Ich wollte schon mal was zu den Raptor schreiben, da nun ja für die V2 und V3 Versionen noch schlagkräftigere Versionen angekündigt sind. Da stieß ich auf diesen Beitrag von Alpah Tech. Es gibt ähnliche Beiträge von dem „Everyday Astronaut“. Er ist ja einer der wenigen, dem Elon Musk ein Interview gibt und wenn man den Beitrag durchsieht, dann weiß man auch warum:
Er ist völlig unkritisch. Er diskutiert überhaupt nicht die Technik, sondern geilt sich an ihr auf und kann minutenlang über „Thrust to Weight Ratios“ reden basierend auf einer Massenangabe, die er erfunden hat. Netterweise nutzte er dann zum Vergleich auch nur Triebwerke, die schlechter sind und die eine völlig andere Technologie einsetzen wie Nebenstromtriebwerke oder Wasserstoff als Treibstoff. Ähnliches gilt für den Beitrag von Alpha Tech und anderen SpaceX-Fans, die noch mehr gemeinsam haben: SpaceX ist hier Hauptthema, andere Raumfahrtereignisse scheinen nebensächlich zu sein und viele verdinen noch an den Beiträgen, betrieben wie der Everyday Astronaut eigene Shops.
Zeit mal das Thema genauer zu beleuchten. Ich mache aber zuerst mal eine Bemerkung, die ich extra an den Anfang stelle, da die Aufmerksamkeit von SpaceX Fans von mir nicht sehr hoch eingeschätzt wird. Daneben versuchen sie mir Aussagen zu unterschieben, die ich nie getätigt habe. Also ich werde in diesem Beitrag nicht behaupten, dsas irgendetwas nicht möglich sei, ich werde nur an der Sinnhaftigkeit Zweifel stellen und die Folgen von technischen Entscheidungen beleuchten.
Der Artikel entstand nach dem Testflug ITF-4 und gibt daher den Wissensstand zu diesem Zeitpunkt wieder.
Nun ganz einfach – sie bauen neue Versionen des Starships, das V2 und V3. Das derzeitige (Juni 2024) V1 erreicht mit 40 bis 50 t Nutzlast – von Elon Musk offiziell bekannt gegeben bei weitem nicht die Zielnutzlast von 100 t. (nach den Daten von ITF-4 ist die sogar noch um 10 t gesunken) Dies soll das V2 erreichen und V3 übertreffen. Dazu werden Superheavy und Starship verlängert und schwerer und brauchen mehr Schub zum Start.
Nun ja ganz richtig ist dies nicht. Damit einer Rakete sicher abheben kann, ohne das ihr Winde oder andere Kräfte, interne wie externe etwas ausmachen, sie z.B. auf den Startturm treiben, hat sich historisch eine Mindestbeschleunigung von 1,25 g, etwa 12,3 m/s eingebürgert. Manche Raketen wie die Saturn V oder Delta IV Heavy liegen noch darunter. Auch die Falcon 9 startet mit dieser Beschleunigung. Beim Starship sind es 1,5 g. Begründung nach Elon Musk, damit drei Triebwerke ausfallen können. Auch das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn wenn das Starship wiederverwendet werden soll, werden die Triebwerke ja viel häufiger eingesetzt, bedingt durch die Enge kommt ein Ausbau zur Inspektion kaum in Frage, so müssen sie zwangsläufig sehr zuverlässig sein, sonst geht auch das Konzept der häufigen Starts nicht auf. Da wäre dann ein Ausfall von drei Triebwerken (schon beim Start, später ist es deutlich unkritischer) schon sehr unwahrscheinlich. Zudem sind das nur 9 % des Gesamtschubs, mithin würde die Rakete immer noch mit 1,38 g beschleunigen.
Kleiner Rückblick auf den ersten Teststart. Die Raptoren liefen damals mit 90 % Schub und schon vor dem Passieren des Startturms fielen vier Triebwerke aus. Die Rakete hob trotzdem ab, wenngleich sehr langsam. Sie beschleunigte zu dem Zeitpunkt mit 1,2 g.
Der wahre Grund ist: die Triebwerke sind so nahe zusammengepfercht, 33 Stück auf 9 m Durchmesser, bei der N-1 waren es 30 Triebwerke auf 15 m Durchmesser. Dies hat die Folge, dass nur die inneren 13 Triebwerke schwenkbar sind. In jedem falle, muss bei einem Triebwerksausfall die Rakete steuerbar sein und diesen asymmetrischen Schub kompensieren. Sind nur 13 der Triebwerke dazu fähig und ist ihr Schwenkbereich, weil sie eng beeidender stehen beschränkt, so ist es von Vorteil, wenn sie mehr Schub haben und dies dürfte der Grund für den hohen Schubüberschuss sein. Es dürfte auch der Grund sein warum nur drei Triebwerke ausfallen dürfen. Sind die nämlich ungünstig platziert so dürfte das die Grenze sein, die die 13 inneren Triebwerke durch das Schwenken noch kompensieren können. Bei ITF-1 kam den auch das Starship vom Kurs ab und hatte eine viel zu geringe Höhe.
Bisher gibt es zwei Versionen des Triebwerks, eine dritte Version wird getestet und ob die noch schubstärkeren Raptoren dann noch zu dieser Generation oder der nächsten gehören ist derzeit noch offen. Nur der Everyday Astronaut erfindet gleich mal ein Raptor 4.
Die Raptor 1 waren die ersten Triebwerke mit Hauptstromantrieb den SpaceX baute und zusammen mit dem BE-4 auch das erste operationelle Triebwerk, das Methan einsetzt. Wie bei Entwicklungsexemplaren üblich haben sie noch nicht die Leistung der späteren Serienexemplare. Das ist nicht ungewöhnlich. Auch bei Ariane 1 wurden die Vikings in der Entwicklung im Schub gesteigert, sodass Ariane 1 schon mit den Viking 2/4 flog, also der zweiten Generation. Und auch das Vulcain der Ariane 5 hieß ursprünglich HM60 und sollte nur 60, nicht 100 t Bodenschub haben. Nach nur einem Dutzend Flügen wurde es dann durch das leistungsstärkere Vulcain 2 abgelöst.
Die Raptor 1 wurden für verschiedene Flugtestes von Starship-Prototypen eingesetzt, vor allem aber wurden sie extensiv verdrahtet und mit Sensoren versehen, was Elon Musk sehr missfiel, er wollte die endgültigen Raptor 2 „sauberer“ haben, mit weniger Leitungen und Rohren. Technisch gesehen hat ein Element der Raptor 1 unverändert überlebt, das ist die Düse. Weil die Triebwerke in der Superheavy dicht an dicht stehen und die Düse der breiteste Teil der Triebwerke ist, kann sie nicht weiter gemacht werden.
Die Raptor 1 arbeiten mit einem Brennkammerdruck von 250 Bar. Das Mischungsverhältnis Sauerstoff zu Methan beträgt bei ihnen 3,6 zu 1. Ihr Schub beträgt 185 t auf Meereshöhe, da es keinen Einsatz außerhalb der Troposphäre gab, fehlen die Daten für die Vakuumversion.
Die aktuellen Raptor 2 arbeiten mit einem Brennkammerdruck von 300 Bar. Der Schub beträgt 230 t auf Meereshöhe. Die Vakuumversionen erreichen aufgrund der längeren Düse 250 t Schubkraft. Das Mischungsverhältnis ist immer noch 3,6 zu 1. Ob es bei den noch stärkeren Raptoren auf 3,8 zu 1, eine Zielvorgabe der Entwicklung ansteigt, ist offen, aber diese kleine Änderung verändert relativ wenig am Schub und der Performance.
Die Raptor 3 arbeiten noch mit höherem Brennkammerdruck und Schub, wie viel und ab wann man von einem Raptor 4 sprechen kann ist offen. Erreicht wurden nach Meldungen 269 t Schub. In einer Grafik von SpaceX hat das Starship V3 einen Schub von 300 t auf Meereshöhe und interessanterweise keinen höheren Schub im Vakuum. Elon Musk hat aber schon von 330 t Schub ge-X-t.
Demgegenüber wurde bei allen vier Testflügen bisher nicht mit vollem Schub gestartet. Beim ersten Testflug waren es 90 Prozent, bei ITF-3 94 Prozent. Das heißt, heute scheint das volle Ausnutzen auch nur des Potenzials des Raptor 2 nicht möglich.
Spätestens jetzt wird es an der Zeit, sich mit den Grundlagen jedes Raketentriebwerks vertraut zu machen. Mehr dazu findet man in der Grundlagensektion. Der Schub kann auf zweierlei Weise berechnet werden: Er ist zum einen das Produkt aus spezifischem Impuls der Treibstoffkombination mit dem Massendurchsatz, aber auch das Produkt aus Brennkammerdruck mit Stirnfläche der Brennkammer. Da der spezifische Impuls nicht beliebig gesteigert werden kann, ist die wesentliche Stellschraube der Brennkammerdruck, will man die Brennkammer nicht vergrößern. Und dies geht aufgrund der Enge bei der Superheavy nicht, es sind ja jetzt schon 20 von 33 Triebwerken so verbaut, dass sie nicht schwenkbar sind, es fehlt also der dazu nötige Abstand.
Wie kommt man nun auf einen ermöglicht hohen Brennkammerdruck? Bei der aktiven Treibstoffförderung saugt eine Pumpe den Treibstoff und Oxidator an – es ist meist je eine Pumpe pro Komponente und entlässt ihn unter hohem Druck, mit dem er in die Brennkammer strömt. Der Druck muss immer größer sein als der in der Brennkammer, sonst funktioniert dies nicht.
Die Energie für die Pumpe liefert bei allen aktiv angetriebenen Raketentriebwerken (es gibt auch noch bei kleinen Triebwerken die passive Förderung nur durch einen hohen Tankdruck) eine Turbine. Die einzige Ausnahme ist die Electron, die dazu Elektromotoren einsetzt. Die Antriebswelle der Turbine liegt direkt auf der Pumpe, sodass diese meist zu einer Einheit, der Turbopumpe verschmelzen.
Eine Turbine besteht aus Rotoren über einer Welle, die von einem heißen Gas in Rotation versetzt werden und dabei entziehen sie dem Gas Energie und es kühlt ab.
Dieses Arbeitsgas muss erzeugt werden. Bei den Raptoren sind dies zwei Vorbrenner, je einer für Methan und Sauerstoff. Sie verbrennen jeweils einen kleinen Teil der einen Komponente mit dem gesamten Anteil der anderen. Da dieser Anteil im Überschuss vorliegt, belieben die Verbrennungstemperaturen auf einem Niveau, das metallische Werkstoffe ohne Kühlung aushalten können. Dabei werden beide kryogene Treibstoffe in Gas umgewandelt, gewinnen also viel an Volumen und das erzeugt schon einen Teils des Drucks. Technisch nennt man dies „staged combustion“, die deutsche Übersetzung „gestaffelte Verbrennung“ ist ungebräuchlich und es ist ein Hauptstromverfahren bei dem der gesamte Treibstoff in die Brennkammer kommt. Beim Merlin als dem Vorgänger wird ein Nebenstromverfahren genutzt, bei dem nicht der ganze Treibstoff das Arbeitsgas erzeugt, sondern nur ein Teil des Treibstoffs und dieser Strom gelangt dann auch nicht mehr in die Brennkammer.
Wie genau das Raptor aufgebaut ist, ist unbekannt. Es kursieren zwar im Netz Diagramme, aber die sind nicht offiziell, es sind angepasste Standardschablonen für die verschiedenen Antriebskonzepte.
Das wesentliche ist: Verändert SpaceX nur den Druck bei diesem Konzept, so sollte der Schub linear zum Druck ansteigen. Das tut er aber nicht:
Triebwerk |
Raptor 1 |
Raptor 2 |
Raptor 3 |
Raptor ? |
Raptor ? |
---|---|---|---|---|---|
Druck: |
250 |
300 |
350 |
400 |
450 |
Schub: |
185 |
230 |
269 |
300 |
330 |
Schub / Druck bezogen auf Raptor 1 |
1,00 |
1,036 |
1,038 |
1,014 |
0,99 |
Bisher gibt es nur Daten bis zum Raptor 3. Es sind aber von Musks Posts Schübe von 300 und 330 t für weitere Exemplare bekannt und ich habe angenommen, dass wie bisher der Druck in 50 Bar Schritten ansteigt.
Verändert man nichts am Triebwerk, so sollte der Quotient Schub/Druck absinken, wen die Düse nicht verändert wird. Der Grund ist relativ einfach. In der Düse entspannt das Gas und verliert an Druck und Temperatur und überträgt weitere Kräfte auf die Rakete. An der Düsenmündung wird es mit einer Resttemperatur und einem Restdruck entlassen. Steigt der Brennkammerdruck, so sind sowohl Restdruck wie auch die Temperatur beim Verlassen der Düse höher. Damit steigt der nicht nutzbare Anteil der Energie an und das senkt den Quotienten ab.
Die Lösung ist es nicht nur den Druck, sondern auch den Durchsatz zu steigern. Das geschah beim Übergang Raptor 1 auf 2 durch ein leichtes Aufweiten des Düsenhalses, so kann mehr Gas pro Zeiteinheit die Brennkammer verlassen. Wie dies bei den folgenden Generationen ist, weiß man noch nicht.
Spätestens jetzt muss man auf die wesentliche physikalische Größe einer Treibstoffkombination kommen, den spezifischen Impuls. Er wird über eine Thermodynamikrechnung ermittelt. Das Standardprogramm dafür ist CEA2. Ein Programm der NASA. Für die Werte von CEA2 muss man aber wissen, dass es thermodynamische Werte sind. In dem Programm wird einiges nicht berücksichtigt:
Für den Aufbau des Drucks wird Treibstoff verbrannt dessen Energie steht dann nicht mehr zur Verfügung
Es erfolgt ein Energietransfer auf das Triebwerk (es erhitzt sich)
Fördersysteme haben einen Wirkungsgrad unter 100 %
Das sind nur drei wichtige Einflussfaktoren, es gibt noch mehr. CEA2 liefert die Daten für den theoretischen Idealfall – eines Gesamtwirkungsgrades von 100 %. Das Programm macht immer zwei Simulationen. Einmal die eines vollständigen Gleichgewichts – alle Substanzen können miteinander reagieren, sie sind ideal durchmischt.
Das Gegenteil ist das eingefrorene Gleichgewicht nach Passage des Düsenenghalses. Ein eingefrorenes Gleichgewicht herrscht unter anderem immer dann, wenn aus dem Gas Reaktionsprodukte kondensieren, z.B. bei Feststofftriebwerken das Aluminiumoxid das dabei entsteht.
Reale Triebwerke liegen immer zwischen den Extremen. Bei Tests in denen ich bekannte Triebwerke in CEA2 nachgebildete und mit den realen spezifischen Impulsen verglich, lagen Wasserstoff/Sauerstofftriebwerke etwa bei einem Wert der jeweils 50 % der beiden Ausgaben entsprach, Kerosin/Sauerstoff Triebwerke dagegen bei 80 % freiem und 20 % eingefrorenem Gleichgewicht. Dieses 80:20 Verhältnis habe ich im folgenden auch für die Raptors angenommen.
Triebwerk |
Raptor 1 |
Raptor 2 |
Raptor 3 Schub |
Raptor ? |
Raptor ? |
---|---|---|---|---|---|
Druck [bar] |
250 |
300 |
350 |
400 |
450 |
Expansionsdruck e=34 [bar] |
0,606 |
0,731 |
0,845 |
0,981 |
1,104 |
Expansionsdruck e=80 [bar] |
0,198 |
0,237 |
0,278 |
0,320 |
0,361 |
Temperatur e=34 [K] |
1.313 |
1.329 |
1.342 |
1.353 |
1.364 |
Temperatur e=80 [K] |
1.048 |
1.062 |
1.077 |
1.085 |
1.092 |
Spezifischer Impuls Gleichgewicht) e=34 [m/s] |
3603 |
3606 |
3609 |
3612 |
3614 |
Spezifischer Impuls Gleichgewicht) e=80 [m/s] |
3758 |
3761 |
3763 |
3765 |
3767 |
Spezifischer Impuls (eingefroren) e=34 [m/s] |
3.382 |
3.391 |
3.400 |
3407 |
3413 |
Spezifischer Impuls (eingefroren) e=80 [m/s] |
3.494 |
3.505 |
3.513 |
3.521 |
3528 |
Impuls gemittelt e=34, SL [m/s] |
3559 |
3563 |
3569 |
3571 |
3574 |
Impuls gemittelt e=80, Vakuum [m/s] |
3705 |
3710 |
3713 |
3716 |
3719 |
Alle Angaben sind Vakuumimpulse, den Schub gibt SpaceX aber immer auf Meereshöhe an. Wir sehen – egal ob wir den optimistischen Fall des freien Gleichgewichts nehmen oder einen der beiden anderen Fälle, der spezifische Impuls steigt bei Druckerhöhung kaum an.
Die einzige SpaceX Angbe bei der man den spezifischen Impuls nachberechnen kann – man benötigt dazu Mischungsverhältnis, Expansionsverhältnis und Brennkammerdruck ist noch von 2019, als Elon Musk ihn mit 382 s bei 300 Bar Brennkammerdruck und einer Düse mit einem Expansionsverhältnis von 150. Berechnete Vakuumimpulse nach CEA2 sind 3.3854,2 (Gleichgewicht) und 3.50 m/s (eingefrorenes Gleichgewicht) mit einer Mischung von 0,62 x dem Wert für freies Gleichgewicht und 0,38 dem Wert für eingefrorenes Gleichgewicht wird dieser Wert erreicht. Dies sind die werte für ein Mischungsverhältnis von 3,6 zu 1.
Nicht angegeben wurde das Mischungsverhältnis (das 2019 bei der Angabe noch mit 3,8 angegeben wurde). Beim Verhältnis von 3,8 zu 1 (LOX/LNG) errechnet CEA2 einen Impuls von 3855,1 und 3539,2. Das würde einer Mischung von 0,66 x dem Wert für freies Gleichgewicht und 0,34 dem Wert für eingefrorenes Gleichgewicht entsprechen.
Diese Werte liegen zwischen denen, die bekannte Triebwerke mit LOX/Kerosin (0,8) und LOX/LH2 (0,5) aufweisen. Das ist durch den höheren Wasserstoffgehalt schlüssig. Damit sind meine oben berechneten Impulse, aber eher zu hoch als zu niedrig.
CEA2 rechnet übrigens mit Reinsubstanzen, während SpaceX verflüssigtes Erdgas einsetzt, das neben Methan auch andere Verbindungen enthält. Wikipedia gibt 3 Prozent höhere Alkane an, die einen geringeren spezifischen Impuls liefern.
Was aber in jedem Falle ansteigt, ist die Leistung, welche die Turbopumpe erbringen muss: mehr Druck = mehr Leistung = mehr verbrauchter Treibstoff für das Treibstoffförderungssystem.
Im folgenden beziehe ich mich auf diese Berechnungen.
Hier wird beim Raptor von der Turbopumpe eine Leistung von 67,2 MW angenommen. Die Energie muss vollständig aus der Verbrennung von Treibstoffen stammen. Bei der Verbrennungsenergie von Methan von 10,2 kJ/g bei stöchiometrischer Verbrennung braucht man so 6,7 kg Treibstoff, die vollständig verbrennen – eingesetzt werden 19,6 kg Sauerstoff und 9,5 kg Methan, die aber nicht vollständig verbrennen und deren Restenergie noch genutzt werden kann. 6,7 kg sind knapp 1 % des Gesamtstroms von 685 kg. Der wahre spezifische Impuls würde sich also so zusammensetzen (Hier am Beispiel des gemittelten für e=34): 3559 m/s * 685 kg / (685 kg + 6,7 kg) = 3524 m/s.
In der Realität wird es weniger sein, weil noch ein Teil des Gases in die Tanks zurückgeführt wird. Dazu später mehr. Bei 450 Bar, also dem 1,5-fachen Druck, braucht man aufgrund der Gesetze für eine Pumpe mindestens die 1,5-fache Treibstoffmenge, sofern der Wirkungsgrad der Turbopumpe nicht absinkt. Für 450 Bar sieht die Rechnung also so aus: 3574 m/s * 685 kg / (685 kg + 10,1 kg) = 3522 m/s.
Durch den höheren Energieverbrauch sinkt der spezifische Impuls also leicht ab, anstatt durch die Druckerhöhung anzusteigen.
Noch bedeutsamer ist, dass SpaceX beim Übergang zum Raptor 1 zum 2 den Düsenhals erweitert hat, damit sinkt aber das Expansionsverhältnis ab. Bei der Vakuumversion von 90 auf 80, bei der Sea Level Version von 34,34 auf 30,52.
Damit sinken die spezifischen Impulse aber ab, weil das Gas bei höherem Druck entlassen wird. Setzt SpaceX dies bei den folgenden Triebwerken fort, so dürfte der spezifische Impuls weiter absinken. Er sank so schon beim Übergang vom Raptor 1 zum Raptor 2 um 30 m/s.
Dieser kleine Verlust erscheint unkritisch, bedenkt man aber, dass die Superheavy schon bei unter 1,6 km/s Brennschluss hat und das Starship dann alleine 6,2 km/s + weitere Aufstiegsverluste aufbringen muss, so ist dies wichtig. Ein Absinken des spezifischen Impulses kann so die Nutzlast deutlich und nicht nur marginal absinken lassen.
Die Düsengröße ist leider auch nicht bekannt, so habe ich dieses Bild einmal ausgemessen. Unter der Annahme das die Frau 1,70 m groß ist, komme ich auf einen Düsenenddurchmesser von 231 cm beim Raptor Vakuum und 122 cm bei der Seal Level Variante. Nun kann man mit dem bekannten Druck das Expansionsverhältnis für die Versionen berechnen:
Triebwerk |
Raptor 1 |
Raptor 2 |
Raptor 3 Schub |
Raptor ? |
Raptor ? |
---|---|---|---|---|---|
Druck: |
250 |
300 |
350 |
400 |
450 |
Schub: |
185 t |
230 t / 258 t |
269 t |
300 t |
330 t |
Expansionsdruck kurz |
20,5 |
19,7 |
19,7 |
20,2 |
20,6 |
Expansionsdruck lang |
73,5 |
70,9 |
70,9 |
72,7 |
74,1 |
Elon Musk gab 2022 die Expansionsratio bei einer Tour für den Everyday Astronaut für das Raptor 2 zu 80 an. Leider ist dies die letzte verlässliche Angabe, alle früheren scheinen durch die Entwicklung überholt zu sein. Das ist innerhalb des Fehlerbereichs (Ausmessung, Größe der Person ist unbekannt) passend. Damit sind die 34,4, die für die Bodenversion reklamiert werden aber nicht gegeben. Das sieht man auch selbst an der Abbildung. Das Expansionsverhältnis verändert sich quadratisch mit dem Durchmesser, bei einem Verhältnis von Quadratwurzel(80/34,34) = 1,52 sollte die breitere Düse 1,52 mal den Durchmesser der kleinen haben, er ist aber nahezu doppelt so groß. Das senkt aber vor allem den spezifischen Impuls deutlich ab (berechnet mit e=20) von 3.606 beim Raptor 2 (freies Gleichgewicht) auf 3.491 und von 3.391 (eingefrorenes Gleichgewicht) auf 3.305. Damit steigt der Treibstoffverbrauch an und die Nutzlast sinkt ab.
Die Tanks stehen bei allen Raketen vor dem Start unter Druck, der sie stabilisiert. Dieser Druck wird während des Starts aufrechterhalten, das obige Dokument spricht von 4 Bar, das ist relativ viel. Anfangs ist allerdings der Tank fast voll und das Druckgas nimmt nur ein kleines Volumen ein. Zu Brennschluss sind die Tanks fast entleert und das Druckgas nimmt nun das ganze Volumen ein. Da bei Expansion der Druck abnimmt, muss es laufend ergänzt werden. Hier das Volumen, dass nur die Treibstoffe in beiden Stufen einnehmen (berechnet mit einer Dichte von 0,42 g/cm³ bei flüssigem Methan und 1,141 g/cm³ für flüssigen Sauerstoff).
|
Superheavy LOX |
Superheavy LNG |
Starship LOX |
Starship LNG |
---|---|---|---|---|
Gesamtmasse Treibstoff |
2,660,9 t |
739,2 t |
939,2 t |
260,9 |
Volumen |
2332,1 m³ |
1760 m³ |
823,1 m³ |
621,2 m³ |
Masse Druckgas t=298 K, 4 bar |
13.400 kg |
5.100 kg |
4.700 kg |
1.800 kg |
Es gibt verschiedene Methoden die Tanks zu bedrücken. Anbieten würde es sich bei den kryogenen Treibstoffen eine Leitung vom Tank zu der Außenseite eines oder mehreren Triebwerke zu ziehen und zurück oben und den Tank. Treibstoff durchströmt die Leitung, verdampft am Triebwerk und wird gasförmig zurückgeleitet. Die Masse des Gases pro Volumen hängt nach der allgemeinen Gasgleichung von der Temperatur, Molmasse und Druck ab. Die Temperatur ist dabei die unbekannte Größe. Ich habe einmal mit Zimmertemperatur gerechnet und komme auf die obigen Massen in der Tabelle. Die Mengen sind nicht zu vernachlässigen. Die SuperHeavy wiegt leer 200 t, die 18,5 t Gase machen also fast 10 Prozent des Gewichts aus. Beim Starship ist dies direkt in Nutzlast umrechenbar: das sind 6,5 t Nutzlast die mitgeführt werden könnten, wenn diese Gase nicht nötig wären. Bei einer höheren Temperatur wäre es weniger Gas, bei einer tieferen Temperatur mehr. Ich vermute aber eher niedrige Temperaturen, weil SpaceX ein spezifisches Problem mit dem Druckgas hat.
Da die Triebwerke nach Elon Musks persönlicher Vorliebe „clean“ aussehen sollen, zweigen sie das Gas aus den Vorbrennern ab. Dieses Gas besteht aus der unverbrannten Komponente (Sauerstoff beim Sauerstoff-Vorbrenner v und Methan beim Methan- Vorbrenner) plus den Verbrennungsprodukten das ist beim Sauerstoffvorbrenner Kohlendioxid, beim Methanvorbrenner entsteht nach einer Simulation sogar Kohlenstoff (Ruß) und in beiden Fällen Wasser. Das erhöht etwas die molare Masse, die Problematik ist aber, dass bei Abkühlung – die Treibstoffe sind 161 und 183 Grad Celsius „kalt“ Wasser zu Eis kondensiert. Dieses kondensierte und Eis brachte bei den ersten Testflügen die Turbopumpen zur Explosion, bei ITF2 bei allen 13 Triebwerken beim Wendeburn. Danach wurden Filter eingebaut. Trotzdem fielen bei ITF3 bei der Landung 12 von 13 Triebwerken aus. Bei ITF-4 waren es nur zwei Ausfälle, doch erst die Zukunft wird zeigen, ob das Problem damit gelöst ist.
Ich finde es interessant das die Schubangabe von SpaceX während der Testflüge noch nie überprüft wurde. Das wäre doch eine gute Gelegenheit. Man muss dazu nur ihre Zahlen nehmen und die Grundrechenarten beherrschen. Ich gebe den Rechenweg hier extra an:
Schub = Treibstoffdurchsatz * Ausströmgeschwindigkeit [1]
Schub = Gesamttreibstoff / Brenndauer / Ausströmgeschwindigkeit [2]
Treibstoffdurchsatz = Gesamttreibstoff / Brenndauer / Triebwerkszahl [3]
Treibstoffdurchsatz hat die Einheit kg/s und ist der pro Sekunde von dem Triebwerk verbrauchter Treibstoff. Beim Raptor nominell etwa 650 kg/s.
Der Gesamttreibstoff ist der gesamte Treibstoff. Beim späteren Einsatz 3.400 t in der SuperHeavy und 1200 t im Starship bei ITF-3 waren nur 3.300 t in der SuperHeavy
Brenndauer ist die Brennzeit der Triebwerke vom Einschalten bis Abschalten
Die Triebwerkszahl beträgt 33 bei der SuperHeavy und 6 beim Starship
Die Ausströmgeschwindigkeit ist im SI System der spezifische Impuls in m/s. Im US-System müsst ihr diese Angabe mit der Erdbeschleunigung g = 9,80665 m/s² multiplizieren, da die Angabe in der Einheit Sekunden ist.
SpaceX macht es einem etwas schwer, weil es mehrere Brennphasen gibt. Für den ITF-4 gibt es keine Angaben über Schub und Treibstoffbeladung, aber bei ITF-3 gab es diese:
Parameter |
Wert |
---|---|
Schub Superheavy |
7,130 t |
Schub Starship |
1.200 t |
Brennzeit Superheavy |
163,5 s (Hochlaufzeit zur Hälfte angerechnet) |
Wendemanöver (13 Triebwerke) |
55 s |
Landemanöver (13 Triebwerke) |
6 s |
Landemanöver (3 Triebwerke) |
15 s |
Brennzeit Starship |
338 s davon 14 s mit drei Triebwerken |
Die akkumulierte Brennzeit (1 Triebwerk beträgt somit 6233 ,5 s bei der SuperHeavy und 1.986 s bei der Superheavy
Die SuperHeavy hatte am Schluss keinen Treibstoff mehr, das Starship 42 t. Diesen Treibstoff muss man von der Startmasse abziehen und erhält 1.158 t beim Starship.
Nun kann man den Treibstoffverbrauch pro Sekunde berechnen:
Superheavy = 3.300 t / 6.233,5 s = 530 kg/s
Starship: 1.158 t / 1.986 s = 583 kg/s
Der angegebene Schub beträgt 1.250 t beim Starship und 7.130 t Mittels Gleichung 3 ist so der Treibstoffdurchsatz für die SuperHeavy auf 530 kg und für das Starship auf 583 kg berechenbar. Deutlich weniger als die 650 kg die die Wikipedia angibt. Die einfachste Erklärung ist das der Schub geringer ist und das ist er auch, denn die 7.130 bzw. 1.250 t Schub bei ITF-3 sind weniger als die 7.590 t bzw. 1.450 t die SpaceX auf ihrer Webseite angeben. Mit diesen Angaben lässt sich aber auch über Gleichung 1 die Ausströmgeschwindigkeit berechnen:
7.130 t = 530 kg/s *33 * Ausströmgeschwindigkeit
umgeformt →
Ausströmgeschwindigkeit = 7.130 t / 0,530 t/s / 33 = 407,66 s
1.250 t = 583 kg/s * 6 *Ausströmgeschwindigkeit
umgeformt →
Ausströmgeschwindigkeit = 1.250 t / 0,583 t/s / 6= 357,34 s
Da der Schub in Tonnen Schukraft ist erhält man den spezifischen Impuls in der US-Notation mit der Einheit Sekunden.
SpaceX reklamiert für das Raptor 2 spezifische Impuls von 350 s im Vakuum und 377 s bei den Vakuumversionen. Der Schub der angegeben ist, ist auch der Vakuumschub. Nun erreicht die SuperHeavy aber 407 s, wesentlich höher – und leicht durch Nachberechnung überprüfbar, physikalisch unmöglich. Beim Starship sollte im arithmetischen Mittel beider Triebwerksversionen liegen also bei 363,5 s. Das passt schon eher. Ich vermute das dieser real ist, also etwa 60 m/s niedriger als angegeben.
Die große Abweichung bei der SuperHeavy erscheint zuerst nicht erklärbar, wird es aber, wenn man den Schub pro Triebwerk berechnet:
Schub pro Triebwerk = Gesamtschub / Triebwerkszahl
Setzt man die Werte ein so erhält man 216 t Schubkraft bei der Superheavy aber 208 t beim Starship. Da die längeren Düsen einen höheren Schub haben (etwa 28 t pro Triebwerk nach SpaceX mehr) sollte dem nicht so sein. Viel spricht dafür das der Schub nicht erreicht wird. Dafür spricht auch die geringe Trenngeschwindigkeit, die bei einem so schnell beschleunigenden Vehikel deutlich höher sein müsste, außer es beschleunigt nicht so stark, was wiederum auf weniger Schub hindeutet.
Herkömmliche Triebwerke werden vor dem ersten Start extensiv getestet, beginnend auf Komponentenebene, dann mit ganzen Triebwerken unter reduzierten Einsatzbedingungen und kurz, dann immer länger, bis man die Einsatzdauer erreicht und übertrifft zuletzt werden sie Szenarien unterworfen, die nicht vorkommen sollten ,um die Grenzen auszuloten.
Ein solches Testprogramm erfolgt selbst dann, wenn das Triebwerk an sich nicht neu ist, wie das Vulcain 2.1 das fast 14.000 Betriebssekunden bei Tests absolvierte. Es ist nur eine Modifikation des Vulcain 2, das über 90-mal schon bei der Ariane 5E eingesetzt wurde. Bei den neueren Firmen hört man fast nichts von der Testkampagne. Das betrifft auch Blue Origin. Die meisten Firmen unterrichten die Öffentlichkeit nur spärlich. Bei SpaceX weiß man, das sie einen Vertrag mit der NASA hatten, um die Raptor im Stennis Testcenter zu testen. Es gibt auch Meldungen über Tests einzelner Raptoren, aber selbst das Starship mit nur sechs Triebwerken ist zu schubstark für die Teststände. Bei Tests vor den Starts werden die Triebwerke nur hochgefahren aber vor Erreichen des vollen Schubs wieder abgeschaltet, ein solches „static fire“ dauert so nur wenige Sekunden.
Strategie von SpaceX ist das iterative entwickeln. Jeder Testflug ist so auch ein Treibwerkstest, daher auch die Bezeichnung „integrated Testflight“. Diese Parallele gibt es zur sowjetischen N-1 bei der allerdings die Triebwerke in der Entwicklung einzeln vorher intensiv getestet wurden, nur eben die Flugexemplare und ihr Zusammenspiel nicht.
Man könnte nun meinen die ITF wäre ein adäquater Ersatz, befinden sich doch 39 Triebwerke an Bord die bei einer Normmission (suborbital) folgende Zündungen durchführen:
33 der SuperHeavy für den Start
13 der SuperHeavy für die Wende (davon beliben drei nach MECO der restlichen 3ß an)
13 der SuperHeavy für die Landung
6 des Starships für Erreichen des Orbits
3 des Starships für die Landung
Das sind insgesamt 65 Zündungen, 65 einzelne Tests. Bei einem Orbit käme noch eine weitere Zündung hinzu, um den Orbit zu verlassen.
Leider ist es nun aber so, das ein konstruktiver Fehler dann wahrscheinlich gleich mehrere Triebwerke betrifft. So fielen bei den Starts bisher sieben Triebwerke der Superheavy aus, bei ITF-2 fielen alle Triebwerke bei der Wende aus und bei IF-3 waren es zuerst sieben ausgefallene, bei der Landung dann 12 von 13 und auch bei IF-4 fiel wieder eines aus.
Gerechnet auf alle Zündungen, die erfolgten, waren dies 39 von 197 Zündungen bei der SuperHeavy oder etwa 20 Prozent. Beim Starship wenn man die Explosion der Triebwerke bei ITF-2 und den fehlenden Test der Wiederzündung bei ITF-3 hinzurechnet, sind es 4 von 21 Zündungen oder auch etwa 20 Prozent.
Das sind Werte die ein Triebwerk im frühen Testprogramm hat. Einsatzfähige Triebwerke haben eine Zuverlässigkeit von 99+ Prozent. Das Space Shuttle SSME, als einziges bisher wiederverwendetes Triebwerk hatte bei 135 Flügen keinen einzigen Ausfall und über die gesamte Testkampagne 1.085.677 s Brennzeit akkumuliert, das entspricht über 750 Missionen. Die Zuverlässigkeit im Flug betrug 99,85 Prozent (einmal wurde bei STS51 F ein Triebwerk während des Flugs abgeschaltet, aber dies beruhte auf einem Sensordefekt) und über alle Tests auch am Boden waren es 99,96 Prozent. Demgegenüber liegen die Raptors heute (nach ITF-4) bei 80 Prozent. Damit sie nur zum SSME aufschließen könnten, müssten die nächsten 1.581 Missionen allesamt ohne einen Ausfall klappen.
Der nach meiner Ansicht nach wichtigste Punkt in dem Konzept des Starships ist, dass man es nach der Landung praktisch gleich für den nächsten Start vorbereiten kann. Daher wird die SuperHeavy am Startturm eingefangen und landet das Starship auf dem Startplatz. Geht es nur um die Wiederverwendung, so hat man schon bei der Falcon 9 und erst recht Falcon Heavy einen Großteil der Kosteneinsparung bei der Hardware erreicht. Aber die Bergung mit einem Dronenschiff, die erneute Vorbereitung für einen Start verursachen Kosten und dauern Wochen. Diese Kosten sollen weitestgehend eingespart werden. Sonst wäre das Starship wohl nicht ökonomisch, denn es hat nach ITF-3 offiziell nur 40 bis 50 t Nutzlast (Falcon Heavy: 62,2 t) bei mehr als der dreifachen Startmasse der Falcon Heavy. Da eine größere Rakete auch teurer ist, dürfte dies die Fertigung der Oberstufe die bei der Falcon Heavy verloren geht, weitestgehend kompensieren.
Geht es nach Elon Musk, so soll das Starship 1.000-mal ohne Überprüfung starten. Beim Space Shuttle war die Wartung der Punkt, der die Fähren unwirtschaftlich machte. Zum Ende des Programms entfielen zwei Drittel der Aufwendungen nur auf Fixkosten. Eine Fähre brachte einige Wochen beim Hersteller nach der Landung für Überprüfungen und Reparaturen wie dem Ersetzen von Fließen. Alle paar Jahre wurde sie generalüberholt, bekam neue Triebwerke oder andere Verbesserung /Glas-Cockpit) und wurde so für etwa zwei Jahre außer Dienst gezogen.
Ob dem gelingt ist offen. Derzeit (Stand nach ITF-4) trennt SpaceX den Stufenadapter nach dem Wendemanöver ab. Bei ITF-3 blieb er noch mit der SuperHeavy verbunden. Damit ist zumindest derzeit der Stufenadapter ein Verlustteil. Wie viele Flüge die einzelnen Subkomponenten aushalten wird erst die Zukunft zeigen. Zumindest bei den Triebwerken ist es aber so, dass immer höhere Anforderungen die Lebensdauer erniedrigen. Höhere Drücke bedeuten höheren Materialstress, gleichzeitig sollen die Raptiren leichter werden. Die Raptoren wogen in der ersten Generation noch 2 t, die Raptor 2 sollen 1,6 t wiegen und einige Spacex-Fans spekulieren, dass weitere Generationen noch leichter werden. Das sind Gegensätze die sich eigentlich ausschließen.
Beim SSME wurde schon während der Entwicklung beschlossen, den Schub von 100 auf 109 Prozent im Regelbetrieb zu erhöhen. Das senkte die Lebensdauer eines Triebwerks von 100 auf 55 Missionen ab. So viele Einsätze hat aber kein Triebwerk absolviert, der Rekord liegt bei 27 Einsätzen.
Es gibt Zweifel an den Raptoren. Ich denke, die Düsen der Seal Lvel Varianten haben nicht das Expansionsverhältnis das angegeben wird und damit sinken die spezifischen Impulse ab. Das ist bedeutend für die Einbuße an Nutzlast die beobachtbar ist. Ebenso scheinen sie noch nicht das Schublevel auch nur der Raptor 2 erreicht zu haben. So macht es wenig Sinn an Verbesserungen zu arbeiten, bevor die letzte Generation ihr Soll erreicht und – das ist noch wichtiger – auch zuverlässig funktionieren.
Es gibt Zweifel daran, das die Raptoren jemals die Zuverlässigkeit haben werden, die Elon Musk verspricht. So sollen bei V2 und V3 durch kompaktere Raptor 3 es Schilde um die Triebwerke geben. Sie schützen die umliegenden Triebwerke vor Explosionen. Man kann aber Triebwerke vor einer Explosion abschalten, wenn man sie genaustens überwacht. Diese Technik ist nicht neu. Schon die Saturn V setzte sie – damals noch durch mechanische Schalter – ein. Das Space Shuttle setzte sie von Anfang an ein. Auch hier war keine außerirdische Technologie notwendig: Von 1988 bis 2002 war der Triebwerkskontroller ein Motorola 68000, ein herkömmlicher Mikroprozessor der frühen achtziger Jahre! Wenn SpaceX also Schilde braucht, so stellen sich mir einige Fragen, die Zweifel an der Kompetenz der Firma aufkommen lassen.
Ich denke, erst die Zukunft wird zeigen ob dieses Konzept aufgeht. Dazu braucht auch SpaceX erst einmal Einsatzerfahrungen. Ich denke der massive Schubüberschuss ist eine Absicherung dagegen, dass Triebwerke ausfallen können, weil man sie nicht nach jeder Landung inspiziert. Das scheitert aber, wenn das ausgefallene Triebwerk eines der drei ist die bei der Landung in den letzten Sekunden noch aktiv ist. Dann ist der Schubabfall und vor allem die Schubasymmetrie nicht mehr kompensierbar, wie auch ITF-2 zeigte.
Man kann ja viele Parallelen zur sowjetischen N-1 ziehen. Bei dieser Rakete hatten die Triebwerke der ersten Generation eine sehr niedrige Zuverlässigkeit und das war bekannt. Aus Zeitdruck wurde trotzdem mit ihnen gestartet und alle vier Flüge scheiterten. Die Sowjets entwickelten aus ihnen eine zweite Generation, die erheblich zuverlässiger sein sollte, aber nie in der N-1 zum Einsatz kam. Die über Jahrzehnte eingelagerten Triebwerke trieb die Antares an, bis kurz nach dem Start ein Triebwerk ausfiel. Danach wechselte ATK den Hersteller, denn schon bei Tests im Stennis-center der NASA gab es Probleme und einen Komplettausfall. Ebenso nutzt Russland die Triebwerke bei der Sojus 2-1v, dort bislang ohne Probleme. Welchen Weg wohl die Raptoren nehmen werden?
Artikel verfasst: 14.6.2024, Artikel zuletzt bearbeitet: 18.10.2024
Wie man an dem Umfang der Website sieht, sind Trägerraketen eines meiner Hauptinteressen. Es gibt inzwischen eine Reihe von Büchern von mir, auch weil ich in den letzten Jahren aufgrund neuer Träger oder weiterer Informationen über alte Projekte die Bücher neu aufgelegt habe. Sie finden eine Gesamtübersicht aller Bücher von mir bei Amazon und hier beim Verlag.
Ich beschränke mich in diesem Abschnitt auf die aktuellen Werke. Für die in Europa entwickelten Trägerraketen gibt es von mir zwei Werke:
Europäische Trägerraketen 1 behandelt die Vergangenheit (also bei Drucklegung): Das sind die nationalen Raketen Diamant, OTRAG und Black Arrow und die europäischen Träger Ariane 1 bis 4 und Europarakete.
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Wer sich nur für einen der in den beiden besprochenen Träger interessiert, findet auch jeweils eine Monografie, die inhaltlich identisch mit dem Kapitel in den Sammelbänden ist, nur eben als Auskopplung.
Weiter gehend, alle Raketen die es weltweit gibt, behandelnd, gehen zwei Bände:
und
Internationale Trägerraketen (im Sinne von allen anderen Raketen weltweit)
Auch hier habe ich 2023 begonnen, die Bände aufzusplitten, einfach weil der Umfang für eine Aktualisierung sonst weder handelbar wäre bzw. an die Seitengrenze stößt, die der Verlag setzt. Ich habe auch bei den Einzelbänden nochmals recherchiert und den Umfang erweitert. Bisher sind erschienen:
US Trägerraketen 1 mit den frühen, kleinen Trägern (Vanguard, Juno, Scout)
US Trägerraketen 2 mit der Titan-Familie
2023 wird noch die erste Auskopplung aus den internationalen Raketen über russische Träger erscheinen. Nach und nach werden alle Raketen dann in einzelnen Monografien geordnet nach Trägerfamilien oder Nationen dann aktualisiert auf den aktuellen Stand, so besprochen.
Für die Saturns gibt es noch einen Sonderband, den ersten in der Reihe über das Apolloprogramm.
Alle bisherigen Bücher sind gerichtet an Leute, die wie ich sich nicht mit oberflächlichen Informationen oder Zusammenfassung der Wikipedia zufriedengeben. Wenn sie sich nicht für Technik interessieren, sondern nette Anekdoten hören wollen, dann sind die bisherigen Bücher nichts für Sie. Für dieses Publikum gibt es das Buch „Fotosafari durch den Raketenwald“ bei dem jeder Träger genau eine Doppelseite mit einem Foto und einer Beschreibung hat. (Also etwa ein Zehntel der Seitenzahl auf den ich ihn bei den beiden obigen Bänden abhandelte). Das Buch ist anders als die anderen Bände in Farbe. Ab und an macht BOD als Print on Demand Dienstleister Mist und verschickt es nur in Schwarz-Weiß, bitte reklamieren sie dann, ich als Autor kann dies nicht beeinflussen.
Als Autor würde ich mich freuen, wenn sie direkt beim Verlag bestellen, da ich da eine etwas größere Marge erhalte. Dank Buchpreisbindung und kostenlosem Versand ist das genauso teuer wie bei Amazon, Libri und iTunes oder im Buchhandel. Über eine ehrliche Kritik würde ich mich freuen.
Alle Bücher sind auch als E-Book erschienen, üblicherweise zu 2/3 des Preises der Printausgabe – ich würde sie gerne billiger anbieten, doch da der Gesetzgeber E-Books mit 19 Prozent Mehrwertsteuer besteuert, Bücher aber mit nur 7 Prozent, geht das leider nicht. Ein Vorteil der E-Books - neben dem einfacher recherchierbaren Text ist, das alle Abbildungen, die im Originalmanuskript in Farbe, sind auch in Farbe sind, während ich sonst - um Druckkosten zu sparen - meist auf Farbe verzichte. Sie brauchen einen pdf-fähigen Reader um die Bücher zu lesen. Sofern der Verlag nicht weiter für bestimmte Geräte (Kindle) konvertiert ist das Standardformat der E-Books ein DRM-geschütztes PDF.
Mehr über meine Bücher finden sie auf der Website Raumfahrtbuecher.de und eine Liste aller Veröffentlichungen findet sich auch bei meinem Wikipediaeintrag.
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