mit anderen wollen sie ja nicht regieren. Das scheint nun einigen AfD Wählern gedämmert zu haben. Überhaupt ist die AfD der Verlierer unter den Parteien in der Coronakrise. Klar es profitieren immer die Regierungen, egal wie unsinnig ihre Beschlüsse sind (Beispiel in BW: nächtliche Ausgangssperre, obwohl nichts mehr offen ist, wo man hingehen kann und das mitten im Winter, wo die Leute auch nicht in der lauen Sommerluft spazieren gehen). Aber die AfD hat doch alles getan, um ihr Fähnchen in den richtigen Wind zu hängen. Vor einem Jahr wollten sie noch viel härtere Maßnahmen, als die Regierung verhängte, dann sprangen sie, als den Leuten die Maßnahmen auf den Geist gingen, auf den Zug der Coronaleugner auf und sind nun gegen alle Maßnahmen. Ich sehe das schlechte Ergebnis der AfD als Zeichen, dass wenn die Leute wirkliche Probleme haben und nicht herbeigeredete Luxusprobleme, wie eine angebliche Überfremdung oder Asylantenschwemme, sie dann doch ihren Verstand einschalten. Ich glaube allerdings nicht das das Aufregerthema der letzten Wochen, das die AfD als Gesamtpartei vom Verfassungsschutz beobachtet wird eine Rolle spielte. Denn ehrlich gesagt, wer jemals Reden von Waigel, Gauland, Storch, Höcke und Co gehört hat, weiß dass diese Menschen mit Grundideen der Demokratie wie Meinungsfreiheit nichts am Hut haben, und in ihrer Rhetorik nicht viel weiter sind als zu Zeiten, wo es noch ein Propagandaminsiterium gab. Vor einigen Jahren hat Extra 3 ja AfD Abgeordneten Zitate vorgelesen und sie raten lassen ob sie von Björn Höcke oder Nazis stammen. Die meisten erkannten nicht von wem sie stammten. Eine moderne Version findet ihr hier.
Warum sollte man die Note 6 nicht vergeben?
Ich hatte in der Schule regelmäßig Diktate, auf denen stand „6 wenn nicht 7 oder 8“. Mit 15 Rechtschreibfehlern gab es eine 6, und ich hatte 30 Rechtschreibfehler.
Eine 6 im Zeugnis hatte ich auch in der 7. Klasse. War immer sehr ungehalten, daß Sprachen höher bewertet wurden und werden als Naturwissenschaften, und ich eine 6 nicht mit mehreren 1sen ausgleichen konnte.
Also in meiner Schule zählten nicht nur die Arbeiten sondern auch die Mitarbeit für die Zeugnisnote und ich kann mich nicht erinnern das irgendjemand daher eine 6 bekommen hat, außer er war nie da.