Nachgerechnet: eine Marsexpedition mit dem Starship – Teil 1

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Ich habe mir gedacht es wird doch mal Zeit mal durchzurechnen wie eine Marsexpedition mit dem Starship für SpaceX aussehen könnt, insbesondere wie oft man auftanken muss. Ich werde immer ein bisschen Grundlagenwissen vermitteln. Etwas mehr findet ihr auf der Website in der kleinen Artikelserie „Flug zum Mars“. Die ist zugegebenermaßen etwas konfus, weil ich immer wieder ergänzt habe und mich am Schluss auch die Lust verlassen hat, aber sie liefert doch einige Eisnichten und Daten.

Nun weiß man praktisch nichts über Elon Musks Pläne zum Mars. Die Videos zeigen dann immer ganze Städte also praktisch den Endausbau. Ich gehe davon aus, dass die erste, wahrscheinlich aber mehrere Missionen zum Mars wieder zur Erde zurückkehren. Zum einen braucht man mehrere Expeditionen um die Infrastruktur aufzubauen die man braucht um autark zu sein, also auf dem Mars Treibstoff und Nahrungsmittel zu erzeugen, für den späteren Ausbau muss man dann auch Rohstoffe gewinnen, verarbeiten und daraus Produkte herstellen. Man muss sich nur mal überlegen, was wir auf der Erde an Anlagen brauchen um Eisenerz zu fördern, daraus Eisen zu gewinnen, zu Stahl zu veredeln und diesen dann zu verarbeiten und wie viele Tausend Leute in diesen Industrien beschäftigt sind, dann ahnt man das dies nicht nach wenigen Flügen steht.

Also wie sieht ein solcher Flug aus?

Himmelsmechanisch gibt es alle 26 Monate – dann wiederholen siech die relativen Positionen von Mars und Erde ein Startfenster, das bei geringem Treibstoffmehraufwand – etwa 2-3 Wochen offen ist. Ein Flug zum Mars dauert typisch 6 bis 10 Monate, das hängt davon ab, ob der Mars nahe seines Perigäums oder Apogäums befindet. Man kann aber, ohne viel Treibstoff mehr zu verbrauchen die Reisezeit um 1-2 Monate verkürzen, allerdings für den Preis das die Ankunftsgeschwindigkeit dann stark ansteigt.

Beim Mars angekommen kann man nicht sofort zurück, selbst wenn eine Landung ausgeschlossen ist. Landet man so kann man dann nach etwa 500 bis 600 Tagen je nach Position des Mars in seiner Bahn und Rückreisedauer zurückkehren und braucht dafür weitere 6 bis 10 Monate, sodass die gesamte Mission knapp drei Jahre dauert.

Für die von Elon Musk zuletzt genannten Startdaten – die Jahre 2028/30 sehen die optimalen Routen nach dem NASA Trajectory Browser so aus:

Startdatum: Ankunft Abflug Rückkehr Aufenthalt Dauer  

Startgeschwindigkeit

dV nach Start Gesamt Ankunfts-dv
Nov-29-2028 Sep-29-2029 Nov-03-2030 Jun-15-2031 1.1 yrs 2.54 yrs 3.59 1.57 5.16 13.54
Dec-21-2030 Oct-05-2031 Jan-27-2033 Aug-23-2033 1.31 yrs 2.67 yrs 3.68 1.67 5.35 11.93

Die Geschwindigkeiten sind jeweils relativ zu einem 200 km Orbit. Bei dem Start entsprechen sie der Geschwindigkeit, die ein Starship von einem LEO aus erreichen muss, beim Mars käme aber zuerst noch das Erreichen des Orbits von der Oberfläche selbst dazu.

Logistik

Es ist illusorisch zu glauben, dass die ersten Expeditionen autark sein werden. Die ISS ist nun seit über 25Jahren im Orbit und hat viele Kreisläufe geschlossen, sprich man bereitet Wasser wieder auf generiert aus Kohlendioxid wieder Sauerstoff. Trotzdem braucht man pro Astronaut und Jahr etwa 2 t Versorgungsgüter. Mittelfristig könnte man diesen Verbrauch senken, indem man Sauerstoff aus dem Kohlendioxid der Marsatmosphäre gewinnt (ein Experiment ist zum Beispiel an Bord des aktuellen Mars Rovers Perseverance) und Wasser aus dem Permafrostboden gewinnt. Nahrung, Ersatzteile, Bekleidung etc. wird man aber auch nach mehreren Missionen wohl noch mitbringen müssen. Bei einer Dreijahresmission sind dies mindestens 6 t pro Person.

Immerhin – ein Teil davon wird verbraucht bevor man landet, allerdings muss man einen Teil – nämlich den, den man für die Rückreise braucht auch wieder von der Marsoberfläche starten, was die Startmasse deutlich erhöht. Vorschläge für Marsmissionen gehen daher auch davon aus, ein Transfervehikle, das nur für die Hin- und Rückreise benutzt wird – im Prinzip eine Mini-Raumstation – im Marsorbit zu parken. Da man nicht weiß wie das bei Musks „Vision“ ist kann man nur spekulieren, ich rechne mal beide Möglichkeiten durch.

Ideal wäre es den Treibstoff vor Ot zu gewinnen. Das wäre, wenn man an einem Platz mit Wasser im Untergrund landet auch möglich gemäß folgenden Teilreaktionen:

CO2 → CO + ½ O2

CO + 3 H2O → CH4 + 1 ½ O2

Auch hier: ich gehe davon aus das die ersten Missionen den Treibstoff mitbringen. Der Grund ist relativ einfach: ob das funktioniert, weiß man erst vor Ort. Selbst wenn eine Fabrik auf der Erde funktioniert kann es auf dem Mars scheitern, denn ob man an einem Platz genügend Wasser findet (wir reden von Hunderten von Tonnen) weiß man erst, wenn man dort ist und ob es dann funktioniert – das Wasser ist ja kein reines Trinkwasser, sondern wird aus dem Boden entnommen und enthält, wie wir aus Analysen wissen, Peroxide und Perchlorate – kann man auch erst dann feststellen. Dagegen ist die Installation einer Rückverflüssigungsanlage relativ einfach, die braucht man sowieso, denn sonst wäre der Treibstoff in den Monaten zwischen Start und Ankunft schon verdampft.

Wie viele Personen?

Ich konzentriere mich auf die Frage, wie viele Personen ein Starship transportieren kann. Eine größere Expedition setzt dann einfach mehr Schiffe ein. Da man nicht weiß wie der „Mars Colony Transporter“ aussieht, nehme ich mal an, das man die Nutzlastsektion des Starships durch eine gleichartig geformte Sektion für den Aufenthalt der Personen ersetzt.

Diese ist gemessen an der nominellen Nutzlast recht klein. Die Verkleidung hat nach dem Users Guide ein Volumen von 587 m³. Die Verkleidung der Ariane 6 hat ein Volumen von 232 m³. Das Volumen ist also um den Faktor 2,5 großer, aber die LEO Nutzlast um den Faktor 5. Wie viele Personen man darin unterbringt, hängt aber sehr davon ab wie „komfortabel“ sie es haben. Hier drei Beispiele:

Saljut 6: 45 m³ pro Person

Skylab: 117 m³ pro Person

ISS: 143 m³ pro Person

Diese reinen Angaben sagen allerdings nichts über den Komfort aus. Sowohl bei Saljut wie auch der ISS haben die Module einen kleinen Durchmesser und belegen die Wand ziemlich dicht mit Racks und Ausrüstung, nur in der Mitte gibt es freien Platz. Bei Skylab das aus einer umgebauten Saturn V Stufe entstand, orientierte man sich nach der Erde: es gab im Hauptteil zwei Stockwerke, Zwischenwände und sogar eigene Crewquartiere, sehr viel mehr freien Platz. Aufgrund des großen Durchmessers wäre das Starship eher mit Skylab vergleichbar. So könnte man etwa 5 Personen in dem Volumen unterbringen. Viel mehr werden es nicht sein, denn anders als bei Skylab müssen alle Verbrauchsgüter ja innen sein. Bei Skylab waren die Gase und das Wasser außen angebracht.

So gehe ich im folgenden von 5 Personen aus.

Wichtig ist aber auch, was diese Spitze mit Wohnquartier wiegt. Und das hängt natürlich auch von der „Befüllung“ ab. Das ESA Modul Columbus wiegt voll ausgestattet 27.200 kg bei nur 75 m³ Volumen. Der Orbital Workshop von Skylab dagegen 35.400 kg bei 290 m³ Volumen. Im ersten Fall sind die Wände voll gepackt mit Racks, sodass nur noch in der Mitte ein Gang bleibt. Im zweiten Falle haben wir vor allem ein Wohnquartier (die Luftschleuse nahm in diesem Falle die meisten Gerätschaften auf.

Da wir die ganze Masse nicht nur auf dem Mars landen, sondern auch wieder zur Erde zurückbringen müssen wäre es eine kluge Entscheidung das Quartier nicht mit Gerätschaften vollzustopfen, sondern nur das zu installieren, was man zum Wohnen braucht. Diese kann man mit einer (oder mehreren) Starships, die unbemannt landen zum Mars bringen. Diese kehren nicht zurück. Das ist auch wegen der Nutzung als Wohnquartier sinnvoll, denn da wird man mehrere Stockwerke einziehen. Voluminöse Ausrüstung bringt man da nicht unter und da ist einiges:

Die NASA erwägt den Einsatz eines Caravans. So können die Marsastronauten mehrere Tage sich von der Basisstation entfernen. So ein Ding ist aber nicht gerade klein.

Das Gleiche gilt für die Stromversorgung. Entweder ein kleiner Kernreaktor (bei den Kosten für einen solchen und Musks Sparsamkeit, selbst entwickeln darf er den Atomreaktor ja wohl eher nicht) oder eine Solarfarm.

Eine Fabrik für die Treibstoffproduktion ist auch nicht gerade klein, vor allem aber braucht man Gerätschaften um in tieferen Schichten nach Wasser zu bohren, das vom Boden zu trennen und das Rohwasser aufzubereiten.

Die benötigte Geschwindigkeit

Für ein Transfermodul, das nur in einem Marsorbit verbleibt, ist die Rechnung relativ einfach. Schauen wir uns die Grafiken zu diesen Flügen an. Der Knackpunkt ist die Ankunfts- und Abfluggeschwindigkeit. Die sieht recht gering aus, ist aber bezogen auf die Fluchtgeschwindigkeit. Zumindest wenn man nicht direkt landet kann einem das nicht egal sein, denn um in einen Orbit einzuschwenken muss man die Fluchtgeschwindigkeit unterschreiten.

Eine ideale Bahn für ein Transfermodul in einem Marsorbit halte ich eine 24 Stunden 37 Minuten Bahn, die erlaubt jeden Tag einen Startversuch, da sie genau die gleiche Periode wie der Marstag hat. Bei einem marsnächsten Punkt von 200 km Distanz zur Oberfläche liegt das Apogäum in 33.859 km Höhe. Das addiert 221 m/s zu den obigen Geschwindigkeiten, sowohl beim Einbremsen wie Verlassen des Mars.

Deutlich schwerer ist es bei dem Landemodul. Der mittlere Luftdruck am Boden des Mars entspricht auf der Erde einer Höhe von etwa 42 km. Die Abbremsung ist ohne genaue Daten nicht genau zu berechnen, aber man kann ja das Starship beim letzten Testflug ITF4 als Maßstab nehmen. Das hatte in 42 km Höhe noch eine Geschwindigkeit von 7.700 km/h, das sind 2140 m/s. Bei ITF-5 war es mit 7.900 km/h sogar noch schneller. Da beim Mars die Atmosphäre nicht nur weniger dicht ist, sondern auch in geringere Höhen reicht – der Mars Reconnaissance Orbiter umrundet den Mars seit 2005 in einer 255 x 320 km Bahn ohne Bahnanhebungen. Auf der Erde wäre die Raumsonde in einem gleich hohen Orbit in weniger als einem Jahr verglüht. Das bedeutet, auch da so die Abbremsung deutlich später stattfindet, dass das Starship weniger an Geschwindigkeit verloren hat. Auf der anderen Seite ist die Ankunftsgeschwindigkeit beim erreichen der Marsatmosphäre auch geringer als bei einem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre und liegt bei 6 und nicht 8 km/s. Trotzdem würde ich die Restgeschwindigkeit höher einschätzen, denn das Starship bei ITF-4 war leer und unser Starship für eine Marsexpedition dürfte voll beladen das doppelte wiegen, entsprechend wird es viel weniger stark abgebremst, weil die gleichen Kräfte sich auf mehr Masse verteilen.

Hier breche ich mal abrupt ab, weil der gesamte Beitrag einfach so lang wurde. Morgen gibt es dann den zweiten Teil und dann eine Nachlese zu ITF-5.

2 thoughts on “Nachgerechnet: eine Marsexpedition mit dem Starship – Teil 1

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