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Nachlese vierter Testflug des Starships ITF-4

Dies ist eine Zusammenfassung von zwei Blogeinträgen zum Starship Test ITF-4. Aktuelle Ergänzungen füge ich weiter unten noch ein.

Starship ITF-4

Am 5. Juni 2024 wird nach Verlautbarung von SpaceX der vierte Testflug ITF-4 (das Kürzel steht für Integrated Test Fight = ITF) stattfinden. Sofern es keine Verzögerungen gibt – noch steht die Genehmigung durch die FAA aus – wird der Start um 7:00 lokaler Zeit, das ist 12:00 UTZ bzw. 14:00 nach deutscher Sommerzeit stattfinden. Wie lange das Zeitfenster offen ist, ist derzeit noch nicht bekannt.

Hier der offizielle Flugplan nach SpaceX (frei ins Deutsche übersetzt):

COUNTDOWN

Alle Zeiten sind ungefähre Angaben von SpaceX

STD./MIN./SEK. EREIGNIS

01:15:00 SpaceX Flight Director führt Umfrage (über die Startbereitschaft) durch und gibt das GO für Treibstoffladung

00:49:00 Beladung des Starships mit LNG (flüssiges Methan) beginnt.

00:47:00 Beladung des Starships mit LOX (flüssiger Sauerstoff) beginnt

00:40:00 Booster-Methanbetankung beginnt.

00:37:00 LOX-Betankung des Boosters beginnt.

00:19:40 Raptor beginnt mit dem Vorkühlen der Triebwerke von Booster und Starship.

00:03:20 Betankung des Starships ist abgeschlossen

00:02:50 Betankung der Superheavy ist abgeschlossen

00:00:30 SpaceX-Flugdirektor gibt das GO für den Start

00:00:10 Aktivierung des Flammendeflektors

00:00:03 Raptor-Zündsequenz beginnt

00:00:00 „Aufregung garantiert“

ZEITLEISTE FÜR DEN FLUGTEST

Alle Zeiten sind ungefähre Angaben

STD./MIN./SEK. EREIGNIS

00:00:02 Abheben

00:01:02 Max Q (Moment der höchsten mechanischen Belastung der Rakete)

00:02:41 Super Heavy MECO (die meisten Triebwerke werden abgeschaltet)

00:02:45 Hot-staging (Zündung der Starship Raptors und Stufentrennung)

00:02:49 Start des Super Heavy Boostback-Manövers.

00:03:52 Abschalten der Raptors der Super Heavy

00:03:54 Abwurf des Stufenadapters

00:06:39 Super Heavy tritt in die Atmosphäre ein ( Super Heavy is transsonic)

00:06:43 Start der Landephase der Super Heavy

00:07:04 Abschalten der Triebwerke der Super Heavy in der Landephase

00:08:23 Abschaltung der Triebwerke des Starships.

00:47:25 Wiedereintritt des Starships

01:03:11 Starship tritt in die Atmosphäre ein (Starship is transsonic)

01:04:01 Starship ist im Unterschallbereich

01:05:38 Landeumkehrmanöver

01:05:43 Landeanflug beginnt

01:05:48 „Eine aufregende Landung!“

Neu in der Zeitleiste sind Brennmanöver des Starships als Vorbereitung zur Landung. Diese Ereignisse fehlten bei den vorherigen drei Starts. Eingesetzt wird das Starship mit der Seriennummer 29 und die SuperHeavy mit der Seriennummer 11.

Hier ein Vergleich einiger Zeiten der Zeitleiste von SpaceX mit Angaben zu den letzten Flügen:

Ereignis

Erster Start

Zweiter Test

Dritter Test

Vierter Test

Max-Q

55 s

52 s

52 s

62 s

Brennschluss SuperHeavy

169 s

159 s

162 s

161 s

Abbremsung Superheavy

55 s, 13 Triebwerke

54 s

55 s

57 s

Landungsburn

23 s, drei Triebwerke

18 s

18 s

21 s

Brennzeit Starship

352 s

352 s

351 s

338 s

Beim letzten Flug ITF-3 wurde erst nachträglich bekannt, dass der Schub der Raptors in beiden Stufen deutlich unter den SpaceX Angaben lag. Bei der Superheavy waren es 7.130 t Hubkraft, nominell sollten es 7.590 t sein, beim Starship waren es 1.250 t gegen über 1.450 t bei 100 Prozent Schubkraft. Daneben hatte die SuperHeavy nur 3.300 t anstatt der vollen Treibstoffzuladung von 3.400 t Treibstoff.

Die Reduktion der Betriebszeiten bei beiden Stufen spricht für eine weitere Schubsteigerung. Beim Starship sollten es ~ 1.300 t Schubkraft sein, bei der Superheavy – wenn sie voll beladen wird – 7.350 t, oder 7.175 t, wenn wieder (wie bei ITF-3) nur mit 3.300 t Treibstoff zu geladen wird.

Auffällig ist, dass der Zeitpunkt der maximalen aerodynamischen Belastung, Max-Q sich um ganze 10 Sekunden nach hinten verschoben hat. Er sollte eigentlich durch immer mehr Schub früher stattfinden, weil dieser Punkt meist dann erreicht ist, wenn die Schallmauer durchstoßen wird und dies geschieht eben bei mehr Schub früher.

Sowohl der Landungsburn wie das Wendemanöver dauern nun länger, brauchen also auch mehr Treibstoff, was die Nutzlast wohl weiter einschränken wird.

Die Zeitangaben für den Landungsburn des Starships lassen erstmals eine Berechnung des dafür notwendigen Treibstoffs zu. Unter der Annahme der SpaceX Daten für das Raptor (216 t Schub auf Meereshöhe, spezifischer Impuls auf Meereshöhe 3.230 m/s) und dem Vorgehen wie bei den Tests des Starship 2021/22 (zuerst drei Triebwerke zünden zum Abbremsen, dann zum Landen noch eines) komme ich auf 10 Sekunden Betriebszeit eines Triebwerks und 5 Sekunden Betriebszeit von drei Triebwerken, zusammen also 20 Betriebssekunden die bei den oberen Kennwerten 13,2 t Treibstoff verbrauchen – deutlich weniger lang, als bei den Landeversuchen, die wohl noch mit Raptor 1 stattfanden, da hier die Brennzeiten deutlich länger waren. Allerdings ist der Zeitfehler bei der obigen Zeitleiste mit 1 Sekunde sehr groß, das macht hier gleich mal 20 % Fehler in der Brenndauer aus.

Nachlese zum vierten Starship Teststart ITF-4

Mit dem vierten Teststart hat SpaceX es erstmals geschafft, alle Missionsziele zu erreichen. Damit ist das Starship jetzt innerhalb der SpaceX Familie gleich gut wie die Falcon 1, die iher ersten erfolgreichen Flug auch nach drei Starts hatte und nach fünf Starts eingestellt wurde.

Für die Auswertung habe ich dieses und dieses Video von Full Flight genommen. Ich habe den Start nicht live angeschaut, das hat mit SpaceX nichts zu tun, da Starts vorprogrammierten Ereignissen folgen, ist es bei ihnen etwas anderes als wenn man ein Fußballspiel oder Rockkonzert anschaut. Selbst wenn ein Start fehlschlägt, so gab es die Ursache dafür schon vor dem Start. Daneben muss ich die Videos anhalten können. Daher verfolge ich Starts schon seit etwa zwei Jahrzehnten nicht mehr live. Ich sage das deswegen, weil ich zuerst dachte der Start wäre in den Videos zusammengeschnitten worden. Aber dann kündigt 12 Minuten nach dem Start die Sprecherin an, dass man in 40 Minuten wieder für den Reentry online gehe. Testziele in der Orbitphase wie beim letzten Start gab es in der Zwischenzeit nicht.

Der Teststart in der Kurzzusammenfassung

Schon 4 Sekunden nach dem Start fällt eines der Raptoren in dem äußeren Ring der SuperHeavy aus. Entsprechend ist auch der Brennschluss um einige Sekunden verzögert. Auch beim Landungsburn zündet eines der 13 Triebwerke nicht.

Obwohl diesmal 28 Minuten nicht gezeigt wurden, ist immer noch deutlich zu sehen, dass direkt nach dem Erreichen des Orbits weiter das Starship etwas ausgast. Das ist aber nach 40 Minuten nicht mehr der Fall und diesmal funktioniert auch die Rollachsenkontrolle.

Bedingt durch die nun funktionierende Rollachsenkontrolle übersteht das Starship diesmal den Wiedereintritt, man sieht aber zahlreiche Teile wegfliegen und ein Flügel im Bereich einer Kamera wird beschädigt. In den letzten Minuten ist die Linse verschmutzt und gesprungen, das Bild der zweiten Kamera wird nicht mehr gezeigt. Aber die Geschwindigkeits- und Höhenangaben zeigen einen erfolgreichen Landungsburn an, auch wenn die Triebwerke im Diagramm nun nicht mehr aufleuchten.

Ereignisse

Hier ein Vergleich von Ereignissen mit den Vorgaben:

Bei einigen Manövern schalten erst einige Triebwerke ab, dann andere. Ich habe daher jeweils zwei Zeiten mit der Anzahl der abgeschalteten Triebwerke angegeben.


Vorgabe [Min:Sec]

Real [Min:Sec]

Geschwindigkeit [km/h]

Höhe [km]

MECO Superheavy

2:41

2:46

5.523

66

Start Starship

2:45

2:52

5.495

71

Wende SuperHeavy

2:49

2:57

5.440

75

Ende Wende SuperHeavy (9)


3:47

1.368

103

Ende Wende SuperHeavy (3)

3:52

3:56

1.290

106

Abtrennung Stufenadapter

3:54

4:09

1.000

109

Höchste Höhe


4:23

880

109

Landungsburn

6:43

7:09

1.193

1

Ende Landungsburg

7:04

7:24

9

0

Meco Starship (3)


8:09

24.978

148

Meco Starship (3)

8:23

8:37

26.495

150

Erstes Glühen des Starships

47:25

44:54

26.697

108

Erste Teile fliegen weg


~ 53:30

21.978

67

Landungburn Starship (3)

1:05:38

1:05:39

359

0

Landungburn Starship (1)

1:05:43

1:05:47

40

0

Ende Landungsburn

1:05:48

1:06:04

2

0

Die ersten Zeitmarken sind dadurch geprägt das ein Raptor bei der Superheavy ausgefallen ist, das verlängert die Brennzeit um 5 Sekunden und verschiebt entsprechend folgende Manöver. Deutlich verzögert ist dagegen der Landungsburn der Superheavy.

Ebenso hat das Starship deutlich später als nach der Ankündigung Brennschluss. Auch bei ihm dauern die beiden Landemanöver deutlich länger.

Resttreibstoffe

Alle Tanks enden in Domen, Kugelschnitten. Bei einem einzelnen Triebwerk kann man dieses im tiefsten Punkt des Doms platzieren. Bei mehreren Triebwerken ist das schwierig. So lässt die Superheavy nach Musk rund 20 t Treibstoffe in den Tanks zurück. Das die 13 schwenkbaren Triebwerke im Zentrum angeordnet sind, erlaubt es, dass sie nicht abgeschaltet wertenden müssen, wenn die Treibstoffe den äußeren Ring nicht mehr erreichen und für die Landung werden sogar nur die inneren sechs Triebwerke genutzt.

Bei dem Starship liegen die Triebwerke mit kurzen Düsen, die beim Eintritt in den Orbit etwas länger brennen, ebenfalls im Zentrum und nur sie sind bei der Landung aktiv. Zusätzlich gibt es einen eigenen Tank für die Landung und ich nehme an, dass man Resttreibstoffe aus dem Haupttank in diesen umpumpt, wie man es beim letzten Testflug ITF-3 ausprobierte.

Vor allem für die Nutzlast ist aber wichtig, wie viele Resttreibstoffe zum Ende der Antriebsphasen es gibt. Ich habe sie mit dem Bildschirmlineal ermittelt.

Schon beim Start war der Tank der Superheavy nicht voll gefüllt. Nach dem Bildschirmlineal fehlen etwa 160 t Treibstoff. Beim letzten Start waren es noch 100 t. Eventuell sind die Tanks auch nie voll gefüllt, das ist aus den Diagrammen nicht absehbar.


Start

MECO Superheavy

Ende Wendungsburn

Ende Landungsburn

Meco Starship

LOX

2.534 t

223,3 t

37,3 t

31,5 t

20,8 t

Methan

710 t

76 t

21,3 t

17,1 t

8,6 t

Vergleichen wir dies mit dem letzten Teststart, LOX und Methan jeweils addiert:


MECO Superheavy

Ende Wendungsburn

Ende Landungsburn

Meco Starship

ITF-3

279 t

58 t

-

41 t

ITF-4

299,3 t

58,6 t

48,6 t

29,4 t

Gegenüber dem letzten Start gibt es einige Änderungen. Der Treibstoff bei MECO und Wende ist vergleichbar, aber beim Starship sind es rund 10 t weniger. Da auch MECO 14 Sekunden später war als angegeben, vermute ich, hat das Starship auch diese Treibstoffmenge verbraucht. Da die suborbitale Bahn fast dieselbe Energie wie ein Orbit benötigt, bedeutet das auch das die Nutzlast um 10 t abgenommen hat (beim letzten Teststart errechnete ich eine Nutzlast von rund 42 t, Musk hat dann wenige Tage später vor Angestellten gesagt, sie läge bei 40 bis 50 t, sodass ich davon ausgehe, das auch dieses Starship nur etwa 30 t Nutzlast hat. Deswegen sagte die Sprecherin auch mehrmals „Data are our Payload“. Auch das erinnert an die Falcon 1, die von Start zu Start an Nutzlast verlor. Ich vermute da beim letzten Test 10 t Treibstoff vom Haupt- in den Headertank für die Landung umgepumpt wurden, dass dies genau diese 10 t Differenz sind. Sprich: Damals war ein Tank leer für das Testen des Umpumpens. Diesmal enthält er 10 t Treibstoff. Damit kann man in jedem Fall sagen, das die Landung mindestens 10 t Treibstoff erfordert, wahrscheinlich mehr, denn es wurde nur der flüssige Sauerstoff transferiert. Aufgrund des Mischungsverhältnisses von 3,6 zu 1 benötigt das Starship dann mindestens weitere 2,8 t für die Triebwerke. Damit ist die Nutzlast des Starships weiter auf rund 30 t abgesunken.

Landung des Starships

Schön wäre es, wenn es Bilder von der Landung gegeben hätte. Bei der SuperHeavy gibt es solche Videos inzwischen. Zwar weiß sicher SpaceX nicht wo genau es runterkommt, aber da es beim Wiedereintritt kontrolliert werden muss, damit es nicht verglüht und somit einer berechenbaren Bahn folgt, wird man sicher den ungefähren Landepunkt kennen und hätte dort ein Schiff hinschicken können. Vielleicht haben sie es auch getan und halten nur die aufnahmen zurück. Sie wären interessant, um zu sehen, wie beschädigt es ist.

Nach Musk flogen Hitzeschutzkacheln fort und eine Landeklappe wurde beschädigt, aber das ist nur das, was jeder im Video sehen kann. Vorher hatte Musk gesagt, dass schon eine versagende Hitzeschutzkachel zum Verlust führen kann und man nach Unternehmen sucht um mehr dieser Kacheln herstellen zu können, ein für SpaceX ungewöhnlicher Weg. Ich denke entweder weiß er e selbst nicht so genau oder er hat etwas verwechselt. An bestimmten Stellen führt der Verlust einer Kachel zum Verlust des Vehikels. Das waren beim Space Shuttle die Flügelvorderkanten und dort ging auch ein Paneel beim Verlust der Columbia verloren. Woanders streicht das Plasma nur über den Schild und eine einzelne Kachel die verloren geht, ist nicht so tragisch, das ist beim Shuttle bei der Unterseite der Fall gewesen. Es gingen auch beim Space Shuttle bis zum Verlust der Columbia Kacheln verloren, am meisten beim Jungfernflug: da waren es über 200.

Ich denke etwas anderes ist bedeutsam. SpaceX Konzept basiert ja darauf, dass sie beide Schiffe direkt nach der Landung wieder zur Startrampe bringen können. Wenn sie nun Kacheln ersetzen müssen oder ausgefallene Raptoren ausbauen und ersetzen müssen, dann klappt dieses Konzept nicht. Dann haben sie zwar den Turbaround einer Falcon 9 erreicht, aber für die Wirtschaftlichkeit dürfte das nicht reichen. Denn das Vehikel ist mehr als dreimal schwerer als eine Falcon Heavy, die von der Masse her zu 90+ % wiederverwendbar ist, hat aber derzeit eine viel geringere Nutzlast.

Beim Space Shuttle sorgten die langen Turnaroundzeiten dafür, dass er die Wirtschaftlichkeit, die versprochen wurde, nie erreichte.

Änderungen zu ITF-3

Es gab sicherlich viele Änderungen, etwas Genaueres erfährt man bei SpaceX ja selten. So auch hier. Sowohl das unkontrollierte Rollen als auch der Abbruch des Landeburns und der Ausfall von 6 Triebwerken beim Wendeturn lagen an Triebwerken, denen die Treibstoffzufuhr abgeschnitten war. Dies hat man wohl erfolgreich nachgebessert. Denn von 26 wieder gezündeten Triebwerken versagten bei ITF-3 insgesamt 19 (jede Zündung gezählt) und diesmal nur zwei Triebwerke.

Vergleich von MECO Ereignissen

Hier eine kleine Tabelle der Brennschlussergebnisse der letzten Teststarts

MECO Superheavy

ITF-1

ITF-2

ITF-3

ITF-4

Zeitpunkt (real)

2:48

2:39

2:42

2:46

Geschwindigkeit

1.848 km/h

5.663 km/h

5.731 km/h

5.523 m/s

Höhe

33 km

67 km

67 km

66 km

Deutlich ist zu sehen, das nur der Ausfall eines Triebwerks das Starship um 200 m/s verlangsamte – oder andere Erklärung - die Ausfälle von Triebwerken dazu führten, dass man sie auch im Schub reduzierte, um sie zuverlässiger zu machen. Das Triebwerksausfälle gravierende Konsequenzen trotz hohem Schubüberschuss haben, zeigt der Vergleich der Endpunkte von ITF-1 und 2.

MECO Starship

ITF-2

ITF-3

ITF-4

Startzeitpunkt (real)

2:45

2:48

2:52

Meco (real)

8:04

8:21/ 8:35

8:09 / 8:37

Dauer: (gemittelt)

319 s

340 s

331 s

Geschwindigkeit

24.120 km/h

26.482 km/h

26.494 m/s

Höhe

148 km

149 km

150 km

Beim Starship schalten erst die Triebwerke mit den verlängerten Düsen ab. Daher gibt es hier zwei Zeitpunkte. Zwischen ITF-3 und 4 wurde hier eine Anpassung durchgeführt. Diese Vakuum-Raptors wurden früher abgeschaltet als bei ITF-3, dafür arbeiteten die drei anderen Triebwerke 14 Sekunden länger. Die Verkürzung der Betriebszeit kann auf einen höheren Schub zurückgeführt werden, aber es wurde auch 10 t mehr Treibstoff verbraucht. Würden die Raptor 2 mit den von SpaceX veröffentlichten Daten über Schub und spezifischem Impuls arbeiten, so würden sie nach 304 s Brennschluss haben, wenn sie den ganzen Treibstoff verbrauchen.

Wendemanöver

ITF-2

ITF-3

ITF-4

Startzeitpunkt (real)

2:49

2:53

2:57

Meco (real)

3:18

3:48

3:55

Dauer:

29 s

55 s

58 s

Geschwindigkeit

3.818 km/h

936 km/h

1.291 km

Höhe

90 km

103 km

106 km

Bei ITF-2 explodierte die SuperHeavy während der Drehung, nachdem vorher schon alle Triebwerke ausgefallen waren., Bei ITF-3 fielen ebenfalls sechs Triebwerke aus. Bei ITF-4 sollte daher die Brenndauer eigentlich kürzer sein. Sie war aber länger, das beruht auf einer anderen Bahn – zu erkennen ist, dass trotz längerer Brennzeit die Geschwindigkeit höher ist und auch die Höhe. Das spricht für eine steilere Aufstiegsbahn.

Treibstoffbudgets

Anhand der Balken im Video sind die Resttreibstoffe etwa auf 0,5 Prozent genau bestimmbar.

Vor dem Start

ITF-1

ITF-2

ITF-3

ITF-4

LOX


100%

96,6 %

94,7 %

Methan


95,2 %

98,2 %

96,6 %

Gesamt



3.300 t


Nächste Starts

SpaceX hat eine neue FAA Lizenz bekommen die weiter geht als die bisherige und es erlauben die Startfolge zu beschleunigen. So wurden drei Ausnahmen genehmigt, die keine Untersuchung der FAA nötig machen: Versagen des Hitzeschutzschildes, Versagen der Landeklappen bei der Landung und Versagen der Raptors bei der Landung. Alle unter Voraussetzung das Dritte nicht betroffen sind. Weil inzwischen auch ein Gutachten zu dem Schluss kam, dass die Belastung durch den Sprinkler, der die Schäden beim Start dämpft, vernachlässigbar sind, gibt es aber schon wieder eine neue Klage gegen die FAA.

SpaceX kann derzeit sechs Kombinationen pro Jahr bauen, ich selbst rechne mit dem nächsten Start in zwei Monaten. Die Firma will aber einen neuen Startturm in der Starbase bauen und plant auch Starts vom LC39a am Kennedy Space Center aus. Bis zu 44 pro Jahr nach einer Eingabe. Die Air Force bearbeitet eine ähnliche Anfrage für das Pad SLC-37 oder ein neues SLC-50, das erst noch errichtet werden muss.

Nach dem erfolgreichen „virtuellen Tower“ Manöver soll nach Musk beim nächsten Start ein Einfangen der SuperHeavy erfolgen.

Starlink

Wie beim letzten Video gab es zahlreiche Aussetzer, weil das Video über Starlink übermittelt wurde. Interessanterweise schon beim Start, als der Tower passiert wurde und nur Bilder von der Starbase und den SpaceX-Angestellten gezeigt wurden. Auch wenn SpaceX das in seinem Statement positiv hervorhebt, ist das keine Werbung für mobile Kunden von Starlink. Technisch ist es egal, ob sich die Antenne auf einem Schiff, Flugzeug oder einem Starship befindet. Das System muss bei jeder Orientierung eine Verbindung aufbauen. Geht es nur nach den Winkelgeschwindigkeiten, mit denen sich die Starlink-Satelliten relativ zur Antenne bewegen, so ist es beim Starship sogar einfacher, weil es sich mit fast der gleichen Geschwindigkeit wie die Satelliten bewegt und Änderungen nur auf dem Unterschied der Bahnneigung (hier etwa 27 Grad, die meisten Starlink Satelliten sind in 53 Grad gezeugten Orbits) beruhen. Diese sind viel kleiner als bei einer stationären Antenne. Dagegen bewegen sie sich relativ zur Erde mit über 7 km/s.

Gut das SpaceX zusätzlich für die wichtige Telemetrie, also nicht das Video, auf die TDRS-Satelliten der NASA zurückgreifen kann. Die können Daten von Satelliten oder anderen Objekten im Orbit schon seit 1983 übertragen, zuverlässig. Aber das ist eben die NASA und nicht SpaceX.

HLS

In diesem Artikel gab es auch Äußerungen der Verantwortlichen für das HLS zum letzten Testflug (also ITF-3): „Watson-Morgan said. “There weren’t any issues around Raptor. No fires and a lot of good consistency, frankly, around the engines. When you get all those engines to light up, for us, it was a significant win.”.

Äh, es sind bei dem Flug (ITF-3) sechs Raptoren der Superheavy bei der Wende ausgefallen und zwölf von 13 bei der Landung. Diesmal waren es auch zwei. Bei dem Flug zum Mond gibt es mindestens sieben dieser Zündungen:

  1. Verlassen der Erdumlaufbahn

  2. Einschwenken in einen vorläufigen Mondorbit

  3. Angleichen des Mondorbits an das Lunar Gateway

  4. Absenken des Perilunäums für eine Landung

  5. Landung

  6. Rückstart in einen elliptischen Orbit

  7. Angleichen des Orbits an das Lunar Gateway

Beim Einschwenken in eine niedrige Mondumlaufbahn vor der Landung und danach können noch weitere Zündungen hinzukommen. Also ich finde es nicht so toll, wenn da Triebwerke ausfallen. Denn auch wenn es kein Feuer gibt, die Mission ist dann gescheitert.

Noch interessanter: Man weiß nicht mal, wie oft man auftanken muss:

„The number of fueling flights heading up to the tanker doesn’t have a hard and fast number at this point, Watson-Morgan said, because it’s not entirely clear how much propellant needs to be transferred.

“It’s contingent on the six of the tanks. It’s contingent on how much how much do we want to transfer. It’s contingent on what all are the other objectives that we want to prove out and how long do we want to make the demonstration of the flight test?” Watson-Morgan said. “And so, it could be just a couple and it could be more than a couple. And so, it all depends on our objectives.”

Sechs Tanks sind meiner Ansicht nach so zu interpretieren: je zwei Haupttanks im Tanker und Versorger und zwei Headtanks (für die Landung) in einem der beiden.

Es wird nun an einem Triebwerk gearbeitet, um den Transfer zu unterstützen: „Watson-Morgan also mentioned that SpaceX is developing a smaller thruster-style engine to help with the prop transfer demonstration“. Ein solches Triebwerk kann eine geringe Beschleunigung aufbauen, damit sich der Treibstoff an den Leitungen sammelt und so leichter transferiert werden kann, ohne dass Gasblasen im Strom sind. Das war ein Vorschlag, den ich schon vor Jahren gemacht habe

Inzwischen erproben Astronauten auch den Fahrstuhl, der nötig ist, um sie über 50 m abzulassen. Nach den derzeitigen Plänen soll die Artemis 3 Mission im September 2026 erfolgen. Vorher gibt es aber noch eine unbemannte Testlandung. Nach dem Vertrag der am 15.4.2021 abgeschlossen wurde, wäre die Artemis Mission eigentlich noch in diesem Jahr. Sie liegen also rund zwei Jahre hinter dem Zeitplan zurück.

Nachlese

Wenige Tage nach dem Testflug bestätigte Elon Musk auf X, dass der Flügel, der im Kamerasichtfeld lag, stark zerstört sei, aber auch der andere habe viel abbekommen, ebenso seien viele Hitzeschutzkacheln verloren gegangen. Für zukünftige Flüge sollen die Flächen weiter nach oben versetzt werden. Die Flügel sind zu klein, um wesentlichen Auftrieb zu erzeugen. Vielmehr stabilisieren sie das Starhip in der letzten Phase der Landung. Dass sie im Plasmastrom besonders exponiert sind, war logisch vorherzusehen, so verwundert es das man nun erst sie versetzt.

Beobachter berichten auch, dass am Hitzeschutzschild von Starship 30, dem nächsten in der Startreihenfolge gearbeitet wird. Der war schon weitestgehend fertig und nun wurden Kacheln ausgetauscht.

Ebenso wurde ein kurzes Video der Boosterlandung veröffentlicht. Es schwenkt aber direkt vor dem Aufsetzen wieder auf die interne Kamera, deren Sicht man schon beim Startvideo kennt. Ein analoges Video der Landung des Starships gibt es nicht, obwohl im Landegebiet ein Schiff von SpaceX für die Beobachtung war. Elon Musk begründet das damit, dass das Starship mehrere Kilometer vom Kurs abgekommen sein. Allerdings ist das Starship so groß – über 50 m in der Höhe, dass man es auch in größerer Entfernung durch ein Teleobjektiv problemlos aufnehmen kann. Aus 6 km Distanz (mehr als der Autor unter „,mehrere Kilometer“ versteht) ist es z.B. so groß wie der Vollmond. Hier kann man annehmen das SpaceX wie bei der Boosterlandung nur das zeigt was positiv ist: Warum sonst sollte bei der Boosterlandung das eigentliche Aufsetzen nicht gezeigt werden, außer das funktionierte nicht so wie vorgesehen. Warum wird kein Starship, selbst in schlechter Auflösung beim Aufsetzen gezeigt, damit man die Schäden erkennen kann?

Eine Abweichung von mehreren Kilometern ist auch sehr ungewöhnlich. Selbst die Apollolandungen die vom Mond kamen, erfolgten meist in einem Radius von 1 km. Die Raumfähre Buran konnte schon in den achtziger Jahren automatisch punktgenau auf der Landepiste aufsetzen. SpaceX landet seit Jahren ihre Erststufen wieder neben der Startplattform oder einer kleinen Plattform auf einem Dronenschiff und nun liegt der Auftreffpunkt mehrere Kilometer vom Zielpunkt entfernt? Und das bei einem Raumschiff das mal direkt neben dem Startturm mit nur wenigen Metern Freiheit landen soll?

In einer Starbase-Führung mit dem „Everyday astronaut“ gab dann Elon Musk auch zu was vorher schon durch einen beim HLS beteiligten NASA-Ingenieur bekannt wurde: SpaceX hat bei den Raptoren massive Probleme durch Eis, das bei den ersten Testflügen die Turbopumpen zur Explosion brachte. Später haben sie Filter nachgerüstet, doch diese verstopfen dann auch im Laufe der Zeit und Verhinderten das Wiederzünden der 13 inneren Raptor bei ITF-2 und ITF-3, auch diesmal fielen wieder zwei Raptoren durch diese Ursache aus.

Die primäre Ursache ist das SpaceX von den Vorbrennern einen Teil des Gases abzweigt und wieder in die Tanks leitet damit der Tankdruck aufrechterhalten bleibt. Da dieses Gas auch Verbrennungsprodukte wie Wasser und Kohlendioxid enthält, die bei den niedrigen Temperaturen zu Eis erstarren, kommt es zu diesen Problemen.

Während die Frist zwischen zwei Starts bisher immer abnahm, so stieg sie nach ITF-4 an. Während ich diesen Artikel vollende (8.9.2024) sind fast drei Monate vergangen, während es zwischen den beiden letzten Starts nur zwei Monate waren. Ein Grund dürfte sein, das der Hitzeschutzschild vollständig überarbeitet wird. Bei den beiden nächsten Starships 30 und 31 wurde beobachtet wie der ganze Hitzeschutzschild abmontiert und ersetzt wurde. Das lässt den Rückschluss zu, dass der bisherige Hitzeschutzschild nicht hielt.

Das Raptor 3 wurde von SpaceX vorgestellt. Es soll die Raptors 2 ersetzen die bisher zum Einsatz kamen. Neben einer Performancesteigerung sollen sie leichter werden weil ein separater Schutz vor Triebwerksexplosionen integriert werden soll. Er funktionierte wie die Explosionen bei ITF 1 bis 3 zeigten, sowieso nicht.

Artikel verfasst: 12.6.2024, Artikel zuletzt bearbeitet: 8.9.2024

Bücher des Autors über Trägerraketen

Wie man an dem Umfang der Website sieht, sind Trägerraketen eines meiner Hauptinteressen. Es gibt inzwischen eine Reihe von Büchern von mir, auch weil ich in den letzten Jahren aufgrund neuer Träger oder weiterer Informationen über alte Projekte die Bücher neu aufgelegt habe. Sie finden eine Gesamtübersicht aller Bücher von mir bei Amazon und hier beim Verlag.

Ich beschränke mich in diesem Abschnitt auf die aktuellen Werke. Für die in Europa entwickelten Trägerraketen gibt es von mir zwei Werke:

Europäische Trägerraketen 1 behandelt die Vergangenheit (also bei Drucklegung): Das sind die nationalen Raketen Diamant, OTRAG und Black Arrow und die europäischen Träger Ariane 1 bis 4 und Europarakete.

Europäische Trägerraketen 2 behandelt die zur Drucklegung 2015 aktuellen Träger: Ariane 5, Vega und die damaligen Pläne für Vega C und Ariane 6.

Wer sich nur für einen der in den beiden besprochenen Träger interessiert, findet auch jeweils eine Monografie, die inhaltlich identisch mit dem Kapitel in den Sammelbänden ist, nur eben als Auskopplung.

Weiter gehend, alle Raketen die es weltweit gibt, behandelnd, gehen zwei Bände:

US-Trägerraketen

und

Internationale Trägerraketen (im Sinne von allen anderen Raketen weltweit)

Auch hier habe ich 2023 begonnen, die Bände aufzusplitten, einfach weil der Umfang für eine Aktualisierung sonst weder handelbar wäre bzw. an die Seitengrenze stößt, die der Verlag setzt. Ich habe auch bei den Einzelbänden nochmals recherchiert und den Umfang erweitert. Bisher sind erschienen:

US Trägerraketen 1 mit den frühen, kleinen Trägern (Vanguard, Juno, Scout)

US Trägerraketen 2 mit der Titan-Familie

2023 wird noch die erste Auskopplung aus den internationalen Raketen über russische Träger erscheinen. Nach und nach werden alle Raketen dann in einzelnen Monografien geordnet nach Trägerfamilien oder Nationen dann aktualisiert auf den aktuellen Stand, so besprochen.

Für die Saturns gibt es noch einen Sonderband, den ersten in der Reihe über das Apolloprogramm.

Alle bisherigen Bücher sind gerichtet an Leute, die wie ich sich nicht mit oberflächlichen Informationen oder Zusammenfassung der Wikipedia zufriedengeben. Wenn sie sich nicht für Technik interessieren, sondern nette Anekdoten hören wollen, dann sind die bisherigen Bücher nichts für Sie. Für dieses Publikum gibt es das Buch „Fotosafari durch den Raketenwald“ bei dem jeder Träger genau eine Doppelseite mit einem Foto und einer Beschreibung hat. (Also etwa ein Zehntel der Seitenzahl auf den ich ihn bei den beiden obigen Bänden abhandelte). Das Buch ist anders als die anderen Bände in Farbe. Ab und an macht BOD als Print on Demand Dienstleister Mist und verschickt es nur in Schwarz-Weiß, bitte reklamieren sie dann, ich als Autor kann dies nicht beeinflussen.

Als Autor würde ich mich freuen, wenn sie direkt beim Verlag bestellen, da ich da eine etwas größere Marge erhalte. Dank Buchpreisbindung und kostenlosem Versand ist das genauso teuer wie bei Amazon, Libri und iTunes oder im Buchhandel. Über eine ehrliche Kritik würde ich mich freuen.

Alle Bücher sind auch als E-Book erschienen, üblicherweise zu 2/3 des Preises der Printausgabe – ich würde sie gerne billiger anbieten, doch da der Gesetzgeber E-Books mit 19 Prozent Mehrwertsteuer besteuert, Bücher aber mit nur 7 Prozent, geht das leider nicht. Ein Vorteil der E-Books - neben dem einfacher recherchierbaren Text ist, das alle Abbildungen, die im Originalmanuskript in Farbe, sind auch in Farbe sind, während ich sonst - um Druckkosten zu sparen - meist auf Farbe verzichte. Sie brauchen einen pdf-fähigen Reader um die Bücher zu lesen. Sofern der Verlag nicht weiter für bestimmte Geräte (Kindle) konvertiert ist das Standardformat der E-Books ein DRM-geschütztes PDF.

Mehr über meine Bücher finden sie auf der Website Raumfahrtbuecher.de und eine Liste aller Veröffentlichungen findet sich auch bei meinem Wikipediaeintrag.

 


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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