Spektakuläre Fehlschläge der Raumfahrt

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Da mir irgendwie kein Thema für einen Blog fehlt, arbeite ich mal etwas auf. Es gab unzählige Fehlschläge, in der Raumfahrt. Nicht alles kann man voraussehen, manches wurde auch nie geklärt. Aber einige Ereignisse sind dann doch peinlich, weil vermeidbar und sie vor allem für Schlamperei oder mangelnde Planung stehen. Ich will hier keine abschließende Übersicht geben, ihr könnt gerne in den Kommentaren noch Dinge erwähnen, die ich dann in Folgeblogs aufgreifen werde. Continue reading „Spektakuläre Fehlschläge der Raumfahrt“

Pleiten, Pech und Pannen – das Discoveryprogramm

Es ist nun etwa 20 Jahre her seit das Discoveryprogramm still und leise beerdigt wurde, auch wenn es im NASA-Jargon als „Discovery Class“ für ein bestimmtes Finanzvolumen für Raumsonden noch vorhanden ist. Ich will mit dem Artikel an die Missionen erinnern, die nicht so liefen wie geplant und was man daraus lernen kann. Continue reading „Pleiten, Pech und Pannen – das Discoveryprogramm“

Die größte Panne der NASA

In meiner kleinen dreiteiligen Serie zum sechszigsten Geburtstag der NASA geht es heute um die größte Peinlichkeit im US-Weltraumprogramm. Gut da kann man unterschiedlicher Meinung sein. Was ist peinlich? Das hängt vom Standpunkt und Zeitgeist ab. 1969 bekam die NASA jede Menge erboster Zuschriften als in einer brenzligen Situation Eugene Cernan ein „son of a bitch“ rausrutschte. Aber das sehe ich das nicht als peinlich oder als Panne an. Ich habe mir einen Vorfall rausgesucht, der stellvertretend für ein Dauerproblem der NASA steht: Der Verlust des Mars Climate Orbiters (MCO). Zuerst mal die Geschichte:

Am 23.9.1999 stand die Abbremsung des MCO in den Orbit an. Eine letzte Kurskorrektur, die noch möglich gewesen wäre, wurde als unnötig befunden. Um den Treibstoffverbrauch beim Einschwenken in den Orbit zu minimieren, nähert sich der MCO dem Mars so nahe wie möglich, um kurz vor Passage des marsnächsten Punktes das Haupttriebwerk zu zünden. Es verlangsamt in 16 Minuten den Satelliten um 1.370 m/s. Der MCO sollte in einen elliptischen Orbit mit einer Umlaufszeit von 14 Stunden einschwenken. Continue reading „Die größte Panne der NASA“

Raumfahrträtsel 27

MCO

Ich hatte ja gehofft ein paar Antworten mehr beim letzten Rätsel zu bekommen, zumal es da eine, wie heißt es so schön auf neudeutsch, „ergebnisoffene“ Frage gestellt habe. Entsprechend gibt es auch kein „Richtig“ oder „Falsch“. Es gibt natürlich viele Kriterien. Sei es die Leichtsinnigkeit, die Anzahl der vermeidbaren Toten oder die Voraussehbarkeit. Mein Beispiel ist der Mars Climate Orbiter. (MCO)

Die Raumsonde war die erste des Discovery Programmes, welches die Kosten deutlich senken und schneller Missionen möglich machen sollte. Projektdurchführung und Start verliefen problemlos. So auch der Flug zum Mars. Doch dort verstummte der MCO. Was war geschehen? Eine spätere Analyse zeigte, dass sich MCO bis auf 57 km an dem Mars näherte, weit unterhalb der Sicherheitsgrenze von 85 km, ab der die Reibungshitze den Orbiter beschädigen konnte. Geplant war eine Annäherung auf maximal 200 km.

Doch wie konnte in Zeiten, in denen man die Position von Raumsonden auf einige Hundert Meter genau bestimmen kann, der Orbiter so weit vom Kurs abkommen? Die Ursache war die Korrektur der Ausrichtung der Sonde. Regelmäßig müssen Kreisel entsättigt werden. Dazu werden dann die Düsen gezündet. Daneben bewirkte das eine große Solarpanel des MCO eine unsymmetrische Beschleunigung durch die Sonnenstrahlung. Diese Störeinflüsse wurden vom Hersteller der Sonde, Lockheed Martin vor dem Start berechnet und in Form von Tabellen für eine Software bereitgestellt. Diese Software lief dann beim JPL und ihre Ausgaben wurden benutzt um die Triebwerke zu zünden und auch deren Effekt auf die Bahn zu berechnen.

Die Software beim JPL rechnete in metrischen Einheiten. Die Tabellen von Lockheed in US-Einheiten. Die Ausgaben waren daher um den Faktor 4,45 zu hoch. So resultierte eine Kursabweichung die höher war als berechnet. Sie wurde auch von den Technikern bemerkt welche die Raumsonde überwachten und sie plädierten für eine erneute Kurskorrektur in letzter Minute. Aber die zusammengestrichene Missionsleitung war zu unerfahren und überlastet und konnte sich dazu nicht rechtzeitig entschließen.

Ich halte diesen Fehler deswegen für so blamabel, weil es nur eine Frage der Zeit war bis so etwas auftaucht. Es liegt am Einheitensystem. In Europa haben wir schon vor 200 Jahren eingesehen, dass man für Handel und überhaupt wirtschaftliche Zusammenarbeit ein einheitliches Einheitensystem braucht. In Zeiten einer Welt in der die Wirtschaft global ist, aber auch Menschen um die Erde reisen müssen Einheitensysteme global sein. Das ist bei SI System auch gegeben. Es gibt nur drei Nationen die es nicht einsetzen: Die USA, Liberia und Myramar (früher Burma). Während ich das für die letzten beiden erstehe sollte eigentlich die Wirtschaftsmacht USA den offensichtlichen Vorteil eines internationalen Einheitensystems für ihre Ökonomie sehen. Aber wie in anderen Gebieten meinen sie ja etwas besseres oder zumindest anderes als der Rest der Welt zu sein.

Nun können die USA ja gerne in ihrem System bleiben. Das dumme nur: Sie haben 1866 auch das SI System fakultativ eingeführt. Es ist dort nicht völlig unbekannt. Wer forscht benutzt auch dort das SI-System. Ich keine keine Aufsätze von Forschern in Fachzeitschriften die imperiale Einheiten benutzen. Ab einem bestimmten akademischen Niveau ist es also auch dort das „normale“ Einheitensystem. So auch im JPL, einem der Vorzeigezentren der NASA. Man sollte nun meinen, dass Aerospacefirmen, die ja auch viel mit Hochtechnologie, Forschung zu tun haben und daher einen hohen Anteil an hochqualifiziertem Personal haben, auch das SI-System einsetzen. Aber dort sind die imperialen Einheiten gängig.

In der NASA gibt es wenn man Pressedokumente und Webseiten ansieht, einen recht bunten Mix. Das war schon früher so. Wie ich gerade an der etwa 20 bändigen Reihe über Skylab feststelle: Die TM-X64808-64826 Serie ist zeitgleich publiziert worden und auch zusammenhängend. Doch in einem Dokument gibt es nur metrische Einheiten. Ein anderen beide mit der anderen jeweils in klammern und in den meisten nur imperiale Einheiten.

So war es für mich eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis irgendwann ein Projekt scheitern musste weil irgendwo die Einheiten verwechselt wurden. Besonders blamabel finde ich dass die NASA als Regierungsbehörde nicht selbst durchgängig ein Einheitensystem (und wenn es das imperiale ist) einsetzt und das gleiche auch von ihren Zuliefereren fordert. Ansonsten gibt es ja auch zahllose Anforderungen hinsichtlich Dokumentation, Sicherheit und Qualitätsmanagement. Das die Behörde unfähig dazu war, wirft ein sehr schlechtes Licht auf die NASA.

Ach ja im Jahr 2005 hat die Regierung beschlossen, dass nun auch die NASA SI-Einheiten einsetzen soll:

www.goes-r.gov/procurement/flight_documents/NPD_8010_002E.pdf

Mehr zum MCO auf meiner Seite. So nun das nächste Rätsel. Was war der erste Satellit/Raumsonde etc. welcher nach Absolvierung seiner Primärmission einer völlig neuen, beim Start nicht absehbaren erneuten Verwendung zugeführt wurde?