Rückblick und Ausblick

Es ist ja so Mode zwischen Weihnachten und Neujahr Bilanz zu ziehen für das Jahr 2012. Ich will das mal für den Bereich Weltraum machen. Wir haben 2012 natürlich einige bemerkenswerte Dinge zu verzeichnen.

  • Im Februar haben wir den Jungfernflug der Vega, als neuester europäischer Rakete und neuestem Raketenmodell überhaupt
  • Im August haben wir die Landung von Curiositys als bisher ambitioniertester Marslandemission
  • Im Dezember konnte Nordkorea seinen ersten Satelliten in einen Orbit bringen und China den ersten Vorbeiflug einer Raumsonde an Toutaris vermelden
  • Und Arianespace hat zum zweiten Mal 7 Starts in einem Jahr mit der Ariane 5 durchgeführt und inzwischen 10,2 t GTO Nutzlast erreicht. (eine eher kleine Nachricht)

Das waren die für mich wichtigen Meldungen des Raumfahrtjahres 2012, doch auffälliger ist eher, dass es so wenige sind. Mal einige Dinge die 2012 nicht so toll liefen: Im Januar stürzte Phobos Grunt ab, Sie steht stellvertretend für die russische Raumfahrt. Ja die bezahlten Flüge zur ISS gehen weiter, sie werden sogar ausgebaut indem man die Besatzung länger oben lässt, damit man mehr Touristen transportieren kann. Aber sonst ist nur Stillstand. Das letzte russische Modul, Nauka sollte 2009 an der ISS sein, mit viel Glück kommt es vielleicht 2013 an. Das gleiche kann man von der Angara sagen und auch Russlands neues Kosmodrom lässt auf sich warten. Nachdem es 2011 neue Forschungssatelliten gab und das den Anfang einer „Rennaissance“ versprach ist 2012 schon wieder Schluss damit.

Russland ist da nicht alleine. Auch Indien steckt in einer Krise. Auch hier gibt es Pläne für eigene bemannte Raumfahrtmissionen, eine GSLV Mark III, doch nach zwei Fehlstartes der GSLV fanden seit 2010 keine neuen Starts mehr statt und indische Kommunikationssatelliten starten mit der Ariane 5.

In Europa haben wir auch keinen Grund zur Freude. Das ganze Jahr war geprägt über Diskussionen über Ariane 5/6 und das ATV. Beim letzteren entschloss sich die ESA schon im April nicht weitere Exemplare zu bauen. Das wäre nicht „herausfordernd“ genug. Meiner Meinung nach geht es bei der bemannten Raumfahrt nicht um Herausforderungen (diesen Begriff mit den enormen Sicherheitsanforderungen und dem Fortschritt im „Schrittchen“ anstatt „giant leaps“ zu verbinden fällt nur schwer) sondern darum die ISS am Leben und die Kosten in Grenzen zu halten. Nun soll aus dem ATV das Servicemodul für die Orion entwickelt werden. Wieder einmal macht man sich von den USA abhängig, als wäre das in der Vergangenheit nicht schon oft eine Sackgasse gewesen oder sehr teuer geworden. Tatsache ist: Von allen Partnern ist die NASA der unzuverlässigste, da der gesamte Haushalt Jahr für Jahr nneu genehmigt wird und dann Projekte oft sterben oder gekürzt werden. Auch 2011 zeigte dass dem so ist: siehe weiter unten bei Exomars. Bei Ariane 5/6 konnte man sich nicht für eines entscheiden, sondern macht nun beides, auch wenn Ariane 6 erst ein Vorentwicklungsprogramm bekommt. Wie üblich hat man 2008, als die letzte Ministerratskonferenz war, die Chance versäumt, die Entwicklung der Ariane 5 wiederaufzunehmen und nun hat man den Salat. Da das alles Geld kostet, fallen natürlich Projekte wie ein europäischer Mondlander unter starker deutscher Beteiligung herunter.

Ganz offen ist auch Exomars, da die USA abgesprungen sind. Russland will sich mit Trägerraketen beteiligen, doch ohne RTG von den USA wird der Lander nur einige Tage lang arbeiten können – für das Geld das er kostet ist das nicht akzeptabel. Immerhin wurde die Jupitermission JUICE beschlossen.

Auch die USA können nicht so richtig zufrieden sein. Die Starts der NASA nehmen seit Jahren ab. Die Doppelstrategie bei CCDev geht weiter. Nach NASA Angaben hat dies nur Vorteile, doch weil die Mittel aufgeteilt werden rückt der Erstflug eines Kandidaten in immer weitere Ferne. Und benötigen wird man schlussendlich nur ein Gefährt. Wie sieht es mit den „Hoffnungsträgern“ aus? Stratolaunch hat sich von SpaceX getrennt, doch auch OSC wird keine Rakete in der Größe konstruieren können, die die geforderte Nutzlast hat und wenn, dann ist sie zu klein für viele Nutzlasten. Das ist am Markt vorbeigeplant.

SpaceX hat wie in den letzten Jahren viel angekündigt, aber nur zwei Flüge durchgeführt. Die gesamte Nutzlast beider Flüge liegt bei 1.000 kg. Dabei sollte ihre Dragon doch 6.000 kg pro Flug transportieren können – nun ja sollte. Weitgehend unbemerkt hat SpaceX die Nutzlastenmassen ihrer Raketen abgesenkt. Websites sind geduldig, die Physik kann man anders als unkritische SpaceX-Jünger aber nicht täuschen. Den Jungfernflug der Falcon Heavy haben wir auch nicht gesehen, obwohl er er gerade mal vor eineinhalb Jahren angekündigt wurde. Es klappt also nicht mal die kurzfristige Planung bei SpaceX. Von den anderen kleineren „neueren“ Raumfahrt Firmen, die sich alle mehr oder weniger auf bemannte Raumfahrt konzentriert haben, gibt es noch weniger Nachrichten. Wie den auch – dieser Bereich ist vollständig von der NASA abhängig und anders als im unbemannten Bereich wo es zig Projekte gibt, um die man sich bewerben könnte gibt es nur die ISS. Wer da nicht bei der CCDev Runde dabei ist, kann nicht auf Aufträge hoffen, selbst wenn er auf eigene Spesen etwas entwickelt oder wie Bigelow sogar eine eigene Raumstation plant.

Eas wird 2013 bringen? Nur eine Mission erscheint mir interessant, das ist MAVEN zum Mars. Sie wird uns nicht Pretty Nice Pictures bringen, aber neue Erkenntnisse über die Marsatmosphäre und eventuell über ihre Entwicklung. SpaceX will 7 Flüge nächstes Jahr absolvieren: so steht es in ihrem Launchmanifest: zwei ISS Versorgungsflüge, ein Start für MDA, der Jungfernflug der Falcon heavy und drei Starts von Kommunikationssatelliten für SES, NPSO und Thaicom. Meiner Einschätzung nach dürften sie vielleicht 4 hinbekommen. Bisher haben sie minimal 5 Monate zwischen zwei Starts gehabt, unwahrscheinlich, dass sie das nun so schnell steigern können und einige Starts hängen ja von anderen ab, wie die kommerziellen Starts vom Erstflug der Falcon 9 „v1.1“ und dieser wie auch der Falcon Heavy Flug sind Erprobungsflüge, bei denen man eher etwas wartet, bis man 100% sicher ist, das er glückt.

Überhaupt scheint sich einiges zu verschieben. Letztes Jahr überholte China die USA bei den Starts – 19 zu 18, dieses Jahr ist es noch deutlicher (Stand Weihnachten) 19 zu 13. Russland liegt noch weit vorne mit 29, doch wenn man genauer hinsieht dann sind davon 14 kommerzielle Starts und 4 Sojus Starts die zumindest teilweise von den Amerikanern bezahlt werden. Nur 5 eigene Satelliten wurden gestartet. Der Rest waren Progress-Transporter. Demgegenüber waren die meisten chinesischen Starts die eigener Satelliten. Aber auch sie lassen sich Zeit. An dieser Generation wird seit 2005 entwickelt, allerdings schrieb ich schon 2009, dass der Erststart nicht vor 2014 vorgesehen ist.

2013 setzt wahrscheinlich den Trend fort, dass die Starts nicht mehr von Russland und der NASA kommen. Alleine in Europa sind mehr wissenschaftliche Starts nächstes Jahr geplant als die NASA, die mehr und mehr auf den ISS Betrieb und das parallele Arbeiten an konkurrierenden Projekten reduziert werden muss. Nach dem ESA Bulletin von November sind für 2013 vier kleinere und größere wissenschaftliche und Erdbeobachtungssatelliten geplant, zwei experimentelle Kommunikationssatelliten und ein ATV. Man wird einen weiteren Startversuch der KSLV / Naro-1 sehen und ich wette dass auch Iran im Februar einen Satelliten startet. China wird mit Chang E‘-3 als dritte Nation eine unbemannte Mondlandung versuchen. Bleibt zu hoffen, dass sie mal ihre Informationspolitik ändern und auch einige Ergebnisse und Bilder veröffentlichen – davon profitieren ja nicht nur die Weltöffentlichkeit sondern auch die Chinesen (wie kann man auf etwas stolz sein, wenn man nichts davon mitbekommt?).

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