Plutoide

Vor gut einem Jahr hat die IAU die Nomenklatur in unserem Sonnensystem neu geordnet. (IAU = Internationale Astronomische Union) Pluto wurde von einem Planeten zu einem "Zwergplaneten" degradiert. Auch wenn die neue Nomenklatur nicht ganz ohne Logik ist, so gab es doch Widerstände gegen diese Entscheidung. Sehr populär Fürsprecher für den Erhalt  von Plutos Status war dabei Alan Stern, der Principal Investigator der Raumsonde New Horizons, die dadurch ja von einer Planetensonde zu einer Asteroidensonde wurde.

Nun gab es vor 6 Wochen eine neue Nachricht: Pluto wurde nachträglich "rehabilitiert". Er wird zum Namensgeben einer neuen Klasse von Körpern, den Plutoiden. Derzeit ist noch einfach die Mitglieder zu merken: Es sind nur Pluto und Eris und seit 2 Wochen auch auch Makemake (siehe unten).. Eris, der Name des Kleinplaneten 136199 ist wahrscheinlich größer als Pluto. Alle bisherigen Messungen deuten darauf hin, doch so genau weiß man es nicht, denn er ist derzeit dreimal weiter entfernt als Pluto. Nachdem ich weiß, wie Pluto in den letzten Jahrzehnten "schrumpfte", genauer gesagt die Schätzungen seines Durchmessers von 6800 auf 2284 km abnahmen, bin ich da sehr vorsichtig, und Eris wurde vor 3 Jahren noch auf 2700-3000 km Größe geschätzt und nun nur noch auf 2400 km. Makemake ist mit geschätzten 1800 km Durchmesser kleiner als Pluto.

Nun ja. Diese Benennung mag vielleicht einige versöhnen, aber sie wirft doch mehr Probleme auf als sie löst. Mal zur Geschichte:

Bis etwa 1990 gab es die 9 Planeten und die Planetoiden, Kleinplaneten oder Asteroiden, wie sie im amerikanischen Sprachraum heißen, zwischen Mars und Jupiter. Dazu gab es einige Planetoiden, die nicht in das Schema passten, wie z.B. Chiron zwischen Saturn und Uranus. Es gab keine richtige Erklärung für diese. Vielleicht waren sie einfach übrig geblieben, bei der Bildung des Sonnensystems. In jedem Falle waren die Planetoiden aber bedeutend kleiner als alle Planeten, selbst Pluto. Ceres ist 909-975 km groß, immerhin nur ein Drittel des Durchmessers von Pluto.

Okay, nun findet man mit dem Einzug der CCD Technik in die Astronomie viele neue Planetoiden, lichtschwache, langsam sich bewegende in 100 facher Erdentfernung oder noch größerer Distanz. Automatisierte Suchprogramme die CCD Aufnahmen, mit Aufnahmen von vor einigen Tagen vergleichen, finden auch kleinste Bewegungen, die dem menschlichen Auge beim Vergleichen entgehen. Seitdem gibt es als neue Bezeichnung den Kuiper Gürtel und die Objekte heißen KBO – Kuiper Belt Objects. Kuiper, ein bekannter Planetenforscher des letzten Jahrhunderts hatte aufgrund von Computersimulationen die Existenz eines Gürtels von Planetoiden jenseits von Neptun postuliert. Diese Bezeichnung ist lang und die gängigere Abkürzung KBO klingt wie der Name eines TV Kanals.

Mit dem Vorstoß der IAU eine neue Klasse namens "Zwergplaneten" zu schaffen, wird dies nicht einfacher, denn nun haben wir 4 Klassen: Planeten, Planetoiden, KBO und Zwergplaneten. Wobei die Zwergplaneten aus Ceres, Pluto und Eris bestehen, bzw. seit dem 14.7.2008 auch noch aus Makemake, der nun auch der dritte Plutoid ist. Ein Zwergplanet unterschiedet sich von den anderen Körpern seiner Umgebung, dass er so viel Masse hat, dass er annähernd rund ist und alleine die Zone in der er sich befindet dominiert. Und nun gibt es noch die Unterklasse der Plutoiden, wobei nun Ceres einen Sonderstatus bekommt, da er der einzige Zwergplanet im Asteroidengürtel ist Da dieser Gürtel recht gut bekannt ist, dürfte es unwahrscheinlich sein, dass man noch mehr findet, außer man entdeckt unter den größeren zufälligerweise einen mit runder Form, wobei das dann wahrscheinlich sofort die Debatte über die Mindestgröße wieder anheizen dürfte.

Wir haben jetzt also Planeten, Planetoiden, KBO, Zwergplaneten und Plutoide – 5 Klassen von Körpern anstatt zweier, wie vor 20 Jahren.

Stop! Was kommt als nächstes? Fangen wir an die Trojaner und erdnahen Planetoiden auch als eigene Klasse einzuführen? Meine Meinung: Nein! Ruder zurück, zurück zu einheitlichen Klassen. Mein Vorschlag:

Entweder wir reden von Planeten (Merkur-Neptun) und Planetoiden (alles andere, egal ob im Asteroidengürtel oder im Kuipergürtel) oder wenn wir eine Unterscheidung nach chemischer Zusammensetzung machen, dann nennen wir die vorwiegend aus Stein bestehenden Planetoiden und die vorwiegend aus Eis und gefrorenen Gasen bestehenden Plutoiden – dann wäre diese Klasse auch wieder größer und sie würde alle KBO umfassen, aber auch die Zentauren die ab Jupiter ihre Kreise ziehen. Das letzte wäre sicherlich versöhnlicher für die Plutofreunde. Der Nachteil: Wir fangen hier an mit einer Differenzierung nach chemischer Zusammensetzung, die wiederum eine Folge des Sonnenabstandes ist: sonnennahe Körper die klein sind, können kein Wasser halten, weil die Sonne es langsam verdampft und die heißen Wassermoleküle dann als Gas genügend Geschwindigkeit haben, die Fluchtgeschwindigkeit des Körpers zu überwinden. Das ergibt zwar zwei sauber getrennte Klassen (wobei ich dann gespannt bin, auf die Zusammensetzung der Trojaner, die in Jupiterentfernung ihre Bahnen ziehen) aber warum machen wir das nur bei den Planetoiden? Genauso gut kann man dann die Planeten unterteilen in Gesteinsplaneten (Merkur, Venus, Erde, Mars) und Gasplaneten (Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun). Das tun wir doch auch nicht, zumindest reden wir von 8 Planeten und nicht zweiGruppen von jeweils 4 Planeten. Vor allem würden dieselben Planetoiden wenn sie eine Macht in Neptunentfernung bringen würde und die Zustände wiederherstellen würde, die bei der Entstehung des Sonnensystems herrschten automatisch zu Plutoiden. In dieser Entfernung kann sich kein Steinkörper halten, ohne das viel häufigere Wasser aufzusammeln.

Passend dazu eine Empfehlung fürs Fernsehen. Ich habe gerade gesehen, dass die Serie "Die Planeten", eine sehr gute BBC Serie über die Planeten, vor allem aber auch über Erforschung mit Raumsonden, auf VOX wiederholt wird. Die ersten zwei Folgen sind schon gelaufen (wer schnell ist, kann die Wiederholung der zweiten Folge morgen am 27.7. um 9:35 noch sehen). Die restlichen 7 folgen laufen jeden Mittwoch um  23:00 und die Weierholung dann am Sonntag um 9:35.

Die Serie ist meiner Meinung nach sehr empfehlenswert, das gilt auch für das Buch, das es mittlereile über Amazon Marketplace auch recht günstig zu erwerben gibt. Die deutsche Auflage stammt leider von 1999 und ist inzwischen vergriffen.

Die Planeten. Das Buch zur großen Fernsehserie

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