Shuttle Verbesserungen und Versäumnisse
Beim Stöbern im Netz wie oft wohl die SSME eingesetzt wurden bin ich über die Info gestoßen das die Block II AHMS Triebwerke nun doch noch eingesetzt werden, bzw. schon ihren ersten Flug hinter sich haben.
Die Space Shuttle Triebwerke sind die Teile die am häufigsten verändert wurden. Ursprünglich waren 3 Phasen gedacht bei denen man nach und nach den Schub steigern wollte auf 109 % und damit die Nutzlast wieder anheben, da die Space Shuttles zu schwer waren. Nach Challenger wurde dieser plan modifiziert und es ging nun weniger um die Erhöhung des Schubs (das 109 % Ziel wurde z.B. gestrichen) sondern vielmehr um die Erhöhung der Sicherheit. Das letzte Ziel war die Einführung eines Systems aus Sensoren und Computern an den Triebwerken, die die Funktion überwachen und eine gravierende Fehlfunktion etwa 1 Sekunde vorher erkennen – genug Zeit um das Triebwerk abzuschalten.
Ichdachte eigentlich dass man dies auslassen würde, nachdem dieser Schritt eigentlich gedacht wurde um die Space Shuttle noch ein weiteres Jahrzehnt betreiben zu können und sie ja nun bald ausgemustert werden. Doch es wurden 4 der 5 ursprünglich bestellten Triebwerke geordert.
Dies ist nur eine der Verbesserungen des Space Shuttles in den letzten 20 Jahren. Der Hitzeschutzschild wurde erneuert und durch einen leichteren ersetzt, die Computer wurden ersetzt und die Displays durch moderne TFT ersetzt, und der Tank wurde durch den leichtgewichtigen und später durch den super-leichtgewichtigen ersetzt – letzterer wiegt etwa 7 t weniger als das Original.
Doch betrachtet man sich alle Veränderungen so haben diese aber nur einen Sinn: Das Space Shuttle sicherer zu machen. Die Zuverlässigkeit eines Triebwerks, gemessen an einem Ausfall sollte z.B. rechnerisch von 1/404 auf 1/2123 sinken. Man hat bei den Triebwerken sogar Leistungseinbußen in Kauf genommen um dies zu erreichen. Der SLWT war z.B. schon 1982 in Planung wurde aber erst eingesetzt, als das Space Shuttle mit den MIR Kopplungsflügen begann und bei der höheren Bahnneigung und höhere Umlaufbahn die Nutzlast rasch abnahm.
Will man die Nutzlast steigern so gäbe es andere Verbesserungsmöglichkeiten. Ein grundsätzliches Problem des Space Shuttles war z.b. die Energiebilanz. Konzipiert war der Orbiter für einen Stromverbrauch von 8 kW – Apollo kam noch mit 1.5 kW aus. Doch schon vor dem Erstflug war klar, dass er 14 kW brauchen würde und Nutzlasten konnten dies noch erhöhen, z.B. wenn ein Spacelab mitflog. Das Space Shuttle nutzt Brennstoffzellen für die Stromversorgung, das bedeutet dass man für mehr Leistung mehr Wasserstoff und Sauerstoff mitführen muss. Dies geschieht in Paketen mit Tanks für Sauerstoff und Wasserstoff. ein Packet wiegt 940 kg und liefert etwa 884 kW Strom und 560 l Wasser. Bei einer 30 Tages Mission mit dem Spacelab braucht man so 15.6 t an Packs für die Brennstoffzellen. Da die leeren Packs (die immerhin noch 380 kg wiegen) die maximale Landenutzlast reduzieren kann das Raumlabor dann nur noch 6.5 t schwer sein.
Nun kann man das System aus Brennstoffzellen sicher nicht ersetzten, während des Starts und bei der Landung und bei Spitzenbelastungen braucht man Brennstoffzellen um den Strom zu gewinnen. Die 100 kWh die man für Start und Landung braucht, kann man schlecht in Batterien speichern. Doch im Orbit hätte man den Strom solar gewinnen können. Die DLR hatte Anfang der 80 er Jahre für eigene Spacelab Missionen den Versuchsträger DORA entwickelt, ein entrollbares Solarpanel, das man zusammengerollt kompakt im Nutzlastraum unterbringen hätte können. Die Spitzenleistung von 25 kW hätte ausgereicht um eine Dauerleistung von 14 kW zu liefern. Für den Betrieb auf der Schattenseite hätte man den Überschuss in Nickel-Cadmium Batterien gespeichert. Das Gewicht dafür hätte man schon bei 7 Tages Missionen durch die Einsparung von Treibstoff für die Brennstoffzellen hereingeholt.
Warum kam es nicht dazu? Deutschland konnte keine Spacelab Missionen mehr finanzieren und die USA haben nie ein analoges System entwickelt. Das ist um so unverständlicher als das Space Shuttle ja anders eingesetzt wurde als geplant. konzipiert war er für den Aufbau und Versorgung einer Raumstation. Dann koppelt er bald nach dem Start an diese an und wird von ihr mit Strom versorgt. Die Raumstation wurde aber gestrichen, die NASA konnte sich nur ein Großprojekt leisten. Auch für den geplanten Einsatz als Transportmittel für Satelliten war das keine große Einschränkung: Das Aussetzen eines Satelliten erfolgte meist am ersten Tag. Doch nach Challenger wurden alle kommerziellen Transporte gestrichen.
Was blieb waren einige wissenschaftliche Nutzlasten und eben die Flüge mit dem Spacelab und später Spacehab. Nutzlasten bei denen lange Aufenthalte die Ausbeute an Ergebnissen steigerten und die selbst viel eigenen Strom benötigen. Aber vielleicht war es ein neues System mit einem neuen Risiko, z.b. dem dass man das Panel nicht entfalten kann oder nicht mehr zusammenrollen. Das ist der Gedanke hinter allen Veränderungen: Nur kein Risiko oder noch besser das Risiko senken. Paradebeispiel sind die Triebwerke. Beim 109 % Schubniveau sollten sie 55 Flüge überstehen können. Doch kein Triebwerk flog solange. Den Rekord hält Triebwerk Nummer 2041 mit 19 Flügen. Die durchschnittliche Anzahl an Flügen liegt sogar bei nur 6, weil für 5 gebaute Orbiter über 50 Triebwerke gebaut wurden. Anstatt mit 112 % Schubniveau die bei Tests problemlos möglich waren arbeiten sie mit 104 % – das bedeutet eine Einbuße von 4-5 t Nutzlast.
Ich denke das Umdenken in der NASA begann nach Challenger. Vorher galt das Bestreben die Transporte zu maximieren. 1985 flogen die Shuttles 9 mal, und dies obwohl der vierte Orbiter Atlantis erst im Herbst 1985 in Dienst gestellt wurde. Für 1986 waren 13-16 Starts geplant. Die Nutzlast sollte durch die 109 % Triebwerke auf 31.7 t steigen. Ein modifizierter Space Shuttle mit höherer Nutzlast war für SDI geplant. Challenger zeigte, dass man für diesen ehrgeizigen Plan die Sicherheit der Besatzung aufs Spiel gesetzt hatte. Bei der Untersuchung der Explosion der Challenger kamen auch Versäumnisse bei früheren Missionen zur Sprache und die gesamte NASA Philosophie beim Space Shuttle System wurde kritisiert.
Das zeigt die Krux des Space Shuttle Systems: Wenn die Sicherheit wegen der Besatzung die immer mitfliegen muss (nicht aus technischen Gründen, das Space Shuttle wird sowohl beim Start wie auch bei der Landung komplett vom Computer gesteuert, der Pilot darf in den letzten Minuten vor der Landung selbst steuern, muss es aber nicht). oberste Priorität hat, dann sollte man nicht damit Missionen durchführen, die auch unbemannt möglich sind. Unbemannte Missionen können einem geringeren Sicherheitsstandard genügen und Verluste zwingen meist nicht das ganze Programme über Jahre anzuhalten um nachzubessern. Doch die NASA tat genau das Gegenteil: Sie hat das Space Shuttle als Kernkomponente aufgebaut. Erst für den Satellitentransport und dann für den Aufbau der Raumstation. Und das hat weniger etwas mit Technik als vielmehr mit Politik zu tun. Wie heißt es bei der NASA so passend "No bucks without Buck Rogers"….