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AS-201Einsatzgeschichte der Saturn IB

In diesem Artikel geht es um die Starts der Saturn IB die wie ihre Vorgängerin, die Saturn I ein bisschen im Schatten der Saturn V stand. Aber sie absolvierte immerhin fünf bemannte Missionen.

Wie bei meinem vorherigen Beitrag habe ich diesen Textteil meinem Buch über die Saturn Trägerraketen entnommen, das man bei Amazon, im Buchhandel (nach Bestellung), beim Verlag oder anderen Portalen für wenig Geld erwerben kann. Mir als Autor würde eine Bestellung beim Verlag eine etwas höhere Marge einbringen, der Versand ist dort auch versandkostenfrei und der Preis dank Buchpreisbindung überall der gleiche.

Geschichtliche Bedeutung und Einsatz

Die Saturn IB hatte im Apolloprogramm zwei wichtige Funktionen. So konnte die dritte Stufe der Saturn V, die S-IVB, getestet und das J-2 Triebwerk für die zweite Stufe erprobt werden, ohne eine Saturn V zu starten. Auch die Instrumenteneinheit IU der Saturn V wurde zuerst in der Saturn IB eingesetzt und getestet. Dies sparte Kosten und Zeit für diese Systeme.

Andererseits verfügte die Rakete über genügend Nutzlastkapazität, um ein Apollo-Raumschiff mit Versorgungsteil, aber reduziertem Treibstoffvorrat, in den Erdorbit zu befördern. Auch ein Mondlander war leicht genug für eine Saturn IB. Damit stand ein preiswerter Träger für bemannte Missionen in den Erdorbit und Tests des Mondlanders zur Verfügung. Die Apollo-Hardware und Missionsaspekte wie die Zündung des Mondlandetriebwerks konnten getestet werden, obwohl die Saturn V noch nicht einsatzbereit war. Später brachten Saturn IB Raketen die Besatzungen von Skylab und Apollo-Sojus in den Orbit. Wie bei der Saturn I gab es keinen einzigen Fehlstart. Dadurch konnte das Erprobungsprogramm vor­zeitig nach drei Qualifikationsflügen abgeschlossen werden.

Obwohl die Entwicklung der Saturn IB erst am 20.7.1962 beschlossen wurde, sechs Monate nach der Saturn V, flog sie zwanzig Monate früher. Dies lag daran, dass sie auf der Saturn I aufbauen konnte. Die erste Stufe war eine verbesserte Saturn I Erststufe, nur die S‑IVB war neu. Teile der IU, wie die Kreiselplattform, wurden bereits bei den letzten Saturn I (SA-10) getestet.

Die Saturn IB war von den laufenden Programmänderungen bei Apollo am stärksten betroffen. Nach dem Start von Apollo 1 im Februar/März 1967 sollten mit der Saturn IB mehrere bemannte Erdorbitmissionen durchgeführt wurden, bis die Saturn V einsatzbereit war. Sie war auch für bemannte Erdorbitflüge im Rahmen des Apollo Applications Program (AAP) vorgesehen. Aufgrund der Programmverzögerungen und Streichungen beim AAP entfielen diese Missionen zum größten Teil. Gefertigt wurden bis zum Einstellungsbeschluss insgesamt 14 S‑IB und 12 S‑IVB Stufen.

Start der Saturn IB

Die Saturn IB wurde mit dem Designziel einer Zuverlässigkeit von 0,88 entwickelt. Von 100 Starts sollten 88 die Nutzlast im Orbit aussetzen. Die Sicherheit der Be­satzung wurde erheblich höher angesetzt und lag bei 0,999. Neben der „Engine-out-Capability“ der ersten Stufe war die systematische Überwachung aller Parameter und der Fluchtturm für diesen hohen Wert verantwortlich. Die Über­wachung sollte es ermöglichen, Triebwerke oder die Stufe abzuschalten, bevor ein Problem zu Beschädigungen führen konnte. Der Fluchtturm (Launch Escape System LES) konnte selbst bei einer Explosion die Kapsel in Sicherheit bringen. Er wurde nach der Zündung der zweiten Stufe abgetrennt.

AS-202Neben der automatischen Auslösung konnte die Besatzung die Raketen des LES jederzeit durch einen Drehschalter in der Kommandokapsel starten. Bei der ersten Stufe, der S‑IB, konnte, verglichen mit der Saturn I, wegen der schubstärkeren Triebwerke noch früher ein Triebwerk ausfallen. Bei den letzten H-1 Triebwerken mit 912 kN Schub schon 3 Sekunden nach dem Abheben. Allerdings würde in diesem Falle die Nutzlast durch den geringeren Schub um 1.800 kg absinken. Fiel ein Triebwerk nach 100 s aus, so waren es nur 400 kg, eine Reserve, die in jedem Falle vorhanden war.

Beim Start gab es einige Besonderheiten. Der Brennschluss der ersten Stufe wurde ausgelöst, wenn die Treibstoffsensoren signalisierten, dass der Treibstoff nahezu ver­braucht war. Nominell sollten weniger als 2.900 kg Resttreibstoff in den Tanks der S‑IB verbleiben. Um diesen Wert zu erreichen, sowie die maximale Beschleunigung auf 4,4 g zu begrenzen, wurden die inneren vier Triebwerke zuerst abgeschaltet. Die S‑IB musste die Engine-out-Capability aufrechterhalten, auch wenn nun nur noch vier Triebwerke arbeiteten. Deswegen wurde nach Brennschluss der inneren Triebwerke ein konstanter Winkel zur Erde ohne Steuerbewegungen eingehalten. Die Triebwerke standen dabei in Neutralstellung. So konnte ein Ausfall nicht zur einer Abweichung der Flugbahn führen.

Parallel zur Stufentrennung zündeten Treibstoffsammelraketen, die abgeworfen wurden, sobald das J‑2 den vollen Schub erreicht hatte. Kurz danach wurde das J‑2 Triebwerk auf das Mischungsverhältnis 1:5,5 umgeschaltet. Die immer wieder bei Dokus gezeigte Szene der Zündung einer S-IVB ist nicht die Zündung einer S-IVB einer Saturn V, sondern die von AS-202, einer Saturn IB. Experten können das an der Anzahl der Treibstoffsammelraketen erkennen.

Etwa zwei Minuten vor Brennschluss wurde zur optimalen Treibstoffausnutzung und Begrenzung der Be­schleunigung auf die Mischung 1:4,8 umgeschaltet. Bei der S‑IVB wurde mit groß­zügigen Treibstoffreserven kalkuliert. So gab es bei den Skylabmissionen eine Reserve von mindestens 1.580 kg Resttreibstoffen in den Tanks. 1.000 kg davon waren für eine Minderleistung der Triebwerke vorgesehen. Nach Abtrennung des Apollo-CSM wurde die S‑IVB aktiv deorbitiert. Die IU wartete dazu sechs Stunden ab. In dieser Zeit konnte der Resttreibstoff verdampfen und den Tankdruck erhöhen. Dann wurde der restliche Treibstoff gegen die Bewegungsrichtung abgelassen. Dadurch wurde die Stufe ab­gebremst und verglühte über dem Pazifik beim Durchlaufen des Perigäum.

Die Starts in Kurzzusammenfassung

Es wurden urpsünglich 15 Saturn IB bestellt. Geplant war, ab Februar 1967 die ersten bemannten Apollomissionen mit der Saturn IB durchzuführen. Das Feuer bei Apollo 1 führte zu einer Programmverzögerung. Im August 1968 stornierte die NASA alle weiteren Bestellungen. Zwölf Raketen wurden komplett fertig­gestellt, bei zwei weiteren Trägern wurde bei der Einstellung die erste Stufe zusammen­gebaut. Diese wurden verschrottet. Das schon Mitte 1968 12 der 15 Raketen komplett fertiggestellt waren, zeigt das Tempo mit dem damals entwickelt wurde. Die letzte Saturn IB startete erst sieben Jahre später! Die Ursache für die Streichungen waren Änderungen in de Missionsplanung Das CSM durfte nach dem Brand von Apollo 1, bis die Sicherheitsmängel behoben wurden, nicht mehr bemannt starten. Das setzte Saturn IB frei, die für die nächsten Missionen vorgesehen waren. Dei Saturn V würde so früher übernehmen.

Apollo 7So gab es bis 1968 nur fünf Flüge (davon einer bemannt). Der erste Start AS‑201 brachte ein Apollo-CSM in die suborbitale Bahn. Dort zündete das Servicemodul sein eigenes Triebwerk und erprobte es unter Realbedingungen. Der nächste Flug war AS‑203, da das Raumschiff für AS‑202 nicht rechtzeitig fertig wurde. Er lieferte Daten für die Wiederzündung der S‑IVB. Nach erreichend der Umlaufbahn wurden die Ventile geschlossen, bis die S‑IVB nach vier Umläufen durch den ver­dampfenden Treibstoff einen Bruch des Tankzwischenraums erlitt. Mit diesem Test sollten die Belastungsgrenzen überprüft werden. AS‑202 erprobte erneut das Triebwerk des Servicemoduls auf einer suborbitalen Bahn, diesmal mit drei Zündungen und einer höheren Wiedereintrittsgeschwindigkeit. Dies war der erste Test eines Block II Exemplars des CSM, der Version, die für die bemannten Flüge vorgesehen war. Von diesem Flug stammt auch die oben erwähnte Filmsequenz. Die Kameras wurden im Stufenadapter mitgeführt und nach Filmen der Abtrennung abgesprengt und aus dem Meer gefischt.

Danach sollte mit AS‑204 / Apollo 1 der erste bemannte Start erfolgen. Er war für Februar/März 1967 vorgesehen. Der Brand am 27.1.1967 bei einem Probecountdown führte zum Streichen aller bemannten Missionen für die nächsten 18 Monate. So folgte erst nach einem Jahr die unbemannte Mission Apollo 5, die einen Mondlander in die Erdumlaufbahn brachte, wo sein Triebwerk dreimal gezündet wurde. Danach folgte mit Apollo 7 der erste bemannte Test des CSM in der Umlaufbahn. Nach dem Tod der Apollo 1 Besatzung beschloss die NASA alle folgenden Flüge, auch unbemannte „Apollo“ zu nennen anstatt der vorher üblichen Kürzel wie AS-XXX oder SA-XXX (bei der Saturn I)

AS-205, Apollo 7 vom 11. bis 22. Oktober 1968 war dann auch der einzige bemannte Einsatz im Rahmen des Apolloprogramms. Ziel des Fluges war ein Test des CSM im Erdorbit und eine Mission über die Dauer einer Mondmission.

Die NASA setzte anschließend die Saturn V für die weiteren Testflüge ein, sodass sieben Saturn IB verblieben. Von zwei dieser Raketen wurden die zweiten Stufen zu den Raumlaboren Skylab A und B umgerüstet. Dies waren die Raketen AS‑211 (Skylab) und AS‑212 (Skylab Ersatzmodell). AS‑206/7/8 wurden für die bemannten Missionen Skylab 2 bis 4 eingesetzt und AS‑210 für das Apollo-Sojus Test Projekt. Die AS‑209 war mit CSM-119 zur Rettung der Besatzung von Skylab vorgesehen.

Nicht geflogen sind somit AS‑209 und die ersten Stufen von AS‑211 und 212. Diese können in Cape Canaveral, Huntsville und Houston besichtigt werden. Die bei dem Produktionsstopp schon fertigen Erststufen von SA‑213/214, die fertig­gestellt waren, wurden verschrottet. Für die H-1 Triebwerke fand die NASA eine Einsatzmöglichkeit. Die H-1 Triebwerke entstanden aus dem Triebwerk LR-79, das in unterschiedlicher Modifikation die Atlas und Thor antrieb. Die NASA baute die H-1 wieder in der Delta ein. Mindestens 72 Triebwerke wurden dafür ab 1974 verwendet. Später ersetzte es als RS-27 das Haupttriebwerk der Delta ab der 2000-er Serie und wurde bis zur Einstellung der Delta 2018 eingesetzt.

Skylab 2Die Starts der Saturn IB

Der erfolgreiche und frühe Abschluss des Saturn I Projektes, drei Flüge vor den ge­planten zehn Starts, führte dazu, dass für die nachfolgende Saturn IB erheblich weniger Testflüge geplant waren. Neu war nicht nur die Rakete selbst, sondern auch die immer stärkere Automatisierung der Überprüfungen vor dem Start. Dafür wurde ATOLL (Acceptance Test Or Launch Language) als Computer­sprache für die Startvorbereitung eingeführt. Beim AS‑201 wurden sechs Prüfprozeduren automatisiert durch ATOLL durchgeführt. Die Zahl der ATOLL-Routinen stieg rapide an. 21 waren es schon bei AS‑501, 43 bei AS‑507 und 105 bei AS‑509. Für die Durchführung wurden im Startzentrum RCA-110A Computer (RCA-110 mit vergrößertem Speicher), einer der ersten interruptgesteuerten Rechner, installiert. Sie wurden auch für die Saturn V Starts eingesetzt. Der RCA110 war ein 24 Bit Rechner mit maximal 40.000 Instruktionen pro Sekunde. Das war selbst damals langsam, aber es ging um Prüfungen vor dem Start, nicht der Verarbeitung von vielen Messwerten während des Starts.

Mit dem Start von AS‑201 wurden die Umbauarbeiten von Launch Complex 37 beendet. Sie beinhalteten nicht nur die Umrüstung von der Saturn I auf die Saturn IB, sondern auch die Aufrüstung auf einen „Man rated“ Startkomplex. Dazu gehörten alle Anlagen für die Astronauten wie White-Room und Rettungseinrichtungen. AS‑201 startete aber noch von LC-34.

Der erste Start einer Saturn IB AS‑201 zeigte dann die beschleunigte Ent­wicklung. Die erste Saturn IB wurde gleich mit zwei aktiven Stufen getestet. Bei der Saturn I wurde zeurst nur die erste Stufe alleine mit Ballast getestet. Dazu kam als Nutzlast ein funktionsfähiges Apollo-Raumschiff, kein Boilerplate. Das Raumschiff mit der Seriennummer CSM-009 war eines der Block I Serie. Die Saturn IB hätte es in einen Erdorbit befördern können. Doch da geplant war, den Hitzeschutzschild möglichst stark zu belasten, wurde es auf eine ballistische Bahn mit einem Apo­gäum von 492 km geschickt. Mit dem eigenen SPS-Antrieb beschleunigte es zusätzlich Richtung Erde. Dabei treten beim Wiedereintritt höhere Belastungen auf, als bei einem normalen Erdorbit und flachem Eintrittswinkel.

Die Automatisierung durch ATOLL machte im Vorfeld Probleme. Der Start sollte ursprünglich Ende Januar 1966 erfolgen. Dieser Zeitpunkt wurde nach Eintreffen der beiden Stufen und deren Überprüfung am 25.10.1965 festgelegt. Doch es gab massive Probleme mit dem RCA 110A Computer, der für die Prüfungen vorgesehen war. Zuerst waren es Hardwaredefekte. Man musste Platinen im Computer austauschen. An Weihnachten hinkte man dem Terminplan schon 13 Tage hinterher. Später funktionierte die Hardware, aber die Arbeiter, die bisher die Tests von Hand machten, kamen mit dem neuen Konzept nicht zurecht. So wurde einmal ein Programm gestartet, der Speicher, der aber noch die alten Ergebnisse enthielt, nicht gelöscht und die Ergebnisse dann als Eingaben akzeptiert. Wenn der Rechner über Mitternacht lief, sprang die interne Uhr von 2400 auf 0001, was ihn zum Absturz brachte. Der Countdown dauerte deswegen sechs Tage. Allerdings entfielen darauf drei Tage auf Pausen durch schlechtes Wetter, während derer der Countdown angehalten wurde.

Seitens der Saturn IB war es ein problemloser Flug. Im Vorfeld wurde der Count­down am selben Tag 4 s vor dem Abheben vom Computer angehalten, weil der Druck im LOX-Tank der S‑IVB zu gering war. Anstatt den Start abzubrechen und die Rakete zu enttanken, beschloss man nach einer Berechnung, den Start nicht abzubrechen. Der Tankdruck war noch ausreichend hoch. Wenn die S‑IVB zündet, würde Sauerstoffgas, durch Wärmeaustauscher erhitzt, den Tankdruck erhöhen. Man nahm den Countdown erneut auf und startete noch am 26.2.1966.

Die Saturn IB setzte nicht nur das CSM erfolgreich aus. Es gelang auch das zeit­gleiche Entlassen von LH2 und LOX nach dem Absetzen des Raumschiffs. Das war wichtig, weil bei einer Saturn V auf der S‑IVB der Mondlander war. Die Stufe mit LM sollte nicht durch austretenden Resttreibstoff taumeln. Das hätte das Ankoppeln des Kommandomoduls unmöglich gemacht.

Der nummerisch folgende Start, AS‑202 war noch nicht startbereit. Das CSM musste überarbeitet werden, nachdem man beim Flug AS‑201 einige Probleme, vor allem beim Antrieb, festgestellt hatte. So zog man den Start von AS‑203 vor. Er würde vom Pad LC-37B erfolgen. Dort wiederholte sich das Problem mit dem RCA 110A Computer. Bei den Platinen waren Lotbrücken abgebrochen. Man tauschte 2.000 Platinen aus und plante, sobald man die Zeit dazu hatte, den Aus­tausch von allen 6.000 Platinen in beiden Rechnern.

AS‑203, der nächste Start, sollte ohne Apolloraumschiff erfolgen. Es gab nur eine aerodynamische Verkleidung auf der S‑IVB. Vielmehr sollte die S‑IVB ihre Fähigkeit zur Wiederzündung, die für den Einschuss in den TLI nötig war, demon­strieren. Bisher startete keine Saturn unter Schwerelosigkeit und nach einer längeren Freiflugphase erneut. Es zündeten immer Beschleunigungsraketen vor dem Start der zweiten Stufe. Dieser fand unmittelbar nach Brennschluss der ersten Stufe statt, mit noch vollen Tanks. Damit der Status der S‑IVB möglichst dem einer S‑IVB der Saturn V nach Erreichen des Erdorbits entsprach, wurde der Sauerstofftank nicht voll befüllt, damit man so viel Wasserstoff mitführen konnte, wie eine S‑IVB der Saturn V zu diesem Zeitpunkt hatte. Zwei Fernsehkameras wurden in die Tanks eingebaut und 88 Sensoren maßen das Verhalten. Hauptaugenmerk galt dem Wasserstoff. Wie steigt der Druck im Wasserstofftank an? Wie hoch sind die Verluste im Orbit durch Verdampfen?

AS‑203 startete beim ersten Versuch am 5.7.1966 in einen 184 × 219 km hohen Erdorbit. Eine erneute Zündung des J‑2 war nicht vorgesehen, statt­dessen wurden zahlreiche Experimente mit den Treibstoffen durchgeführt. Man überwachte vor allem Temperaturen und Verhalten des Wasserstoffs. Längere Zeit ließ man den Tankdruck ansteigen, um den Einfluss auf die Bahn durch das periodische Öffnen von Überdruckventilen und durch den abgegebenen Treibstoff erzeugten Impuls zu messen. Dann wurde der Tankdruck schnell entlassen. Zuletzt lies man den Tankdruck im LH2-Tank steigen und öffnete das Überdruckventil im LOX-Tank, bis der Zwischenboden zwischen LOX und LH2-Tank brach. Das geschah wie bei Bodentests bei 2,72 Bar Überdruck.

Skylab 4Aus den Daten war ableitbar, dass ein kompletter Restart des J‑2 möglich war, wenn noch mindestens 1.800 kg LOX und 1.400 kg LH2 sowie Druckgase vorhanden waren. Das Verhalten der S‑IVB in der Erdumlaufbahn entsprach den Erwartungen.

AS‑202, gestartet am 25.8.1966, war eine Wiederholung des sub­orbitalen Flugs von AS‑201, was die Saturn anging. Es gab einige Änderungen im CSM, das erstmals die vollständige Navigationsausrüstung und die Stromversorgung durch Brennstoffzellen hatte. Zudem waren vier anstatt zwei Zündungen des Servicemodulantriebs geplant. Die Saturn IB setzte das CSM-017, ein Block I CSM, auf eine suborbitale Bahn aus. Es war mit über 15 t Nettonutzlast (mit SLA und Fluchtturm sogar über 20 t) die bisher schwerste Nutzlast einer Saturn IB. Das Servicemodul hob die Bahn zuerst an, drehte sich dann und beschleunigte die Kombination Richtung Erde. Nach 93 Minuten wurde die Kommandokapsel im Atlantik geborgen.

Die einzigen Probleme der Saturn IB waren einige Probleme im Rezirkulationssystem zur Vorkühlung durch festsitzende Ventile bei der S‑IVB. Das J‑2 zündete trotzdem problemlos. Es gab im Vorfeld die gleichen Probleme wie bei AS‑201 und AS‑203 mit dem RCA-110A Computer. Erneut waren die Platinen fehler­haft. Als schnelle Problemlösung transferierte man alle nicht benötigten Platinen von LC-37 nach LC-34, von wo aus der Start erfolgte. Da man schon einen Vorrat an Platinen auf­grund der vorherigen Probleme hatte, hielt dies den Start nicht mehr so lange wie bei AS‑201 auf.

Nachdem drei Testflüge der Saturn IB und zwei des Block I CSM problemlos erfolgt waren, sollte der nächste Flug bemannt erfolgen. Am 21.2.1967 sollte Apollo 1 mit den Astronauten Grissom, Chaffee und White starten. Sie kamen bei einer Übung am 27.1.1967 bei einem in der Kapsel ausbrechenden Brand ums Leben. Die Saturn IB (AS‑204) wurde trotzdem eingesetzt, und zwar bei der nächsten Mission, Apollo 5, dem ersten Test des LM.

Der Start von AS‑204 fand erst nach einem Jahr Pause am 22.1.1968 statt. Der Grund war einfach: Bemannte Flüge waren nach der Katastrophe vorerst ausgesetzt und un­bemannte Flüge des CSM, die nun in hochelliptischen Bahnen den Wiedereintritt aus einer Mondumlaufbahn simulieren sollten, erfolgten mit der stärkeren Saturn V. Lediglich ein Mondlander ohne CSM war leicht genug, um von einer Saturn IB in den Orbit gebracht zu werden. Das LM hinkte jedoch hinter dem Zeit­plan her. Für den ursprünglich geplanten Termin im April 1967 hätte es bis zum September 1966 zum Cape gebracht werden müssen. Es wurde aber erst am 23.6.1967 ans Cape geflogen. Nachdem es am 17.11.1967 auf die Saturn IB montiert war, fiel ein weiteres LM bei Grumman durch die Prüfungen beim Zu­sammenbau. Bei einem Drucktest zitterten die Fenster des LM. Es wurde be­schlossen, da bei AS‑204 keine Mannschaft an Bord war, die Fenster durch Aluminiumplatten zu ersetzen und den Start nicht erneut zu verschieben.

Ursprünglich sollte der Start des Mondlanders auf der Saturn AS‑206 stattfinden. Doch nach dem Feuer beim Probecountdown von Apollo 1 wurde beschlossen, die Saturn IB dieser Mission zu verwenden, die vom Feuer nicht in Mitleidenschaft gezogen war. Apollo 5 setzte daher die Saturn IB der ersten geplanten bemannten Mission Apollo 1 ein.

Das LM wurde von einer aerodynamischen Hülle umgeben, was die Höhe der Saturn IB auf 55 m verringerte. Mit einem CSM und Rettungsturm war sie 68 m hoch. Am 22.1.1968 beförderte die Saturn IB das LM-1 im einen 167 × 222 km hohen Orbit, nachdem zuerst der Nasenkonus abgetrennt wurde. Das LM ab­solvierte die vorgesehenen Tests des Abstiegs- und Aufstiegstriebwerks, auch wenn sich der Bordcomputer beim ersten Test weigerte, das Triebwerk zu starten. Die nur zum Teil befüllten Tanks standen nicht unter dem hohen Druck, als wenn sie voll gewesen wären. Dadurch brauchte das Triebwerk zu lange, um den Sollschub zu erreichen. Der Bordcomputer erkannte dies und schaltete es wieder ab. Die Missionsführung hatte jedoch Ausweichpläne und konnte das Programm erfolgreich abschließen. Apollo 5 (AS‑204) war der letzte Start einer Saturn IB von LC-37B aus.

Nach dem zweiten Testflug der Saturn V mit Apollo 6 folgte mit Apollo 7 (AS‑205) der erste bemannte Einsatz. Die Mission von Apollo 7 hatte die Aufgabe, die CSM-Systeme über einen Zeitraum zu testen, der einer Mondmission entsprach, also 12 Tage. Der Flug konnte mit den vorhandenen Ressourcen bis zu 14 Tage ausgedehnt werden, um den bisher von Gemini 6A gehaltenen Rekord für die Flugdauer zu brechen. Apollo 7 war der letzte Start von LC-34, das danach eingemottet wurde.

Die Saturn IB brachte das CSM-101, das erste CSM von Block II, in einen 162 × 222 km hohen Erdorbit. Doch damit war die Mission der Saturn IB noch nicht beendet. Die S‑IVB diente als Navigationsziel. Mehrfach wurde der Kurs des CSM geändert, um zur S‑IVB zurückzukehren. Die meisten Fotografien, die eine S‑IVB im Orbit zeigen, entstanden bei dieser Mission. Etwas Sorge bereitete anfangs der Umstand, dass sich eine der vier Flächen, die zwischen dem Durchmesser der Saturn IVB und dem des Servicemoduls vermittelten (SLA), nach innen neigte. Bei einem Mondflug befindet sich in dem Zwischenraum der Mondlander. Man befürchtete, dass sich nach innen neigende Flächen die Ankopplung des CSM verhindern könnten. Doch da für die Saturn V vorgesehen war, zwei der vier SLA abzutrennen, gab es Ent­warnung.

ASTPWalter Schirra, Kommandant der Mission und Veteran, der schon mit der Atlas und Titan ins All geflogen war, beschrieb den „Ritt“ auf der Saturn IB als sehr sanft. Die Saturn IB war die erste Trägerrakete, die speziell für bemannte Starts konstruiert war. So achtete das MSFC darauf, dass die Spitzenbeschleunigung nicht zu hoch war und die Vibrationen verringert wurden. Zu der Missionsverlängerung, um einen neuen Rekord für den Aufenthalt im All aufzustellen, kam es nicht. Die Mannschaft ging kurz nach dem Start auf Konfrontationskurs zur Missionskontrolle, weil sich alle drei erkältet hatten.

Das war der letzte Einsatz der Saturn IB für fünf Jahre. Mit Apollo 4 hatte die erste Saturn V ihren Jungfernflug und alle folgenden Apollomissionen fanden ab jetzt mit der Saturn V statt.

Die nach vier Jahren Pause 1973 folgenden Starts AS‑206, AS‑207 und AS‑208 brachten die drei Be­satzungen der Raumstation Skylab in einen Orbit. Zur Steigerung der Nutzlast und als Bestandteil des Transferorbits transportierte die Saturn IB die Raumschiffe nicht in den Orbit von Skylab in 435 km Höhe, sondern einen 150 × 346 km hohen Orbit. Danach wurde der Resttreibstoff aus der S‑IVB entlassen und so die Stufe um 30 m/s verlangsamt, was nach 6 Stunden zum Verglühen über dem Pazifik führte. Es war das erste Mal, dass eine Stufe aktiv deorbitiert wurde, lange bevor der Begriff des „Weltraumschrotts“ aufkam. Skylab 4 war mit einem 14.916 kg schweren CSM die schwerste Nutzlast einer Saturn IB in einem Orbit. Dazu kamen die SLA von 1,8 t Gewicht und der nach 160 s abgetrennte Fluchtturm mit 4 t Gewicht. Diese Starts fanden nicht mehr von LC-37 statt, sondern von LC-39, dem Startplatz der Saturn V. Damit die Versorgungsleitungen auf der richtigen Höhe waren saß die ganze Rakete auf einem Podest, intern "Melkstuhl" genannt.

Die Saturn IB mit der Bezeichnung AS‑209 war für einen Rettungseinsatz für die Skylab 4 Mission vorgesehen. Bei Skylab 2 und 3 war dies das nächste regulär startende Raumschiff. Skylab 1 war der Start des Labors mit einer Saturn V. Die Saturn IB wurde nach dem Start von Skylab 4 (AS‑208) mit dem zu­gehörigen CSM am Startplatz montiert. Als Skylab 4 landete, wurde die Saturn IB wieder demontiert.

Die letzte Saturn IB, AS‑210, gleichzeitig die letzte Saturn überhaupt, transportierte 1975 das Apollo-Raumschiff mit Docking-Adapter für das Apollo-Sojus-Testprojekt in einen 162 km × 224 km × × 51,78 Grad Orbit.

Am Ende des Programms war somit nur eine Saturn IB übrig. Es wurden zwei weitere Saturn IB komplett gefertigt, als 1968 die Produktion eingestellt wurde. Doch deren zweite Stufen wurden zu den Raumlaboren Skylab A (geflogen) und Skylab B (Ersatzexemplar, ein Start wurde zeitweise erwogen) umgebaut. Da es aber auch zwei komplette Saturn V zum Programmende noch gab hätte man deren zweite Stufen auf die Saturn IB transferieren können. So gab es ernsthafte Planungen das Reserveexemplar Skylab B mit einer Saturn V zu starten und mit den beiden verbliebenen Saturn IB dann zwei Besatzungen auf die Station zu schicken. Doch aufgrund Budgetkürzungen kam es nie dazu.

Artikel erstellt am 24.5.2019, Artikel zuletzt bearbeitet am 31.5.2024

Bücher vom Autor

Es gibt von mir vier Bücher zum Thema bemannte Raumfahrt. Alle Bücher beschäftigen vor allem mit der Technik, die Missionen kommen nicht zu kurz, stehen aber nicht wie bei anderen Büchern über bemannte Raumfahrt im Vordergrund.

Das erste bemannte Raumfahrtprogramm der USA, das Mercuryprogramm begann schon vor Gründung der NASA und jährt sich 2018 zum 60-sten Mal. Das war für mich der Anlass, ein umfangreiches (368 Seiten) langes Buch zu schreiben, das alle Aspekte dieses Programms abdeckt. Der Bogen ist daher breit gestreut. Es beginnt mit der Geschichte der bemannten Raumfahrt in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Es kommt dann eine ausführliche technische Beschreibung des Raumschiffs (vor 1962: Kapsel). Dem schließt sich ein analoges Kapitel über die Technik der eingesetzten Träger Redstone, Little Joe und Atlas an. Ein Blick auf Wostok und ein Vergleich Mercury bildet das dritte Kapitel. Der menschliche Faktor - die Astronautenauswahl, das Training aber auch das Schicksal nach den Mercurymissionen bildet das fünfte Kapitel. Das sechs befasst sich mit der Infrastruktur wie Mercurykontrollzentrum, Tracking-Netzwerk und Trainern. Das umfangreichste Kapitel, das fast ein Drittel des Buchs ausmacht sind natürlich die Missionsbeschreibungen. Abgeschlossen wird das Buch durch eine Nachbetrachtung und einen Vergleich mit dem laufenden CCDev Programm. Dazu kommt wie in jedem meiner Bücher ein Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis und empfehlenswerte Literatur. Mit 368 Seiten, rund 50 Tabellen und 120 Abbildungen ist es das bisher umfangreichste Buch von mir über bemannte Raumfahrt.

Mein erstes Buch, Das Gemini Programm: Technik und Geschichte gibt es mittlerweile in der dritten, erweiterten Auflage. "erweitert" bezieht sich auf die erste Auflage die nur 68 Seiten stark war. Trotzdem ist mit 144 Seiten die dritte Auflage immer noch kompakt. Sie enthält trotzdem das wichtigste über das Programm, eine Kurzbeschreibung aller Missionen und einen Ausblick auf die Pläne mit Gemini Raumschiffen den Mond zu umrunden und für eine militärische Nutzung im Rahmen des "Blue Gemini" und MOL Programms. Es ist für alle zu empfehlen die sich kurz und kompakt über dieses heute weitgehend verdrängte Programm informieren wollen.

Mein zweites Buch, Das ATV und die Versorgung der ISS: Die Versorgungssysteme der Raumstation , das ebenfalls in einer aktualisierten und erweiterten Auflage erschienen ist, beschäftigt sich mit einem sehr speziellen Thema: Der Versorgung des Raumstation, besonders mit dem europäischen Beitrag dem ATV. Dieser Transporter ist nicht nur das größte jemals in Europa gebaute Raumschiff (und der leistungsfähigste Versorger der ISS), es ist auch ein technisch anspruchsvolles und das vielseitigste Transportfahrzeug. Darüber hinaus werden die anderen Versorgungsschiffe (Space Shuttle/MPLM, Sojus, Progress, HTV, Cygnus und Dragon besprochen. Die erfolgreiche Mission des ersten ATV Jules Verne wird nochmals lebendig und ein Ausblick auf die folgenden wird gegeben. Den Abschluss bildet ein Kapitel über Ausbaupläne und Möglichkeiten des Raumfrachters bis hin zu einem eigenständigen Zugang zum Weltraum. Die dritte und finale Auflage enthält nun die Details aller Flüge der fünf gestarteten ATV.

Das Buch Die ISS: Geschichte und Technik der Internationalen Raumstation ist eine kompakte Einführung in die ISS. Es wird sowohl die Geschichte der Raumstation wie auch die einzelnen Module besprochen. Wie der Titel verrät liegt das Hauptaugenmerk auf der Technik. Die Funktion jedes Moduls wird erläutert. Zahlreiche Tabellen nehmen die technischen Daten auf. Besonderes Augenmerk liegt auf den Problemen bei den Aufbau der ISS. Den ausufernden Kosten, den Folgen der Columbia Katastrophe und der Einstellungsbeschluss unter der Präsidentschaft von George W. Bush. Angerissen werden die vorhandenen und geplanten Transportsysteme und die Forschung an Bord der Station.

Durch die Beschränkung auf den Technischen und geschichtlichen Aspekt ist ein Buch entstanden, das kompakt und trotzdem kompetent über die ISS informiert und einen preiswerten Einstieg in die Materie. Zusammen mit dem Buch über das ATV gewinnt der Leser einen guten Überblick über die heutige Situation der ISS vor allem im Hinblick auf die noch offene Versorgungsproblematik.

Die zweite Auflage ist rund 80 Seiten dicker als die erste und enthält eine kurze Geschichte der Raumstationen, die wesentlichen Ereignisse von 2010 bis 2015, eine eingehendere Diskussion über die Forschung und Sinn und Zweck der Raumstation sowie ein ausführliches Kapitel über die Versorgungsraumschiffe zusätzlich.

Das bisher letzte Buch Skylab: Amerikas einzige Raumstation ist mein bisher umfangreichstes im Themenbereich bemannte Raumfahrt. Die Raumstation wurde als einziges vieler ambitioniertes Apollonachfolgeprojekte umgesetzt. Beschrieben wird im Detail ihre Projektgeschichte, den Aufbau der Module und die durchgeführten Experimente. Die Missionen und die Dramatik der Rettung werden nochmals lebendig, genauso wie die Bemühungen die Raumstation Ende der siebziger Jahre vor dem Verglühen zu bewahren und die Bestrebungen sie nicht über Land niedergehen zu lasen. Abgerundet wird das Buch mit den Plänen für das zweite Flugexemplar Skylab B und ein Vergleich mit der Architektur der ISS. Es ist mein umfangreichstes Buch zum Thema bemannte Raumfahrt. Im Mai 2016 erschien es nach Auslaufen des Erstvertrages neu, der Inhalt ist derselbe (es gab seitdem keine neuen Erkenntnisse über die Station), aber es ist durch gesunkene Druckkosten 5 Euro billiger.

Mehr über diese und andere Bücher von mir zum Thema Raumfahrt finden sie auf der Website Raumfahrtbücher.de. Dort werden sie auch über Neuerscheinungen informiert. Die Bücher kann man auch direkt beim Verlag bestellen. Der Versand ist kostenlos und wenn sie dies tun erhält der Autor auch noch eine etwas höhere Marge. Sie erhalten dort auch die jeweils aktuelle Version, Bei Amazon und Co tummeln sich auch die Vorauflagen.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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