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Einsatzgeschichte der Saturn I

Heute als Vorgängerin der Saturn IB und des Apolloprogramms fast vergessen, war die Saturn I ein wichtiger Zwischenschritt bei der Entwicklung der Saturn V. Dies ist eine Übersicht über ihre Starts. Der folgende Text entstammt meinem Buch über die Saturn Trägerraketen. Das gibt es überall im Handel, bei meinem Verlag BOD und bei Amazon.

Kurzzusammenfassung

Die ersten vier Flüge Saturn-Apollo SA‑1 bis SA‑4 (Block I) waren Tests der Erststufe ohne Ober­stufe. Die Block I Starts führten anstatt Oberstufen Wasser als Ballast mit, welches in der Hochatmosphäre als „Highwater“ Experiment frei­gesetzt wurde. Bei SA‑2 wurden 90 t Wasser in 95 km Höhe freigesetzt. Dort bildete es innerhalb von fünf Sekunden eine 7 km große Wolke. Sie stieg bis in eine Höhe von 144 km auf. SA‑3 testete die Retroraketen der ersten Stufe mit einer Dummy-Oberstufe und erprobte die Stufentrennung. Bei SA‑4 wurde eines der acht H‑1 Triebwerke nach 100 s abgeschaltet, um zu testen, ob die Saturn die Mission noch durchführen konnte. Die Block I Typen nutzten die erste Serienversion des H‑1 Triebwerks mit einem Schub von 734 kN, die Block II Typen dann die 836-kN-Version. Durch den geringeren Schub des Triebwerks wurden die S-I Stufen nicht voll betankt. Bei den ersten beiden Starts waren sie nur zu 83 Prozent betankt.

Die Block I Raketen setzten eine S-I ohne Finnen ein. Diese wurden erst bei der Block II montiert. Die Finnen von Block II waren ein Aus­gleich dafür, dass die Triebwerke nur noch um 8 anstatt 14 Grad wie bei Block I schwenkbar waren.

Die folgenden drei Flüge (Block II) qualifizierten die Oberstufe S-IV. Bei SA-5 wurde ein Prototyp der späteren IU eingesetzt. Die Nutzlast war Ballast unter einem Konus der Jupiter Rakete. Die Gesamtmasse, die in den Erdorbit gebracht wurde, lag bei 38.000 Pfund (17.230 kg, inklusive der leeren S‑IV). Dies entsprach damals der höchsten Bruttomasse in einem Erdorbit.

SA‑6 brachte zum ersten Mal ein Modell der Apollo-Kapsel in den Orbit. Es zeigte sich, dass die „Engine-out capability“ nützlich war, denn eines der H‑1 Triebwerke fiel ungeplant aus. Trotzdem konnte mit den restlichen sieben Triebwerken ein Orbit erreicht werden. Der Bordcomputer kompensierte den Ausfall vollständig und das Modell erreichte die vorgesehene Umlaufbahn.

Nachdem alle Testflüge erfolgreich waren, wurde das Erprobungsprogramm der Saturn I vor­zeitig abgeschlossen. SA‑7 brachte erneut eine Apollokapsel in den Orbit. Neben deren Erprobung ging es um das Testen einer neuen Methode, den Fluchtturm von der Trägerrakete zu trennen. Der Fluchtturm wurde im Normalfall nach 168 Sekunden, 12 s nach Zündung der zweiten Stufe, abgetrennt. Danach war die Rakete um 3.000 kg leichter. Das neue Verfahren trennte ihn 7 Sekunden früher ab.

PegasusDie letzten drei Flüge transportierten neben einem Modell des Apollo-Raumschiffs einen Pegasus Satelliten. Er war fest mit der Oberstufe S‑IV verbunden und sollte feststellen, ob Mikro­meteoriten eine Gefahr für zukünftige Missionen darstellen können. Dazu verfügte er über große, mit Metall überzogene Flächen, die unter Spannung standen. Sie wurden nach dem Start wie Solarpaneele entfaltet. Wurden sie von einem Staubteilchen durchlöchert, so erzeugte dies einen Stromimpuls, der gemessen wurde. Es zeigte sich, das Mikrometeoriten keine Gefahr darstellten, selbst wenn sich die Besatzung in einem Raumanzug außerhalb des Raumschiffs befand. SA‑8 war die erste Trägerrakete, deren Stufen von der Industrie gebaut wurden. Außerdem war es die erste Saturn, die nachts startete. Bei diesem Flug wurde die Internal Unit (IU, Bordelektronik) IU der Saturn IB und V erstmals im „geschlossenen Kreislauf“ erprobt. Der Bordcomputer berechnete in regelmäßigen Abständen die beste Aufstiegsbahn, mit welcher der gewünschte Orbit mit minimalem Treibstoffverbrauch erreichbar war.

Die beiden letzten Saturn I, SA‑9 und SA‑10 wurden von der NASA genutzt, um zwei weitere Pegasus Satelliten zu starten. Die NASA hatte ursprünglich 16 Saturn I bestellt. Doch schon Ende 1964 hatte die NASA die Bestellung auf 13 Erststufen, elf IU und zehn S‑IV begrenzt. Es gab noch genügend Hardware, um mindestens eine weitere Saturn I zu fertigen.

Die Saturn I Entwicklung und die Produktion von zehn Trägern kosteten 880,1 Millionen Dollar. Bis zu 12.400 Personen arbeiteten an dem Programm.

Die Starts ohne Oberstufe SA1- bis SA-4

Dieses Kapitel enthält eine kurze Beschreibung aller Starts der Saturn, was die Mission der Trägerrakete angeht. Verglichen mit heute ging die Entwicklung enorm schnell. So wurde die Startrampe LC-34 erst am 5.6.1961 eingeweiht. Keine vier Monate später startete die erste Saturn von LC-34.

Die erste Saturn I, SA‑1 hob am 27.10.1961 ab. Die erste Stufe, die als einzige Stufe aktiv war, wurde am 15.8.1961 ausgeladen und auf LC-34 errichtet. Auf ihr waren nur zwei Modelle von Oberstufen (geplant war damals eine Oberstufe mit der Bezeichnung S-V, sie wurde durch eine Attrappe von der Größe einer Centaur modelliert) angebracht. Sie hatten ein Gewicht von 52.240 kg (kombiniert) als Ballast.

SA-1Die erste Stufe wurde nicht voll mit Treibstoff betankt, sondern nur zu 83 Prozent. So wog die Rakete 460 t beim Start und war 49,38 m lang. Das war der ersten Generation H‑1 Triebwerken geschuldet, die nur 734 kN Schub hatten. Die folgende Generation würde 836 kN Schub liefern und damit auch das Vollbefüllen der Tanks zulassen. Die inneren vier Triebwerke schalteten nach 109 Sekunden ab, die äußeren nach 115 Sekunden. Eine Spitzengeschwindigkeit von über 1.600 m/s wurde erreicht. 500 Messparameter wurden zu den Bodenstationen übertragen.

Die Rakete er­reichte eine Gipfelhöhe von 136,5 km und schlug nach acht Minuten 345,7 km vom Startort entfernt im Atlantischen Ozean auf. Das einzige Vorkommnis war, dass sich die Triebwerke 1,6 s vor dem geplanten Zeitpunkt abschalteten. Die Untersuchung des Ereignisses er­gab, dass man 400 kg zu viel Sauerstoff und 410 kg zu wenig Kerosin zugeladen hatte. Die Triebwerke hatten beim Verbrauchen des Kerosins vorzeitig abgeschaltet. Dies würde bei den operativen Starts, mit vollen Tanks, nicht vor­kommen und erforderte so keine Korrektur.

Ein halbes Jahr später stand der zweite Teststart an. Er war er im Wesentlichen eine Wiederholung des Ersten. Es sollte die Antriebs­leistung gemessen werden, die aerodynamischen Belastungen bestimmt und die Genauigkeit der Rakete und ihres Steuersystems untersucht werden.

Die wichtigste Änderung war der Einbau zusätzlicher Blenden in die Tanks, nachdem man bei Auswertung der Daten von SA‑1 ein zu starkes Schwappen der Treibstoffe festgestellt hatte.

Die erste Stufe der SA‑2 kam am 27.2.1962 an. Bald stellten sich zahlreiche kleine Probleme ein. Das größte war ein Leck zwischen dem Sauerstofftankdom und den Leitungen zu Triebwerk 4. Die Reperaturen hielten den Start jedoch nicht auf.

Erneut wurden die Oberstufen durch Modelle ersetzt, die diesmal mit Wasser als Ballast gefüllt waren. Im Projekt „Highwater“ setzte die Saturn I das Wasser in der Ionosphäre frei. Dabei wurde sie von Teleskopen beobachtet. In der Höhe, in der das Wasser freigesetzt wurde, herrscht ein Vakuum (es gab sogar einige Satelliten, die sich bis auf 100 km der Erde näherten, das wäre in einer dichten Atmosphäre unmöglich). Deswegen war offen, was passieren würde, wenn man das Wasser freisetzt. Stufe 2 enthielt 44 t Wasser, Stufe 3 weitere 42 t. Explosions­ladungen rissen fußballgroße Löcher in die Stufen – groß genug, dass das Wasser austreten konnte, aber zu explosionsschwach, als dass sich das Wasser sofort zu einer Wolke geformt hätte. Die Löcher waren so bemessen, dass der Austritt einige Sekunden dauerte.

Die erste Stufe S-I war erneut nur zu 83 Prozent befüllt, da noch die erste Charge der H‑1 Triebwerke mit 734 kN Schub (zweite Charge: 836 kN) zum Einsatz kam. Zugeladen wurden 283 t Treibstoff.

Die H‑1 hatten wie vorgesehen Brennschluss nach 115 s in 56 km Höhe. Eine Spitzengeschwindigkeit von 6.400 km/h wurde erreicht. Als die Rakete nach 160 Sekunden 105,3 km Höhe erreichte, löste man durch Funkkommando die Dynamitsprengladungen aus. Beobachter sahen nach wenigen Sekunden eine Wolke, die etwa 5 Sekunden lang sichtbar blieb. Die Überwachung durch Mess­instrumente wies nach, dass die Wolke bis auf 160 km Höhe stieg.

Sa-3Der nächste Start SA‑3 wiederholte das Highwater-Experiment, erprobte neue Hardware und war der erste mit voller Tankbefüllung von 340.000 kg. Diesmal dürften die vier äußeren Triebwerke arbeiten, bis Sensoren den Verbrauch des Treibstoffs signalisierten. SA‑2 wurde dagegen abgeschaltet, wenn eine vorgegebene Ziel­geschwindigkeit erreicht wurde. Erstmals installiert und erprobt wurden die Retro­raketen, welche die S-I als Teil der Stufentrennung abbremsten. Um ihren Ein­fluss zu messen, gab es 18 Temperatursensoren in der Oberstufenattrape. Daneben wurde neues Equipment für die folgenden Block II Flüge erprobt, so neue Tele­metriesender, ein Prototyp der ST-124 Kreiselplattform, welche für die Saturn IB/V vorgesehen war, eine neue Antenne, Sender im UHF-Band und PCM-Modulation.

Die erste Atlas Centaur war kurz vorher am 8.5.1962 bei einem Start explodierte. Da die S-V Dummystufe die Abmessungen einer Centaur hatte, montierte man dort ein Aluminiumblech mit 11 Drucksensoren, um die Belastungen beim Durchlaufen der unteren Atmosphäre zu messen. Nachdem ein Isolationspaneel vom Wasserstofftank abriss, war die Atlas Centaur nach 55 Sekunden kurz vor Erreichen von Max-Q explodiert. Daneben wurde an der Startbasis schon Equipment für Block II eingesetzt, unter anderem der neue 110 m hohe Serviceturm.

Die Dummyoberstufen wurden mit 87.330 kg Wasser gefüllt. Neue Spreng­ladungen schnitten nun Längsrisse anstatt kreisrunde Löcher in die Stufen.

Die S-I für SA‑3 kam am 19.9.1962 an, wurde aber, da ein Wirbelsturm heranrückte, erst am 21.9.1962 aufgerichtet. Am 24.9.1962 wurden die beiden Oberstufenmodelle angebracht. Der Start erfolgte am 16.11.1962. Die vier inneren Triebwerke wurden durch die IU nach 141,7 s in 61 km Höhe abgeschaltet, gefolgt von den vier Äußeren nach 149,1 s in 71 km Höhe. Das war etwas später als be­rechnet. 4 Sekunden später wurden die Retroraketen aktiviert. Als die Rakete nach 292 s eine Höhe von 167 km erreichte, wurden die Sprengladungen ausgelöst. Erneut war die entstehende Wolke rund drei Sekunden lang visuell sichtbar.

Der Start war im Wesentlichen erfolgreich. Es gab jedoch einige Abweichungen. So erzeugten die Retroraketen an den Dummyoberstufen viel höhere Temperaturen als vorgesehen und induzierten ein Rollen der S-I. Daneben war die Telemetrie teilweise unleserlich. Die Daten der Sensoren am Alupaneel, als Simulation der Centaurhülle, zeigte in der Tat eine Zone mit besonders niedrigem Druck, sobald die Rakete Mach 0,7 erreichte. Das half es die Befestigung des Isolationspaneels zu verbessern.

Der Start SA‑4 war der letzte Einsatz von Block I, also noch ohne Oberstufe. Wichtigstes Ziel des Tests war die Erprobung der Engine-Out-Fähigkeit der Saturn. Nach 100 Sekunden wurde Triebwerk #5 abgeschaltet. Wasser wurde diesmal in den Oberstufenattrappen nicht mit­geführt, stattdessen Ballast mit einem Gewicht von 52 t.

SA-4Nach nur 54 Tagen Vorbereitungszeit, der kürzesten bisher, hob SA‑4 am 28.3.1963 ab. Nach 100 s wurde planmäßig das Triebwerk 5 abgeschaltet. Das Verteilen des Treibstoffs über die Spinne im Schubgerüst in die anderen sieben Triebwerke klappte reibungslos. Anders als erwartet, zerlegte sich das Triebwerk durch die Notabschaltung (also nicht wie normal, indem zuerst der Sauerstofffluss unterbrochen wird und danach das Kerosin) nicht. Die noch im Triebwerk vorhandene Restmenge an Kerosin stellte sich als wirksame Kühlung heraus. SA‑4 erreichte eine Gipfelhöhe von 129 km und eine Spitzengeschwindigkeit von 5.900 km/h. Damit waren die Block I Flüge abgeschlossen. Der nächste Start würde mit aktiver Oberstufe sein. Der erfolgreiche Test der Engine-Out Fähigkeit war ein wichtiger Meilenstein für das Apolloprogramm, denn auf ihr beruhte auch ein Teil der Sicherheitsarchitektur der ersten beiden Saturn V Stufen.

Die Starts mit Oberstufe SA-4

Die folgenden Flüge fanden vom Startkomplex 37B statt. Er war ur­sprünglich als Absicherung für einen Fehlstart bei Komplex 34 erbaut worden, für den Fall, dass dieser Komplex zerstört wird. Die Startanlagen von LC-37 wurden dann aber wesentlich größer als die von LC-34. Der bewegliche Startturm mit vier Aufzügen wog alleine 4.700 t und war 86 m hoch.

SA‑5 war der erste Einsatz der Oberstufe S‑IV. Dafür fehlte aber die Nutzlast. Man hatte die S‑IV nur mit der Spitze einer Jupiter-Mittelstreckenrakete versehen, um die Aero­dynamik zu verbessern. Sie war 50 m hoch, kürzer als die späteren Versionen mit 57,5 m Höhe. Im Vorfeld, wenige Tage vor dem geplanten Start, kam es zur Explosion einer S‑IV bei einem Bodentest. Der Zwischentankboden war gebrochen. Wie sich herausstellte, lag dies an einer zu hohen Druckbeauf­schlagung durch den Teststand. Die Druckbeaufschlagung der Saturn im Cape wurde geprüft, aber der Vorgang hatte keine Auswirkung auf den Start. Der Flug musste wegen eines eingerissenen Flansches beim Befüllen um zwei Tage verschoben werden. Schließlich hob SA‑5 am 29.1.1964 ab.

Neben den schubstärkeren H‑1 Triebwerken wurde auch die S-I verlängert, sodass sie 31 Prozent mehr Treibstoff aufnehmen konnte. Weiterhin wurden Finnen an die Basis montiert, die bisher fehlten.

Erstmals erreichte eine Saturn einen Orbit. Sie war besonders gut instrumentiert. 1.183 Messparameter wurden zum Boden übertragen. Acht Kameras in der Rakete wurden in versiegelten Behältern nach der Stufentrennung abgetrennt und später geborgen. 21 Kameras am Boden filmten den Aufstieg. Nach 147,2 s be­gann die Stufentrennung. Zuerst mit dem Zünden der Ullageraketen der S‑IV, dann mit dem Zünden der Retroraketen der S‑IB und explosiven Sprengladungen und führten zur Durchtrennung der Verbindung. Die S‑IV arbeitete tadellos und schaltete sich nach 8 Minuten ab, als die IU signalisierte, dass der Orbit erreicht war. Die Filmkapseln in den verschlossenen Be­hältern, die sich nach Stufentrennung von der ersten Stufe lösten, wurden bis auf eine verlorene Kamera 800 km vom Cape entfernt im Atlantik geborgen.

Zusammen mit dem Ballast erreichten rund 17 t den Orbit, eine elliptische Erd­umlaufbahn mit einem Perigäum in 264 und einem Apogäum in 741 km Höhe. Das war die bis dahin größte Masse im Orbit. Die Kombination war, da es keine Trennung von der zweiten Stufe gab, 24,4 m lang. Ebenfalls ein Rekord, der im damaligen politischen Klima gefeiert wurde.

Die Startrate nahm nun zu. Nachdem es bisher fünf bis sechs Monate Pause zwischen den Starts gab (zwischen dem letzten Block I Flug SA‑4 und dem ersten Block II Flug SA‑5 sogar zehn Monate), startete die nächste Mission SA‑6 schon vier Monate später. Allerdings musste der Start wegen verschiedener Probleme dreimal ver­schoben werden.

Erstmals hatte die Rakete eine „echte“ Nutzlast. Es war das Boilerplate 13 des Apolloraumschiffs, ein Massenmodell von 7.700 kg Gewicht. North American fertigte 40 Boilerplates für verschiedene Tests. Dieses war eines davon. Das Modell hatte keine funktionierenden Systeme, aber 116 Sensoren an verschiedenen Stellen, welchen den Druck, Temperatur und andere Einflüsse während des Starts maßen. Aufgrund dessen, das es erstmals eine Nutzlast für das Apollprogramm gab, gibt es auch eine zweite Bezeichnung für diesen Flug: A-101 mit „A“ für Apollo. Dazu kam das Launch Escape System, das aber ebenfalls nur eine Attrappe war.

Nach drei Startversuchen hob SA‑6 am 28.5.1964 ab. Nach 116,1 s schaltete sich Trieb­werk #8 ab. Das war nicht Bestandteil des Testprogramms. Die anderen Triebwerke kompensierten den Ausfall und arbeiteten 2,7 s länger. Das Raumschiff gelangte in einen 182 × 227 km hohen Orbit. Die Kapsel funkte vier Stunden lang Messwerte zu den Bodenstationen, bis die Batterie entladen war. Sie verglühte durch den niedrigen Orbit nach wenigen Tagen am 1.6.1964 beim Wiedereintritt. Die Ursache für den Ausfall des Triebwerks konnte rasch gefunden werden. Ein Zahn des Ge­triebes der Apparatur, welches das Schmiermittel bereitstellte, war abgebrochen. Dies hielt das Testprogramm nicht auf, da diese Konstruktion sowieso durch eine neue, weniger anfällige, ersetzt werden sollte.

SA-7SA‑7 war, was die Saturn anging, eine Wiederholung von SA‑6. Die wichtigsten Änderungen betrafen das Apollo-Raumschiff, erneut ein Boilerplate, diesmal BP‑15. Es gab zusätzliche Sensoren an einer der RCS-Düsen, sodass die Zahl der Messwerte vom Modell auf 136 anstieg. Weiterhin war der Fluchtturm nun ein funktionsfähiges Exemplar. Eine weitere Änderung gab es. Bisher war die Mission vorprogrammiert, was den Ablauf der Ereignisse anging. Der Ablauf wurde durch einen Magnetbandrekorder mit 33 Spuren gesteuert, der die genaue Abfolge enthielt. Nun erhielt der Computer die Fähigkeit, das die Abfolge während des Flugs durch Funkkommando verändert werden konnte.

Die Stufen kamen am 6 und 12. Juli 1964 an. Bei der Überprüfung entdeckte man aber einen Haarriss an einem der Triebwerke der S-I. Gemäß den strengen Qualitätsstandards mussten alle acht Triebwerke demontiert und zum Hersteller Chrysler zur Überprüfung verschifft werden. Jede Demontage eines Triebwerks dauerte 10 Stunden. So hielt dies den Start um zwei Wochen auf. Ursache war Stresskorrosion, die man schon bei Chrysler bei den Vorbereitungen von SA‑5 beobachtet hatte. Die Rakete blieb am Serviceturm, als am 28.8.1964 der Wirbelsturm „Cleo“ mit Windgeschwindigkeiten von 110 km/h über das Cape zog.

Der Start von SA‑7 mit der Alternativbezeichnung A-102 erfolgte am 18.9.1964 ohne Probleme. Nach 147,7 s wurde die S-I abgeschaltet, nach 148,4 s erfolgte die Stufentrennung und nach 149,4 s hatte die S‑IV gezündet. Als neues Ereignis wurde nach 160,7 s der Fluchtturm durch seine eigene Rakete abgetrennt. Nach 621,2 s erreichte BP-15 einen 212,7 × 226,5 km Orbit. Über fünf Stunden gab es Messwerte vom Raumschiff, bis die Batterien entladen waren. Am 22.9.1964 verglühte BP-15 beim Wiedereintritt.

Damit war offiziell das Saturn I Testprogramm abgeschlossen und die Saturn I wurde für operationell erklärt. Es waren aber noch drei weitere Saturn I in der Produktion, diese sollten noch gestartet werden.

Da SA‑9 weiter in der Produktion fortgeschritten war als SA‑8, wurde dieser Start vorgezogen. Nutzlast war wie zuvor ein Boilerplatte des Apollo CSM, diesmal jedoch nur 4.500 kg schwer. Dazu kam ein Pegasussatellit, der fest mit der S‑IV verbunden war. Der Satellit bestand im Wesentlichen aus zwei Flügeln, belegt mit einer Aluminiumfolie. Sie wurden im Orbit entfaltet und hatten dann eine Fläche von 29,3 × 4,3 m². Zusammengefaltet war der Satellit 5,1 m breit, 2,1 m weit, aber nur 28 cm hoch. Damit passte er in den Adapter, der zwischen dem Durchmesser der S‑IV von 5,5 m und dem Durchmesser des Apollo Servicemoduls von 3,91 m vermittelte. Das Boilerplate wurde im Orbit zuerst abgetrennt. Eine Minute später wurden die Sammel­flächen des Pegasus entfaltet.

Obwohl von den zwölf Zielen des Flugs nur eines auf den Pegasus-Satelliten entfiel, hatte dieser Priorität. Er hielt, da er in der Produktion zurücklag, den Flug um drei Monate auf. Die wissenschaftliche Fragestellung von Pegasus war, wie häufig Mikro­meteoriten im Weltall vorkamen. Dazu gab es zwei Metallflächen auf den Flügeln. Ein auftreffendes Staubteilchen verdampfte beim Auftreffen auf die äußere Folie und verdampfte beim Einschlag auch Metall. Damit erzeugte es eine Entladung (Kurzschluss) auf der zweiten Folie, da kurzzeitig ein elektrischer Kontakt bestand. So konnten Teilchen zwischen 0,1 Mikrogramm und 0,1 Milligramm Masse detektiert werden. Die untere Grenze war gegeben durch die Auslegung der Raumanzüge. Darunter wären Teilchen in jedem Falle ungefährlich. Die obere Grenze war die minimale Masse, ab der Meteoriten fotografisch als Sternschnuppe noch detektiert werden konnten. Oberhalb dieser Masse war die Gefahr von den Beobachtungen des Sternenhimmels durch Astronomen schon bekannt.

Die Frage war nicht nur akademischer Natur, sondern betraf auch die Auslegung der Apollo-Raumanzüge, die gegen diese Teilchen schützen sollten. Um eine möglichst lange Lebensdauer des Satelliten zu ermöglichen, wurde ein hoher Orbit angestrebt. SA‑9 setzte am 16.2.1965 Pegasus 1 in einer 500 × 723 km hohen Umlaufbahn aus. Der Satellit lieferte die geforderten Daten, auch wenn es Probleme gab. Er taumelte durch den Resttreibstoff der S‑IV um seine Achse und das Auslesen seiner Speicher machte Probleme. Immerhin 70 Einschläge wurden in den ersten zwei Wochen detektiert. Trotzdem glaubte keiner, dass der Satellit das geforderte Jahr durch­halten würde. Er übertraf diese Dauer und wurde erst am 29.8.1968 ab­geschaltet, noch immer funktionsfähig. Pegasus 1 verglühte am 17.9.1978, das Boilerplate, das einen geringeren „Luftwiderstand“ hatte, blieb sogar bis zum 10.7.1985 im Orbit.

SA-10Die beiden folgenden Flüge SA‑8 mit Apollo Boilerplate 26 (auch A-104) und SA‑10 (alternative Bezeichnung: A-105) mit Boilerplate 9A, und den beiden Satelliten Pegasus 2 und 3 waren eine Wiederholung von SA‑9. SA-8 war der erste Nachtstart einer Saturn. Bei SA‑10, dem letzten Start der Saturn I, herrschte Hektik, den die NASA wollte ab August 1965 das Launchpad 37 für die Starts der Saturn IB umbauen. Wollte man die letzte Saturn I also noch starten, so musste dies vorher erfolgen. Der Start von SA‑10 erfolgte am 30.7.1965, un­mittelbar vor der Deadline. 4.400 kg der Startmasse entfielen auf das Boilerplate. Es wurde ein nahezu kreisförmiger Orbit von 516 × 537 km Höhe erreicht. Pegasus 3 verglühte als erster Pegasus-Satellit am 4.8.1969, Boilerplate 9A erst am 22.11.1975, als schon die Apollo-Sojus-Testmission beendet war.

Der letzte Pegasussatellit hatte zusätzlich 352 Materialproben an Bord. Man nahm an, dass diese Proben von einem Geminiraumschiff geborgen werden könnten. Bei einer EVA sollten die Materialproben durch einen Astronauten geborgen werden. Probleme im Geminiprogramm mit den GATV führten dazu, dass es nicht dazu kam. Doch der Pegasus-Satellit lieferte bis zum Verglühen am 4.8.1969 Daten. SA‑8 war nur kurz vorher am 4.7.1965 in einen etwas zu exzentrischen Orbit (Apogäum in 739 anstatt 530 km Höhe) aufgrund kleinerer Probleme beim S‑IV-Antrieb befördert worden. Damit hatte die NASA erstmals zwei Saturn in einem Monat gestartet. Pegasus 1 und 2 wurden 1 am 29.8.1969 abgeschaltet. Die Satelliten lieferten die Erkenntnis, dass Mikrometeoriten keine Gefahr für Astronauten waren wenn sie auf dem Mond mehrere Tage arbeiteten.

Pegasus 2 verglühte am 3.11.1979, das mitgestartete Boilerplate 26 als letzte Apollohardware im Orbit, sogar erst am 8.7.1989.

Datum

Nutzlast

Trägerrakete

Startplatz

Träger­nummer

Nutzlast

27.10.1961

Ballast

Saturn I

CC LC-37B

SA‑1


25.04.1962

Highwater II

Saturn I

CC LC-37B

SA‑2


16.11.1962

Highwater II

Saturn I

CC LC-37B

SA‑3


28.03.1963

Ballast

Saturn I

CC LC-37B

SA‑4


29.01.1964

Jupiter Nosecone

Saturn I

CC LC-37B

SA‑5

8.168 kg

28.05.1964

Apollo BP-13

Saturn I

CC LC-37B

SA‑6

7.700 kg

18.09.1964

Apollo BP-15

Saturn I

CC LC-37B

SA‑7

7.800 kg

16.02.1965

Pegasus 1 / Apollo BP-16

Saturn I

CC LC-37B

SA‑9

10.500 kg

25.05.1965

Pegasus 2 / Apollo BP-26

Saturn I

CC LC-37B

SA‑8

10.500 kg

30.07.1965

Pegasus 3 / Apollo BP-9A

Saturn I

CC LC-37B

SA‑10

10.206 kg

Artikel erstellt am 14.5.2019, Artikel zuletzt bearbeitet am 21.5.2024

Bücher vom Autor

Es gibt von mir vier Bücher zum Thema bemannte Raumfahrt. Alle Bücher beschäftigen vor allem mit der Technik, die Missionen kommen nicht zu kurz, stehen aber nicht wie bei anderen Büchern über bemannte Raumfahrt im Vordergrund.

Das erste bemannte Raumfahrtprogramm der USA, das Mercuryprogramm begann schon vor Gründung der NASA und jährt sich 2018 zum 60-sten Mal. Das war für mich der Anlass, ein umfangreiches (368 Seiten) langes Buch zu schreiben, das alle Aspekte dieses Programms abdeckt. Der Bogen ist daher breit gestreut. Es beginnt mit der Geschichte der bemannten Raumfahrt in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Es kommt dann eine ausführliche technische Beschreibung des Raumschiffs (vor 1962: Kapsel). Dem schließt sich ein analoges Kapitel über die Technik der eingesetzten Träger Redstone, Little Joe und Atlas an. Ein Blick auf Wostok und ein Vergleich Mercury bildet das dritte Kapitel. Der menschliche Faktor - die Astronautenauswahl, das Training aber auch das Schicksal nach den Mercurymissionen bildet das fünfte Kapitel. Das sechs befasst sich mit der Infrastruktur wie Mercurykontrollzentrum, Tracking-Netzwerk und Trainern. Das umfangreichste Kapitel, das fast ein Drittel des Buchs ausmacht sind natürlich die Missionsbeschreibungen. Abgeschlossen wird das Buch durch eine Nachbetrachtung und einen Vergleich mit dem laufenden CCDev Programm. Dazu kommt wie in jedem meiner Bücher ein Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis und empfehlenswerte Literatur. Mit 368 Seiten, rund 50 Tabellen und 120 Abbildungen ist es das bisher umfangreichste Buch von mir über bemannte Raumfahrt.

Mein erstes Buch, Das Gemini Programm: Technik und Geschichte gibt es mittlerweile in der dritten, erweiterten Auflage. "erweitert" bezieht sich auf die erste Auflage die nur 68 Seiten stark war. Trotzdem ist mit 144 Seiten die dritte Auflage immer noch kompakt. Sie enthält trotzdem das wichtigste über das Programm, eine Kurzbeschreibung aller Missionen und einen Ausblick auf die Pläne mit Gemini Raumschiffen den Mond zu umrunden und für eine militärische Nutzung im Rahmen des "Blue Gemini" und MOL Programms. Es ist für alle zu empfehlen die sich kurz und kompakt über dieses heute weitgehend verdrängte Programm informieren wollen.

Mein zweites Buch, Das ATV und die Versorgung der ISS: Die Versorgungssysteme der Raumstation , das ebenfalls in einer aktualisierten und erweiterten Auflage erschienen ist, beschäftigt sich mit einem sehr speziellen Thema: Der Versorgung des Raumstation, besonders mit dem europäischen Beitrag dem ATV. Dieser Transporter ist nicht nur das größte jemals in Europa gebaute Raumschiff (und der leistungsfähigste Versorger der ISS), es ist auch ein technisch anspruchsvolles und das vielseitigste Transportfahrzeug. Darüber hinaus werden die anderen Versorgungsschiffe (Space Shuttle/MPLM, Sojus, Progress, HTV, Cygnus und Dragon besprochen. Die erfolgreiche Mission des ersten ATV Jules Verne wird nochmals lebendig und ein Ausblick auf die folgenden wird gegeben. Den Abschluss bildet ein Kapitel über Ausbaupläne und Möglichkeiten des Raumfrachters bis hin zu einem eigenständigen Zugang zum Weltraum. Die dritte und finale Auflage enthält nun die Details aller Flüge der fünf gestarteten ATV.

Das Buch Die ISS: Geschichte und Technik der Internationalen Raumstation ist eine kompakte Einführung in die ISS. Es wird sowohl die Geschichte der Raumstation wie auch die einzelnen Module besprochen. Wie der Titel verrät liegt das Hauptaugenmerk auf der Technik. Die Funktion jedes Moduls wird erläutert. Zahlreiche Tabellen nehmen die technischen Daten auf. Besonderes Augenmerk liegt auf den Problemen bei den Aufbau der ISS. Den ausufernden Kosten, den Folgen der Columbia Katastrophe und der Einstellungsbeschluss unter der Präsidentschaft von George W. Bush. Angerissen werden die vorhandenen und geplanten Transportsysteme und die Forschung an Bord der Station.

Durch die Beschränkung auf den Technischen und geschichtlichen Aspekt ist ein Buch entstanden, das kompakt und trotzdem kompetent über die ISS informiert und einen preiswerten Einstieg in die Materie. Zusammen mit dem Buch über das ATV gewinnt der Leser einen guten Überblick über die heutige Situation der ISS vor allem im Hinblick auf die noch offene Versorgungsproblematik.

Die zweite Auflage ist rund 80 Seiten dicker als die erste und enthält eine kurze Geschichte der Raumstationen, die wesentlichen Ereignisse von 2010 bis 2015, eine eingehendere Diskussion über die Forschung und Sinn und Zweck der Raumstation sowie ein ausführliches Kapitel über die Versorgungsraumschiffe zusätzlich.

Das bisher letzte Buch Skylab: Amerikas einzige Raumstation ist mein bisher umfangreichstes im Themenbereich bemannte Raumfahrt. Die Raumstation wurde als einziges vieler ambitioniertes Apollonachfolgeprojekte umgesetzt. Beschrieben wird im Detail ihre Projektgeschichte, den Aufbau der Module und die durchgeführten Experimente. Die Missionen und die Dramatik der Rettung werden nochmals lebendig, genauso wie die Bemühungen die Raumstation Ende der siebziger Jahre vor dem Verglühen zu bewahren und die Bestrebungen sie nicht über Land niedergehen zu lasen. Abgerundet wird das Buch mit den Plänen für das zweite Flugexemplar Skylab B und ein Vergleich mit der Architektur der ISS. Es ist mein umfangreichstes Buch zum Thema bemannte Raumfahrt. Im Mai 2016 erschien es nach Auslaufen des Erstvertrages neu, der Inhalt ist derselbe (es gab seitdem keine neuen Erkenntnisse über die Station), aber es ist durch gesunkene Druckkosten 5 Euro billiger.

Mehr über diese und andere Bücher von mir zum Thema Raumfahrt finden sie auf der Website Raumfahrtbücher.de. Dort werden sie auch über Neuerscheinungen informiert. Die Bücher kann man auch direkt beim Verlag bestellen. Der Versand ist kostenlos und wenn sie dies tun erhält der Autor auch noch eine etwas höhere Marge. Sie erhalten dort auch die jeweils aktuelle Version, Bei Amazon und Co tummeln sich auch die Vorauflagen.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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