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Als es bei LIDL einen Fahrradcomputer für 6,99 gab habe ich spontan zugeschlagen. Man möchte meinen über so ein einfaches Gerät lohnt es sich keinen Testbericht zu schreiben, doch durch die vielen Funktionen drängte sich mir doch einer auf.
Zuerst mal zum Fahrradcomputer selber. Er besteht aus drei Teilen. einem Magnetsensor, denn man mit einer Schraube an einer Speiche befestigt, einem Drehzahlzähler denn man an der Gabel befestigt und der meiner Ansicht nach relativ nahe an dem Magnetsensor platziert werden muss, damit er das Magnetfeld registriert. Oben an der Gabel kommt dann der eigentliche Computer mit dem Display. Hier greift mein erster Kritikpunkt an: Das alles wird mit Kabelbindern befestigt, das ist zum einen nicht hundertprozentig straff (die Kabelbinder haben Widerhaken die sich im Abstand einiger Millimeter befinden) und zum Einen halte ich es für anfälliger als die Befestigung mit einem Ring und einer Schraube wie es bei der Zusatz-Fahrradbeleuchtung Standard ist. Die Übertragung erfolgt drahtlos über Bluetooth. Meiner Ansicht nach wäre eine Kabellösung und dafür bessere Befestigung besser gewesen. Schon nach wenigen Tagen kann ich den Fahrradcomputern um fast 270 Grad drehen.
Als weiteres mechanisches Manko ist das Gehäuse nicht dicht. Bei einem Besuch des Schwimmbads bei dem es gar nicht mal so stark regnete gelangte Wasser ins Display und war als Kondensschicht noch zwei Tage lang zu erkennen bis es in der Sommerhitze (im August) verdampfte.
Wenn der Computer zum ersten Mal in Betrieb genommen wird muss man viel eingaben. Neben dem Offensichtlichen, dem Durchmesser der Felgen um von der Drehzahl auf Weg und Geschwindigkeit zu kommen auch Uhrzeit, Alter, Geschlecht und Gewicht. Warum das zeigt sich bald.
Es gibt zwei Anzeigemodi, den einfachen, in dem man mit einem Tastendruck zwischen folgenden Anzeigen wechseln kann: Zuerst "Einfach"
und einem "Erweiterten" Modus in dem es folgende Anzeigen gibt:
Das Ganze macht auf den ersten Blick einen tollen Eindruck. Doch beim genauen Betrachten bemerke ich doch einige Probleme. Das offensichtlichste ist das die Tages-Km und alle davon abhängigen Parameter nicht automatisch aktualisiert werden. Da eine Echtzeituhr eingebaut ist, wäre es meiner Ansicht nach das logischste um Mitternacht die Tages-Kilometer auf 0 zu setzen. Das muss man aber manuell mit einem dreisekündigen Druck auf die Set-Taste bei der Anzeige der Tages-Km machen, nachdem man mit mehrmaligem Druck mit "Set" zur der Anzeige vorgerückt ist. Das gilt auch für andere Ausgaben.
Positiv fand ich auf anhieb, das der Computer als Fahrzeit nur die Zeit nimmt in der das Rad auch rollt. Ich kann auch sonst leicht mit der Wegstrecke über Google und Stoppen der Zeit ,meine Durchschnittsgeschwindigkeit herausfinden. Doch die beinhaltet auch immer die Wartezeit an Ampeln und Kreuzungen. Hier wird nur die reine Fahrtzeit erfasst.
Was mich natürlich als Lebensmittelchemiker und Autor einiger Ernährungsbücher interessiert ist die Kalorienmessung und wie genau diese ist. Schon bei Tests habe ich das Gefühl gehabt, die Werte sind zu hoch. Das ist schon nicht einfach, weil der Fahrradcomputer das auf der Basis der Umdrehungszahl macht. Wenn ich den Berg aufwärts fahre zeigt er daher einen niedrigen Kalorienverbrauch an, obwohl man sich anstrengen muss. Beim Bergabfahren hat man eine hohe Drehzahl, selbst wenn man nicht radelt. Meiner Ansicht nach wäre also eine Kalorienangabe nur sinnvoll, wenn man dies mit der Drehung der Pedale messen würde, wobei man bei einer Gangschaltung auch den Gang wissen muss Es ist also meiner Ansicht nach nicht sinnvoll für einen Fahrrad Computer. Doch er kann wenigstens eines machen: wenn der Fahrer auf ebenem Gelände fährt eine Schätzung abgeben wie hoch der Energieverbrauch ist.
Schätzung schon deswegen weil der Energieverbrauch für das Fahrradfahren nicht genau bekannt ist. Er ist individuell unterschiedlich je nach Physiologie. Immerhin ist er beim Fahrradfahren einigermaßen genau gemessen worden. Das ist schon bei den meisten Tätigkeiten nicht möglich. Die beste Methode kann man aber beim Fahrradfahren anwenden: Probanden sitzen auf einem Ergometer und müssen dort eine bestimmte Geschwindigkeit halten. Sie haben eine Maske auf, durch die sie atmen und man misst die Abnahme des Sauerstoffgehalts und die Zuname des Kohlendioxidgehalts der Luft. Mit diesen beiden Parametern kann man zwei Unbekannte bestimmen: Die Verbrennung von Kohlenhydraten und Fett. Und mit diesem Verbrauch über den bekannten Energiegehalt der Nährstoffe den Energieverbrauch. Hier einige Daten aus der Literatur und Internet über den Energieverbrauch beim Fahrradfahren bei verschiedenen Geschwindigkeiten:
Quelle | Geschwindigkeit km/h | Energieverbrauch kj/kg/h |
---|---|---|
Cornelia Schlieper: Grundfragen der Ernährung | nicht angegeben | 14,6 |
Elmadfa/Leitzmann: Ernährung des Menschen | nicht angegeben | 7,9 - 19,2 (Männer) |
Alexandra Schlek: Ernährungslehre kompakt | 15 km/h | 25,2 |
http://www.sellpage.de/adipositas/sport.html | 15 km/h | 14,0 |
http://www.sellpage.de/adipositas/sport.html | 25 km/h | 32,1 |
https://www.gesundheit.gv.at/Portal.Node/ghp/public/content/Energieverbrauch_Aktivitaeten.html | 15 km/h | 25,2 |
https://www.gesundheit.gv.at/Portal.Node/ghp/public/content/Energieverbrauch_Aktivitaeten.html | 25 km/h | 41,8 |
https://www.zum.de/Faecher/Materialien/beck/12/bs12-26.htm | 10 km/h | 6,3 |
https://www.zum.de/Faecher/Materialien/beck/12/bs12-26.htm | 20 km/h | 16,8 |
https://www.tk.de/tk/basics/ernaehrung-fuer-sportlich-aktive/energieverbrauch-beim-sport/37530 | 8-12 km/h | 16,2 |
https://www.tk.de/tk/basics/ernaehrung-fuer-sportlich-aktive/energieverbrauch-beim-sport/37530 | 15-18 km/h | 25 |
https://www.uni-hohenheim.de/wwwin140/info/interaktives/energiebed.htm | 10 km/h | 12 |
http://www.fitrechner.de/ | 15 | 16,1 |
http://www.fitrechner.de/ | 15-20 km/h | 24,3 |
http://www.fitrechner.de/ | 20-23 km/h | 32,4 |
Man sieht schon: die Daten sind nicht einheitlich. Oft fehlt die Geschwindigkeitsangabe, da wie man bei den Daten mit Geschwindigkeitsangabe aber sieht, dass der Energieverbrauch abhängig vom Tempo, wir jeder aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Bei 15 km/h liegt das Spektrum zwischen 14 und 25 km/h. Bei 25 sind es 32 bis 41 Kj/kg/h. Die Angabe heißt: Multiplizieren sie den Wert mit ihrem Körpergewicht (in Kilogramm) und der Dauer des Radfahrens in Stunden (1 Minute = 0,0167 Stunden) so erhält man den Energieverbrauch in kJ. Die Kalorienangaben sind um den Faktor 4,2 kleiner.
Nach diesem Vorgeplänkel würde ich bei meiner Geschwindigkeit die irgendwo zwischen 15 und 25 km/h so um die 25 kJ/kg/h erwarten das wären bei 75 Kilogrammkörpergewicht 1875 kJ. In Kalorien wären das 446 kcal.
Nun zu den realen Daten die der Computer auf einer nicht ganze geraden Strecke ermittelt:
Dazu liefert der Computer noch als "Kalorienrate" einen Wert von 100 bis 150, den ich nicht einordnen kann. Eine Kalorienrate macht in meinen Auge Sinn wenn man auf eine Stunde oder einen Kilometer hochrechnet. Doch weder mit 60 multipliziert (6000 bis 9000 Kalorien/h ????) noch wenn die 283 kcal/ 4,3 km teile komme ich auf diesen Wert.
Rechne ich zuerst mal von den verbrannten Kalorien auf die in einer Stunde um: Ich bin knapp eine Viertelstunde geradelt, pro Stunde sind das dann 4,12 mal mehr oder 1168 Kalorien. Das ist dreimal mehr als zu erwarten wäre. Wenn die Angabe in Kilojoule wäre (obwohl der Fahrradcomputer dick und fett "Kalorien" im Display ausgibt) ist es wiederum zu wenig. Das entspricht 15,5 kj/kg, etwas wenig, vor allem wenn man bedenkt, dass die 18 km/h über dem Tabellenwert von 15 km/h liegen, für den schon 25 kj/kg genannt werden. Vielleicht hat man sich am unteren Bereich orientiert der ja auch bei 14 kj/kg los.
Man kann es mit dem Fett jedoch verifizieren. 1 g Körperfett liefern bei der Verbrennung 27 bis 29 kj/kg. Reines Fett ist energiereicher, da es nicht wie die Körperzellen noch Wasser enthält. Hier beträgt der Energiegehalt 38,9 kJ. Die 22,9 g Fett (mit drei Nachkommastellen Genauigkeit!) entsprechen so 618,3 - 664,1 kJ (Körperfett) oder 890 kJ (reines Fett). beides passt nicht zur obigen Angabe. Zumindest kann man ausschließen, dass es sich um Kalorien handelt (hat es denn nicht für die Angabe einer Einheit im Display gereicht). Ich vermute die Programmierer setzen einfach einen festen Anteil des Energieverbrauchs als Fett an Anders geht es auch nicht. Es ist aber unsinnig, weil man zuerst immer die Glykogen Vorräte in den Muskeln verbraucht und die Fettverbrennung nach und nach immer bedeutsamer wird. Selbst zum Schluss verbrennt man aber auch Glykogen und nicht nur Fett. Bei trainierten Sportlern überwiegt ab etwa 30 Minuten Training die Fettverbrennung, doch diese Zeit erreichte ich hier nicht mal, zumal es sich um drei Kurzstrecken mit Pausen dazwischen handelt. Bei einigen Tests stellte ich fest, dass die Anzeige für das Fett erst bei etwa 15 bis 17 km/h nach oben geht. Das heißt die Programmierer gehen davon aus, dass man ab einer bestimmten Belastung Fett verbrennt und darunter nicht. Das deckt sich allerdings nicht mit der Wirklichkeit, auch wenn immer wieder Meldungen über einen Idealpuls für die Fettverbrennung kursieren. Der Körper verbrennt immer Fett und wenn er keine Kohlenhydrate mehr hat greift er auf Fett zurück, egal ob man die Kohlenhydrate in 20 Minuten bei hoher Belastung oder 40 Minuten bei kleiner Belastung verbraucht hat.
Kurzum: die Funktionen sind überflüssig und nur verwirrend. Den Sinn von "km +-" und "Timer +-" habe ich auch nicht ergründen können. Der Hersteller hat zwar einen Internetlink in der Kurzanleitung doch dort gibt es keine umfangreichere Bedienungsanleitung sondern nur ein EU-Konformitätszertifikat.
Stattdessen nervt mich bald etwas anders: der Computer misst nur wenn man ihn anschaltet. Das mag selbstverständlich sein, doch man schaltet ihn nicht dauernd an. Wer wie ich das Fahrrad nutzt um einzukaufen oder zu festen Örtlichkeiten muss (Schwimmbad, Arbeitsstätte) hat bald die Kilometerdistanz zwischen diesen Orten und die Fahrtzeit bzw. Durchschnittskilometer raus und schaltet ihn nicht mehr ein. Aber man interessiert sich vielleicht für die Gesamtstrecke die man in einer Woche, Monat oder Jahr zurücklegt. Dafür muss er nicht dauernd die Angaben ausgeben, aber er muss sie erfassen. Klar wird hier die Batterie schnell zum limitierenden Faktor. Doch dann würde ich eben anstatt Schnick-Schnack wie zusätzliche Funktionen und Bluetooth in den unteren Sensor größere AAA oder AA-Batterien anstatt den Litiumbatterien des Typs CR2032 einbauen-. Die kann man leicht auswechseln und inzwischen haben viele auch wieder aufladbare Akkus in dem Format. Dort ist genügend Platz vorhanden und mit einem Kabel anstatt Bluetooth kann man auch das kleinere Teil oben mit Strom versorgen. Zudem ist ein Teil ja immer aktiv, denn die Uhr läuft ja dauernd mit.
Wenn man nur die Basic.Ausgabe braucht, ist er sicher okay, wenn die Mängel mit Befestigung und Gehäuse nicht wären.
Zwei Monate nach dem Kauf kam mal eine neu Strecke dran. Den Computer habe ich nur anfangs benutzt dann für einen Monat nicht. Nun kann der obere Teil mit dem Computer keine Verbindung mehr zum Sensor am Rad herstellen. Neujustieren und Verschiebend es Sensors löst das Problem nicht. Eventuell ist die Batterie leer, aber auch das sollte nicht sein: wer kauft schon alle zwei Monate eine neue CRS 2032 Batterie, zumal der Sensor anders als der Computer keinen Ein/Ausschaltknopf hat , die Batterie also leernuckelt, auch enn das Fahrrad nicht bewegt wird.
Artikel erstellt am 29.7.2016, Artikel geändert am 17.11.2016
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