Europas unbekannte Beteilligung an der ISS
Ich denke jeder weiß, das das Columbus Labor Europas Hauptbeitrag zur ISS ist. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Europa ist viel mehr an der ISS beteiligt als allgemein bekannt.
- Da ist zum einen das DMS-R. DMS steht für Data Management System. Es ist das Computersystem im russischen Swesda Modul. Es ist verantwortlich für die Steuerung der gesamten ISS Ausrichtung im Orbit. Das DMS-R bringt das russische Swesda Modul auf den aktuellen Stand der Computertechnik und wurde im Austausch für die russischen Kopplungsadapter geliefert, welche die ATV einsetzen um an den Kopplungsadaptern die für die Progress entwickelt wurden ankoppeln zu können.
- ERA: European Robot arm: Dieser Arm ergänzt den Canadaarm2 der ISS. Er ist an dem russischen Mehrzweckmodul angebracht und soll dort zusammen mit der dort angebrachten Luftschleuse arbeiten. Er transportiert kleine Nutzlasten durch diese in die Station und hinaus und bringt sie außen an. Das reduziert die Notwendigkeit von EVA beträchtlich. Sollte eine EVA notwendig sein, so wird der ERA den Astronauten zu der Position führen an der er abreiten soll. Das vereinfacht die Arbeit beträchtlich. Er ist also eine Art bewegliche Arbeitsplattform. Der 630 kg schwere Arm kann Massen bis zu 8000 kg transportieren und erreicht Zonen bis zu 9.7 m vom Verankerungspunkt entfernt.
- Node 2: Der Verbindungsknoten 2 ist der zweite von drei Verbindungsknoten der ISS. Node 2 wurde vor dem Start von der NASA umbenannt in Harmony. Er verbindet die drei Labormodule Destiny, Kibo und Columbus mit der Station. Ein vierter Verbindungspunkt ist frei, er war für das gestrichene Zentrifugenmodul vorgesehen. Der letzte Verbindungspunkt ist der zum PMA-2, dem Ankopplungspunkt für die Space Shuttles und später Orion Kapseln. Er ist auch das Ansetzpunkt für das Manipulatorsystem der ISS. Der 4.47 m durchmessende und 6.71 m lange Knoten wiegt 14.3 t beim Start und bietet 70 m³ Volumen.
- Node 3: Der Verbindungsknoten 3 hat seine Funktion im Laufe der Zeit geändert. Ursprünglich war er für die Aufnahme weiterer Module gedacht soweit ein redundanter Andockpunkt für die Space Shuttles. Bedingt durch die Streichung von US Modulen wird nun nur noch eine Struktur an ihm angekoppelt sein. Die Beobachtungsplattform Cupola. Stattdessen wird in dem Knoten in den Racks ein verbessertes Lebenserhaltungssystem installiert, das anders als das alte das Kohlendioxid wiederaufarbeitet und dabei Wasser für die Besatzung gewinnt. Node 3 hat dieselben Abmessungen wie Node zwei, wiegt jedoch beim Start 15.5 t und im Endausbau im Orbit 19 t.
- Cupola: ist eine 1.55 m hohe und 2.95 m breite Beobachtungsplattform. Sie ermöglicht den Astronauten die freie Sicht auf die Erde, aber auch die Kontrolle des Andockens von Versorgungsraumschiffen. Auch die Arbeit mit dem Canadaarm2 kann von hier aus gesteuert werden.
- Columbus: Das europäische Forschungsmodul. Es basiert weitgehend auf der gleichen Struktur wie die beiden Nodes und hat so auch dieselben Abmessungen von 4.48 m Durchmesser und 6.87 m Länge. Es bietet 16 Racks, davon 10 für Experimente und der Rest für die Stromversorgung, Gas und Wasserversorgung. Die Startmasse beträgt 12,.25 t. Die Endausbaumasse mit 4 externen Experimentträgern von 370 kg Nutzlast 21 t, dazu bietet es 75 m³ Raum.
- Dazu kommen noch 3 Frachtmodule, welche die italienische Raumfahrtagentur ASI an die NASA lieferte und die bei 10 Space Shuttle Flügen Fracht zur ISS brachten. Mindestens eines wird auch permanent an der Station bleiben, weil die NASA ein eigenes Wohnmodul gestrichen hat. Jedes ist 6.4 m lang hat 4.6 m Durchmesser und bietet 31 m³ Raum.
Cupola, Node 2 und 3 wurden von der ESA kostenlos an die NASA entwickelt für …. tada .. einen Space Shuttle Flug, der das Columbus Labor in den Orbit brachte und die Mitführung von Fracht (die Racks die man nicht beim Start von Columbus mitführen konnte, weil das Space Shuttle es nicht voll beladen transportieren kann.
Angesichts dessen finde ich sind wir wieder übers Ohr gehauen worden, wie damals beim Spacelab das wir entwickelt haben und als Gegenleistung gerade mal einen halben Jungfernflug bekamen. Europa hätte die Fähigkeiten gehabt das Columbus Labor selbst zu starten. Man hätte nur das Druckmodul des ATV durch Columbus ersetzen müssen. 21 t wären so nicht möglich gewesen (doch das schafft das Shuttle ja auch nicht). Aber wir müssen ja die 5 US Experimentracks nicht mitführen. Das reduziert die Masse auf 16 t und das ist durchaus kompatibel mit einer Ariane 5 ES mit 20.75 t Nutzlast.
Europa ist nominell mit 8.3 % am "nicht russischen" Teil der ISS beteiligt. Rechne ich alle Module zusammen so komme ich auf 255 m³ Volumen – deutlich mehr als 8.3 % vom Gesamtwohnvolumen der Station (wie ich den ESA Nachrichten entnehme ist es sogar kurzzeitig noch mehr geworden: Die Astronauten nutzen das ATV um sich in dieses zurückzuziehen und Hygiene zu betreiben. Das ATV liefert weitere 48 m³ Volumen).
Das interessante: Russland hat einen Sonderstatus. Ihm gehören nach wie vor exklusiv die russischen Module. Irgendwie ist es an der ISs beteiligt oder auch nicht. Wenn Putin wöllte könnte Russland seine beiden Module abkoppeln und die (angeblich geplanten) Forschungsmodule dazu nehmen und damit eine Mir-2 aufbauen. Russland taucht so überhaupt nicht im Verteilungsschlüssel der Labor auf weder bei den Versorgungsgütern noch den Ressourcen. Toll, denn die NASA darf so Sojus Flüge und Progressstarts bezahlen. Irgendwie haben wir da was falsch gemacht, selbst im Vergleich zu Japan. Denn Japan steuert nur sein Raumlabor Kibo bei, das zwar größer ist und zudem noch eine Luftschleuse und einen Vakuumteil beinhaltet, aber sonst nichts. Die Anzahl der Racks die Japan so nutzen kann ist größer und die Gesamtbeteiligung an der Station beträgt 12.2 %. Selbst Kanada ist gut weggekommen. Für den Robotarm Canadaarm2 bekommt es satte 2.3 % der Stationsressourcen. Man vergleiche das mit den 0.85 % welches Italien für 3 Versorgungsmodule erhält…. Selbst die NASA hat es sich einfach gemacht und nach dem Verlust der Columbia eigene Module gestrichen und wird dafür das MPLM Donatello als Wohnmodul starten. Von Russland ganz zu schweigen: Vom bescheidenen Anteil von 4 Modulen, davon nur zwei neuen die man nicht von der NASA finanzieren lässt hat man nur die Hälfte gestartet und für diese Module hat auch noch die NASA bezahlt. Russland hat eigentlich die ISS Beteiligung für umsonst bekommen.
Ach ja noch was, man ahnt es vielleicht schon angesichts der Ausführungen: Ich habe die Arbeit an meinem zweiten Buch begonnen. Es handelt vom ATV, den anderen Versorgungsflügen zur ISs und der Trägerrakete Ariane 5. 36 Seiten sind schon geschrieben, aber noch nicht redigiert. es wird wahrscheinlich so dick wie das Gemini Buch werden. Vielleicht sogar etwas mehr, den Abbildungen sind bislang noch gar nicht dran und es kommt sicher nochmal so viel Text dazu.