Die Crux mit den Gleitern
Kürzlich bekam ich eine Mail von Martin Rosenkranz mit einem ganz interessanten Ansatz:
Da die Entwicklung ganz neuer Konzepte ja offenbar an der technischen Umsetzbarkeit scheitert scheint es auch in absehbarer Zukunft recht „konventionell“ weiter zu gehen – > siehe Ares-Konzept mit bewährten Komponenten und Konzepten.
Auf Grundlage vorhandener Technologien habe ich eigene Überlegungen angestellt und ich würde gerne mal eine zweite Meinung hören – von jemandem der offenbar genügend Überblick hat und siehe „Technische Spinnereien“ auch gern mal ein bisschen spekuliert.
Folgende Voraussetzungen bildeten meine Vorgaben:
Treibstoff: LHX/LO2: Trotz der niedrigen Dichte des flüssigen Wasserstoffs und der damit verbundenen großen Tanks glaube ich, dass eine hohe Startfrequenz nur mit umweltfreundlichen und unbegrenzt vorhandenen Treibstoffen realisierbar sein wird. Das DLR ist im Versuchsstadium bereits in der Lage Wasserstoffe Solar zu erzeugen. Auch wenn das streng Ökonomisch betrachtet noch lange kein „Gratistreibstoff“ ist reizt die Kombination, dass am Äquator nicht nur der beste Startplatz sondern auch der Ort der stärksten Sonneneinstrahlung ist doch sehr….
Wiederverwendbarkeit: Auch wenn die Shuttlestarts in Realität weit nicht so billig waren wie ursprünglich geplant denke ich doch dass man der Lernkurve eine Chance geben sollte – vor allem was den Bereich SSME sowie dem Gleiterkonzept an sich betrifft.
Eine möglichst „kompakte“ Entwicklung. Keine verschiedenen Antriebe und Treibstoffe – bodengestartete, im Flug gestartete und daher wenn möglich keine Flugkörper verschiedener Größe – somit Serienfertigung und wenn möglich kombinierbar – mal mehr mal weniger, mal schwerer, mal leichter. Das Stufenkonzept fällt also flach.
Einen richtigen spinn-off haben meine Gedankengänge genommen, nachdem ich gelesen habe, dass für die Ariane V an wiederverwendbare Feststoffbooster gedacht wird die zum Startplatz zurückfliegen.
Also hab ich angefangen zu überlegen und her umzurechnen und rausgekommen ist bisher folgendes:
Der gesamte Antrieb meines Launchers besteht aus möglichst kleinen Gleitflugköpern welche die Triebwerke, Pumpen, Steuerelektronik, Telemetrie beinhalten – faktisch all die teure Technik die man gerne zurück haben möchte.
Diese sind angeordnet um einen gemeinsamen Treibstofftank auf dem auch die Nutzlast sitzt und werden im Zuge des Starts nach und nach abgekoppelt – sobald sie nicht mehr benötigt werden – und fliegen antriebslos zum Startplatz zurück. All das ist kein Neuland – genau so wenig wie die SSME Motoren und Leitungsdaten die ich unverändert in das Konzept eingearbeitet habe.
Derzeit schaut mein Launcher so aus (gerundete Werte):
5 idente Gleitflugkörper mit je 3xSSME – das Gerät zu je 42,9t 2 Treibstofftanks á 654,7t LOX und 109,1t LH2 sowie einer Leermasse von je 31,7t (einer davon ist fast ident zu den Werten des Space Shuttle ET’s – nur würden sie wohl jeweils etwas kürzer und breiter ausfallen). Die Tanks werden gestackt – dazwischen kommen 103t Nutzlast – die Gleitflugkörper werden rundum angeordnet. Die gesamte Startmasse beträgt 1.908.746kg – im Vergleich dazu Startschub: ca. 2.556t Der erste Gleitflugkörper brennt 50 Sek. bis zum Abkoppeln, der zweite 100, der dritte 150 Sek. Der vierte brennt 240 Sekunden und nimmt beim abkoppeln einen – jetzt leeren – Tank mit. Der fünfte Gleitflugkörper brennt ab Start 540 Sekunden und erreicht mit der Nutzlast, einem Tank und sich selbst (= 177,6t bei Brennschluss) nach diesen 9 Minuten eine rechnerische Endgeschwindigkeit von 9.700,25 m/s – das sollte glaub ich reichen für ein LEO.
Sämtliche Antriebskomponenten kommen von allein zurück – und ich erreiche fast 5,4% Nutzlastanteil – ein halbes % besser als die Ares V – von der man grad mal zwei ausgebrannte Feststoffbooster aus dem Meer fischen darf….
Was mich jetzt interessieren würde ist ob ich hier Schwachsinn errechnet habe oder ob die Kalkulation in etwa passt? (Ich hab z.B. bis 240Sek. mit dem spezifischen Impuls SL und ab da mit Vakuum gerechnet).
Das tolle an diesen Gleitflugkörpern wäre, dass man sie nach Bedarf früher abkoppeln bzw. auch länger laufen lassen könnte – je nach Problemlage beim Start – bzw. man während des Starts selektieren kann welchen man weiter laufen lässt und welcher abgekoppelt wird – und man hat fünf komplette Sets an Flugsteuerrechnern. Und man kann diese Antriebseinheiten natürlich auch anders kombinieren – mit einer geringeren Nutzlast und entsprechend kleineren Tanks eben nur drei oder vier ohne gleich ein vollständig neue Entwicklung in Angriff nehmen zu müssen.
Spaß macht natürlich auch die Sache mit Zukunftsprojekten durchzurechnen – z.B. der Cobra Engine. Unter der Annahme eines identen spezifischen Impulses und Treibstoffverbrauches (verglichen mit SSME) käme ein Gleitflugkörper mit 2 Cobras auf 32,4t – die Startmasse auf 2.614t, Startschub 3.674t, die Nutzlast auf 158t bei 9.720m/s.
Was halten sie davon ?
Ja was halte ich davon?
Es ist eben doch eine Stufung, auch wenn sie etwas versteckt ist. Das Konzept ist das einer praktischen Paralellstufenrakete. Ein zugegebenermaßen optimiertes Konzept mit einer Mischung aus der Atlas (Abwurf der Triebwerke) und R-7 (Abwurf der Triebwerke mit Tanks). In Wirklichkeit hat Martin Rosenkranz eine fünfstufige Rakete modelliert.
Die Problematik besteht in einem anderen Ecke. Nehmen wir mal die Wiederverwendung ganzer Stufen. Ich kenne hier zwei konkrete Projektstudien. Zum einen die von Ariane 5 EPC als Booster der Ariane 5 anstatt den EAP. Das zweite ist der Baikal Booster, eine geflügelte Version der Angara 1.2. Bei letzteren ist der Effekt deutlich zu sehen. Verglichen mit dem Angara URM wiegt Baikal mehr als das doppelte bei der Abtrennung von der Oberstufe. Und genauso stark sinkt die Nutzlast ab: Von 3800 auf 1900 kg.
Das zweite Beispiel sind die LFBB Booster der Ariane 5. Auf den DLR Seiten haben sie die dreifache Trockenmasse einer EPC. Auch hier sinkt die Nutzlast ab – durch zwei Oberstufen und den höheren Geschwindigkeitsbedarf für den Orbit aber nicht so sehr. Hier wird immerhin ein Drittel verschenkt, (16.5 anstatt 12.5 t).
Das zeigt, dass die Wiederverwendung von Stufen deutlich Nutzlast kostet und das nicht zu knapp. Dabei wird hier nur die erste Stufe geborgen. bei der die Anforderungen noch klein sind. Das Hauptproblem ist folgendes: Eine Rakete startet vereinfacht gesagt in einem ballistischen Profil, wie bei einer Wurfparabel. Die Stufen landen dann auf der Aufstiegsbahn wenn nichts passiert einige Hundert Kilometer vom Startplatz entfernt. Da alle Weltraumbahnhöfe nah am Ozean sind (mit wenigen Ausnahmen) gibt es da keinen Landeplatz. Also muss eine Raketenstufe, wenn sie zurück zum Startplatz fliegen will, erst mal die gesamte Geschwindigkeit aerodynamisch abgebaut werden und dann fliegt das Vehikel mit einem Düsentriebwerk zurück zum Startplatz. Der Baikalbooster braucht dazu 3,2 t Treibstoff, die Ariane 5 Stufe 4 t. Das Düsentriebwerk und den Treibstoff – das alles bringen wir erst mal mit in die Höhe, und brauchen es nur zur Landung, weil der Landeplatz nicht da ist wo wir ihn haben wollen.
Bei einer ersten Stufe geht das noch, die Nutzlasteinbuße ist noch verschmerzbar, auch weil die Struktur nur begrenzt verstärkt werden muss. Doch bei oberen Stufen nimmt sowohl die Distanz die zurückgelegt wird, wie auch die Kräfte die beim Abbremsen wirken, rapide zu und sie wird deutlich schwerer. Dann müssen die Tanks strukturell verstärkt werden oder brauchen einen Hitzeschutzschild. Weil die obere Stufe aber größeren Einfluss auf die Nutzlast hat sinkt so die Nutzlast rapide ab.
Eine Lösung ist es, wie von Martin Rosenkranz vorgeschlagen, das Problem zu umgehen, indem man das teuerste birgt: Die Triebwerk und den Tank als Verlustgerät einstuft. Auf den ersten Blick gewinnt man viel, weil man rund die Hälfte bis zwei Drittel der Startmasse nicht bergen muss und auch die Tanks nicht schwerer werden. Man verliert aber auch ohne die Tanks mächtig Auftrieb und muss dies durch einen größeren Flügel kompensieren. Auch hier braucht man ein Triebwerk um zurück zum Startplatz zu kommen, aber ich halte das für die erste Stufe für machbar,. Eine solche Rakete sähe dann aus wie ein Shuttle-ET an dem unten ein Gleiter sitzt – er nimmt die Triebwerke auf.
Die Frage ist ob jemand den logistischen Aufwand betrieben wird jedes einzelne Triebwerk zu bergen, wie Martin Rosenkranz es vorschlägt. Meine Vorstellung: Eher nein. Der Gewinn dieses Übergangs auf fünf Stufen ist auch bei LOX/LH2 minimal. Schon eine dreistufige Lösung bringt nur 25 % mehr Nutzlast und mit jeder weiteren Stufe wird der Gewinn kleiner.
Optimal würde ich folgendes halten: Wir legen die Booster/Gleiter so aus, dass die Abtrennung dann erfolgt, wenn sie nur durch einen aerodynamischen Gleitflug einen Flughafen oder eine andere Landemöglichkeit erreichen können. Das dies möglich ist, ohne aktives Triebwerk, zeigen ja die Space Shuttles. Bei einem Start von Cape Canaveral wäre das ein Landeplatz in Spanien oder Portugal, bei Ariane auf Ascension Island oder an der Spitze Brasiliens. Natürlich muss dann die Abtrennung bei höheren Geschwindigkeiten erfolgen, ich schätze rund 4000-5000 m/s anstatt wie bisher rund 2000 m/s. Damit bergen wir aber auch die meisten Triebwerke und verlieren in der Oberstufe nur eines. Dafür wäre dann eine reine Gleitlandung nötig. Das spart Treibstoff und Düsentriebwerke ein.
Eine mögliche Konfiguration auf Basis der Shuttles wäre dann diese:
Zwei Tanks übereinander, am oberen, kleineren die Nutzlast befestigt. Am oberen ein einzelnes SSME (Tank: 200 t voll, 7,3 t leer, SSME mit Schubgerüst 4,7 t) und am unteren Tank 8 SSME (mit Schubgerüst 72 t – 36 t Triebwerke, 36 t Gleiter) und ein Tank mit 828 t Startmasse und 31,3 t Leermasse).
Beim Start werden alle SSME aus dem unteren Tank gespeist, sie starten mit 1,25 g. Nach 190 Sekunden ist er leer und unterer Tank und SSME werden abgetrennt, nur die SSME werden geborgen. Danach fliegt das einzelne SSME mit dem oberen Tank weiter, bis es einen Orbit erreicht. (weitere 413 Sekunden). Die Nutzlast des beim Start rund 1200 t schweren Gefährts beträgt rund 91,2 t, Das sind 7,6 % Nutzlastanteil und damit gute 50 % mehr (trotz nur zwei Stufen). Allerdings hat Herr Rosenkranz auch den Fehler gemacht mit dem Bodenimpuls zu rechnen – bei 9700 m/s kann er ruhig den Vakuumimpuls nehmen, ich tu das bei meinen Simulationen und Vergleichen mit existierenden Raketen auch.
Eine Alternative wäre es auf eine weiche Landung zu verzichten und die Stufe oder Triebwerke durch Fallschirme/Airbags abzubremsen und dann zu bergen. Das ganze scheint aber nicht ganz ausgereift zu sein. Bei meiner Recherche zum Ariane 5+Vega Buch scheinen die Hälfte aller Booster untergegangen zu sein und bei der Falcon 1 hat man bei fünf Flügen es auch noch nicht geschafft auch nur einmal die erste Stufe zu bergen. So wundert es mich nicht, dass man an diese einfache Möglichkeit bei der DLR wohl nicht denkt.
> Wir legen die Booster/Gleiter so aus, dass die Abtrennung dann erfolgt, wenn sie nur durch einen aerodynamischen Gleitflug einen Flughafen oder eine andere Landemöglichkeit erreichen können.
Also das mit dem Rückflug hab ich schon mit einberechnet.
Wie gesagt Nr.1 trennt nach 50 Sekunden – dann ist das Ding etwa 700-800m/s schnell, etwa 8-9.000m hoch und ca. 2km vom Startplatz weg in einer Aufwärtsbewegung. Der Speed wird durch weiteren Steigflug abgebaut, ausgelevelt irgendwo auf 13.000m+ und dann gehts Zurück.
Ich spekuliere jetz mal mit Gleitzahlen – über 10.000m 2:1, von 5-10.000 3,5:1 und unter 5.000 5:1 (das ist ausreichend mies gerechnet und sollte wohl machbar sein) – dann kann der Landeplatz für Nr. 1 rechnerisch 48,5km weit weg sein.
Nr.2 trennt nach 100 Sekunden – etwa 1.700m/s schnell, etwa 25.000m hoch und ca. 18km vom Startplatz weg in einer Aufwärtsbewegung. Der Speed wird durch weiteren Steigflug abgebaut, ausgelevelt irgendwo auf 30.000m+ und dann gehts zurück -möglicher Gleitweg rechnerisch 82,5km.
Nr.3 trennt nach 150 Sekunden – etwa 2.700m/s schnell, etwa 60.000m hoch und ca. 40km vom Startplatz weg in einer Aufwärtsbewegung. Der Speed wird durch weiteren Steigflug abgebaut, ausgelevelt irgendwo auf 70.000m+ und dann gehts zurück -möglicher Gleitweg rechnerisch 162,5km.
Nr.4 trennt nach 240 Sekunden – etwa 4.100m/s schnell, etwa 100.000m hoch und ca. 150km vom Startplatz weg in einer Aufwärtsbewegung. Die Bewegung geht weg vom Tank, dann in die Senkrechte, Richtung Startplatz gedreht und wenn das Ding wieder in der Waagrechte ist und vielleicht auf 1.000m/s abgebaut hat ist es 120.000m hoch und näher drann am Startpaltz als zum Zeitpunkt des abkoppelns war – möglicher Gleitweg rechnerisch 262,5km.
Nr. 5 erreicht die Umlaufbahn und macht einen passenden Deorbit mittels einer ausreichenden Menge MNH/NTO.
PS: ich glaub inzwischen, dass ich gar keine 42,9t bräuchte für meinen kleinen „Traktor“.
Drei SSME wiegen 9,5t, sagen wir das ganze Gerät ist 16-20m lang und hat 12m Spannweite – macht gesamt 13t für Struktur, OMS, Elektronik, Fahrwerk (üppig) + 5t MNH/NTO – dan macht das 27,5t geben wir noch mal 15% drauf sagen wir 31,5t (locker erreichbar.
Und wenn ich jetzt alles mit Vakuumimpuls rechne komm ich auf 155t Nutzlast = 8,142% Nutzlastanteil.
Allerdings glaub ich das nicht, denn berücksichtigt müssen werden die Erdanziehung, die Massenträgheit und der Luftwiderstand beim Start. Immerhin brachte die Startstufe der Saturn V die letzten 30 Sek. vor dem Ausbrennen über 2Mio kg mehr Schub als das Ding wog und auch das Shuttle ist ab Sek. 30 mit über 1Mio. kg im Plus und beim Ausbrennen der Booster sinds 2Mio. kg
Mein Gerät pendelt in der Zeit zwischen 500k u 700k kg – kommt also deutlich „zäher“ vom Boden weg.
Da stimmt aber einiges nicht. Eine V2 hatte auch Abtrennungsgeschwindigkeit 1600 m/s und flog 370 km weit. Auch die Shuttle SRB fliegen rund 280 km weit bei derselben Abtrenngeschwindigkeit.
Eine Thor erreicht bei rund 4000 m/s rund 2400 km Weite.
Wichtig ist nur die Startbeschleunigung, danach wird sie ja immer besser. Die Startbeschleunigung sollte mindestens 1.25 g betragen, ideal sind 1.6 g. Die Spitzenbeschleunigung sollte unter 5.5 g liegen
9700 m/s sind ein typischer Wert den eine Rakete erreichen muss (benötigt werden für einen Orbit nur 7800 m/s. Die Spannweite liegt zwischen 9100 und 10.100 m/s. Der letzte Wert ist z.B. typisch für Ariane 5 weil sie nach Boosterbatrennung weniger Schub hat als sie wiegt.
Kleine Anmerkung: Wasserstoff als Treibstoff ist hier überflüssig. Ich hatte mal überschlagen, dass 80.000 Starts einer Sojus Rakete pro Jahr (einer alle sechseinhalb Minuten) ungefähr so viel Kerosin verbrauchen, wie die USA zur Zeit in einer Woche an Öl importiert …
Peak Oil hin oder her, dafür wird es auch in hundert Jahren noch reichen … oder wir haben *ganz* andere Probleme.
Die 80.000 Raketen würden übrigens (trocken und ohne Nutzlast) je 25 Tonnen wiegen, soviel wie 20 Autos. Und da die Sojus zum großen Teil aus simplen Tanks besteht und auf beinahe antiker Triebwerkstechnik beruht, kann man davon ausgehen, dass sie mindestens genauso leicht preiswert in Massenfertigung hergestellt werden kann wie 20 moderne Autos – nur die Werkhallen müßten etwas größer sein. Wenn Boeing pleite geht, wird eine passende frei. 😉 Notfalls kann man auch etwas Nutzlast der leichteren Herstellbarkeit opfern, dann bringt sie eben nur 6t statt 7,5t in den Orbit.
Alles in allem entsprächen diese 80.000 Raketen im Herstellungsaufwand gerade mal einer Größenordnung von weniger als der Hälfte der Autos die General Motors 2008 in den USA verkauft hat. (2000 wäre es sogar nur ein Drittel gewesen.)
Die Nutzlast die man damit pro Jahr in den Orbit bringen könnte (7*80000t= 560.000t), entspricht etwa der Leermasse von 2 bis 4 Cape Size Frachtern. (Also Frachtschiffen, die nicht mehr durch den Suezkanal passen, sondern um das Kap der Guten Hoffnung herum schippern müssen.)
Massenfertigung geht eben auch ohne Otrag und Co.
Ja, ich denke auch Serienfertigung ist der Schlüssel zu niedrigeren Startkosten.
Wiederverwendung wirft meiner Meinung nach mehr Probleme auf als sie löst. Die Triebwerke müssen für eine ganz andere Lebensdauer ausgelegt sein und jedes mal aufwendig inspiziert werden müssen.
Für die Serienfertung von Wegwerfraketen ist das Problem aber, dass es zu wenig Nutzlast gibt, um Raketen komerziell in Serie zu produzieren. Und die Nachfrage kann man nur steigern, wenn die Startpreise sinken. Was kam zuerst, das Huhn oder das Ei?
Im Moment ist der Markt „übersättigt“. Zu viele Anbieter schlagen sich um wenige Aufträge.
Würde man die Zahl der Trägerraketen reduzieren könnte dies schon zu deutlichen Absenkungen der Startkosten führen. Leider will heute aber jedes große Land seine eigene Trägerrakete betreiben und auch vermarkten.
Auf der anderen Seite könnte man die Nachfrage aber auch steigern in dem man ein großes Regierungsprogramm im Orbit initiert, z.B. den Aufbau eines Solarkraftwerks im GSO.
Aber von alleine passiert da nichts. Der freie Markt wird nicht für niedrige Startkosten sorgen.
MfG
Max
@Max: Serienfertigung geht eigentlich nur bei Nicht-Wiederverwendung. Wenn wiederverwendet wird, sinkt ja die Stückzahl.
Es ist interessant dass bei Wiederverwendung Raumfahrtfirmen immer sofort neue Triebwerke haben wollen. In der Frühphase des Space Shuttle Programmes waren das F-1 und J-1 Triebwerk im Gespräch. Beide wurden abgelehnt weil sie nur 10 mal wiederverwendet werden konnten (anstatt 5 mal wie bei den SSME) – also ob dies den großen Kostenfaktor ausmacht (90 % Produktionskosten gespart vs 98 %).
Das gleiche findet man bei EADS, die 2008 einen Vorschlag für eine wiederverwendbare Ariane 6 mit nur 6 t GTO Nutzlast gemacht haben – auch hier musss natürlich ein neues Triebwerk entwickelt werden das 25 mal wiederverwendet werden kann – Das Vulcain kann auch rund 12 mal länger betrieben werden als es in der Ariane 5 der Fall ist, aber das reicht ja nicht – zumindest nicht wenn man große Entwicklungsaufträge haben woll.
@TP1024: Der Wasserstoff wird wohl eher benötigt wegen der Maximierung der Nutzlast. Da die Nutzlast exponentiell mit dem spezifischen Impuls abnimmt, erhält man bei zwei Stufen Kerosin/Sauerstoff maximal 3 % Nutzlast anstatt rund 9 % bei Einsatz modernster LH2/LOX Technik.
Die Treibstoffe sind heute nicht das Problem, außer man geht auf exotische Treibstoffkombinationen wie Be/H/LOx über.
> Da stimmt aber einiges nicht. Eine V2 hatte auch Abtrennungsgeschwindigkeit 1600 m/s und flog 370 km weit. Auch die Shuttle SRB fliegen rund 280 km weit bei derselben Abtrenngeschwindigkeit.
Sie sprechen von ballistischen Flugbahnen.
Ich glaub sie haben mich noch nicht ganz verstanden.
Nach Beendigung seines Jobs als Antrieb der Rakete wird ein UAV daraus – ein unbemannter Flugkörper der antriebslos und autonom gesteuert nach Hause gleitet – eine Drone. Stellen sie sich eine X-47B vor an deren Heck drei SSME rauswachsen….
Mein – jetzt antriebsloser – Gleiter greift erheblich in seine Flugbahn ein – rollt, fliegt eine Kurve bzw. einen Immelmann – muss auf jeden Fall um mehr als 100° seine Flugbahn ändern und verbraucht dabei erhebliche Anteile seiner Bewegungsenergie weil bei diesen Manövern der Luftwiderstand stark ansteigt.
Geht dann in einen kontrollierten Gleitflug Richtung Landeplatz über, fährt das Fahrwerk aus, landet und rollt aus.
… und diese Bewegungsenergie muss aufgebracht werden – verscuhen sie einfach mal ihr auto bei 100 km/h mal so plötzlich um 100 Grad zu drehen….. Sie brauchen exakt die gleiche Energie um die Bewegungsenergie aufzubrauchen wie vorher hinein gesteckt wurde um den Gleiter zu beschleunigen.
Es gibt leider so etwas wie den Energierehlatungssatz
> Energierhaltungssatz
1 & 2 sind innerhalb der Atmosphäre es gelten also auch die Gesetze der Aerodynamik.
3 & 4 sind zwar schon ausserhalb aber nicht so schnell, dass nicht auch die Erdanziehung mitzusprechen hat. Auch können mit dem vorhandenen MNH/NTO nebst Abtrennung in Folge auch noch entsprechende Lagekorrekturen vorgenommen werden um so kontolliert in die Atmosphäre eintreten und den Gleitflug aunehmen zu können (Burt Rutan kann das auch….) bzw. wird immer noch MNH/NTO vorhanden sein um ein bisschen Gas zu geben.
@Martin
1 ist noch innerhalb der Atmosphäre.
2 bei 100 Sekunden schon außerhalb.
Bei allen gilt: Sie haben eine zunehmend steigende Geschwindigkeit die sich aus einer vertikalen Komponente und einer horizontalen Komponente zusammensetzt. Diese führt dazu, dass sie nach oben steigen und gleichzeitig nach vorne – eine ballistische Flugbahn. Dabei wwerden durchaus große Distanzen zurückgelegt. Eine V-2 erreichte mit 1600 m/s (ohne Verluste) eine Reichweite von rund 320 km, mit aerodyanischer Gleitphase sind es schon 600 km. Doppelte Geschwindigkeit = mindestens 4 facher Weg (in der Praxis noch mehr, da die Erdanziehunsgrkaft mit der Höhe abnimmt und die Erdkrümmung dazu kommt.
Bis der Gleiter wieder in der Atmosphäre ist, hat er einige Hundert bis Tausend Kilometer zurückgelegt. Außer für niedrige Abtrenngeschwindigkeiten um die 2000 m/s und darunter kommen reine Gleiterkonzepte nicht in Frage.
Bis der Gleiter wieder in der Atmosphäre ist, hat er einige Hundert bis Tausend Kilometer zurückgelegt…
Also gut, du hast mich überzeugt.
Ich hab im meinem Gleiter 5t MNH/NTO geladen = 1,8t Sprit Oxi…. Das braucht der letze Gleiter sowieso um wieder die Umlaufbahn zu verlassen. Ich hab mich mal schlau gemacht und das Shuttle OMS ist zugelassen für Betrieb ab 70.000ft. Entsprechende Aerodynamik vorausgesetzt Antrieb sollten reichen um einen Landeplatz anzusteuern – anbieten würden sich für Nr. 3 z.B. Bermuda bzw. für Nr. 4 5 auch die ganzen Shuttlestart-Abbruch-Plätze in Europa und Afrika. Der Rücktranport würde dann im Frachtraum einer C-17 erfolgen oder palettiert per Schiff – jedenfalls um Unsummen billiger als der 747-Huckepacktransport des Shuttle.
PS: Nr.2
Das Shuttle ist nach 100Sek. gerade einmal 100.000ft hoch (http://www.spaceflightnow.com/shuttle/sts114/fdf/114trajectory.html) somit noch dick in der Stratosphäre und etwa 50-100mbar Druck gibt es da auf alle Fälle noch – das reicht. Ein Eurofighter z.B. kann auch in Druckbereichen von unter 200mbar horizontal fliegen (bei 250m/s ). Bei 1.700m/s reicht der vorhandene Druck somit locker um aerodynamisch Kursänderungen zu erreichen.
50 mb <> 250m mb
250 ms <> 1700 ms
selbst fliegender Eurofighter <> fliegender Backstein (Space Shuttle)
Du kannst nicht zwei völlig verschiedene Dinge vergleichen. Wie soll ein Gleiter mit einer Geschwindigkeit die doppelt so hoch ist wie die einer Gewehrkugel aerodynamisch mal schnell die Richtung um 180 Grad wechselnb. Wenn es geht dann langsam. Dann tritt aber das gleiche ein wie bei den oberen Stufen: Der Gleiter ist schnell zu hoch dafür. Schließlich sind von den 1700 m/s das meiste eine Vertikalkomponente (die zuerst aufgebaut wird) und ich wette er ist pro Sekunde um 1-1.5 km höher – mit immer kleiner werdenden aerodynamischen Kräften.
1.8 t Treibstoff reichen beim OMS für gerade mal für 200 Sekunden Brennzeit. Dürfte recht knapp werden….
Ich schließe mich Max an, dass Serienfertigung hohe Stückzahl wahrscheinlich stärker die Kosten senkt als Wiederverwendung. Orbitalflug, Wiedereintritt und Wasserung stellen einfach so hohe Anforderungen an das Material, das es immer Schäden geben kann, und diese müssen durch aufwändige Inspektion erkannt und dann durch aufwändige Reparaturen beseitigt werden. Zudem erhöhen die Systeme für die Rückführung das Startgewicht und verringern damit die Nutzlast.
Schließlich erhöht eine Wiederverwendung auch das Verlustrisiko. Beide Unfälle mit dem Space Shuttle (Challenger beim Start, Columbia beim Wiedereintritt) hängen direkt mit dem Konzept der Wiederverwendung zusammen. Bei den Feststoffboostern waren die für die Challenger-Katastrophe verantwortlichen O-Ringe nur deswegen eingebaut worden, da man in der Lage sein wollte, nach jedem Start die einzelnen Segmente zur Inspektion zu trennen. Bei jeweils nur einmal verwendeten Feststoffboostern hätte man die Segmente stattdessen einfach verschweißt.
Columbia wiederum ging verloren, weil man die Haupttriebwerke wiederverwenden wollte, so dass diese am Shuttle und nicht am Tank montiert werden mussten. Damit musste der Shuttle aber neben dem Tank (statt auf dem Tank, wie üblich) positioniert werden, und vom Tank abfallende Teile konnten den Hitzeschutzschild zerstören.
Auch beim Hitzeschutzschild führte die Forderung nach mehrfacher Verwendung zur Nutzung besonders zerbrechlicher Materialien.
Kai
@Kai
o Wasserung gäbs bei mir keine – sondern Gleiterlandung auf einem Flugplatz
o Feststoffboster mag ich generell nicht…
o Hitzeschutzschild & zerbrechliche Materialien – Die aktuellen Probleme kann man umgehen wenn man das Schutzschild nicht in der Falllinie von Tankteilen platziert.
Was ich jetz noch bräuchte – und das wär überhaupt der Hit für alle „Stufenraketen“ – eine zündende Idee wie man Tanks los wird ohne auch gleichzeitig den Antrieb abzustoßen.
Bernd hat in seiner ersten Antwort auf meinen Entwurf davon geschrieben er möchte faktisch Treibstoff nach oben pumpen – ich glaub nicht, dass das funktionieren würde. Wir haben jetzt schon den Fall, dass man trotz Erdanziehungskraft Beschleunigung extrem starke Pumpen einsetzen muss um den Sprit in die Triebwerke zu befördern – wie sähe es aus wenn man jetzt dagegen auch noch anpumpen müsste.
Bisher fällt mir nur was ein wie eine Art Rettungsrakete – Schub zurücknehmen und den Tank damit aus der Flugbahn bugsieren.
Um einen „Gewinn“ zu realisieren müsst so ein System insgesamt leichter sein als die „toten“ Triebwerke der 2 & 3 Stufe – dann könnten die Triebwerke vom Start bis LEO durchlaufen – mit Drosselung während der Abtrennungen.
Preisfrage – wär schwer wäre eine Feststoffrakete um eine max. 10t schwere Tankhülle 50m aus der Flugbahn zu befördern?
@Kai: Kleine Korrektur: Die SRB haben keine O-ringe wegen der Wiederverwendung. Das hat damit nichts zu tun und auch nicht mit dem Schweißen (auch bei den geschweisten ariane 5 Booster gibt es O-Ringe). Die Shuttle SRB sind schlicht und einfach Titan USRM die in der Größe gestreckt wurden.
@Martin: Ich habe nirgens geschrieben dass bei mir Treibstoff umgepumpt wird. Es gibt zwei Stufen jeweils mit eigenen Tanks und eigenen Triebwerken
Ich finde das Konzept eigentlich recht gut, insbesondere da ich mir auch schon etwas ähnliches überlegt hatte, allerdings nicht mit SSME sondern mit dem Vulcain 2 quasi als Weiterentwicklung der Ariane mit sehr flexiblem Nutzlastbereich, denn das wäre ja ein Vorteil, da man je nachdem wie viele Gleiter man verwendet, diesen anpassen kann (man müsste ja „nur“ die Tanks neu entwickeln und bauen).
Die Probleme die das Shuttle wegen dem Gleiterkonzept hat wären ja hier eher nicht so groß, da diese Gleiter ja nicht bemannt sind. Falls also ein Schaumstoff- oder Eisteil den Hitzeschild beschädigt ist das zwar ein gewisser finanzieller Schaden (Verlust des Gleiters), aber die Mission und insbesondere Menschenleben sind nicht gefährdet.
Ich halte das Konzept jedenfalls für sinvoller als z.B. die Feststoffbooster oder ganze Stufen wiederverwendbar zu machen. Feststoffbooster sind vermutlich um Größenordnungen billiger als Haupttriebwerke inclusive Pumpen und ähnlichem, also ist es ja seltsam ausgerechnet diese billigen Teile bergen zu wollen. Und ganze Stufen und auch Feststoffbooster haben zum anderen den Nachteil das solche großen Strukturen schwerer wiederverwendbar gemacht werden können als eher kleine Gleiter auch mal abgesehen von dem Gewichtsunterschied.