Home | Raumfahrt | Trägeraketen | Raketen anderer Nationen | Site Map |
Die Geschichte der ersten Großrakete der Welt, der A-4, ist sehr lang und beginnt mit ihren Vorläufern A-1,A-2,A-3 und A-5 und endet nicht nach dem Krieg, da die Rakete Basis für die Entwicklungen weiterer Raketen in West und Ost wurde. Daher habe ich zwei Artikel zur Geschichte der A-4 geschrieben. Der erste Teil umfasst die Entwicklung von der A-1 zur A-4 bis zur Bombardierung von Peenemünde am 17/18. August 1943. Der Teil 2 umfasst die Produktion und den Einsatz der A-4 sowie die Ideen für weitere Raketen und den Einsatz der A-4 nach dem Kriegsende. Sie lesen derzeit Teil 1.
In Deutschland wuchs in den 20er Jahren die Begeisterung für die Raumfahrt und Raketentechnik. Im Jahre 1927 wurde der Verein für Raumschifffahrt (VfR) gegründet, der bald über 1.000 Mitglieder hatte. Hermann Oberth, einer der Pioniere der Raumfahrt, veröffentlichte im Jahre 1923 das Buch: "Wege zur Raumschifffahrt". Dem folgte im Jahre 1927 eine erweiterte Ausgabe mit dem Titel: "Mit der Rakete zu den Planetenräumen". Hermann Oberth sollte auch für den UFA-Stummfilm von Fritz Lang "Die Frau im Mond" zur Premiere eine Flüssigkeitsrakete abschießen, wurde jedoch nicht rechtzeitig fertig, da er nur wenige Monate zur Durchführung hatte. Oberth begann als Theoretiker, wurde durch diesen Film aber mit der Praxis vertraut und entwickelte eine der frühesten funktionierenden Raketenbrennkammern (Kegeldüse).
Johannes von Winkler entwickelte Flüssigkeitsraketen und Valier für Max von Opel den mit Raketen angetriebenen Wagen "Rak II". Dabei waren alle Pioniere: Man hatte zwar seit einigen Jahrhunderten schon Raketen auf dem Gefechtsfeld eingesetzt, doch handelte es sich dabei um Feststoffraketen. Wie man flüssige Treibstoffe fördert, in rascher Zeit effektiv verbrennt und die Brennkammer und Düse kühlt - das alles musste erst experimentell ermittelt werden. Dabei handelte es sich oft um Doppelentwicklungen, denn über dem Atlantik hatte Robert Hutchkins Goddard schon einige Jahre früher mit Versuchen mit Flüssigkeitsraketen begonnen und sich bis zum zweiten Weltkrieg 48 Patente erteilen lassen. Doch der scheue Professor legte keinen Wert auf Publicity und so wurden seine Entdeckungen auch im eigenen Land kaum beachtet.
Der VfR und zahlreiche Tüftler, die hier nicht alle erwähnt werden können, entwickelten in den Jahren 1927-1933 die wesentlichsten Technologien, wie man Raketen baut, die Brennkammer kühlt, die Treibstoffe fördert und einspritzt und den Flug stabilisiert. Es wurden mit flüssigen Treibstoffen angetriebene Raketen von mehr als 100 kg Gewicht entwickelt. Es fehlte nun nur noch die Erfahrung und Geld, um die Rakete zu verbessern. Obgleich man etwa 3 Jahre nach Goddard mit dem Bau von Raketen begann, hatte man bis 1932 technisch gleichgezogen. Dies lag auch daran, dass es hier sehr viele Tüftler gab. Der Verein hatte bald über 1.000 Mitglieder, von denen viele auch praktisch an der Rakete arbeiteten. Alleine im Jahre 1932 gab es 87 Starts, 230 Tests an Prüfständen und 23 öffentliche Vorführungen.
Anders als in vielen anderen Ländern war das Militär in Deutschland anfangs der 30er Jahre daran interessiert, die Raketen waffentauglich zu machen. Der Grund lag in dem Versailler Vertrag, diesen musste Deutschland nach dem verlorenen 1. Weltkrieg akzeptieren. Er gab nicht nur Deutschland die Kriegsschuld und entzog Deutschland Gebiete, sondern er enthielt auch Passagen, die verhindern sollten, dass Deutschland jemals wieder über eine schlagkräftige Armee verfügt. So war die Größe der Wehrmacht auf 100.000 Mann begrenzt. Deutschland durfte weder über Panzer, noch Flugzeuge, noch Kriegsschiffe mit mehr als 10.000 t Wasserverdrängung verfügen. Auch schwere und weit reichende Artillerie war verboten. In den Raketen sah nun das Militär eine Lösung, denn diese waren nicht im Versailler Vertrag enthalten. Schon seit 1929 beobachtete Oberst Becker, Ballistiker beim Heer, die rapide Verbesserung der Leistung von Raketen und er sah damit die Möglichkeit, diese als Ersatz für große und weit reichende Kanonen zu verwenden, die nach dem Versailler Vertrag Deutschland untersagt waren. Im Versailler Vertrag hatte man diese schlicht und einfach deswegen nicht aufgenommen, weil sie seit einem Jahrhundert von der Artillerie vom Gefechtsfeld verdrängt worden waren und als eine ineffektive Waffe galten.
Der VfR versuchte seit Ende der 20er Jahre Raketen zu entwickeln und zu starten. Die Versuche des VfR fanden auf einem verlassenen Munitionsdepot bei Berlin-Reinickendorf statt. Dieses durfte der VfR pachtfrei nutzen. Bis 1931 erreichten die Raketen Höhen von bis zu 457 m und erweckten das Interesse der Militärs. Im Frühjahr 1932 erschien eine Abordnung der Militärs in Reinickendorf und besichtigte die vorhandenen Anlagen. Man vereinbarte eine Demonstration auf dem Militärgelände in Kummersdorf, 10 km südlich von Berlin.
Hier wurde im Juli 1932 eine Rakete des VfR vorgeführt, die Demonstration misslang jedoch. Nachdem die Rakete 1 km Höhe erreicht hatte, begann sie sich zu neigen und schlug 3,2 km südlich des Startplatzes auf. Der VfR wollte eigentlich Mittel für den Unterhalt seines Raketenflugplatzes in Reinickendorf erhalten. Doch der Chef der Kommission, Oberst Becker, stellte klar, dass man nicht das Starten von Raketen finanzieren würde, sondern die Entwicklung von Langstreckenraketen. Man würde die Entwicklung von Raketentriebwerken in Kummersdorf unterstützen, wo es Teststände für Triebwerke und Anlagen gab. So trennten sich die Wege und eine kleine Gruppe von VfR Mitgliedern, anfangs nur bestehend aus Wernher von Braun, der gerade sein Ingenieursstudium beendet hatte, dem Schlosser Heinrich Grünow und Walter Riedel, begann die Arbeit in Kummersdorf. Am 1.11.1932, direkt nach Beendigung seines Ingenieursstudiums, unterschrieb Wernher von Braun einen Anstellungsvertrag beim Heer. Braun wollte Rudolph Nebel, treibende Kraft im VfR für Kummersdorf, gewinnen, doch dieser wollte nicht. Als er ihn später nach Peenemünde holen wollte, wurde er von der NSDAP wegen seiner jüdischen Frau als nicht zuverlässig eingestuft. Vorgesetzter in Kummersdorf wurde Oberst (später General) Dornberger. Er hatte bis 1930 Maschinenbau studiert und war im Heereswaffenamt für die Abteilung Raketentechnik verantwortlich.
Bis 1934 wurden auf dem Raketenflugplatz Raketen gestartet, bis der VfR die Wasserrechnung über 1.600 Reichsmark nicht bezahlen konnte - in vielen unbenutzten Gebäuden hatten jahrelang undichte Hähne getropft und die Wasserrechnung astronomisch ansteigen lassen. Bis zum Kriegsanfang war die Gruppe um von Braun nur eine von vielen, die vom Militär direkt oder indirekt unterstützt wurde. So entwickelte Eugen Sänger (später vor allem bekannt für seine Pläne für einen Raumgleiter) bis 1934 einen Raketenantrieb, der Gasöl und Sauerstoff als Triebstoffe nutzte und mit einem Brennkammerdruck von 50 bar bei einer Ausströmgeschwindigkeit von 2980 m/s deutlich bessere Leistungsdaten als der Antrieb der A-4 gehabt hätte. Bis 1937 erarbeitete Sänger Konzepte für Triebwerke mit 100 bar Brennkammerdruck und 1.000 kN Schub und wurde mit 8 Millionen Reichsmark gefördert. Doch dann begann man die Entwicklung auf Peenemünde zu fokussieren und die anderen Projekte wurden nach und nach eingestellt.
Zuerst galt es, einen Raketenmotor zu entwickeln bevor man daran denken konnte, eine Rakete zu starten. Das Heer baute in Kummersdorf einen Teststand und es galt Grundlagenarbeit zu absolvieren: Welche Treibstoffmischung ist die richtige? Wie kühlt man die Brennkammer? Wie kann man die Geschwindigkeit der ausströmenden Gase erhöhen? Was man in Kummersdorf tat war nichts weniger, als die technische Umsetzung der physikalischen Prinzipien zu entwickeln. Das erste Projekt war der "300 kg Motor", ein projektierter Motor für 3.000 N Schub. Schon dieser Antrieb lag jenseits dessen, was man im VfR erreicht hatte und war auch wesentlich größer, als der der Raketen, die Goddard in Worchester verschoss.
Am 21.12.1932 fand der erste Test statt und Wernher von Braun zündete den Antrieb genauso, wie er es bei den kleinen Raketen gemacht hatte: Mit einer benzingetränkten Lunte an einer 4 m langen Stange. Nach einem Rums musste man den Teststand neu einrichten und man hatte gelernt, dass diese Methode wohl für große Antriebe nicht in Frage kommt. Beim nächsten Test funktionierte der "Raketenofen" einige Sekunden lang gut, bis die Flamme von Blau auf Gelb umschlug: Das Signal, dass nun das Aluminium der Brennkammer verbrannte und die Kühlung nicht ausreichend war.
Man verbesserte die Kühlung und experimentierte mit Einspritzsystemen, welche den Verbrennungsträger Alkohol und den Oxydator Sauerstoff miteinander vermischten. In dieser Zeit stieß Arthur Rudolph, der schon einen funktionierenden Antrieb hatte, zu der Gruppe. Er basierte auf einer Brennkammer aus Kupfer, die im Alkoholtank stand und so gekühlt wurde. Die Brennkammer aus Kupfer übernahm man und in Folge brannte der Raketenofen nicht mehr durch. Im Januar 1933 fand in Kummersdorf der erste erfolgreiche Test des 300 kg Raketenofens statt. Er lieferte 60 Sekunden lang einen Schub von 140 kp (ca. 1400 N). Ein halbes Jahr später war schon seine Nennleistung von 300 kp erreicht worden. Die Ausströmgeschwindigkeit erreichte 1.600-1.700 m/s. Andere Treibstoffe wurden untersucht, aber wegen verschiedenster Probleme blieb man bei der Kombination Alkohol/Sauerstoff. Jeder Raketenofen konnte etwa 3-4 mal betrieben werden. Allmählich wurde die Technik zuverlässiger.
Man ging nun an die Fertigung der ersten Rakete, der A-1. Die Abkürzung steht für "Aggregat 1". Aggregat 1 arbeitete mit 75 %-igem Alkohol als Brennstoff und flüssigem Sauerstoff als Oxydator. Dieser Brennstoff wurde schon früher beim VfR verwendet. Man hielt ihm auch bei der A-4 die Treue, angeblich weil Wernher von Brauns Vater in Schlesien Großgrundbesitzer war, und man dann den Alkohol aus Stärke gewann.
Die Brennkammer arbeitete nach dem Prinzip der Regenerativkühlung: In die doppelwandige Aluminiumkammer wurde der Sauerstoff direkt eingespritzt und durch Siebe verstäubt. Der Alkohol aber trat unten zuerst in die Zwischenwand ein, nahm die Wärme der Verbrennung auf und erhitzte sich dabei auf 70 Grad Celsius, bevor er ebenfalls eingespritzt wurde. Frühere Brennkammern arbeiteten nach dem Prinzip der kapazitiven Kühlung: Sie erhitzten sich und die Wärme wurde von einem massiven Gehäuse aufgenommen. Oft genug explodierten dabei die Brennkammern, weil die Wärmemenge zu groß war. Das von Rudolph angewandte Verfahren, die Brennkammer in den Treibstofftank zu verlagern, hätte zu einer Rakete geführt, die hecklastig gewesen und leicht gekippt wäre. Man musste also die Brennkammer doppelwandig gestalten und den Treibstoff vor der Verbrennung durch die Doppelwand zirkulieren lassen. Dieses Verfahren ist in verfeinerter Form bis heute Grundlage der Kühlung jeder Brennkammer.
Für die A-1 wurde 1934 ein zweiter Teststand gebaut, während am ersten Teststand weiterhin Versuche liefen, den 300 kp (~ 3000 N) Antrieb besser zu verstehen und zu verbessern. Ein dritter Teststand sollte schließlich die ganze Rakete aufnehmen.
Auch neu ist die Kreiselstabilisierung. Eine Rakete muss stabilisiert werden, sonst fängt sie an zu kippen. Feuerwerksraketen haben dazu lange Hölzer, heutige Raketen kleine Triebwerke, welche die Kräfte ausgleichen. Damals ließ man dazu die ganze Rakete wie ein Geschoss um die eigene Achse rotieren. Für die A-1 war dies schwer möglich, vor allem wie sollte man sie während des Starts schnell auf Solldrehzahl bringen? Man erwog nur die Tanks rotieren zu lassen, doch das hätte die Treibstoffförderung enorm verkompliziert. Dornberger kam auf eine bessere Lösung: Anstatt dass sich die ganze Rakete dreht, tut dies nur ein Kreisel im Kopf der Rakete. Der Kreisel war sehr massiv und wog 40 kg. Aggregat 1 war 1,40 m lang und 150 kg schwer. Der Durchmesser des Rumpfes betrug 30 cm. 16 Sekunden lang brannte der Antrieb. er würde wenn die Rakete erfolgreich gestartet worden wäre die A-1 auf eine Höhe von 1,8 km bringen. Von den 140 kg Startmasse waren nur 40 kg Treibstoff. Er wurde durch Stickstoff aus eigenen Drucktanks in die Brennkammer gepresst.
Doch die A-1 sollte nie fliegen. Sie explodierte bei einem Prüfstandstest, weil sich eine Zündung verzögerte. Man entdeckte später, dass die Rakete zu kopflastig war und nie geflogen wäre. Grund war der schwere Kreisel, der in die Spitze eingebaut war und die Rakete stabilisieren sollte. Man verbesserte dies und entwickelte aus der A-1 das Aggregat 2 (A-2).
Man suchte nun nach einem Startgelände in einer ländlichen Gegend, so dass niemand durch Trümmer der Rakete gefährdet würde. Die A-2 (Aggregat 2) sollte hier gestartet werden. Die A-2 war eine verbesserte A-1, bei der nun der Kreisel zwischen den beiden Treibstofftanks untergebracht war. Er wurde vor dem Start auf 10.000 U/min beschleunigt und stabilisierte mit seiner Schwungmasse die Rakete. Zwei A-2 namens "Max" und "Moritz" wurden am 24.12.1934 von der Nordseeinsel Borkum aus gestartet. Beide Raketen stiegen senkrecht 2,2 bzw. 2,0 km hoch und konnten nach einem Fallschirmabstieg geborgen werden. Damit hatte man einen ersten Erfolg vorzuweisen. Es gab Geld, jedoch nur für die Raketen. Für alles andere, wie Büroeinrichtungen, gab es keine Mittel. Daher wurden die Raketenforscher erfinderisch. Die Anträge waren so abgefasst, dass man den eigentlichen Verwendungszweck nicht erkennen konnte. So wurde eine Bleistiftspitzmaschine als "Vorrichtung zum Fräsen von Holzstäben bis 10 mm Durchmesser nach Muster" beantragt. Wenn der Rechnungshof trotzdem eine Rechnung nicht akzeptierte, so wurde sie als "Geheimsache" eingestuft. So wurde die Bestellung von 2 Kisten Christbaumkerzen im Sommer zuerst nicht akzeptiert. (Die Kerzen wurden angezündet und in die Brennkammer gesteckt und sollten so den Treibstoff zünden). Erst als daraus eine "Geheimsache" wurde, wurde die Bestellung bewilligt.
Gelder für größere Raketen gab es nach einem Besuch von Generaloberst von Fritsch im März 1936. Er war von den Tests von Motoren mit 300, 1000 und 1500 kg Schub beeindruckt. Im April 1936 skizzierten Dornberger und von Braun vor General Kesselring die Möglichkeiten einer Großrakete (die spätere A-4), aber wiesen auch auf die Kosten und vor allem die Notwendigkeit eines Testgeländes hin, bei dem Starts nicht beobachtet werden und die Raketen nicht in bewohntes Gebiet fallen konnten. Dies war die Geburtsstunde der Finanzierung von Peenemünde.
A-1Entwicklung: 1933 |
A-2Entwicklung: 1933-1934 |
Nun konnte man an eine zehnmal schwerere Rakete, die A-3 gehen. Die A-3 sollte 6,7 m lang sein. Der Antrieb mit einem Schub von 14,25 kN ("1.500 kg Motor") sollte nun schon 45 Sekunden lang brennen. Die Breite des Rumpfes betrug 0,67 m. Sie sollte nun auch schon eine instrumentelle Nutzlast in die Höhe transportieren: Die erste Höhenforschungsrakete. Weitere Neuigkeiten waren ein autonomes Flugstabilisierungssystem auf Basis von Kreiseln, welche Informationen über die räumliche Lage lieferten und Strahlrudern mit Ruderstellmotoren zur Steuerung der Schubrichtung. Sie verfügte also über ein adaptives Lenksystem. Der Treibstoff wurde durch flüssigen Stickstoff, gekoppelt an einen elektrisch betriebenen Verdampfer, unter Druck gesetzt. Magnetisch angetriebene Ventile ersetzten die pneumatisch betriebenen und der Treibstoff konnte in zwei Durchsatzraten gefördert werden, um Explosionen bei der Zündung zu vermeiden.
Die A-3 sollte überschallschnell werden. Zuerst musste man also eine Form finden, die Überschallgeschwindigkeit erlaubte. Das Problem: Es gab wenige Überschallwindkanäle. Die ersten Versuche von Dr. Hermann im Wandkanal Aachen zeigten, dass die Form der A-2 für Überschall gänzlich ungeeignet war. Man brauchte aber viel mehr Tests, um die richtige Form zu finden. Dornberger klapperte alle Abteilungen des Heeres ab, bekam aber von jeder eine Absage als er 300.000 Reichsmark für den Überschallwindkanal forderte, selbst als er in Aussicht stellte, dass man durch die Verbesserung der Geschossform sicherlich die Reichweite der Artillerie um 20 % steigern könnte. Erst bei der Flakabteilung bekam er die gewünschte Zusage. Am 1.4.1937 wechselte Dr. Hermann von der Hochschule Aachen wo man den en ersten Überschallwindkanal entwickelt hatte nach Peenemünde und setzte dort die Tests für die ideale Form der A-3 fort. Es war der erste Windkanal der Welt und man konnte in ihm Modelle mit bis zu Mach 4,5 testen. Nach verschiedenen Tests ermittelte man die spitz zulaufende Form einer überdimensionierten Patrone als die Beste. Diese wurde auch auf die A-4 übertragen. Der Windkanal wurde später extensiv genutzt, um die A-4b zu entwickeln wie auch die Flugabwehrrakete Wasserfall. Auch sein Versprechen konnte Dornberger einhalten: Pfeilförmige Geschosse steigerten die Reichweite der 28 cm-Kanone K5 von 57 auf 90 km und mit speziellen Treibringen sogar auf 135-150 km. Die Windkanalversuche für die A-4 waren deswegen wichtig, weil die Rakete sich über große Strecken ihres Fluges antriebslos in der Atmosphäre bewegte. Brennschluss war in 16-22 km Höhe und auch beim Wiedereintritt durchflog die ganze Rakete die Atmosphäre.
Ein weiteres Problem war die Brennkammer. Sie war bisher länglich mit einem abrupten Übergang auf die konische Düse. Die Vermischung des Treibstoffes geschah mit 2 großen Treibstoffstrahlen. Die Nachteile waren groß:
Walter Thiel hatte eine Idee, wie man diese Probleme lösen könnte. Er spritzte Sauerstoff und Alkohol nicht direkt ein, sondern durch eine Anordnung von Spitzkegeldüsen. Diese zerstäubten den Treibstoff unter 15 bar Einspritzdruck gleichmäßig. Dadurch war die Verbrennung gleichmäßiger, die Sauerstoffüberkonzentration verschwand und man konnte die Länge der Brennkammer von 200 auf 30 cm, verringern. Auch wurde eine noch höhere Ausströmgeschwindigkeit von 2.000 m/s erreicht. Diese Konstruktion war so gut, dass man sie auch für die A-4 übernahm, dort wurden 18 dieser Einspritzbecher eingesetzt. Ein Motor für 4.500 kg Schub zeigte, dass man das Prinzip auch auf größere Triebwerke übertragen konnte. Die gute Leistung blieb (Ausströmgeschwindigkeit 2.100 m/s).
Durch die Verkürzung der Brennkammer wurde allerdings die Kühlung wieder zu einem Problem, Thiel verwandte nun Eisen anstatt Aluminium für die Brennkammer. Doch dies alleine löste das Problem nicht. Ein Mitarbeiter von Thiel, Dipl. Ing. Pohlmann, hatte die Idee, man könnte die Brennkammerwand durch Spiritus kühlen, welchen man innen über sie leitete. Der Spiritus würde auch verbrennen, doch wegen des Überschusses an Spiritus blieb die Temperatur an der Brennkammerwand niedrig. Die Idee wurde umgesetzt, indem die Brennkammer viele kleine Bohrungen an gefährdeten Stellen erhielt. Damit der Spiritus nicht vor der Zündung austrat, wurden die Löcher mit Woodmetall abgedichtet, welches dann bei der Verbrennung schmolz. Diese Filmkühlung ist heute noch Standard bei vielen Triebwerken.
Es blieb noch der Übergang zur Düse. Um hier die Belastungen zu minimieren schlug Dornberger vor, den Übergang konisch zu gestalten. Dies senkte nicht nur die Belastung an der Düse, sondern verbesserte auch die Strömung, so dass die Ausströmgeschwindigkeit leicht anstieg. Die A-3 sollte mit 15 bar Brennkammerdruck arbeiten. Man errechnete, dass man mit 50 bar Druck nur wenig an Leistung hinzugewinnen würde, aber dafür die Brennkammer wesentlich schwerer werden würde.
Gesteuert wurde die Rakete durch Strahlruder als Molybdän im Abgasstrahl und einen Kreisel wie bei der A-2, welcher die Rakete stabilisieren sollte. Dazu kamen Luftruder an der Rakete. Ein Fallschirm sollte beim Kippen an der Gipfelhöhe ausgestoßen werden und die Rakete sicher landen.
Im Dezember 1937 wurden drei Startversuche mit der A-3 durchgeführt, doch alle drei schlugen fehl. Die Raketen stiegen zuerst auf, drehten sich aber bald um die Querachse, stießen nach wenigen hundert Metern Höhe den Fallschirm aus und schalteten das Triebwerk ab. Der Fehler lag wohl im Steuerungssystem, das nun erst völlig überarbeitet werden musste. Nach Beendigung der Versuche zog man auf das neue Entwicklungsgelände in Peenemünde um. Inzwischen arbeiteten 90 Personen an den Raketen. Möglich war dies durch eine Finanzspritze (siehe unten) von 11 Mill. Reichsmark.
Man entschied sich, nicht an der A-3 weiterzuarbeiten. Die verbesserte A-3 erhielt stattdessen eine neue Bezeichnung: "Aggregat 5" oder A-5. Die A-5 erhielt ihre um 2 größere Nummer, weil mittlerweile schon die Entwicklung der A-4 begonnen hatte. Das Heer drängte auf eine Großrakete, die eine 1 t schwere Nutzlast über 250 km transportieren konnte. Dies war die A-4. Die A-5 diente auch als Test für das A-4 Konzept und wurde so gedrungener, als die A-3 und sah wie eine verkleinerte A-4 aus. Das war sie auch im Prinzip, denn damit konnte man das aerodynamische Verhalten der A-4 in der unteren Atmosphäre testen. Da die A-5 nur einen leicht verbesserten A-3 Antrieb brauchte, um zu starten, war ihre Entwicklung vor der A-4 abgeschlossen.
Das erste, was bei der A-3 verbessert werden musste, war die Steuerung. Bei den Starts gab es durchschnittlich 8 m/s Seitenwind. Untersuchungen zeigten, dass die Rakete maximal 4 m/s Seitenwind ausgleichen konnte. Die Steuerung war um den Faktor 10 zu schwach und brauchte mit 2,8 Sekunden zu lange für die maximale Korrektur. Die A-5 wurde daher etwas gedrungener. Der Durchmesser stieg um 10 cm bei gleicher Höhe. Die Rakete war nun 900 anstatt 740 kg schwer und so sank die Empfindlichkeit gegenüber Seitenwind. Man wechselte zu leistungsfähigeren Kreiseln von Siemens zur Lenkung. Die Strahlruder, welche den Flammenstrahl umlenkten, wurden größer und bestanden nun aus Graphit anstatt Molybdän.
Während die A-3 nur senkrecht starten sollte, war die A-5 schon als Testmuster für die A-4 gedacht und sollte deren Steuerung erproben. Man muss sich darüber im klaren sein, dass es damals keinen Computer gab. Wie also sollte man die Rakete in eine ballistische Bahn bringen? Die A-5 verwandte dazu ein einfaches System: Nach 4 Sekunden wurde eine Kreiselplattform stetig geneigt. Da nun Kreiselplattformachse und Achse der Rakete nicht mehr identisch waren, versuchte der Kreisel dies auszugleichen und übte eine Kraft aus. Diese wurde aufgenommen und in eine Bewegung der Strahlruder umgesetzt, als Folge schwenkte die Rakete und näherte sich so wieder der Kreiselachse. Hat sie diese erreicht, ist die Kraft aufgehoben und die Strahlruder gehen in die Ausgangsstellung zurück. Diese einfache mechanische Steuerung bewährte sich. Allerdings konnte die erste Steuerung von Siemens D13 mit drei Kreiseln nicht die Genauigkeit in den drehraten erbringen. Siemens besserte nach und lieferte im Oktober 1939 mit der neuen Steuerung SG52 eine Dreichachsenstabilisierung die den Anforderungen entsprach.
Zuerst musste aber dem Stabilisierungsproblem begegnet werden. Neben den Tests im Windkanal warf man auch 20 cm breite und 160 cm lange Modelle aus einer Heinkel He 111 aus 7.000 m Höhe ab, um die Form zu testen. Einige Modelle erreichten mehr als 360 m/s, d.h. Überschallgeschwindigkeit und keines pendelte mehr als 5 Grad um die Längsachse. Die Modelle wurden mehrfach verwendet, indem ein Fallschirm ausgelöst wurde.
Im Sommer 1938 hatte man das Steuerungsproblem bis auf die Steuerung in die Horizontale und die stärkeren Kreisel gelöst und man wollte nun die Rakete testen, auch wenn Fallschirm und Steuermaschine noch nicht verfügbar waren. Im Oktober 1939 testete man drei A-5 auf ihre Eigenstabilität. Die Raketen neigten sich zwar etwas in den Wind, erreichten jedoch fast Schallgeschwindigkeit und etwa 8 km Höhe. Damit hatte man einen Teilerfolg erzielt.
Bei weiteren Tests im Frühjahr 1939 zur Erprobung neuer Leitwerke, kam man erstmals mit dem Walterantrieb in Kontakt, bei dem Wasserstoffperoxid durch Kaliumpermanganat zersetzt wurde und als Förderung des Treibstoffs diente. Ein Walterantrieb diente als Triebwerk, das sparte Geld für ein eigenes Triebwerk für die Rakete ein. Er wurde für verkleinerte Modelle eingesetzt. Diese wogen voll 47 kg, leer 27 kg und der Walterantrieb lieferte für 15 Sekunden einen Schub von 1200 kN, was zwar nur einer Ausströmgeschwindigkeit von 1000 m/s entspricht, aber für die niedrigen Gipfelhöhen vollkommen ausreichend war.
Damit hatte man auch eine technische Lösung für die Treibstoffförderung A-4, welche so groß war, dass eine Druckförderung ineffektiv war: Wasserstoffperoxid wird durch Kaliumpermanganat zersetzt, das heiße Gas treibt dann eine Pumpe an, die den Treibstoff unter Druck in die Brennkammer einspritzt.. Am 23.3.1939 gab es einen Probelauf des A-5 Triebwerks, der Adolf Hitler vorgeführt wurde. Er war einer der wenigen, die nicht von den Triebwerken beeindruckt waren.
Im Sommer 1939, nach 18 Monaten Überarbeitung, war nun die A-5 endlich fertig. Nun standen auch Fallschirm und Steuerung zur Verfügung. Die erste Rakete erreichte nach 45 Sekunden Brennzeit 8 km Höhe. Bei erreichen der Gipfelhöhe löste von Braun durch einen Funkbefehl den Pilotfallschirm aus und einige Sekunden später den Hauptfallschirm. Die Rakete konnte nach einer weichen Landung mit 11 km/h Geschwindigkeit aus der Ostsee gefischt werden. Bei der zweiten A-5 ließ man schon die Steuerung die Fallschirme auslösen. Sie wasserte nur wenige Hundert Meter von der ersten entfernt. Richtig spannend war jedoch der dritte Start. Nun war die adaptive Steuerung voll funktionsfähig. Sie lenkte die Rakete nach 4 Sekunden Vertikalflug in eine um 45 Grad geneigte Bahn. Die Rakete erreichte eine Gipfelhöhe von 4 km und entfaltete in 6 km Entfernung am Gipfelpunkt den Fallschirm: Die Steuerung hatte fehlerfrei funktioniert.
Insgesamt 25 Starts der A-5 fanden in der Folge statt. Die Rakete erreichte Höhen von bis zu 12 km und Reichweiten von bis zu 18 km. Am 5.9.1939 wurden die Versuche abgeschlossen und Dornberger hatte nun einen Erfolg vorzuweisen, um Mittel für eine weitaus größere Rakete zu beantragen.
A-3Entwicklung: 1935-1937 |
A-5Entwicklung: 1938-1939 |
Im Sommer 1939 begann der zweite Weltkrieg. Das Heer sagte nach dem Polenfeldzug, man brauche wohl keine Rakete, weil der Krieg bald aus wäre. Damit man weitere Gelder für die Entwicklung bekam, musste man nun eine Rakete projektieren, welche wirklich eine Verbesserung gegenüber bisherigen Waffen war.
Es gab keine direkten Forderungen des Militärs, welche die Leistung der Rakete festlegten. Von Braun und Dornberger orientierten sich an der Artillerie und legten als Anforderungen eine Reichweite von 250 km (doppelt so weit, wie die "Paris Kanone" des ersten Weltkriegs schoss) mit einer Nutzlast von 1.000 kg Sprengstoff (doppelt so viel, wie in einer 40 cm Schiffsgranate vorhanden war) und einer Zielgenauigkeit von 2-3 Promille der Reichweite (doppelt so genau, wie bei einem Ferngeschoss) fest. Damit war die Größe der Rakete festgelegt: Sie würde ca. 12-13 t wiegen und einen Antrieb mit 245 kN Schub benötigen. Der Durchmesser (mit Flossen 3,56 m) war durch die minimale Breite von Eisenbahntunneln diktiert worden. Diese Einschränkung durch den Transport haben russische Raketen bis heute.
Die Treibstoffe, 75 % Alkohol (B-Stoff) und flüssiger Sauerstoff (A-Stoff) bleiben unverändert. In der "A-4 Fibel", eine Anleitung für die Soldaten wie der Start vorzubereiten ist, gibt es auch Warnungen und dort wird über den B-Stoff gesagt das ein Glas zu Blindheit, vier zum Tode führen. Das trifft aber nicht auf Ethanol zu, sondern Methanol. Es wurden kriegsbedingt zwei Gemische verwendet: Neben 75 Ethanol auch 45 % Ethanol / 30 % Methanol. Das letztere Gemisch hatte eine etwas geringere Reichweite. Bis 250 km Reichweite waren beide Gemische austauschbar, ab 250 km Reichweite musste man beim Ethanol die Druckminderung um 4 Bar erhöhen. Der Ethanol war damit er nicht getrunken wurde (am Geruch war ja unverkennbar das es Alkohol war) vergällt und ein Farbstoff zugesetzt., der ihn je nach Gemisch blau oder violett einfärbte.
Vor dem Start wurde der Sauerstoff bis Überlauf getankt, der Alkohol bis auf einen Restraum von 0,29 m³. Dies war absichtlich so vorgesehen, damit die Rakete mehrere Stunden betriebsbereit bleiben konnte. Es verdampft aber zuerst viel (erste Stunde 320 kg, dann 160 in der zweiten und ab da noch 130 kg/Stunde) dann weniger. 6 Stunden lang konnte eine Rakete so in Bereitschaft gehalten werden.
Die A-4 (Aggregat 4) war fast 20 mal so schwer, wie die A-3. Für sie mussten neue Technologien entwickelt werden. Sie musste aktiv gesteuert werden, damit sie ihr Ziel präzise erreichte. Die A-5 sollte die Technologie der Kreiselsteuerung erproben und dies war ein voller Erfolg.. Basis waren die ersten Autopiloten, die es für Flugzeuge gab. Drei Kreisel dienten als Inertialplattform. Verändert ein Kreisel seine räumliche Lage, so ist er bestrebt, diese wieder herzustellen, damit die Rotationsachse raumstabil bleibt. Dieses Moment konnte man messen und in eine Spannung umwandeln. Eine analoge Steuerung übersetzte diese in Bewegungen der Strahlruder, die den Kursabweichungen gegensteuerten.
Das einfachste wäre es die Abweichung die die Kreiselachse direkt elektrisch in Bewegungen der Ruder zu übersetzen. Doch diese einfache Möglichkeit hat den Nachteil das so über korrigiert wird, da die Triebwerke sofort die Richtung ändern und dies stark, auch wenn die Abweichung von der Sollposition nur klein ist. Man löste dies indem man das Signal nicht direkt nahm, sondern in einer Schaltung zweimal differenzierte. Das geschieht sehr einfach indem man einen Widerstand und Kondensator in Reihe schaltet. Diese Schaltung differenziert. Aus drei dieser Schaltungen erhielt man dann den Korrekturwert abgestimmt auf die Reaktionszeit und die Kraft der Strahlruder. Die Strahlruder können nur die Rakete in zwei Achsen (Gier- und Nickachse) steuern. Um zu verhindern dass sie sich dreht (Rollachse) gab es die großen Finnen am Heck. sie waren drehbar und wurden ebenfalls von einem Gyroskop gesteuert, das jeweils zwei Finnen (1+3) drehte sodass die eine Luftströmung induzierten die der Rotation entgegenwirkte. Aufgrund dessen musste die A-4 noch Brennschluss haben wenn die Luft dicht genug ist. Vor dem Einschlag wurden die Finnen in Neutralstellung gebracht.
Dieser Korrektur von Umgebungseinflüssen wie Wind, Vogelschlag, Regen oder einfach mechanischen Unzulänglichkeiten (Schubzentrum weicht vom Schwerpunkt ab) muss die Rakete aber auch in ein bestimmtes Ziel in einer bestimmten Richtung gesteuert werden. Die Richtung wurde vorgegeben indem die Rakete mit Flosse 1 genau in die Richtung des Ziels ausgerichtet wurde. Per Funkleitstrahl konnte man noch die Breitenstreuung verringern. Die Entfernung wurde über die Steilheit oder Flachheit der Bahn festgelegt.
Das Flugprofil wurde durch die gezielte Neigung der Kreiselplattform vorgegeben. Die A-4 startete senkrecht und nach 4 Sekunden wurde die Kreiselplattform langsam geneigt. Die Kreisel waren bestrebt, die alte Richtung beizubehalten und übten so eine Kraft aus, die man in elektrische Spannung umsetzte und damit die Rakete durch die Steuerruder in die gleiche Richtung lenkte, wie die der Kreisel. Nach 54 Sekunden wurde ein Endwinkel von 49 Grad erreicht. Auch 43 Grad als Endwinkel gab es. Für 49 Grad betrug das Umlenkprogramm:
Zeit nach dem Abheben | Dauer | Winkeländerung Grad/s | Endwinkel Grad |
---|---|---|---|
0 | 4 | 0 | 90 |
4 | 7 | 1,8 | 77,4 |
11 | 3 | 1,2 | 73,8 |
14 | 16 | 0,9 | 59,4 |
30 | 18 | 0,8 | 45 |
48 | 4 | 0,5 | 43 |
52 | 13 | 0 | 43 |
Das Umlenkprogramm war fest. Die Entfernung in der die Rakete aufschlug wurde mit dem Zeitpunkt des Brennschlusses festgelegt. Erfolgte er nach 57,5 s so flog sie 150 km weit, erfolgte er nach 64,1 s so flog sie 280 km weit.
Brennschluss war nach 65 Sekunden. Die A-4 war dann 24 km vom Startort entfernt und in 22 km Höhe. Die Bahn hatte eine Gipfelhöhe von 80-90 km. Die maximale Reichweite wurde im Laufe der Entwicklung auf bis zu 320 km gestreckt. Die Aufschlagsgeschwindigkeit betrug je nach Winkel zwischen 900 und 1.100 m/s. Die Brennschlußgeschwindigkeit betrug 1.600 m/s.
Natürlich muss eine Steuerung auch auf Einflüsse von außen (Wind) oder innen (ungleichmäßige Verbrennung) reagieren. Dazu hatte die A-4 eine "Mischapperatur", in der die Abweichungen von der Sollbahn zusammengeführt und mit der Kursvorgabe addiert wurden. Sie erzeugte daraus ein Signal für die Strahlruder, welche den Flammenstrahl umlenkten, um den Kurs zu gewährleisten.
Die Sollgeschwindigkeit wurde zuerst durch ein Funksystem gesteuert. Dazu wurde ein Signal mit der zu erwartenden Dopplerverschiebung für die Brennschlussgeschwindigkeit zur Rakete geschickt. Dort empfing es eine Elektronik und Ein Filter schnitt bis auf einen kleinen Bereich die Frequenzen ab. Erreichte die Rakete die Brennschlussgeschwindigkeit so stieg die Signalstärke rapide an, was schließlich genügend Strom für den Brennschluss erzeugte. Das ganze war allerdings bei der damaligen Technik und auch der Limitationen in der Ausrichtung (die Rakete dürfte sich nicht drehen) noch ungenau. Später führte man daher zwei Frequenzen ein. Bei Erreichen der ersten mit einer niedrigen Geschwindigkeit wurde der Schub von 25 auf 8 t gesenkt und erst bei der zweiten das Triebwerk abgeschaltet.
Die Breitenstreuung wurde durch einen 25 m hohen Dipolmast reduziert, der 10 bis 16 km hinter dem Startort aufgestellt wurde. Er strahlte zwei Signale ab die einige Grad auseinander lagen und in der Mitte, also wohin die Rakete fliegen sollten hoben sich die Signalstärken auf. Damit die Rakete die beiden Signale auseinander halten konnte hatte eines eine Frequenz von 7 KHz, das andere eine von 5 KHz. Eine Elektronik musste so nur die Signalstärken die bei 5 und 7 KHz empfangen wurden vergleichen. War das 7 KHz Signal stärker so war die Ausrichtung zu weit nach links, war das 5 KHz Signal stärker, so war war die Rakete zu weit nach rechts geflogen. Entsprechend wurden die Ruder gedreht und die Rakete wieder auf Sollkurs gebrahct.
Die Titan verwandte bis 1980 noch diese Steuerungsmethode. Diese Steuerung über Funkleitstrahlen sowohl für die Breitensteuerung wie Weitensteuerung war der Standard beim militärischen Einsatz.
Schon 1939 gab es jedoch den Auftrag für eine interne Steuerung. Ein analoges Integrationsgerät summierte die Beschleunigung und schaltete den Antrieb ab, wenn eine vorgegebene Sollgeschwindigkeit erreicht wurde. Die Entwicklung dauerte lange und es war erst 1944, kurz vor dem Fronteinsatz, einsatzbereit. Ein Doppelintegrationsgerät, welches auch den Weg bestimmte und so eine höhere Zielgenauigkeit hatte, wurde erst zu Kriegsende fertig gestellt und kam nicht mehr zum Einsatz.
Ein Problem war die Breitenstreuung. Eine A-4 konnte die Vorgabe der Längenstreuung recht gut einhalten, doch in der Abweichung der Breite summierten sich über den Flug kleine Ungenauigkeiten wie Wind und andere Einflüsse. Die ersten Tests ergaben eine Breitenstreuung von 4,5 km für 50 % der Raketen, d.h. alle Raketen schlugen in einem Kreis von 18 km Durchmesser auf und 50 % in einem Kreis von 9 km Durchmesser. Berechnungen ergaben, dass man mit einem Funkleitstrahl diesen Wert von 18 auf 1 km drücken könnte. Doch Funkleitsysteme unterstanden der Luftwaffe und ohne die benötigte Dringlichkeitsstufe gab es hier keine Entwicklung für die A-4. Ein modifiziertes System für Bomber wurde zwar eingesetzt, doch bei der Sendefrequenz von 50 MHz störte die Ionisation des Abgasstrahls stark (Verlust der Signalstärke von 90 %), so dass es nur wirksam im unteren Teil der Bahn war. Sobald die Rakete sich neigte und ein Signal zur Spitze so erst den Flammenstrahl durchqueren musste, war das Funkleitsystem unwirksam. Es gab bis Kriegsende Versuche mit einem 300 MHz System (Verlust der Signalleistung nur noch 10 %), doch kam dieses nicht mehr zum Einsatz. Die Genauigkeit lag bei Tests bei weniger als 2.000 m Seitenabweichung und weniger als 100 m Längenabweichung. Einige Raketen sollen 100 m Zielgenauigkeit erreicht haben. Die operationellen A-4 mussten mit einem einfacheren System auskommen, das eine 50 %-Breitenstreuung von 2 km hatte.
Das ganze Lenkungssystem, das später zum Vorbild aller Raketen in Ost und West werden würde, beschrieb Dipl. Ing Oscar Scholz so: "Die Hauptelemente der Steuerung der A-4 waren zwei Meßgeber (Kreisel: Vertikant und Horizont), Programm (Zeitschaltwerk), Rechner (Mischgerät), Kraftschalter und Rudermaschine. Der Horizont diente zur Festlegung von Ablagen in der D-Ebene (Längsstreuung), der Vertikant in der E-Ebene (Breitenstreuung). Die Ablagen von der geforderten Bahnebene als Vergleich des augenblicklichen Ist-Werts und des Soll-Werts (Führungsgröße, ergibt sich durch kreiselbedingte Abgriffe an Doppelpotentiometern in Form eines proportionalen Gleichstroms, der dem Mischgerät zugeführt wird (Regelgröße)). Diese Regelabweichungen, bzw. Signale, werden mit entsprechenden Korrektur- und Stabilisierungsgrößen (Aufschaltgrößen) vermischt, sodann die kombinierten Größen verstärkt und dem Stellmotor (Rudermaschine) zugeführt, wo das Auslaufen der entsprechenden Luft- oder Strahlruder eingeleitet wird, die endlich die gewünschte Richtungsänderung hervorrufen. Um die Seitenstreuung, die größer als die Längsstreuung war, einzudämmen, wurden in bestimmten Fällen ein zusätzliches Leitstahlsystem verwendet. Die Brennschlussabgabe erfolgte anfangs durch Funk vom Boden aus mit Hilfe des Dopplereffektes (Frequenzdifferenz diente als Maß für die Geschwindigkeit) und später mit Hilfe eines Integrationsgerätes im Flugkörper funkfrei (unabhängig vom Boden). Das Integrationsgerät hatte Beschleunigungsköpfe. Die im Flugkörper gemessenen Beschleunigungswerte wurden mit einer Spezialbatterie 'integriert'. Bei dem für eine bestimmte Reichweite erforderlichen Geschwindigkeitswert ergab ein Spannungssprung in der Spezialbatterie das Kommando für die zweistufige Abschaltung des Raketentriebwerks. Die Spezialbatterie wurde am Boden mit dem erforderlichen Geschwindigkeitswert aufgeladen. Mit der funkfreien A-4, die sich selbstständig lenkte (Trägheitslenkung, Programm), wurden komplizierte Bodenanlagen sowie feindliche Störmöglichkeiten vermieden. Für die letzten Geräte waren kreiselstabilisierte Plattformen (3 Kreisel) mit mehreren auf der Plattform montierten Beschleunigungsköpfen (Brennschlussgabe mit doppelter Integration, Feststellen von Seitenbeschleunigungen, usw.) vorgesehen. Allerdings wurden die einzelnen Komponenten verfeinert, genauer und kleiner. Damit ist auch die heutige Lenktechnik charakterisiert."
Soweit die Ausführungen von Oscar Scholz. In der Tat hatte die Steuerung der A-4 alle Elemente, die heute eine Rakete hat, welche autonom navigiert. Die Apparaturen waren einfacher und anstatt eines Digitalrechners gab es analoge Schaltungen, die Ströme "vermischten" oder aus einer Referenz und einem Signal des Istwertes einfach die Differenz bildeten. Doch die wesentlichen Elemente findet man auch heute noch in jeder Rakete. Als im Westen Mitte der neunziger Jahre die technischen Daten der Steuerungen von russischen Raketen bekannt wurden, staunte man nicht schlecht: Die wesentlichen Elemente der A-4 wurden nach wie vor eingesetzt und die gesamten Steuerungen waren analog. Die Proton benutzte nach wie vor eine Spezialabatterie, die vor dem Start mit einer Geschwindigkeitsvorgabe aufgeladen wurde. Erst im Jahre 2002 und 2005 wurden bei der Proton und Sojus die analogen Steuerungen durch digitale ersetzt.
Das nächste Problem war die Treibstoffförderung. Die A-4 transportierte erheblich mehr Treibstoff, so dass die bei der A-5 angewandte Druckförderung nicht mehr praktikabel war. Der Treibstoff wurde von einer Turbopumpe mit hohem Druck gefördert. Die Pumpe wiederum erhielt ihre Leistung von einer Turbine, die mit heißem Gas angetrieben wurde. Sie trieb die Pumpe über eine Welle an. Wernher von Braun machte sich wenig Hoffnung, eine solche Pumpe zu finden, doch er wurde eines besseren belehrt. Als er eine Pumpenfabrik besuchte, legte er seine Anforderungen vor: Die Pumpe musste 150 l/s fördern können (eine Badewanne wäre in weniger als 2 Sekunden voll gewesen) und dies bei einem Druck von 20 bar. Sie musste einfach sein, eine hohe Zuverlässigkeit haben und praktisch die volle Leistung aus dem Stand in wenigen Sekunden erreichen. Weiterhin musste die Flussrate sehr präzise eingehalten werden und viel wiegen durfte sie auch nicht. Von Braun war überrascht, als man ihm sagte, dass er eine Feuerwehrpumpe suchte: Diese hatte fast die geforderten Eigenschaften und konnte als Basis für die Turbopumpe dienen.
Zur Erzeugung des Dampfes für die Turbine gab es zwei Möglichkeiten. Die eine wäre, von den Abgasen der Brennkammer etwas abzuzweigen und mit Wasser zu vermischen, um so heißen Wasserdampf zu erhalten. Dies wurde auch versucht, doch gelang dies erst Ende 1944 und wurde nicht mehr in der Produktion eingesetzt. Der zweite Ansatz war ein getrenntes System, welches technisch nicht so elegant und schwerer, aber einfacher herzustellen war. Hier nutzte man die 1934 von Walter in Kiel entwickelte Methode zum Antrieb von U-Boottorpedos. Dabei wurde Wasserstoffperoxid mit Kaliumpermanganat zersetzt. Dies erzeugte heißen Wasserdampf der mit Sauerstoff angereicht war:
2 H2O2 -> 2 H2O + O2 + Wärme
Dieser wurde zum Antrieb der Turbine benutzt. Dieses Design bewährte sich und wurde übernommen. Die A-4 verfügte dafür über 175 kg Wasserstoffperoxid und 13 kg Kaliumpermanganat zum Betrieb des Gasgenerators. Diese wurden damals T-Stoff (Wasserstoffperoxyd) und Z-Stoff (Kaliumpermanganat) genannt., Die Pumpe hatte eine Leistung von 680 PS. Noch bis in die späten fünfziger Jahre setzten die meisten westlichen Raketen ebenfalls dieses System ein. Auch die Sojus hat in der ersten Stufe einen Gasgenerator, der Wasserstoffperoxid zersetzt.
Die Brennkammer sollte zuerst nur zwei Injektionssysteme für die beiden Treibstoffe erhalten. Doch da man sich dies nicht im ersten Schritt zutraute, experimentierte man zuerst mit dem "18 Spritzbecher Motor", der 18 einzelne Injektionssysteme der A-5 mit eigenen Vorkammern zur Durchmischung hatte. Da er eine höhere Leistung als erwartet zeigte, (270 kN Schub anstatt der geforderten 245 kN) behielt man ihn auch für die Serienproduktion bei. Erst kurz vor Kriegsende wurde er von einem vereinfachten Modell abgelöst. Dieses hatte nur ein Einspritzsystem, machte aber in der Entwicklung Probleme durch unregelmäßige Verbrennungen und Explosionen. In die Brennkammer wurde der Treibstoff mit einem Druck von 2,4 bar eingespritzt. Die doppelwandigen Brennkammern hatte man durch ein Röhrchengeflecht abgelöst, in dem der Alkohol zirkulierte. Er kühlte so die Brennkammer und erhitzte sich dabei auf 70 Grad Celsius. Das war stabiler und leichter, als die Doppelwandbrennkammer und ist heute noch Stand der Technik. Die Brennkammer hatte ein Volumen von 0,8 m³ und einen Durchmesser von 74 cm.
Auch die Düse musste mehr aushalten, als jemals zuvor, die Verbrennungstemperaturen erreichten 2.700 Grad Celsius. Damit diese nicht schmolz, leitete man Alkohol am Düsenhals über feine Röhrchen an die Düsenwand, wo er verdampfte und die Düse durch Filmkühlung kühlte. Die Düse war ein Kompromiss zwischen Betrieb am Boden und in der oberen Atmosphäre. Der Druck nahm vom Düsenhals von 15,45 bar auf 0,85 bar ab. Dies ergibt ein Entspannungsverhältnis von 18,2, ein Wert, der auch heute bei Erststufen noch gängig ist. Der Schub stieg durch den geringer werdenden Druck in der Atmosphäre an und erreichte zum Brennschluss 285 kN.
Die Rakete wurde während des Fluges durch die Atmosphäre durch vier Flossen stabilisiert, auf denen die Rakete auch am Boden stand. Damit vermied man einen Startturm und dies vereinfachte den Start mit mobilen Startrampen. Das Design, das 5-fache Schallgeschwindigkeit erreichen sollte, wurde in einem Überschallwindtunnel auf Peenemünde getestet.
Das Einzige, was an der A-4 noch nicht modern war (in dem Sinne, dass es heutige Raketen nicht mehr einsetzen), war die Lenkung. Die A-5 verwandte Strahlruder. Dies waren mit Graphit beschichtete Bleche, die in die Düse ragten, den Strahl ablenkten und so die Steuerung der Rakete ermöglichten. Man verwandte zuerst Molybdänruder und ersetzte diese später durch leichtere und billigere Graphitruder. Heute verwendet nur noch die Kosmos Rakete diese Steuerung. Weiterhin war die Rakete sehr massiv gebaut, damit sie den Eintritt mit mehrfacher Überschallgeschwindigkeit überstand. Spätere Raketen, die man in West wie Ost aus der A-4 entwickelte, trennten dagegen den Sprengkopf vor dem Wiedereintritt ab, so dass man die Tanks erheblich leichter bauen konnte. Auch die massiven Flossen entfielen später.
Der Treibstoff war, wie bei den Vorgängern A-1 bis A-5, eine Mischung aus 3.865 kg 75 %-igem Ethanol (+25 % Wasser) und 4.970 kg flüssigem Sauerstoff, der wegen seiner Temperatur von -183°C Spezialbekleidung beim Betanken erforderte. Die A-4 wurde zwar als Waffe eingesetzt, doch ihre technische Auslegung war eine andere. Sie verwandte wie die kleineren Raketen 75 %-igen Alkohol als Treibstoff. Dies wurde gewählt, weil man Erfahrung mit dieser Mischung hatte. 95 %-iger Alkohol (azeotropes Gemisch) wäre nicht viel aufwendiger herzustellen, aber besäße einen höheren Energiegehalt. Noch geeigneter wären Kohlenwasserstoffe, wie Benzin oder Schweröl, gewesen. Doch hier zeigte sich eine Eigenheit von Wernher von Braun, die er bis zu seinem Lebensende behielt: Er blieb gerne schon bestehenden Konstruktionen und Treibstoffen treu, auch wenn diese Nachteile hatten und wagte neues nur dort, wo es unbedingt nötig war. Der Wasseranteil begrenzte auch die Temperaturen und erleichterte so die Kühlung, das galt auch für den Tel des Gemisches der durch kleine Poren in die Brennkammer diffundieren konnte, dort verdampfte und so kühlte. Kriegsbedingt wurde aber auch eine Ethanol/Methanolmischung verwendet. Wernher von Braun setzte den Treibstoff auch später bei der Redstone Rakete ein., Für andere Raketen, die man in Peenemünde entwickelte, wurden auch die lagerfähigen Treibstoffe Hydrazin und Wasserstoffperoxid verwendet. Sauerstoff ist dagegen nur bei -183 Grad flüssig, das ist für eine mobile Waffe äußert nachteilig.
Die A-4 verbrannte die Treibstoffe wie heutige Raketen unter einem Überschuss des Verbrennungsträgers, in diesem Falle Alkohol. Die maximale Energieausbeute erhält man im stöchiometrischen Verhältnis, d.h. dem Verhältnis, bei dem Alkohol und Sauerstoff vollständig miteinander verbrennen, ohne das ein Rest eines Reaktionspartners übrig blieb. Dieses Verhältnis liegt bei Sauerstoff und Alkohol bei 2,08:1. Die A-4 verwandte ein Verhältnis von 1,71 (unter der Berücksichtigung des Wassers, das an der Reaktion nicht teilnahm). Der Überschuss an Alkohol und das Wasser im Alkohol verhinderten ein Durchbrennen der Brennkammer. Die Ausströmgeschwindigkeit der Gase lag bei 2.100 m/s. Dies ist kein überragend hoher Wert. Man untersuchte zwar auch andere Treibstoffe, die bis zu 40 % höhere Werte liefern konnten, doch blieb man bei der bewährten Kombination, da man eine Reichweitenvergrößerung einfacher durch das Anbringen von zwei Paar Flügeln erreichen konnte. Zudem ergab sich im Laufe des Krieges auch das auf Erdöl basierende Treibstoffe immer knapper wurden. Alkohol konnte man aber auch durch Destillation von Gärungsprodukten gewinnen. Das war aber als die Entscheidung für den Treibstoff fiel noch nicht so wichtig.
Eine Waffe muss zudem nur den Sprengkopf in das Ziel befördern. Dieser wird heute abgetrennt, nachdem die Rakete ausgebrannt ist. Damit vermeidet man zum einen eine starke aerodynamische Belastung der leeren Rakete, die bei der A-4 eine massive Konstruktion nötig machte und die großen Flügel am Heck zur Stabilisierung beim Wiedereintritt. Die A-4 hatte keinen abtrennbaren Sprengkopf und war daher massiv gebaut, um den Belastungen bei Mach 5 auszuhalten und hatte massive Flügel. Die Tanks waren innerhalb der Konstruktion eingebaut und nicht als tragende Konstruktion ausgelegt. Die Tanks und Leitungen bestanden aus Aluminiumlegierungen, die Außenhülle größtenteils aus Stahl. Dieses schwerere Material war nötig, weil sich die Rakete beim Wiedereintritt auf 680 Grad Celsius erwärmte, also über den Schmelzpunkt von Aluminium von 660 Grad Celsius. Es war wirklich eine um den Faktor 20 vergrößerte A-5. Als die Sowjets diese Nachteile bei der R-2 beseitigten, konnten sie die Reichweite glatt verdoppeln. Ich betone dies so ausführlich, weil in den letzten Jahren von verschiedenen Autoren der Vorwurf erhoben wurde, von Braun hätte seine A-4 dem Militär als Waffe "aufgedrängt". Wenn er wirklich darauf aus gewesen wäre, so hätte er sicher eine andere Rakete konstruiert, die mehr auf die Beförderung des Sprengkopfes ausgerichtet war. Stattdessen arbeitete man an einer geflügelten Version der A-4, welche auch einen Piloten in 17 Minuten über 644 km Distanz befördern konnte - Der erste Raumfahrer.
Es gab zwar Überlegungen, eine verbesserte A-4 namens A-60 zu bauen, welche tragende Tanks mit größerem Fassungsvermögen hatte. Bei einer Startmasse von 23 t und einem Startschub von 60 t hatte diese Rakete eine Brennschlussgeschwindigkeit von 2.500 m/s und eine Reichweite von 750 km. Das von 1940-1944 verfolgte Projekt wurde 1944 aufgegeben, nachdem man mit der A-4B einen einfacheren Weg gefunden hatte, die Reichweite zu vergrößern. Später übernahmen die Sowjets die Pläne der A-60 und konstruierten daraus die R-2.
A-4Erststart 23.5.1942 Startmasse: 12.428 kg Länge: 14 m Triebwerk: Bahn: |
Mit der A-4 gab es viel mehr Geld für die Entwicklung, denn nun interessierte sich auch die Luftwaffe für die Rakete als Waffe.1937 bekamen die Raketenbauer um Wernher von Braun, der technischer Direktor der Raketenentwicklung wurde, 11 Millionen Reichsmark, im Vergleich zu dem bisherigen Etat von 80.000 Reichsmark. Diese Summe kam dadurch zustande, dass nun auch die Luftwaffe von Brauns Dienste wollte und ihm 5 Millionen Reichsmark anbot. Daraufhin legte das Heer 6 Mill. Reichsmark dazu, um das Sagen zu behalten. Es blieb also alles beim alten, nur hatte von Braun jetzt genügend Geld, um die A-4 Entwicklung zu beginnen. Er entwickelte für die 5 Mill. Reichsmark für die Luftwaffe Starthilfen für schwere Bomber und das Konzept eines Raketenjägers.
Man suchte ein abgelegenes Testgelände und Wernher von Braun schlug Peenemünde auf der Ostseeinsel Usedom vor, da sein Großvater in der menschenleeren Gegend auf Jagd ging. Er war im Dezember 1936 dort zu Weihnachten bei Verwandten gewesen und das Gelände war ideal: Eine menschenleere Insel und freies Schussfeld über 400 km nach Osten über die pommersche See. Im April 1936 bekam man 750.000 Reichsmark für den Kauf des Geländes. Peenemünde umfasste neben Peenemünde-Ost, der Versuchsanstalt des Heeres, an der die A-4 und andere Raketen entwickelt wurden, noch Peenemünde-West, die Versuchsanstalt der Luftwaffe. Dort entstand die Flügelbombe Fi-103 und es wurde an Raketenflugzeugen wie der Me-163 und He-178 gearbeitet.
Dort wurden bald Bunker, Teststände für Triebwerke mit 200 t Schub und Produktionsanlagen aus dem Boden gestampft. Das Heer übertrug General Walter Dornberger die Aufsicht über die Entwicklung. Wernher von Braun wurde technischer Leiter. Er war für die Entwicklung der Rakete zuständig, nicht jedoch für die Organisation und die Beschaffung von Material und Arbeitskräften. Dafür war Walter Dornberger verantwortlich, der dies in seinem Buch "Die Geschichte der V-Waffen" klar macht: Von Braun war zwar ein fähiger Leiter in Peenemünde, aber ihm unterstellt.
Bis die erste A-4 startbereit war, dauerte es: Am 1.5.1937 begannen die Arbeiten für die A-4 in Peenemünde. Am 21.3.1940 gab es den ersten Probelauf des Triebwerks. Doch erst am 23.5.1942 konnte der erste A-4 Start stattfinden. Die Rakete hob für eine Sekunde ab, als die Treibstoffzufuhr ausfiel. Sie fiel auf die Flossen, kippte um und explodierte. Die zweite A-4 erreichte eine Höhe von 11 km, drehte dann zum Erdboden und schlug auf. Am 3.10.1942 dagegen begann das Weltraumzeitalter: Die vierte A-4 erreichte eine Höhe von 84 km und flog 187 km weit. Bestückt war sie mit einem Emblem: Das Logo von Fritz Langs Film "Die Frau im Mond". Für viele war dieser Film nicht nur ein Film, sondern eine Vision gewesen und mit dem Logo erinnerten sie daran. Allerdings saß die Frau im Mond auf einer A-4 als Trägerrakete und nicht auf der Filmrakete. Noch etwas übernahm man: Wie beim Stummfilm zählte man den "Countdown" herunter. Im Film verwendete man entsprechende Texttafeln um dem Zuschauer klar zu machen, wann der Start erfolgte. Dieses Ritual übernahmen die USA und die UdSSR, weil sie sich auch zuerst der Raketenexperten aus Peenemünde bedienten. (Bild links und rechts unten Ausschnittsvergrößerung)
Grund für die 5 Jahre dauernde Entwicklung war, dass die Rakete lange Zeit keine Priorität in der Entwicklung hatte. Zuerst bekam die Rakete im September 1938 die oberste Dringlichkeitsstufe von General Kesselring und die Entwicklung verlief zügig. Hitler besuchte im März 1939 Kummersdorf und war wenig beeindruckt, er ließ im November 1939 die Hälfte der Materiallieferungen streichen. Schließlich war der Polenkrieg gewonnen und es sah nicht nach einem langen Krieg aus. Am 19.3.1940 wurde dem Peenemünder Projekt ganz die Dringlichkeitsstufe entzogen. Dornberger musste nun nicht nur um das Material, sondern auch um die Techniker kämpfen und erreichte es, dass 4.000 Mann mit technischen Kenntnissen aus der Fronttruppe ihm unterstellt wurden. Die Interventionen von Dornberger nach Material und Geld brachten schließlich einen Teilerfolg: Im August 1941 wurde von Hitler die Genehmigung der Entwicklung bis zur Einsatzreife gegeben, allerdings ohne, dass die Rakete eine Dringlichkeitsstufe erhielt.
Nach dem ersten Testflug im März 1942 stieg das Interesse Hitlers und er ließ abschätzen, welchen Aufwand eine Serienproduktion von 3.000 Raketen pro Monate erfordern würde - ein völlig irrealer Wert, dafür gab es nicht einmal genügend Treibstoff. Nach dem vierten Testflug ging im Dezember 1942 Dornberger zu Reichsminister Speer, der sich für Peenemünde einsetzte, aber die A-4 Entwicklung musste sich das Geld mit der Luftwaffe teilen, die in Peenemünde West die Flügelbombe Fi-103, später als "V-1" bezeichnet, entwickelte. Anstatt Geld bekam Dornberger, Leiter von Peenemünde, von Speer den Manager Degenkolb zugeteilt. Dieser hatte sich den Ruf erarbeitet, beim Lokomotivenbau die Produktion enorm gesteigert zu haben.
Degenkolb wollte sofort die Serienproduktion, auch wenn von Braun und andere Ingenieure sagten, dass die A-4 noch zu komplex für eine Produktion sei und man sie vereinfachen müsse, dafür brauche man aber erst mehr Tests. Degenkolb wollte davon nichts wissen. Nun wurde auch die Serienproduktion vorbereitet, die anfangs bis zu 250 Raketen pro Monat umfassen sollte. Geplant war eine Produktion in Peenemünde, Friedrichshafen, Berlin-Falkensee und der Wiener Neustadt. Es wurde eine Monatsproduktion von 600 Raketen gefordert. Die Produktion sollte ab April 1943 beginnen und im September 1944 die Sollzahl von 600 erreichen. Insgesamt sollten zwischen März 1943 und Dezember 1944 5.150 A-4 gebaut werden. Später wurden diese Pläne nochmals verschärft und man plante bis Ende 1943 die Fertigung von 3.180 Raketen. Degenkolb machte aber noch mehr und setzte sich für eine Privatisierung von Peenemünde ein. Die Turbulenzen um Peenemünde förderten nicht gerade die Weiterentwicklung der A-4. Bevor es jedoch zu einer Serienproduktion kam, wurde Peenemünde bombardiert und die Planungen geändert.
Im Juli 1943 drang Dornberger endlich zu Hitler persönlich vor. Er erläuterte, dass die Pläne für eine Serienproduktion maßlos überzogen und mit den Mitteln, die man hatte, nicht zu erreichen seien. Auch wurde ein Film vom Testflug vom 3.10.1942 vorgeführt. Nun war Hitler begeistert und gab der A-4 die höchste Dringlichkeitsstufe. Mehr noch, es sollten 900 Stück pro Monat gebaut werden und er wollte eine Rakete mit einer Nutzlast von 10 t! Schon zu diesem Zeitpunkt arbeiteten 18.000 Personen an der A-4, davon 5.000 Wissenschaftler und Ingenieure. Dem ersten gelungenen Flug schlossen sich noch 31 weitere Testflüge bis zum 9.7.1943 an. Nun gab es zwar die Mittel, jedoch wurde nach dem Besuch von Hitler die Rakete operationell erklärt, obgleich sie dies nicht war und nun sollte die Serienproduktion anlaufen. Anstatt mobiler Abschussrampen wollte man die Rakete von festen Abschussbasen an der Kanalküste aus starten, die erst noch gebaut werden mussten (und dann kurz vor der Invasion im Mai 1944 mit bunkerbrechenden 6 t-Bomben zerstört wurden).
Es wurde bis Ende des Krieges weiter an der A-4 gearbeitet. Zum einen, um die Zuverlässigkeit zu erhöhen, zum anderen, um die Konstruktion zu verbessern und zu vereinfachen. Weitere Änderungen gab es nach der Felderprobung (siehe nächster Teil). Insgesamt 60.000 Änderungen gab es vom ersten Prototypen bis zur Serienproduktion. Der letzte Testabschuss einer A-4 erfolgte erst im Januar 1945. Es war der 265. Test einer A-4.
Die Fertigung der A-4 erfolgte zuerst in Peenemünde und in Friedrichshafen am Bodensee. Nach einem Angriff von 618 englischen Bombern am 17/18. August 1943 auf Peenemünde und in der Folge auf 3 weitere Fabriken, die Teile der V-2 produzierten, beschloss man, die Testanlagen in Peenemünde zu dezentralisieren und die Fertigung zu verlagern. Der Angriff auf Peenemünde traf vor allem die Siedlung der Arbeiter, während die Fabrikationshalle und die Prüfstände weitgehend unbeschädigt blieben. Auf Karten, die man in einigen der 47 abgeschossenen Maschinen fand, war auch die Siedlung als eines der Hauptziele eingetragen. Dort gab es zahlreiche Tote unter den Arbeitern und ihren Familien, darunter der Chef der Triebwerksentwicklung, Dr. Thiel.
Peenemünde war nicht nur Entwicklungsort der A-4, sondern dort wurden auch die V-1 (technische Bezeichnung: Fiesler Fi-103, eine geflügelte Bombe mit Staustrahlantrieb) und zahlreiche andere Raketen für das Militär entwickelt, wie Artillerieraketen ("Nebelwerfer") und der Antrieb für das Raketenflugzeug Me-163. Es war daher klar, dass dieses Gebiet früher oder später bombardiert werden würde. Die Bombardierung änderte an der Entwicklung in Peenemünde wenig, man hatte bald die Anlagen wiederhergestellt, doch sie führte dazu, dass man sich neue Gedanken über den Produktionsort der Rakete machte.
Weiter mit dem zweiten Teil über die Produktion und den Einsatz der A-4.
Wie man an dem Umfang der Website sieht, sind Trägerraketen eines meiner Hauptinteressen. Es gibt inzwischen eine Reihe von Büchern von mir, auch weil ich in den letzten Jahren aufgrund neuer Träger oder weiterer Informationen über alte Projekte die Bücher neu aufgelegt habe. Sie finden eine Gesamtübersicht aller Bücher von mir bei Amazon und hier beim Verlag.
Ich beschränke mich in diesem Abschnitt auf die aktuellen Werke. Für die in Europa entwickelten Trägerraketen gibt es von mir zwei Werke:
Europäische Trägerraketen 1 behandelt die Vergangenheit (also bei Drucklegung): Das sind die nationalen Raketen Diamant, OTRAG und Black Arrow und die europäischen Träger Ariane 1 bis 4 und Europarakete.
Europäische Trägerraketen 2 behandelt die zur Drucklegung 2015 aktuellen Träger: Ariane 5, Vega und die damaligen Pläne für Vega C und Ariane 6.
Wer sich nur für einen der in den beiden besprochenen Träger interessiert, findet auch jeweils eine Monografie, die inhaltlich identisch mit dem Kapitel in den Sammelbänden ist, nur eben als Auskopplung.
Weiter gehend, alle Raketen die es weltweit gibt, behandelnd, gehen zwei Bände:
und
Internationale Trägerraketen (im Sinne von allen anderen Raketen weltweit)
Auch hier habe ich 2023 begonnen, die Bände aufzusplitten, einfach weil der Umfang für eine Aktualisierung sonst weder handelbar wäre bzw. an die Seitengrenze stößt, die der Verlag setzt. Ich habe auch bei den Einzelbänden nochmals recherchiert und den Umfang erweitert. Bisher sind erschienen:
US Trägerraketen 1 mit den frühen, kleinen Trägern (Vanguard, Juno, Scout)
US Trägerraketen 2 mit der Titan-Familie
2023 wird noch die erste Auskopplung aus den internationalen Raketen über russische Träger erscheinen. Nach und nach werden alle Raketen dann in einzelnen Monografien geordnet nach Trägerfamilien oder Nationen dann aktualisiert auf den aktuellen Stand, so besprochen.
Für die Saturns gibt es noch einen Sonderband, den ersten in der Reihe über das Apolloprogramm.
Alle bisherigen Bücher sind gerichtet an Leute, die wie ich sich nicht mit oberflächlichen Informationen oder Zusammenfassung der Wikipedia zufriedengeben. Wenn sie sich nicht für Technik interessieren, sondern nette Anekdoten hören wollen, dann sind die bisherigen Bücher nichts für Sie. Für dieses Publikum gibt es das Buch „Fotosafari durch den Raketenwald“ bei dem jeder Träger genau eine Doppelseite mit einem Foto und einer Beschreibung hat. (Also etwa ein Zehntel der Seitenzahl auf den ich ihn bei den beiden obigen Bänden abhandelte). Das Buch ist anders als die anderen Bände in Farbe. Ab und an macht BOD als Print on Demand Dienstleister Mist und verschickt es nur in Schwarz-Weiß, bitte reklamieren sie dann, ich als Autor kann dies nicht beeinflussen.
Als Autor würde ich mich freuen, wenn sie direkt beim Verlag bestellen, da ich da eine etwas größere Marge erhalte. Dank Buchpreisbindung und kostenlosem Versand ist das genauso teuer wie bei Amazon, Libri und iTunes oder im Buchhandel. Über eine ehrliche Kritik würde ich mich freuen.
Alle Bücher sind auch als E-Book erschienen, üblicherweise zu 2/3 des Preises der Printausgabe – ich würde sie gerne billiger anbieten, doch da der Gesetzgeber E-Books mit 19 Prozent Mehrwertsteuer besteuert, Bücher aber mit nur 7 Prozent, geht das leider nicht. Ein Vorteil der E-Books - neben dem einfacher recherchierbaren Text ist, das alle Abbildungen, die im Originalmanuskript in Farbe, sind auch in Farbe sind, während ich sonst - um Druckkosten zu sparen - meist auf Farbe verzichte. Sie brauchen einen pdf-fähigen Reader um die Bücher zu lesen. Sofern der Verlag nicht weiter für bestimmte Geräte (Kindle) konvertiert ist das Standardformat der E-Books ein DRM-geschütztes PDF.
Mehr über meine Bücher finden sie auf der Website Raumfahrtbuecher.de und eine Liste aller Veröffentlichungen findet sich auch bei meinem Wikipediaeintrag.
© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
Sitemap | Kontakt | Neues | Impressum / Datenschutz | Hier werben / advert here | Buchshop | Bücher vom Autor |