Lebensmittel ohne Zusatzstoffe?
Die Frosta Werbung, die ich kürzlich erklärt habe, bringt mich zu dieser Frage die sich sicher schon der eine oder andere gefragt hat. Ist es möglich auf Zusatzstoffe zu verzichten? Zuerst mal etwas Aufklärung. Folgende Behauptungen sind nicht wahr:
- Zusatzstoffe sind künstlich: Nur wenige Zusatzstoffe kommen nicht in der Natur vor. Einige Zusatzstoffe sind natürliche Stoffe. Der Großteil der Zusatzstoffe sind modifizierte Naturstoffe, z.B. ergibt gespaltenes Fett zahlreiche Emulgatoren.
- Zusatzstoffe sind eine Erfindung der Neuzeit: Auch dies ist falsch. Einige Zusatzstoffe sind schon seit Jahrhunderten im Einsatz wie z.B. Nitrit zum Pökeln oder Essigsäure zum Konservieren. Was sich geändert hat, ist das früher viel öfter Lebensmittel zugesetzt wurden um technologische Funktionen durchzuführen und heute Reinsubstanzen die in diesen Lebensmitteln enthalten sind. So wurde früher mit Eigelb emulgiert und heute mit dem dort enthaltenen Lecithin.
- Lebensmittelchemiker brüten über neuen Zusatzstoffen und deren Anwendung. Die Aufgabe von Lebensmittelchemikern ist es die Rohstoffe und Produkte zu untersuchen und auf Probleme oder gar Gesetzverstöße hinzuweisen. Die Herstellung der Lebensmittel und deren Rezeptur ist aber die Aufgabe der Lebensmitteltechnologen. Deren fehlende chemische Ausbildung drückt sich dann in einem Zusatzstoffeinsatz aus, der so nicht notwendig gewesen wäre.
Da es nun Frosta vorgemacht hat: Kann man Lebensmittel generell ohne Zusatzstoffe herstellen? Die Antwort ist für mich klar: Nein, nicht generell. Frosta hat eine Produktpalette wo dies leicht möglich ist. Es gibt auch andere Produkte, die ohne Zusatzstoffe auskommen, aber nicht alle. Meiner Meinung nach kann man die Lebensmittel in drei Gruppen einteilen:
- Der Verzicht auf Zusatzstoffe ist ohne Einbußen für das Produkt möglich: Dazu gehören in der Tat nur wenige Lebensmittel. Beim Nachdenken was ich hier aufführen könnte, wurde mir erst klar wie viele Lebensmittel Zusatzstoffe enthalten, auch wenn man das als Laie nicht so sieht. So ist Backpulver auch ein Zusatzstoff, also scheiden Kekse aus. Es blieben dann doch noch einige: Käse muss bei hygienischer Produktion nicht mit Pilzhemmenden Mitteln behandelt werden, die Zitronen ohne Orthophenylpehnol sind nun schon eher die Regel als die Ausnahme und Backwaren mit Brandteig sind tatsächlich ohne Emulgatoren und Backtriebmittel möglich
- Der Verzicht auf Zusatzstoffe ist möglich, hat aber Veränderungen des Produktes zur Folge. Ich würde hier die größte Gruppe sehen. Dabei müsste noch unterteilt werden ob die Folgen technologisch abgefangen werden können oder nicht. Verzichtet man auf Emulgatoren und Mehlbehandlungsmittel beim Brot, so kann man trotzdem Brot herstellen. Doch es geht nicht so auf, das Risiko von sehr großen Gasblasen im Teig ist höher. Das ist durch eine entsprechende Behandlung des Teigs und genügend lange Ruhezeiten minimierbar. Analoges beim Speiseeis: Wenn ich ein Cremes mit hohem Sahneanteil mache kann ich auf Emulgatoren und Verdickungsmittel verzichten. Das Eis wird dann bei Erwärmung aber schneller dünnflüssig anstatt dickflüssig. Wenn ich aber Magermilchpulver und Wasser nehme, dann wird ohne Zusatzstoffe kein weiches Mundgefühl beim Eis entstehen, sondern eher das von normalen gefrorenen Wasser, also sandig-kristallin. Bei vielen Produkten muss man mit Nachteilen rechnen die für den einen tolerierbar sind für den anderen nicht: Bonbons ohne Farbstoffe sind eben blass bis durchsichtig. Wurst ohne Nitrit hat eine grau-braune Farbe. Aber beide Produkte sind prinzipiell ohne diese Zusatzstoffe herstellbar.
- Der Verzicht auf Zusatzstoffe ist nicht möglich: Auch hier gibt es viele Beispiele: Bonbons ohne Aromastoffe schmecken nur nach Zucker. Fettreduzierte Produkte müssen irgendwie den höheren Wasseranteil binden. Das geschieht oft mit Emulgatoren und Dickungsmitteln und bei Marmeladen wären nur noch solche Sorten möglich, bei denen die Pulpe oder der Saft viel Pektin enthält. Viele Gelees aus Saft müssen mit Pektin gebunden werden, ohne Zusatz erhält man keine streichfähige Masse.
Für die Firmen ist ein anderer Punkt wesentlich:
Produkte ohne Zusatzstoffe werden teurer. Wenn ich anstatt eines Emulators Eigelb einsetzen muss, so wird mein Produkt teurer. Wenn ich keine Geschmacksverstärker einsetze, so muss ich mehr Fleisch verwenden. Besonders die Aromastoffe sind deswegen so beliebt, weil damit teurere Rohstoffe eingespart werden. So sind für Fruchtjogurt ein Früchteanteil von 6 % vorgeschrieben. Das ist nicht viel. Etwa zwei gestrichene Teelöffel pro 150 g Becher. Wenn der Jogurt ohne Aromazusatz nach Früchten schmecken soll, dann muss der Hersteller ein vielfaches dieser Menge einsetzen und das wird teuer.
Wer sucht, wird auch heute schon Lebensmittel finden, die weniger Zusatzstoffe einsetzen oder vielleicht gar keine. Nicht in jedem Bereich, aber sich in vielen. Aber ich wage eines zu prophezeien: Das wird der Verbraucher auch am Geldbeutel merken. Frosta selbst als Vorreiter zählt ja nicht gerade zu den preiswerten Anbietern. Das ist etwas, was ich in vielen Fernsehdiskussionen vermisse: Ohne Zusatzstoffe sind bestimmt viele Produkte teurer. Unser Lebensmittelrecht hat aber nicht die Aufgabe eine bestimmte Ernährung oder hochwertige Produkte zu propagieren. Es hat die Aufgabe dafür zu sorgen, dass Hersteller keine gesundheitsschädlichen Lebensmittel in den Verkehr bringen und den Verbraucher nicht täuschen. Damit ist es möglich den Billigjogurt mit 6 % Früchten in den Handel zu bringen aber auch einen Edelrahmfruchtjogurt mit 12 % Sahne und 15 % Früchten.
Sovil dazu, nun noch ein paar Hinweise. Ich würde gerne mal wieder die Calgon Werbung zum Thema machen. Im Frühjahr hatten die einen Spot ausgestrahlt, bei dem vorgerechnet wird wie viele Waschmaschinen jedes Jahr kaputt gehen. Hat jemand einen Link dazu? Bei meinen eigenen Recherchen bin ich nur darauf gestoßen das die Calgon Spots schlecht synchronisieert auch in Spanien, Russland und den USA laufen. Dann habe ich am Mittwoch und Donnerstag einen ganztägigen Kurs über Datenbanken bei der DHBW zu halten. Normalerweise bin ich danach geistig ziemlich ausgepowert, so dass der nächste Blog wohl erst am Freitag/Samsatg kommt.
Hallo Herr Leitenberger,
Lebensmittel ohne Zusatzstoffe sind produzierbar ohne die von Ihnen geschilderten Abstriche an Optik oder Qualität.
Frosta hat auch Zusatzstoffe in Saucen oder Beilagen drin.
Mehr finden Sie: http://www.community.lz-net.de Gruppe „Lebensmittel ohne Zusatzstoffe“, diskutieren Sie mit, dann erhalten sie neue Antworten.
Herzliche Grüße aus Bayern von
Roland Paule
Food Produktentwickler
Nicht in jedem Fall, wie wollen sie die Retrogradation von Stärke bei einer Soße verhindern, wenn sie keine modifizierten Stärken einsetzen wollen. Es gibt wie oben angeführt Beispiele wo dies möglich ist und Beispiele wo es nicht möglich ist. Das sollte einem Produktentwickler klar sein.
Herr Leitenberger der Ton macht die Musik.
Sie berichten über Inhalte, in denen Sie nicht immer fachkundig sind, es gibt auch andere Möglichkeiten.
Viele Grüße
Roland Paule
Fackundig schon, nur habe ich keine wirtschaftlichen Interesse weil ich nicht Geschäftsführer einer Firma bin, die derartige Produkte vertreibt.
Ich würde gern wissen, eine Liste haben, erstellen….
Lebensmittel auch Getränke ohne schädlicher Zusatzstoffe, dessen Hersteller und in welchen Discounter o. Einzelhandel es diese zu kaufen gibt.
Ohne E-Nr´n und Zusatzstofferklärungen der schädlichen Produkte.
Bitte helfen Sie mit – weiterleiten erwünscht,
incl. meiner E-Mailadresse – fr.salzmann@web.de
Danke!!!
Gerichte
Hersteller – Lebensmittel – Vertreiber/Händler/Einzelhandel
Frosta – Gerichte, .. – Kaufland, Edika…?
Getränke
Hersteller – Lebensmittel – Vertreiber/Händler/Einzelhandel
Saskia – Selter, … – Lidl, …
Kosmetik – Produkte – Vertreiber/Händler/Einzelhandel
Wobei auch gern eine Aufzählung von wissenschaftlich belegte
schädliche Zusatzstoffe, wie:
Flourid, Aspartam, Aluminium, Glutamat………?
Vielen Dank für Ihre Mithilfe
MfG
Fr. Salzmann
Wird schwierig werden, weil es wenige Lebensmittel ohne Zusatzstoffe gibt. Zumindest nicht im allgemeinen Handel. Ein verbreiteter Irrtum ist ja auch, dass alle Zusatzstoffe künstlich seien. Aber selbst für Biolebensmittel sind Zusatzstoffe zugelassen – solche die eben natürlichen Ursprungs sind.
Moin Salzmann,
> ohne schädlicher Zusatzstoffe
wenn ein Zusatzstoff erwiesenermaßen schädlich ist, so ist er meist verboten, z.b. Frostschutzmittel im Wein.
Die als schädlich aufgezählten Zusatzstoffe wie Aspertam, Glutamat, oder E-Stoffe, sind erstmal als nicht schädlicher als traditionelle Zusatzstoffe wie z.b. Pökelsalz. Aber sie sind meiner Meinung nach ein Indiz für billige Lebensmittel. Z.b. lassen sich bei vielen Produkten, (Jogurt, Suppen, etc) die Qualität durch die Abwesenheit von Johanisbrot/Guaran-Kernmehl erkennen.
ciao,Michael
Erst einmal: Zusatzstoff ist nicht gleich Zusatzstoff. Und dann wußte schon Paracelsus, daß allein die Dosis entscheidet ob etwas schädlich ist oder nicht. Zusatzstoffe generell abzulehnen ist nicht gesund, sondern eher eine Hysterie. Genau so gut könnte man Autos verbieten wollen, nur weil es Idioten gibt die damit Blödsinn anstellen.
Und noch eins: Man kann sich auch mit „gesunden“ Lebensmitteln zu Tode fressen.