Bernd Leitenbergers Blog

Olivenöl – besonders wertvoll?

Ich will, weil der Blog doch arg raumfahrtlastig geworden ist, mal in nächster Zeit wieder ein paar Ernährungsthemen aufgreifen – für die interessieren sich übrigens weitaus mehr als für Raumfahrt. Für die treuen Blogleser aber hier noch zwei Neuigkeiten: Ein neuer Aufsatz ist online – über die Phobos-Grunt Mission. Und der erste Band des Raketenlexikon: Band 1: US Trägerraketen ist nun auch bei Amazon lieferbar. Als ich heute bei den Umsätzen bei BOD nachschaute, stellte ich fest dass es schon jemand bestellt hat – der ist echt schnell, denn ich selbst habe heute erst mein Exemplar und das für den Korrekturleser (der zweite ist beim zweiten Band nicht beteiligt und möchte daher lieber diesen Band haben) bestellt.

So nun aber zum heutigen Thema. Bei Fetten gibt es ja einige Mythen, die ich mal an dieser Stelle aufklären will.

Wer die ganzen Sendungen rund ums Kochen anschaut, merkt, dass Köche auf Olivenöl schwören und es muss dann auch die beste Qualität sein. Das letzte ist verständlich, denn das besondere an Olivenöl ist sein ausgeprägter Eigengeschmack, der aber verloren geht wenn man es erhitzt oder nachbehandelt z.B. um unerwünschte Bestandteile zu entfernen. So ist die höchste Qualität kaltgepresstes Öl. Dafür müssen nicht nur die Oliven kalt gepresst sein (geringe Ausbeute), sondern es müssen auch Früchte ohne Beschädigung sein und die Oliven dürfen nicht überreif sein, sonst enthält das Olivenöl zu viele freie Fettsäuren (kratziger Geschmack) und andere Fettabbauprodukte, die seine Qualität mindern. Wenn dies nicht der Fall ist oder es heißgepresst wird, um die Ausbeute zu erhöhen bzw. sogar raffiniert (darunter versteht man verschiedene Verfahrensschritte um unerwünschte Fettbegleitstoffe wie freie Fettsäuren, Emulgatoren, Wachse oder Farbstoffe zu entfernen) dann erhält man schlechtere Qualitäten, die vor allem kaum noch den ausgeprägten Eigengeschmack aufweisen.

Doch darum geht es hier nicht, denn wir beschäftigen uns mit der ernährungsphysiologischen Wirkung. Es ist ja unbestritten, dass der Geschmack von Olivenöl viel ausgeprägter ist als bei Sonnenblumenöl oder Sojaöl, doch das hat nichts mit der Zusammensetzung zu tun. Zwei Dinge sind an einem Öl wichtig:

Dabei gibt es meist eine gewisse Verbindung: Öle mit einem hohen Gehalt an essenziellen Fettsäuren enthalten auch meist viel Vitamin E, da dieses die Fettsäuren vor Oxidation schützt.

Öle sind als Naturprodukte gewissen Schwankungen unterworfen, ich gebe hier mal die Analysen von Olivenöl mit drei Ölen zusammen, die Bestandteil billiger Pflanzenöle im Supermarkt oder Mischungen derer sind:

  Olivenöl Sonnenblumenöl Sojaöl Rapsöl
Palmitinsäure 11,5 % 6,5 % 10 % 4 %
Stearinsäure 2,5 % 5 % 5 % 1,5 %
Ölsäure 75,5 % 23 % 21 % 63 %
Linolsäure 7,5 % 63 % 53 % 20 %
Linolensäure 1,0 % <0,5 % 8 % 9 %
Vitamin E 12 mg/100 g 55 mg/100 g 15 mg/100 g 15 mg/100 g

Nun was sagt uns diese Tabelle? Die Zusammensetzung von Olivenöl stimmt in etwa, mit der von Rapsöl überein, ähnelt aber nicht der von Soja- oder Sonnenblumenöl. (Aus diesen beiden Sorten besteht normalerweise das preiswerte Pflanzenöl). Ernährungsphysiologisch von Bedeutung sind die Fettsäuren, die der Körper nicht selbst produzieren kann und die er für den Aufbau körpereigener Bausteine benötigt. Diese werden als essenzielle Fettsäuren bezeichnet und davon sollte jeder 5 bis 12 g pro Tag zu sich nehmen. Essenzielle Fettsäuren finden sich kaum in tierischen Fetten (Ausnahme: Fisch), aber in vielen Pflanzlichen. Es gibt aber Ausnahmen und dazu gehört gerade das so beliebte Olivenöl. Die beiden essenziellen Fettsäuren in dieser Liste sind die Linolsäure und die Linolensäure. Die Letztere ist eine „Omega-3 Fettsäure“. (Omega: ω) Dieser chemische Ausdruck hat es tatsächlich in die Umgangssprache geschafft. Er ist ein Hinweis für Chemiker, wo die Doppelbindungen im Molekül beginnen. Es gibt unterschiedliche Synthesewege in der Natur, die dazu führen, dass die erste Doppelbindung beim dritten C-Atom nach dem Schwanzende, an der sechsten Position oder neunten Position beginnen. Diese werden dann ω-3, ω-6 und ω-9 Gruppe bezeichnet. Jede Gruppe enthält mehrere Fettsäuren, die unterschiedlich häufig vorkommen.

Die Linolsäure und Linolensäure sind beide essenzielle Fettsäuren, aus ihnen entstehen Hormone. Dabei gehört die Linolsäure zu ω-6 Gruppe und die Linolensäure zur ω-3 Gruppe. Die Ölsäure aus dem Olivenöl vorwiegend besteht, gehört zur ω-9 Gruppe. Sie ist nicht essenziell. Während aus der Linolensäure die Linolsäure gebildet werden kann, ist dies umgekehrt nicht möglich. Die aus Fettsäuren der ω-3 Gruppe gebildeten Hormone Prostagladine erhöhen die Fließfähigkeit des Blutes, senken den Blutdruck und verhindern eine Oxidation des Cholesterins. Zum Teil tun dies auch die Fettsäuren der ω-6 Gruppe. Jedoch scheint die Gruppe der ω-3 Fettsäuren insgesamt effektiver die Risikofaktoren für Arteriosklerose zu bekämpfen. Der einzige positive Effekt der Ölsäure ist, dass sie sich neutral bezüglich den LDL-Cholesterins verhält. Die ungesättigten Fettsäuren (hier: Palmitin- und Stearinsäure), die vor allem in tierischem Fett, aber auch Kokus- und Palmöl vorkommen, steigern die LDL-Konzentration. Die Ölsäure hat weder negative noch positive Wirkungen.

Unter diesem Aspekt betrachtet ist das Olivenöl nicht so gut wie das Sonnenblumen- oder Sojaöl. Der Gehalt an essenziellen Fettsäuren ist sehr niedrig und Sonnenblumenöl weist zudem noch sehr viel mehr Vitamin E auf Sojaöl dagegen mehr an ω-3 Fettsäuren. Olivenöl mag daher geschmacklich besser sein, aber nicht von der Zusammensetzung.

Was folgt für den täglichen Einsatz in der Küche? Überall dort wo nicht der Olivenölgeschmack benötigt wird, also beim Braten und Kochen sollte man Sonnenblumenöl oder Sojaöl einsetzen. Dafür kann man auf feste pflanzliche Fette (wie Palmin oder Kokosfett: Handelsmarken z.B. Biskin oder Palmin) verzichten, diese sind ernährungsphysiologisch noch ungünstiger. Für Salate oder andere Gerichte, die nicht erhitzt werden müssen kann man dann zum Olivenöl greifen. Wenn es auf den Geschmack ankommt, so kann man auch zu Walnussöl greifen, das 13,4 % Linolensäure enthält und auch einen ausgeprägten Eigengeschmack hat. Das gilt auch für viele andere geschmacklich auffällige Öle wie Haselnussöl.

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