Exportweltmeister vs Ehernes Lohngesetz
Moin Hans,
Die Frage ist zwar leicht Off Topic, aber da es auch im Artikel kurz vorkam: Was ist eigentlich das Tolle daran, das Deutschland Weltmeister im Exportieren ist?
Und da Off-Topic, denk ich ein Extra-Blog ist eine bessere Antwort.
Bekannterweise ist die Verwendungsseite der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung:
Bruttonationaleinkommen = Konsum + Investitionen + Staat + Export – Import
Exportorientierung erhöht also das Einkommen in Deutschland.
Oder anders gefragt: Welchen persönlichen Nutzen hab ich davon?
Wenn Du zu den 1%% gehörst, die von der Exportorientierung profitieren, dann rechnen sich Exporte vor allem ins nicht europäische Ausland recht schnell.
Ein fiktives Beispiel:
Angenommen ein Programmierer verkauft für US$60000 im Jahr Software in die USA und für Euro2400 nach Deutschland, und hat ca Euro24000 im Jahr Kosten. Dann würden damit Einkünfte von ca Euro26000 erzielt werden, von denen nach Abzug der Versorgungsaufwendungen (Krankenkasse) ca Euro22000 zu ca 17.4% versteuert werden. Das ergibt dann irgendwann im nächsten Jahr eine Einkommensteuer von Euro3200. Aber da angenommener Programmierer lokal einkauft, und global verkauft, hat er über das Jahr gerechnet 3400 Euro vom Finanzamt an Umsatzsteuer überwiesen bekommen. Wenn er die in Bar unters Nachtkissen legt kann er beruhigt schlafen. Denen die Lohn und Gehalt haben, denen wird das Geld natürlich vorher abgezogen, und die können nachher einen Lohnsteuerjahresausgleich machen, und lange warten.
Für die Bevölkerung wird meist positiv hervorgehoben, dass Export Arbeitsplätze schafft. Im Prinzip exportiert Deutschland seine Arbeitslosigkeit in andere Staaten.
Traditionell haben diese Staaten auf Grund des Deutschen Preisdumping ihre Währungen abgewertet. Insbesondere in Staaten der EU, die Ihre Währung nicht mehr abwerten können, um gegen das Preisdumping der Deutschen zu bestehen, haben hingegen in den letzten 10 Jahren Schulden gestapelt. Doch das einzige Land das gefahrlos Schulden stapeln kann ist die USA, weil sie jederzeit die Druckpresse für die Weltreservewährung anwerfen können.
Eines der wichtigsten Gesetze der Volkswirtschaftslehre ist das Eherne Lohngesetz, laut dem der Lohn bei vollkommener Konkurrenz unter den Bedingungen eines schrankenlosen Kapitalismus stets um das Existenzminimum schwankt.
Wenn Du die Verteilungsseite des Bruttonationaleinkommen betrachtest, hast Du hast mit 99% Wahrscheinlichkeit keinen persönlichen Nutzen, weil unser Status als Exportweltmeister sich durch Gesetze wie Hartz IV verbessert hat, durch dass zum einem die die noch Arbeit haben, zu viel Angst haben, um Forderungen zu stellen. Zum anderen aber die Mieten für die letzten Bruchbuden so weit gestiegen sind, dass sie dem Hartz IV Maximalsatz entsprechen, und familiengerechte Wohnungen damit mit einem Facharbeitergehalt unbezahlbar wurden.
Aus diesem Grund ist eine Exportorientierung aus der Sicht der Arbeiter und Angestellten eher von Nachteil, weil diese nur durch eine Senkung der Stückkosten zu erreichen ist, was vor allem Druck auf Löhne und Arbeiterrechte bedeutet und zum andern Deutschland zum Steuer und Subventionsparadies macht. Stattdessen ist eine ausgeglichene Handelsbilanz anzustreben. Bei einer ausgeglichenen Handelsbilanz, einer Volkswirtschaft die vom eigenen Konsum lebt, und einer niedrigen Arbeitslosenquote ist jedoch zum einen das Bruttonationaleinkommen etwas niedriger, zum andern vor allem das passive Einkommen durch Besitz an Grund und Produktionsmitteln erheblich niedriger, weil sich die Verteilungsseite des Einkommens zu Gunsten der Arbeiter verschiebt.
ciao,Michael
nix für ungut, wie wäre es mit einer gewissen Qualitätskontrolle.
1) Die vom Finanzamt zurück erstatte UST hat er vorher bezahlt
2) Natürlich stimmt das „eherne Lohngesetz“ nicht, wie die Geschichte in gezeigt hast, es sei denn, du setzt das Existenzminimum eben so hoch wie den Durchschnitsslohn
3) Du schreibst, als wären wir in China. D exportiert sicher nicht soviel, weil die Produkte billig sind. Nehmen wir die größten Exportbranchen: Auto: Luxusautos. Elektro: teure Investitionsgüter Maschbau: teure Investitionsgüter Chemie: Spezialchemie, einfache Sachen sind naturgegeben in Ländern mit billigerer Energie und Löhnen (China: Facharbeiterlohn, mittlerer Abschluss PISA-Vergleich wie Realschule bei uns 80-200 Euro / Monat)
4) Natürlich profitiert jeder von einem Handelsbilanzüberschuss, Unternehmen haben mehr Geld, der Staat hat mehr Steuereinnamen, die Zinsen für den Staat sind eher geringer (Riesenunterschied: D 2% F 4% I 6%, das sind allein beim Bundeshaushalt ca. 30 Mrd. Euro weniger Zinsausgaben!
Moin Christian,
Bernd sucht immer nach Korrekturlesern – frag ihn mal 😉
Natürlich hat er es vorher bezahlt, mit dem Geld seiner Kunden, und rein rechnerisch wird die Vorsteuer immer abgezogen. Doch dieses fiktive Beispiel sollte zeigen, wie stark ein Hacker das System biegen könnte. Neben diesem sind wohl noch dutzende andere fiktive wie reale Beispiele möglich, bei dem ein Unternehmen seine Steuer auf fast 0 runter rechnen kann während der normale Arbeiter die Steuer gleich vorher abgezogen bekommt.
Egal ob ich mir verschiedene Städte in Deutschland, oder Kantone in der Schweiz anschaue. Dort wo Arbeit vorhanden ist, und die Steuern günstig sind, sind die Mieten jeweils so hoch, dass der normale Arbeiter am Ende des Monats kein Geld über hat. Oder anders ausgedrückt das Angebot und die Nachfrage nach Arbeit, und das Angebot und die Nachfrage nach Wohnraum pendeln sich so ein, dass dazwischen nur das Existenzminimum bleibt.
Das jeder profitiert mag ich zu bezweifeln. Wenn wir einen Handelsbilanzüberschuss haben, dann gab es eine Fluss von Waren und Dienstleistungen ins Ausland für die zwar Geld, aber keine Waren oder Dienstleistungen zurück geflossen sind. Dieses Geld sammelt sich, bei denen die vom Export dreifach profitieren, indem sie exportieren und Subventionen und Steuererleichterungen nutzen. Dieses Geld arbeitet dann außerhalb Deutschlands, sonst wäre ja der Außenhandel ausgeglichen, z.b. auf dem US$ basierten Spekulationsmarkt, oder auf ner Yacht und Südseeinsel.
Eine positive Handelsbilanz sagt: Wir arbeiten mehr als wir für unsern eigenen Konsum, Staat und Investitionen brauchen, weil wir zusätzlich Sachen produzieren die wir nicht brauchen sondern exportieren, und andere streichen einen Profit ein. Das negative einer positiven Handelsbilanz sind die Seiteneffekte auf die Verteilungsseite die durch exportfördernde Gesetze geschaffen werden. Eine Außenhandelsdefizit hingegen kann noch schlimmere Folgen haben, wenn fremde Produkte den eigenen Markt zerstören, und plötzlich keiner mehr Einkommen hat, sondern die Wirtschaft davon lebt, dass der Staat seine Beamten und das Militär bezahlt, und Verwandte Geld aus der Gastarbeit nach hause schicken.
ciao,Michael
Hallo!
Die Sichtweise ist mir zu einseitig.
Lohndumping und Abwertung sind nicht die entscheidenden Faktoren für den Exportüberschuss.
Es sind die Produkte! In der SZ war vor einigen Monaten ein interessanter Artikel darüber.
Es gibt ca. 2100 Schlüsselprodukte, die weltweit für Industrie und Konsum benötigt werden. Vom Nylondübel über Druckmaschinen bis hin zu Einkaufswägen.
Die deutsche Wirtschaft ist überwiegend mittelständisch und deutsche Unternehmen sind bei ca. 1400 von diesen Produkten, also bei 2 Drittel, WELTMARKTFÜHRER!
Die Produkte werden gekauft, weil sie qualitativ BESSER und INNOVATIVER sind als der Mitbewerb.
Das ist definitiv kein Nachteil für die Arbeitnehmer hierzulande.
Daher KÖNNEN die Löhne auch deutlich steigen.
Die letzte Wirtschaftskrise hat gezeigt, wie exportabhängig wir sind. Daher braucht es als 2. Standbein ein erhöhte Inlandsnachfrage.
Und deshalb MÜSSEN die Löhne steigen.
Bernd Leitenberger ist nicht nur auf der Suche nach Korrekturlesern, sondern auch auf der Suche nach Gastautoren. Also wer die Sichtweise als einseitig empfindet, der darf gerne einen eigenen Blog verfassen ….
Moin,
> Und deshalb MÜSSEN die Löhne steigen.
das heißt in den Forderungen sind wir uns einig. Wobei mir die Fixierung auf die Löhne zu einseitig sind. Es geht nicht nur um Löhne sondern vor allem um die Bedingungen unter denen der Arbeiter Löhne und Mieten aushandelt.
Hartz IV hat hier die Schere gleich von beiden Seiten geschlossen, in dem durch Kürzung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau, 1 Euro Jobs, und andere Verschärfungen der Druck erhöht wurde jede Arbeit anzunehmen, auf der anderen Seite wird Hartz IV nicht mehr wie Arbeitslosenhilfe am Stück sondern als Lebensunterhalt + Mietzuschuss bewilligt, so dass es mit der Einführung von Hartz IV eine Umzugswelle gab, die heute Bruchbuden den Maximalsatz garantiert. Ein Hartz IV betreuter darf noch nicht mal die Miete mindern.
Auf der anderen Seite wurde die Bedingungen für passives Einkommen aus Grund und Produktionsmitteln durch den Wegfall der Erbschaftssteuer und anderer Gesetze verbessert. Dann wurde was Staatliche umlage Rentensystem beschnitten, und ein privates Kapitalbasiertes subventioniert. Da wir exportorientiert sind wird dieses Kapital in der Weltreserve Währung dem US$ angelegt. Als dort die Grundstücksblase geplatzt ist, mussten hier die Banken gestützt werden. Jetzt werden die Griechen und andere Staaten, die ihre Währung nicht mehr abwerten können, von Deutschen Schulden erdrückt.
Doch anstatt den Konsum anzukurbeln, die Löhne, Arbeitsbedingungen und Wohnbedingungen zu verbessern, wird lieber im Casino eine weitere Milliarde verzockt. Für das Geld hätte Deutschland sich seine eigene Raumstation leisten können. Das ist dann zwar nutzloser Konsum im Weltraum verpulvert, würde aber bessere Arbeitsplätze schaffen wie eine Exportorientierung, und weniger Seiteneffekte auf andere EU-Staaten haben.
ciao,Michael
PS: Und zum Thema Kritik – keine Panik – ich bin Programmierer – und ich schreibe Blog Artikel so wie Space/X Raketen baut – Qualitätskontrolle *aehm* die Software reift auf dem Weg zum Kunden, dass der Meckert oder die Rakete explodiert das gehört doch dazu, oder?
Stimmt, ich habe vier Versionen des Artikels von Dir bekommen, zwei erst nach der Veröffentlichung ….
> Ein Hartz IV betreuter darf noch nicht mal die Miete mindern.
Er darf schon, aber was er dabei spart muß er wieder beim Almosenamt abliefern. Genau so wie eventuelle Rückzahlungen, wenn er bei den Betriebskosten spart. Da man selbst außer lästigen Papierkrieg nichts davon hat, läßt man es sein.
Auf der anderen Seite wird äußerst schlampig mit Steuergeldern umgegangen. Ich habe es schon zweimal erlebt, daß nachdem ich wieder Arbeit hatte und mich ordnungsgemäß abgemeldet habe, das ALG noch monatelang weitergezahlt wurde. Und mit der Rückforderung lassen sie sich auch mächtig viel Zeit, ich hab immer noch das voriges Jahr zu viel gezahlte Geld. Ein größeres Durcheinander kann das in Griechenland auch nicht sein.
Das ist genau der entscheidende Punkt.
Jegliche Eigeninitiative wird verhindert, weil sie sich für den Hartzer nicht lohnt. Zudem kommen schier unglaubliche Restriktionen wie z.B. kein Geld für Computer. Wie soll so jemand denn am gesellschaftlichen Leben teilnehmen?
Aber das ist ja wohl gar nicht erwünscht.
Anstatt über eine echte, also bedingungslose Grundsicherung nachzudenken, beschäftigt man lieber ein Heer von Kontrolleuren.
Ein Bruchteil des Aufwandes dafür in Steuerfahnder investiert würde MILLIARDENBETRÄGE an hinterzogenen Steuern bringen.
VWL und Sozialpolitik sind ja auch mein Thema. Man kann da auch wunderbar drüber streiten ohne zu einer wirklichen Lösung zu kommen.
Zum Exportüberschuss hab ich mir aus der Studienzeit gemerkt, ist nicht gut, weil man damit Inflation importiert.
Da bisher (bis heute 8.12.2011)die EZB die Geldmenge sehr stabil gehalten hat gabs im Euroraum kaum Inflation. Folglich haben die Staaten sich überschuldet um Ihren Finanzbedarf zu decken. Nun bricht das Kartenhaus langsam zusammen, der Zahltag rückt näher. Wie lange die USA sich mit der Notenpresse refinanzieren können bleibt auch noch abzuwarten. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das noch lange gut geht.
Zu Hartz IV hab ich mir noch keine abschließende Meinung gebildet. 360 oder 370€ Miete Heizkosten dürften zur Deckung der elementarsten Bedürfnisse wohl tatsächlich reichen, aber es ist für die Betroffenen sicher echt hart.
Besonders schlimm finde ich, wenn jemand durch Krankheit oder Behinderung in diese Situation kommt. Der hat dann nicht mal die Chance sich ein besseres Leben zu erarbeiten.
Oder die Grundsicherung im Alter, die in gleicher Höhe gezahlt wird. Da werden noch spannende Sachen auf uns zukommen. Denn sehr viele Menschen sind heute in prekären Beschäftigungsverhältnissen mit Löhnen am Existenzminimum. Mehr als diese Grundsicherung werden sie als Rentner auch nicht bekommen.
Damit schließt sich der Kreis auch wieder zum Expotüberschuß, die derzeitigen Rentner tragen erheblich zur Binnennachfrage bei. Wenn die dann später wegfallen wird das erheblichen Einfluß haben.
Wenn man dann noch berücksichtigt, dass staatliche Transferleistungen wie Renten und Hartz IV de facto teilweise kreditfinanziert sind über die Staatsverschuldug,kann einem nur Angst und Bange werden.
> Besonders schlimm finde ich, wenn jemand durch Krankheit oder Behinderung in diese Situation kommt. Der hat dann nicht mal die Chance sich ein besseres Leben zu erarbeiten.
Da reicht es oft schon, 50 zu sein. Bis 67 arbeiten müssen, aber nicht dürfen. Echt hirnrissig.
Ein weiterer „Erfolg“ von Hartz IV ist, daß die Arbeitslosen sich nicht mehr fachlich auf dem Laufenden halten können. Teure Fachliteratur ist da einfach unbezahlbar. Trotz ständigem Gejammer über Fachkräftemangel. Da hat man wohl nach über 20 Jahren immer noch nicht gemerkt, daß es keine DDR mehr gibt, wo man fertig ausgebildete Fachkräfte billig abwerben kann.
Interessanter Artikel, vor allem auch die Diskussion dazu. Und im Prinzip sehe ich es ja auch so: Deutschland sollte sich schnellstens von dieser Exportorientierung verabschieden und stattdessen den Binnenmarkt ankurbeln. Aber derzeit hat man eher den Eindruck, dass da noch einige Katastrophen auf uns zu kommen müssen, bevor von Seiten der Politik was in die Richtung getan wird. Aber was soll man auch anderes erwarten, wenn ein Ex-Kanzler Schröder auf dem Weltwirtschaftforum in Davos vor den Wirtschaftvertretern damit prahlt, mit der Agenda 2010 den grössten Niedriglohnsektor geschaffen zu haben, den es in Europa gibt. (Den Bericht findet man irgendwo in den Nachdenkseiten, weis aber gerade nicht wo.)
Was die Löhne angeht so denke ich, dass der Niedriglohnsektor erst mal ersatzlos abzuschaffen ist und ein branchenunabhängiger Mindestlohn in der Gegend um 10€/Std. für den Anfang reichen sollte. Beim bedingungslosen Grundeinkommen bin ich mir dagegen nicht so sicher.
Dazu einige Steuern wieder einführen, die seit etwa 1990 abgeschaft wurden, und andere erhöhen. Ich denke, das wird den Konsum im Lande ordentlich fördern. Wenn dann noch die EZB nicht nur auf die Inflation guckt, sondern auch auf andere Grössen, die in den Kreislauf mit rein spielen, sollte es noch besser laufen.
> Aber derzeit hat man eher den Eindruck, dass da noch einige Katastrophen auf uns zu kommen müssen, bevor von Seiten der Politik was in die Richtung getan wird.
Die größte Katastrophe sind die Politiker selber.
Bedingungsloses Grundeinkommen halte ich auch für übertrieben. Was aber unbedingt abgeschafft werden muß, ist der Zwang wirklich jede Arbeit anzunehmen. Selbst wenn sie kriminell niedrig bezahlt wird. Da sollte man jede Arbeit ablehnen dürfen, von der man nicht leben kann.
Viele Themen. Mal meine Meinung
Exportüberschuß:
In einem Hartwährungsland hergestellte Artikel in ein Land zu exportieren, daß mit einer Weichwährung diese Produkte bezahlt ist in der Tat nicht gut. Gerade deshalb ist ja Deutschland so auf den Euro angewiesen: Der weitüberwiegende Teil wird in andere Euroländer exportiert die also mit einer gleichharten Währung bezahlt. Ob das gerecht ist lässt sich drüber streiten, es nützt auf jeden Fall der deutschen Volkswirtschaft.
Jetzt umsatteln auf eine binnenmarktorientierte Marktpolitik? Ist ja verlockend, müssen aber ALLE, insbesondere die Konsumenten mitspielen. In den letzten Jahrzehnten ist die Konsumgüterindustrie massiv geschrumpft. Gerade weil sie mit Billiglohnländern in diesem Bereich nicht mithalten kann. Exportiert werden vor allem Dinge FÜR die KonsumgüterINDUSTRIE. Will man also das Niveau halten, muss nicht nur die Industrie umgestellt werden, sondern vor allem die Kunden der hiesigen Industrie wieder ins Binnenland geholt werden. Wie man dass umsetzen will ohne das gesamte Politiksystem umzustellen ist mir nicht klar. Ausserdem, wenn man sich in der Welt umguckt: Abgekapselten Volkswirtschaften geht es in der Regel ziemlich schlecht.
Finanzkrise: Warum sich die Politik nicht gegen die Finanzmärkte wehren kann? Sie ist ihr Hauptgläubiger! Das ist nun mal das Schiksal eines Überschuldeten. Deutschland kommt deswegen besser klar als Griechenland, da es den Vorteil hat vor allem bei den Deutschen verschuldet zu sein. Die griechischen Schulden liegen vor allem im Ausland. Da ist man natürlich noch abhängiger. Die Schulden haben aber nicht die egoistischen Finanzmarktjongleure, sondern die vom Volk gewählten Regierungen gemacht. Aller Coleur, halt die, die gerade die besten Wahlgeschenke hatten.
Der Schuldenkrise wird man nicht durch nochmehr Schulden in den Griff bekommen. Es hilft nur eiserne Haushaltdisziplin. Und die Erkenntniss, daß alle über ihre Verhältnisse gelebt haben.
HartzIV, Mietkosten etc.
Ich bin weit davon entfernt, irgendwas von sozialer Hängematte zu faseln. Aber einfach die Sätze zu erhöhen bringt auch nichts. Dadurch Ankurbelung der Binnenkonjunktur? Das wird seit dreißig Jahren gepredigt und dadurch auch nicht wahrer.
Entscheidend für den Wohlstand ist nicht der Umsatz sondern der geschaffene Mehrwert. Und Sozialtransfer schafft keinen Mehrwert.
Das klinkt hart, ist aber so. Wir müssen weg von der Finanzierung der Erwerbslosigkeit hin zu Massnahmen, die die Leute wieder in Lohn und Brot bringt. Obwohl ich kleiner Selbstständiger bin, tendiere ich da inzwischen auch zu einem Mindestlohn und der beschränkung der Leiharbeit. Aber die Konsumgüterindustrie im Auge behalten. Man kann auch Arbeitsplätze exportieren. Der Konsument stimmt ab, nicht die Politik.
Zum Mietkostenproblem bleibt zu sagen, daß man aber auch mal die Ansprüche der Mieter sehen muss. Es sind weniger die Quadratmetermieten gestiegen als mehr die Wohnfläche und die Ausstattung. Regionale besonderheiten sind natürlich in einem Markt, der mehrere Jahre zum reagieren braucht nicht auszuschliessen. Ich glaube es gab in Hamburg auch mal Zeiten, da einem die Wohnungen hinterhergeschmissen wurden.
Patentrezept? Hab ich auch nicht. Es hilft, das ganze als grosses Netzwerk und Regelkreis zu betrachten. Wenn man an einer Stellschraube dreht kann es Veränderungen an ganz anderer Stelle geben.
Aber eine Tendenz hab ich:
Das ganze Steuer- und Sozialgebilde ist auf Erwerbseinkommen ausgerichtet. Sei es nun der Fabrikbesitzer oder der kleine Hilfsarbeiter. Die müssen das System schultern. Der Finanzmarksektor wurde ja immer als flüchtiges Reh betrachtet, das sofort abhaut, wenn es gestört wird. Das System hat sich über Jahrzehnte, insbesondere nach dem Ende des kalten Krieges darauf eingestellt und das Abschöpfen des erzielten Mehrwerts passiert heute in der Finanzwirtschaft und nicht mehr in der Realwirtschaft.
Hier muss man dran. Und auch relativ forsch. Die Finanzwirtschaft kann ihre Gewinne halt nur in den entwickelten Ländern einfahren, in Zentralafrika geht das nunmal nicht. Und bei allem Sachverstand bitte baldmöglichst. Der britische Premierminister kann nicht mehr anders reagieren als er heute auf dem EU-Gipfel gezeigt hat: Der britische industrielle Kern ist inzwischen verschwunden, er hat nur noch den Finanzsektor als Einnahmequelle.
Grüsse, Bernd
> Aber einfach die Sätze zu erhöhen bringt auch nichts. Dadurch Ankurbelung der Binnenkonjunktur? Das wird seit dreißig Jahren gepredigt und dadurch auch nicht wahrer.
Gepredigt ja, aber wirklich gemacht hat man genau daas Gegenteil, die Sätze immer mehr verringert. Im Grunde ist das Arbeitslosengeld doch nichts weiter, als eine indirekte Subventionierung des Binnenmarktes. Schließlich geben die Arbeitslosen ihr Geld im Laden aus, statt es in hirnrissigen Börsengeschäften zu verzocken.
> Entscheidend für den Wohlstand ist nicht der Umsatz sondern der geschaffene Mehrwert.
Der geschaffene Mehrwert ist entscheidend für den Gewinn. Ob man davon auch etwas abbekommt ist eine ganz andere Frage. Und genau da klemmt es.
Noch zur Zeitarbeit: Hier wäre es dringend nötig, das System endlich vom Kopf auf die Füße zu stellen, so wie es in anderen Ländern längst üblich ist. Also für Leiharbeit den gleichen Lohn wie für fest Angestellte. Dann würden Leiharbeiter teurer als Angestellte, schließlich will (und muß) der Verleiher ja auch etwas verdienen.
Dann wäre Leiharbeit wieder das, was sie sein sollte: Eine Möglichkeit, kurzfristige Bedarfsspitzen zu überbrücken. Und nicht wie jetzt ein Instrument zum Lohndumping.