Die Sonne in 3D
Die Sonne ist nicht nur Lebensquell, sondern auch der einzige Sterne den wir aus der Nähe ansehen können. Allerdings gibt es einen Haken: Wir sehen sie immer nur von einer Position, nämlich der Erde aus. Auf der Sonne gibt es auch so etwas wie ein Wetter: Es bilden sich Flares, Sonnenstürme und Prototuberanzen. Wir beobachten dies von der Erde aus und mit Satelliten. Aber bislang nur von der Ekliptik aus. Die polaren Regionen bleiben uns verborgen und die Entstehungsgeschichte mancher Erscheinung auch bis sie durch die Rotation der Sonne (etwa 27 Tage am Äquator) für uns sichtbar ist.
Genauso wie man auf der Erde für die Wettervorsage und das Verständnis nicht nur einen geostationären Satelliten, sondern mehrere benötigt, ergänz von den Pol umlaufenden Satelliten sollte dies auch für die Sonne gelten. Die folgende von mir vorgeschlagene Mission soll dies umsetzen und damit so etwas wie die Fortsetzung von Stereo sein. Geplant sind von mir sechs bauidentische Sonden, die auf zweierlei Weise gestartet werden.
Jede Sonde ist auf die Sojus 2a ausgelegt mit einer Startmasse von 1.600 kg. Davon entfallen rund 400 kg auf die instrumentelle Ausrüstung. Hauptausrüstung sind 10 je 30 kg schwere 25 cm Refraktoren mit einem Öffnungsverhältnis von 5. Einige sind mit verschiedenen Filtern ausgestattet um die Sonne im Licht von H-Alpha, der Calcium oder Eisenlinie oder anderen Absorptionsbanden aufzunehmen. Andere Teleskope sind an einen Koronographen gekoppelt, ein Spektrometer oder ein Michelson Interferometer. Gekoppelt ist jedes Teleskop an einen 4096 x 4096 Pixel CCD das eine Auflösung von 0,5 Bogensekunden bei einem Gesichtsfeld von 33 Grad erlaubt.
100 kg entfällt auf andere Experimente die Teilchen und Strahlung messen.
Der Satellitenbus kann identisch sein und z.B. von Venus Express oder Mars Express übernommen werden. Der Treibstoffvorrat kann bedeutend verkleinert werden, für die Datenübertragung wird aber eine etwas größere Parabolantenne benötigt, da für ein Bild jedes Instruments jede halbe Stunde eine Datenrate von 6 MBit/s nötig ist. Die vier Sonden in der Ekliptik werden konventionell in eine Sonnenumlaufbahn gestartet und driften langsam zu ihrer Position. Dort werden sie durch ihre Triebwerke in die endgültige Position gebracht die dann gehalten wird. Denkbar sind, von der Erde aus gesehen (Position 0 Grad) die Positionen bei +45, +135, +225 (-135), +315 (-45) Grad, oder wenn die Erde mit einbezogen wird: +72, +144, +216, +288 Grad.
Komplizierter ist der Start der Sonden in den polaren Sonnenorbit. Dieser ist direkt nicht erreichbar. Daher wird die Sonne mit einem Ionenantriebsmodul zuerst in einen erdnahen Orbit gebracht. Von dort aus spiralt sich die Sonde mit dem Antriebsmodul in eine Sonnenumlaufbahn und dann zu einem Transferkurs zu Jupiter. Dieser lenkt die Sonde in einen polaren Orbit um, verändert aber nicht das Apogäum oder Perigäum. Beim ersten Durchlauf wird das Antriebsmodul erneut aktiv und die elliptische Umlaufbahn wieder in eine kreisförmige umgewandelt die in der Entfernung der Erde die Sonne umläuft. Etwa ein Drittel der Umlaufszeit ist die Sonde über einer geographischen Breite von 60 Grad und erlaubt dann während dieser Zeit auch die Überwachung der Pole.
Ich denke die Mission könnte durch sechs standardisierte Sonden und den Start mit der Sojus recht preiswert durchgeführt werden. Sie könnte auch Bestandteil eines Netzwerkes sein, das vor Sonnenstürmen warnt, die z.B. einer Marsmission gefährlich werden können. Dafür benötigt man wegen der unterschiedlichen Umlaufszeit des Mars eine Kette von Warnsatelliten auf einer sonnennahen Umlaufbahn.
Eine gute Idee und ein würdiger Nachfolger für das altgediente SOHO 🙂
Ein paar Details:
* Wahrscheinlich braucht man nicht so viele Teleskope – wechselbare Filter würden reichen. Allerdings kann alles, was einen Motor braucht, bei den Bedingungen im Weltraum auch kaputt gehen. So verdunstet Schmieröl im Vakuum des Weltraums ganz gut…
* Im falle von sechs Satelliten würde ich nur drei Satelliten im Erdorbit belassen, zum Beispiel bei 30, 150 und 270 Grad. Dafür drei Satelliten über Jupiter umlenken, so dass sie in eine Polarbahn um die Sonne einschwenken, ebenfalls mit 120 Grad Versatz. So sind solarer Nord- und Südpol stets im Blickfeld mindestens eines Satelliten.
* Zwei Zusatz- und Reservesatelliten (einer auf jeder Bahn) ergeben auch Sinn.
* Evtl. sind auch andere Orbits möglich. Bei sechs Satelliten wäre alles optimal, was einem Oktaeder ähnelt.
* Möglicherweise ist es günstiger, alle Satelliten identisch zu konstruieren, also alle mit Ionenantrieb zu versehen, als die eine Hälfte konventionell und die andere Hälfte mit Ionenantrieb auszurüsten.
* Vor allem ermöglicht eine einheitliche Konstruktion auch einen einheitlichen Start: Alle sechs bis acht Satelliten huckepack auf eine Ariane V, die dabei auch gleich ihre Multistart-Kapazität nach LEO (oder MEO, je nachdem, wie groß am Schluss die Masse ist) demonstrieren kann. Von da aus spiralen sich dann alle Satelliten ihrem direkten oder indirekten Ziel entgegen.
Kai
* Bei der sonne braucht man Objektivfilter, wegen der intensiven Stahlung. Okularfilter sind ungeeignet.- Also pro Wellenlänge ein Teleskop (wurde aber bisher auch immer so gemacht)
* Gute Idee, vielleicht könnte man auch mehr Satelliten einsetzen. Das Problem ist die Verzerrung wenn man auf eine Kugel blickt – einfach mal ein Metosatbild ansehen und man versteht was man meint. Bei geostationären Wettersatelliten nimmt man z.B. 5 , hier bin ich mit vier schon um einen runter gegangen.
* Wenn ich einen Ionennatrieb nehme ist auch das möglich, dann könnte ich bei genügend Zeit sogar zwei Satelliten in einen Fluchtkurs mit einer Sojus transportieren
* Ariane setzt die Nutzlast im GTO Orbit aus, dafür bezahle ich auch. Ein Ionenantrieb braucht allerdings nur eine erdnahe Bahn, schließlich liegt der Hauptvorteil 9/10 des Treibstoffs einzusparen. Zudem sind die Satelliten zu schwer für eine ASAP, so dass eine 500 kg schwere Sylda hinzu käme – es wäre zu teuer. Ein dezidierter Start in LEO dürfte bei so vielen Satelliten noch problematischer werden – jeder müsste einzeln verpackt werden, was heute noch nicht geht. Ein Vergleich mit Galileo ist nicht möglich, da dies sehr kleine Satelliten ohne Ionenantriebsmodul mit großen Solarzellenauslegern sind.