Das Express Prinzip

Noch immer umkreisen Venus Express und Mars Express ihre beiden Ziele, seit nunmehr 5 und etwas mehr als 7 Jahren. Beide Sonden sind ein Beispiel wie es auch preiswerter geht: Sie verwendeten Instrumente die man schon für Mars Express und Rosetta entwickelt hatte und setzten auch Hardware aus diesen Projekten ein, so vor allem von Rosetta Teile der Sonde selbst. Dafür waren sie für Raumsonden relativ preiswert: Mars Express kostete 300 Millionen Euro, Venus Express, weil nun Mars Express weitgehend unverändert nachgebaut wurde, sogar nur noch 220 Millionen Euro.

Die Sonden arbeiten weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, was auch an der Informationspolitik liegt. Bei Mars Express gibt es eigentlich nur von der HRSC irgendwelche Neuigkeiten. Mal mehr, mal weniger. Bei Venus Express sieht es noch übler aus. Von der deutschen VMC kann man die veröffentlichten Bilder in 5 Jahren an den Händen abzählen, das ist echt traurig, aber das Thema Veröffentlichung von Ergebnissen, ist ja in diesem Blog schon mehrmals behandelt worden. Continue reading „Das Express Prinzip“

Rosetta bei (2867) Steins!

Aus aktuellem Anlass, die letzte Erweiterung zu Rosettas Mission als Blog:

Steins
Steins

Nach einigen Monaten im Hibernations (Schlaf) Modus, begann am 5.8.2008, einen Monat vor der Passage die Observation des Kleinplaneten Steins. Ziel dieser Beobachtungen mit der Kamera OSIRIS ist es den Orbit genauer zu definieren. Stein wird gegen den Sternenhintergrund aufgenommen und seine Position anhand der Beobachtungen vorhergesagt. Ohne diese Beobachtungen wäre die Position nur auf 100 km genau – das ist angesichts 800 km Minimaldistanz ein großer Fehler, der 7.1 Grad Unsicherheit in der Position ausmacht – etwa dreimal mehr als das Gesichtsfeld der Telekamera beträgt. Die Beobachtungen von Rosetta sollen die Unsicherheit auf 2 km verringern.

Lange ist Stein nur ein Pixel groß. Bis zum 25.sten August reichen daher 2 Aufnahmen pro Woche. Ab dem 25.sten August bis zum 4. September gibt es tägliche Aufnahmen. Die letzte Möglichkeit zur Feinjustage der Trajektorie gibt es am 4.Septzember einen Tag vor dem Vorbeiflug. Dabei nimmt die Distanz rasch ab, als am 5.8.2008 mit den Beobachtungen begonnen wurde sind es noch 24 Millionen km. Die Eigentliche Beobachtungskampagne beginnt dann 950.000 km Entfernung, einen Tag vor dem Vorbeiflug. Doch selbst aus 800 km Minimalentfernung wird Steins dessen Größe zwischen 2-5 m (irrreguläre Struktur) mit einem mittleren Durchmesser von 4.6 km geschätzt wird klein bleiben. (Er dürfte maximal 300 Pixel groß sein auf den Bildern der Telekamera). Trotzdem haben auch die Aufnahmen aus größerer Entfernung wissenschaftlichen Wert: OSIRIS kann das Licht von Stein messen und damit Informationen über Abmessungen und Rückstrahlfähigkeit liefern und die Erkenntnisse über die Rotationsperiode / Achse verbessern.

Von ESAs originaler Planung des Fly Bys blieb nicht viel übrig: Diese war auf Sicherheit ausgerichtet, so sollte Rosetta nicht zu sehr aufgeheizt werden und nach dem Vorbeiflug sollten keine Beobachtungen mehr stattfinden. No way, sagten die Wissenschaftler! Da haben wir die bislang leistungsfähigste Sonde die an einem Asteroiden Vorbeiflügen soll und dann machen wir keine Kompromisse, also bitte so nah wie möglich an Steins vorbei, Beobachtungen vor, bei und nach dem Vorbeiflug., eine Bahn die volle Ausleuchtung (Sonnenwinkel 0 Grad) gewährleistet und natürlich so viele Instrumente wie möglich im Betrieb. Warum? Nun Steins ist ein E-Typ Asteroid, er besteht zu einem großen Teil aus schweren Elementen wie Eisen und Nickel, vermischt mit Silikaten. Diese Asteroiden sind selten (weniger als 1 % aller Asteroiden sind vom E-Typ). Rosetta ist die erste Sonde die einen E-Typ Asteroiden besucht, also Zeit diese Gelegenheit zu nutzen!
Da hatte das Team um die Flugingenieure einiges zu tun. Und sie haben diese Aufgabe bewältigt und Rosetta bis an die Grenzen getrieben. Um Die Bahn von Steins besser zu charakterisieren reichte die Vermessung der Raumsondenbahn alleine nicht aus. Rosetta begann Steins vor dem Hintergrund zu fotografieren und so die Position genauer zu bestimmen. Die Bahn wurde mehrfach angepasst und 3 Stunden vor dem Vorbeiflug begann man mit den Navigationskameras Steins zu verfolgen und die anderen Instrumente auf ihn ausrichten. Diese optische Navigation ist eine Erstleistung für Europa.

Aktiv waren schließlich 15 Instrumente, 14 auf Rosetta und eines (das Magnetometer) auf Philae. Untersucht wurde nahezu alles : Bilder und Spektren vom UV bis hin zu Mikrowellen. Staubteilchen Detektoren,. Plasmadetektoren und Magnetometer. Leider schaltete die Telekamera 9 Minuten vor der nächsten Begegnung ab, so dass zuerst nur Bilder Weitwinkelkamera präsentiert wurden. Dies wurde von der Software, welchen den Zustand überwachte veranlasst. Einige Stunden später schaltete sie sich ein und arbeitet seitdem problemlos. Ursache war das der neue „Movie“ modus – bei dem die NAC alle 2 Sekunden ein Bild aufnahm wohl die Kamera an die Grenzen trieb und die Software sie daher vorsorglich abschaltete. Ein weiteres Problem war der Ausfall der NASA Goldstone Antenne, über die eigentlich die Daten gesendet werden sollten. So verzögert sich das Rücksenden der Daten die nach dem Vorbeiflügen gewonnen wurden.

Ein 2 km großer Krater nahe des Nordpols hätte Steins fast zertrümmert. 23 Krater von mindestens 200 m Durchmesser (der größte von 2 km Durchmesser) konnten identifiziert werden. Die ersten Farbaufnahmen zeigten Steins in Grau, mit leichtem rötlichem Touch. Auch Stereobilder konnte OSIRIS herstellen
Die VIRTIS Daten sind immer noch in Auswertung, weil dieses Instrument enorme Mengen an Daten liefert. Aufbereitete Bilder sollen folgen. GIADA konnte keinen Staubeinschlag vermelden. Der Asteroid „staubt“ also nicht. Schade, das hätte eine direkte Analyse der chemischen Zusammensetzung erlaubt. Allerdings konnte man in 800 km Entfernung auch kaum noch Staub erwarten.

G. Winter nutzte die Pressekonferenz am 6.9.2008 um ein Programm vorzustellen um Nearth Earth Objects (NEO) zu suchen und überwachen, vor allem um Objekte rechtzeitig zu finden welche der Erde gefährlich nahe kommen oder sogar potentiell einschlagen könnten.
Es umfasst folgende Schritte:

  • Verfolgen und Entdecken von NEO
  • Beobachtungen der NEO
  • Besuch von NEO mit Raumsonden, eventuell Versuche ihre Bahn zu beeinflussen

Es soll im November beim Ministerrat in Den Haag vorgestellt werden. Angesichts der Überschreitung der Budgets von BepiColombo und Exomars (beide wurden deutlich schwerer und erfordern nun jeweils einen Ariane 5 anstatt einen Sojus Start, stehen die Chancen für neue Programme aber eher schlecht.

Rosetta nimmt Schwung auf

CIVA Bild von Rosetta und MarsHeute morgen flog die europäische Raumsonde Rosetta an dem Mars vorbei. Der Vorbeiflug in Höhe von 250 km war ein kritisches Manöver. Nicht wegen der Entfernung, sondern weil die Raumsonde nie gebaut wurde sehr lange ohne ihre Solarpanels zu arbeiten und sie 25 Minuten lang im Schattend es Mars war. Man erarbeitete eine Schlafmodus, der die Batterien schonte und Rosetta hat den Vorbeiflug erfolgreich überstanden.

Natürlich nutzte man den Vorbeiflug auch zu Beobachtungen. Diese haben zwei Aufgaben. Zum einen hat Rosetta Instrumente an Bord die bislang nicht auf den Mars ausgerichtet wurden. OSIRIS – mit dem größten Chip an Bord einer Raumsonde von 2048 x 2048 Pixels (oder für Digicam User: eine 4 MP Kamera, nur ist der Chip etwa 6 mal größer als der in ihrer Digicam und entsprechend lichtempfindlicher) machte Aufnahmen z.B. im OH Band. Das abbildende Infrarot Spektrometer VIRTIS machte Infrarotaufnahmen. Zum zweiten kann man mit den Aufnahmen und Daten die Instrumente kalibrieren. Man kann sie zum Beispiel. mit bekannten Daten oder Daten ähnlicher Instrumente an Bord der europäischen Raumsonde Mars Express vergleichen, die seit 3 Jahren den Mars umkreist

Die Instrumente von Rosetta selbst waren aktiv bevor die Sonde den Planeten passierte, das Bild von OSIRIS (Das Original ist 3 mal größer) wurde noch aus 240.000 km Entfernung gemacht. Dann musste man den Betrieb einstellen um die Batterien zu schonen. Doch Rosetta hat noch einen kleinen Lander an Bord: Philae. Dieser hat eigene Instrumente und die Camera CIVA nahm aus 1000 km Entfernung den Mars auf kurz bevor die Raumsonde den nächsten Punkt der Bahn erreicht. Der schwarze Schatten auf dem Bild sind die Solarpanel von Rosetta. Weiterhin untersuchte ROMAP das Magnetfeld des Mars. Für den Lander war es die erste autonome Aktivität seit er gestartet wurde. Damit konnte das Team schon mal üben. Er soll in 7 Jahren auf dem Kometen 67P Churyumov-Gerasimenko landen.

Mars hat die Sonde um 2190 m/s abgebremst und so auf eine neue Bahn gebracht. Nächster Termin für Rosetta ist ein zweiter Erdvorbeiflug am 7. November dieses Jahres bei dem die Sonde genug Schwung holt um den Kometen zu erreichen. Der nächste Termin für Raumfahrtfreunde ist schon übermorgen: Dann erreicht New Horizons die nächste Distanz zu Jupiter und soll einige mittel auflösende Aufnahmen der galileischen Monde zur Erde funken.