Bernd Leitenbergers Blog

Die Mondlandung aus der Portokasse

Das ist was die NASA machen möchte. Zur Erinnerung: Vor mehr als 4 Jahren erläuterte George W. Bush seine "Vision for space Exploration", Wie immer bei solchen Reden ist das Ziel recht unscharf. Es geht eigentlich nur zurück zum Mond zu kommen, eventuell dann noch weiter zum Mars, doch das ist schon unklar. Die NASA selbst hat nun die Aufgabe dieses Ziel in ein Programm zu gießen. Was herausgekommen ist, ist die Orion Kapsel und die Ares Rakete.

Über Orion gibt es noch wenig handfeste Fakten, obwohl die Kapsel als erstes fertiggestellt werden müsste, denn sie soll ab 2014 den Transport von Astronauten zur ISS erledigen. Bei der Trägerrakete Ares gab es eine Reihe von Wandlungen im Konzept.

Denn die NASA hat ein Problem: Anders als bei Apollo gibt es zwar eine umrissene Aufgabe, aber nicht die dafür notwendige finanzielle Unterstützung der Politik. Bei Apollo stieg der NASA Etat innerhalb von wenigen Jahren sprunghaft an und die NASA bekam enorme Mittel zusätzlich für Apollo. Für Orion und Ares gibt es nur moderat mehr an Geldern. Der wesentliche Teil soll durch Einsparungen kommen. Das Programm wird daher erst ab 2010/11 richtig anziehen, wenn die Shuttles ausgemustert werden. Das sind 6-7 Jahren nach dem Start, einem Zeitpunkt bei dem man schon bei Apollo die ersten bemannten Starts plante. Die Grafik links zeigt die NASA Langezeitplanung. Berücksichtigt man die Inflationsrate (rote, gestrichelte Linie) so ist klar, das die Finanzierung vor allem durch Einsparungen in anderen Programmen erfolgt.

Das Raumschiff Orion wird neu konstruiert werden müssen, kann sich aber auf die Erfahrungen die man bei Apollo gemacht hat stützen. Im wesentlichen wird es daher eine größere Apollo Kapsel sein. Ich meine das nicht abwertend – Die Sojus Kapseln sind auch seit Jahrzehnten im Einsatz und zuverlässig, wenn auch nicht das eleganteste System.

Bei der Ares hat die NASA ein Problem. Sie muss folgende widersprechende Anforderungen unter einen Hut bringen:

Bei Apollo machte die Saturn V den größten Teil des Budgets aus. 40 % der gesamten Mittel entfielen auf sie. Die Entwicklung der Raumschiffe war vergleichsweise preiswert. Bei einem Apollo Start machte die Saturn V alleine 55 % der Missionskosten aus. Das zeigt warum die NASA nun ein Problem hat: Sie muss eine neue Rakete bauen, etwa 7 mal leistungsfähiger als das beste Modell, dass sie zur Verfügung hat. Das ganze darf aber nicht sehr viel kosten.

Die Saturn V war so teuer, weil man viel Geld in die Entwicklung steckte. Nicht nur in die konkrete Hardware, sondern auch in Grundlagenforschung. Forschung auf die folgende Entwicklungen aufbauen konnte. Das ist in etwa vergleichbar mit der Entwicklung der V-2. Die Sowjetunion versuchte diese Ausgaben bei ihrer N-1 einzusparen und scheiterte mit diesem Projekt. Bei Energija und Buran flossen dann die Mittel – Die Entwicklung war genauso teurer wie das US Space Shuttle – und es klappte.

So gesehen, wäre eine neu entwickelte Mondrakete heute erheblich preiswerter zu entwickeln, als die Saturn V. Doch wenn man die Entwicklung aus der Portokasse finanzieren muss, reicht das nicht. Die NASA hatte 2004 praktisch nur die Möglichkeit, aus vorhandenen Triebwerken auszuwählen, denn die Stufen selbst muss man in jedem Falle neu entwickeln, dafür sind sie einfach viel größer, als bestehende Designs. Das erste was die NASA tat war daher zu evaluieren was man hatte, und wie man es einsetzen konnte. Dabei untersuchte man neben der heutigen Lösung auch Schwerlastversionen der Atlas V und Delta IV. Sie erweisen sich nicht als günstiger als eine Neuentwicklung, jedoch nicht so sicher. Nun gibt es wenige Alternativen. Hier einmal ein paar unangenehme Tatsachen für die NASA:

Das ist nicht viel Auswahl. Es gäbe noch die Möglichkeit die RS-170 Triebwerke in Lizenz zu bauen, wie dies Lockheed mit den RS-180 tut. Verglichen mit dem F-1 hat es einen nochmals etwas größeren Schub und nutzt den Treibstoff besser aus. Warum das RD-170/171 nie in die Diskussion kam, weiß ich nicht. Die nationale Karte dürfte heute keine Rolle mehr spielen, selbst die USAF startet ja Satelliten mit der Atlas und ihrem russischen Triebwerksblock.

Das sind nun wenige Möglichkeiten. Gehen wir sie einmal durch:

Aus diesen Möglichkeiten muss man nun wählen. Die NASA hat recht bald sich auf folgendes festgelegt:

Zuerst einmal verwendet keines der Konzepte eine erste Stufe mit Kerosin/Sauerstoff. Lässt man ausländische Technologie zu, so hätte man durchaus die Zenit Erststufe anstatt einem SRB nehmen können. Nach Ansicht der NASA sind die Shuttle SRB so zuverlässig, dass man dadurch aber keine Sicherheit gewinnt. Der Fluchtturm bei der Ares I nützt bei dem Betrieb des SRB recht wenig, da ich kein Versagen eines Feststoffbooster kenne, bei dem man rechtzeitig dies vor einer Explosion bemerkte. Das war auch bei der Explosion der Challenger so, obwohl sich da die Flamme über mehrere Sekunden hinweg durch den Wasserstofftank geschnitten hat. Mit Sicherheit ist es eine preiswerte Lösung und einem mit besserem nationalen Prestige, als wenn man die Zenit Triebwerke einsetzt.

Da sind wir bei den Kosten, einem zentralen Punkt. Natürlich ist das SSME ein teures Triebwerk. eines kostet 50 Millionen Dollar bei Einzelbestellung. Ein RS-68 bei 50 % mehr Schub nur 20 Millionen. Der Ruck vom SSME zum RS-68 in der ersten Stufe der Ares V ist daher nachzuvollziehen. Anders sieht es bei der Oberstufe aus. Die Wiederaufnahme der Entwicklung des J-2S ist mit Sicherheit nach 40 Jahren Stillstand teurer als die Anpassung eines Triebwerks welches in der laufenden Produktion ist. Diese Entwicklungskosten muss man dann auch auf die Triebwerke umlegen und man braucht zwei J-2X um ein SSME zu ersetzen. Das lohnt sich dann nur bei vielen Flügen, doch so viele wird die Mondrakete wohl nicht sehen. Maximal 23 Ares I sind geplant und von der Ares V werden es wohl noch weniger werden, wahrscheinlich weniger als 10.

Bei Kostenabschätzungen sollte man zwei Dinge nicht vergessen: Das SSME ist auch so teuer, weil so wenige Triebwerke produziert werden. 60 Treibwerke in 30 Jahren sind etwa zwei pro Jahr. Zwei Flüge zum Mond und vier in den Erdorbit pro Jahr würden eine Produktion von 14 Stück pro Jahr erfordern. Dann wird einfach aufgrund der Serienfertigung billiger. Zum zweiten gibt es noch etwa 50 SSME der verschiedenen Generationen, die wie viele andere Triebwerke gut geschützt eingelagert sind. Das gilt übrigens auch für das F-1. Es gibt noch fünf Triebwerke in Langezeitlagerung.

Wie hätte ich wohl die Raketen entworfen? Es gibt da einige Reihe von Faktoren zu berücksichtigen: Kosten, "man rated" und auch Reduktion der Triebwerkszahlen.

Die große ARES V geht so in Ordnung, nur hätte ich ein SSME anstatt zwei J-2X in der zweiten Stufe eingesetzt.

Die kleines Ares I hätte ich ohne Feststoffbooster entworfen. Stattdessen hier ebenfalls in der ersten Stufe zwei RS-68 und in der Oberstufe ein einzelnes SSME. Das RS-68 ist nicht man rated, doch bei einem Triebwerk mit flüssigen Treibstoffen hat man genügend Zeit eine gravierende Fehlfunktion zu erkennen und dann automatisch die Kapsel abzutrennen. Zwei Triebwerke reichen für eine 500 t schwere Rakete, was bei einer ersten Stufe mit 400 t und einer zweiten mit 100 t Gewicht eine Nutzlast von etwa 28-30 t ergibt. (Mehr als bei der Ares I, da Wasserstoff in jeder Stufe (für Mario dieser Hinweis) deren Gewicht rapide senkt. Das SSME ist für die zweite Stufe etwas überdimensioniert. Das ist ein Manko. Bei Drosselung auf 60 % Schubniveau gibt es immer noch eine Peakbeschleunigung von 3.2 G. Doch dafür ein drittes Triebwerk (J-2S) einführen?

Flüssig angetriebene Booster machen nur bei der großen Rakete einen Sinn, doch hier ist ihr wesentlichster Aspekt die höhere Sicherheit. Man könnte die SRB durch die Booster der Energija oder Zenit Erststufen ersetzen, sofern nationales Ego dem nicht entgegensteht. 4 Zenit Erststufen mit einer 700 t schweren Zentralstufe und einer 200 t schweren Oberstufe ergeben eine Nutzlast von 140 t in die Erdumlaufbahn. Zwei RS-68 würden in der Zentralstufe dann ausreichen. Die Startmasse würde bei 2400 t liegen. Die Ares V liegt bei 3000 t mit 130 t Nutzlast. Für Mario: Eine Rakete mit Wasserstoff in allen 3 stufen (RS-68 in der ersten, SSME in den zwei Oberstufen) kommt auf 1660 t Startmasse bei 130 t Nutzlast. Die Masse der Stufe nimmt exponentiell mit dem Unterschied der durchschnittlichen spezifischen Impulse ab – und das gilt für alle Stufen).

Noch kann nicht jeder zum Mond fliegen, doch wer seinen Namen dorthin
schicken will kann dies auf der LRO Website
noch 3 Tage lang
tun.

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