Home Raumfahrt Trägeraketen Russische Raketen Site Map counter

Energija und Buran

Einleitung

Im Jahre 1987 startete zum ersten mal die Trägerrakete Energija und ein Jahr später der Shuttle Buran. Für westliche Beobachter kamen beide Starts nicht überraschend. Schon populärwissenschaftliche Zeitschriften hatten Jahre vorher über eine neue riesige sowjetische Trägerrakete berichtet und ein 1:8 Modell von Buran wurde bei der Bergung fotografiert. Um so erstaunlicher ist, das nach beiden Jungfernflügen das Programm wegen zu hohen Kosten eingestellt wurde. Dieser Artikel bespricht die technische und historische Entwicklung dieser beiden letzten Großprojekte der Sowjetunion. Über Buran gibt es einen eigenen, noch weitaus ausführlicheren Artikel.

Die Vorgeschichte

Ähnlich wie bei den USA gab es in der UdSSR auch schon lange Pläne für eine wieder verwendbare Raumfähre. In den sechziger Jahren wurde mit der N1 Herkules eine Großrakete entwickelt, die mit der Saturn konkurrieren sollte. Aufgrund des Konzepts der massiven Triebwerksbündelung scheiterte diese Rakete aber in 4 Starts von 1969-1972. Danach sah es so aus als würden sich die Russen auf andere Gebiete verlegen. Während man in den USA den Shuttle entwickelte und in der BRD dazu das Spacelab, starteten die Sowjets in rascher Folge die Saljut Raumstationen. Mit Saljut 6 konnte auch die von Skylab gesetzte Marke für Langzeitaufenthalte überboten werden. Erstmals war diese Raumstation durch zwei Kopplungsadaptern von zwei Besatzungen zu bemannen und mit den Progress Raumtransportern konnte man Nachschub ins All bringen und so die Lebensdauer der Station stark verlängern. Bei Saljut 7 gelang es dann die Raumstation durch Module zu erweitern. Dieses Konzept führte dann zur modularen Raumstation MIR. Gleichzeitig fanden Flüge mit Astronauten aus den Staaten des Warschauer Paktes und später auch mit Frankreich statt. Die Saljut Raumstationen erlaubten einen permanenten Zugang zum Weltall, ohne ein Shuttle und eine Großrakete. MIR schließlich basierte auf dem modularen Konzept und setzt noch heute einen Standard, den ISS erst erreichen muss. Ihre Lebensdauer von 5 Jahren wurde um den Faktor 3 übertroffen. Mehrfach wurde sie durch Module (Kwant, Kwant2, Spektr und Prioda) erweitert. Alles das erreichten die Sowjets mit der Proton Trägerrakete und Nutzlasten von max. 20 t. Es gab also keinen Bedarf an einer Trägerrakete für 100 t Nutzlast.

Trotzdem begannen ab 1976 die konkreten Planungen für Energija und Buran. Anders als in den USA war nicht das Ziel eine deutliche Reduktion der Startkosten. Denn die seit Mitte der sechziger Jahre gebauten Sojus Trägerraketen starteten in rascher Folge und zu einem niedrigen Preis. Ursache waren vielmehr Befürchtungen, das die Fähigkeit des Shuttles Satelliten zu bergen ausgenutzt werden konnte um sowjetische Satelliten zu stören oder einzufangen. Die Amerikaner hatten in der frühen Entwicklung des Space Shuttles solche Pläne. Es gab Zeichnungen in denen Astronauten die Solarpanel einer Saljut Kapsel kappten. Die US Air Force wollte ursprünglich für militärische Flüge zwei eigene Shuttles, die "Blue Shuttles" und baute auch eine eigene Startrampe in Vandenberg, wo keinerlei Öffentlichkeit die Starts beobachten konnte. Der Space Shuttle sollte genauso für militärische Flüge eingesetzt werden wie die Trägerraketen. Mehr noch: Es war ein militärisches bemanntes Raumfahrtprogramm geplant, ähnlich wie auch die Sowjets die zivilen Saljut Stationen und militärischen Almaz Stationen betrieben.

Mit der Fähigkeit Satelliten zu bergen und zu reparieren konnte man jedoch nicht nur gestrandete Kommunikationssatelliten (Weststar, Palapa B2, Intelsat 6) bergen oder Servicemissionen durchführen (SMM, Hubble), man hätte auch Satelliten des Gegners bergen können oder sogar in dem großen Nutzlastraum ohne Problem eine Sojus Kapsel kidnappen können. Es kam dazu nicht mehr, weil die US Air Force nach dem Verlist der Challenger im Jahre 1986 ihr militärisches Shuttle Programm einstellte, doch 1976, als man mit Energija begann, war das Shuttleprogramm eine akute Bedrohung der russischen Raumfahrt.

Das Konzept von Energija

Obgleich von der äußerlichen Erscheinung dem Shuttle sehr ähnlich verfolgte Energija und Buran ein viel flexibleres Konzept. Der erste Unterschied war die Aufteilung in eine Trägerrakete und einen Shuttle. Buran hat anders als der Space Shuttle keine integrierten Haupttriebwerke, Diese sitzen in der Energija Hauptstufe. Das hat zur Folge, das Energija auch ohne den Orbiter als Rakete eingesetzt werden kann. Die gestartete Version hätte eine Nutzlast von 88 t in einen 200 km Orbit gehabt. Die Trennung erfolgte ursprünglich aus der Vorstellung heraus, das es schon schwierig genug wäre ein Triebwerk auf Basis von Wasserstoff als Treibstoff aus dem Stand heraus zu entwickeln. Man nahm nicht an das es gelingen würde es wieder zu verwenden. So lag es auf der Hand es in die Zentralstufe der Rakete zu integrieren. Dies erhöhte die Nutzlastmasse des Orbiters durch die geringe strukturelle Belastung. (Beim Space Shuttle macht das Schubgerüst zirka 6 t Masse aus) und bei Manövern musste weniger Gewicht bewegt werden, wodurch die Nutzlast in größere Höhen langsamer als beim Shuttle abnimmt.

Der zweite Unterschied war, das die Booster flüssige Raketen waren, die Kerosin und Sauerstoff (LOX) verbrennen. Die Sowjets haben nie in dem Maße wie die Amerikaner Feststoffraketen eingesetzt und keine großen Feststoffbooster entwickelt. Die Zahl der Booster konnte variiert werden. Bei den beiden Starts waren es jeweils 4. Möglich sollten auch 2,6 und 8 sein mit Nutzlasten von 65-150 t. Dieses flexible Konzept war möglich weil die Zentralstufe über mehr Schub verfügte als beim Space Shuttle, es war also nicht nötig, dass die Booster sehr schubstark sind. So reichen auch 2 Booster. Auch hier fand man eine Möglichkeit diese nochmals zu verwenden: Sie bilden die erste Stufe der Zenit Trägerrakete, die so als "Abfallprodukt" entstand und mit ihren 11-13 t Nutzlast die Lücke zwischen der Sojus 6-7 t und Proton 19-21 t füllte.

Im Falle einer unbemannten Mission wäre die Nutzlast wie der Orbiter an der Seite der Zentralstufe angebracht worden. Dadurch waren sehr voluminöse Nutzlasten möglich. Die Booster wären bergbar gewesen, durch eine weiche Landung mit Fallschirmen und Airbags. Bei den durchgeführten Starts verzichtete man jedoch darauf. Die Zentralstufe erreicht eine suborbitale Bahn ähnlich dem Shuttle Tank, so das die Nutzlast mit einem eigenen Antrieb noch zirka 100 m/s aufwenden muss um einen Orbit zu erreichen. Mit geeignetem Oberstufen wären von dort aus Starts zu den Planeten und in den geostationären Orbit möglich. Die Nutzlast wäre ungleich höher als beim Shuttle 14-20 t in den geostationären Orbit (ohne Buran) gegenüber 2.3 t bei der Shuttle/IUS Kombination.

Insgesamt ist das Energija Konzept also wesentlich flexibler und erlaubt ein breiteres Spektrum an Einsatzmöglichkeiten als der amerikanische Space Shuttle. Mehrere Oberstufen sollten eingesetzt werden, beim ersten Start kam der FGB zum Einsatz, der vom N-1 Mondprogramm und der Proton Block D das Triebwerk RD-58 übernommen hatte. Nachteilig am Energija Konzept war nur, das man die Zentralstufe mit 4 Triebwerken nicht wieder verwenden konnte.

Energija

Energija

Erststart 15.5.1987, letzter Start 15.11.1988
2 Starts, kein Fehlstart. Zuverlässigkeit 100 %
Nutzlast 96 t in eine 200 km 51° Bahn
22 t in eine GTO Transferbahn

Stufe 1: 4 Booster (2-8)
Vollmasse je 355.000 kg,
Leermasse je 35.000 kg
Schub je 7904 kN (Vakuum),
7256 kN (Meereshöhe)
Brennzeit 145 sec.
Spezifischer Impuls 3031 (Meereshöhe),
3306 (Vakuum).
Länge 37.7 m, Durchmesser 3.9 m
je 1 Triebwerk RD-170 mit 4 Brennkammern

Stufe 2: Zentralstufe
Vollmasse 905.000 kg,
Leermasse 85.000 kg
Schub je 1961 kN (Vakuum) 1451 (Meereshöhe)
Brennzeit 480 sec.
Spezifischer Impuls 3462 (Meereshöhe), 4443 (Vakuum).
Länge 58.8 m, Durchmesser 7.7 m
4 Triebwerke RD-0120

Stufe 3: FGB
Vollmasse 17.000 kg, Leermasse 2.000 kg
Schub 85 kN (Vakuum)
Brennzeit 680 sec.
Spezifischer Impuls 3453 (Vakuum).
Länge 5.7 m, Durchmesser 3.7 m
1 Triebwerk RD-58

... und Buran

Buran war gegenüber dem Space Shuttle schon in einem überlegen: Er benötigte nicht die 14.2 t schweren Haupttriebwerke (mit Anpassungen an die Struktur und Schubgerüst) mitzuführen. Zum einen gehen diese von der Nutzlast ab, zum anderen bestimmen sie die gesamte Struktur, die 14 t zusätzliches Gewicht aufnehmen muss. So kann Buran eine Nutzlast von 30 t mitführen anstatt 25 t beim Space Shuttle. Die Abmessungen beider Raumfähren sind fast identisch, auch die der Nutzlastbucht. Es ist auch möglich mehr Treibstoff mitzuführen und so die Geschwindigkeit um 500 m/s zu ändern. (Space Shuttle 300 m/s). Zwei weitere Unterschiede sind das Buran unbemannt geflogen werden kann - russische bemannte Missionen werden immer zuerst unbemannt getestet. Die zweite Neuerung ist ein Landefallschirm, der die Auslaufzone reduziert und den später auch die Amerikaner bei dem Space Shuttle übernommen haben.

Studien ergaben rasch, das die aerodynamische Form des Shuttles die optimale war. So gleicht zwar Buran dem Space Shuttle äußerlich bis aufs Haar, im inneren Aufbau sind beide jedoch verschieden. Laien meinen oft, Buran wäre dem Space Shuttle nachgebaut worden, doch die Ähnlichkeit beruht einfach auf den physikalischen Gesetzen. Diese führen fast zwangsläufig zu der Form. Dies kann man auch auf anderen Gebieten sehen. so ähneln sich Verkehrsflugzeuge von Airbus und Boeing, weil auch für sie dieselben aerodynamischen Gesetze gelten.

Die Kernbesatzung von Buran bestand aus 4 Personen für die Schleudersitze in der Kanzel installiert sind. Im unteren Deck standen 10 Sitze für weitere Besatzungsmitglieder zur Verfügung. Die max. Besatzung sollte allerdings bei 10 liegen, immerhin 3 mehr als beim Shuttle. Das Wohnvolumen von 73 m³ entspricht dem des Shuttle. Die Stromversorgung durch Brennstoffzellen ist mit 30 KW jedoch höher als beim Shuttle (18 KW) ausgelegt. Als Lageregelungstreibstoff fungiert anders als beim Shuttle die Kombination LOX/Kerosin. Es kommen schon entwickelte Triebwerke aus dem Mondlandeprogramm zum Einsatz. Durch einen größeren Treibstoffvorrat ist auch die Manövrierfähigkeit höher: 500 m/s Standard, 900 m/s maximal durch Zusatztanks.

Sowohl Nutzlast (30 t in einen 250 km 51° Orbit) wie auch max. Landegewicht (20 t Nutzlast) waren erheblich höher als beim Space Shuttle. (Space Shuttle: 25 t in einen 185 × 28.8° Orbit, 14.5 t Landezuladung). Der Nutzlastraum von 18.55 × 4.65 m ist nahezu genauso groß wie beim Space Shuttle.

Ursprünglich waren 3 Orbiter geplant, 1983 wurde die Zahl auf 5 erhöht, die auch zumindest im Rohbau fertig gestellt wurden. Daneben wurden zahllose Modelle gebaut. Neben kleinen Modellen auch 6 Modelle in voller Größe und 2 Flugmodelle. Demgegenüber bauten die USA nur einen Orbiter als Testmodell, die Enterprise.

Buran

Buran

Erststart 15.11.1988
1 Start, kein Fehlstart

Startgewicht 79 t (beim ersten Start),
61 t (Trockengewicht, operationell)
Nutzlast max. 30 t in 250 km Höhe 51°
Landezuladung: nominal 15 t, maximal 20 t
4-10 Besatzungsmitglieder.
.
Abmessungen:
Länge 36.37 m
Höhe 16.35 m
Flügelspannweite 23.92 m
Nutzlastbucht 18.55 × 4.65 m
Schub Triebwerk 172 kN
Zuladung Treibstoff nominal 14.5 t
Geschwindigkeitsänderung max. 500 m/s
bei zusätzlichen Treibstofftanks 1030 m/s.

Historie

RD-170 TriebwerkDa die Neuentwicklung einer völlig neuen Triebwerkstechnologie naturgemäß lange dauert war es klar, das die Booster der Energija nach dem Projektstart am 12.2.1976 als erstes fertig gestellt sein würden. Sie verwenden zwar auch Hochdrucktriebwerke, aber mit Kerosin anstatt Wasserstoff als Treibstoff. Die Booster selbst sind schon extrem leistungsfähig: Ihr spezifischer Impuls von 3305 ist ein Rekord für lagerfähige Treibstoffe, erreicht durch einen Brennkammerdruck von 245 Bar. Jedes Triebwerk RD-170 entwickelte einen Vakuumschub von 7903 kN und übertrifft damit die Leistung der Saturn V F-1 Triebwerke die max. 7445 kN im Vakuum erreichten. Allerdings besteht das Triebwerk wie viele andere russische Triebwerke aus vier Verbrennungskammern, gespeist von zwei Gasgeneratoren und einer Turbopumpe.

Die Zenit verwandte eine abgewandelte Form des RD-170, das RD-171. Es ist etwa 250 kg leichter und dafür im Gegensatz zu dem Triebwerk der Energija nicht wieder verwendbar. Es war geplant die Booster 10 mal wieder zu verwenden. In Tests liefen die Triebwerke 20 mal ohne Probleme. So wurde ab 1985 die Zenit eingeführt, deren ersten Stufe auf den Energija Boostern aufbaute. Das war eine Möglichkeit diese zu testen und gleichzeitig eine neue Rakete zur Verfügung zu haben - ein kluger Schachzug, den die USA nicht machten.

Ab 1986 begannen auch die ersten Tests der Haupttriebwerke der Zentralstufe. Mit diesem Triebwerk betrat die Sowjetunion für sie technisches Neuland. Das Triebwerk RD-0120 verbrannte erstmals in der UdSSR Wasserstoff und Sauerstoff. Erstaunlich war das die Entwicklung dieses relativ großen Triebwerks ohne größere Probleme verlief. Beim amerikanischen Space Shuttle kam es bekanntlich zu mehreren Triebwerksbränden. Das Triebwerk ist vergleichbar dem amerikanischen SSME. Mit 218 Bar Druck ist allerdings der Brennkammerdruck etwas kleiner (Space Shuttle 275 Bar) und man verzichtete auf die maximale Ausbeute und betrieb das Triebwerk im Nebenstromverfahren. Der Spezifische Impuls von 4464 im Vakuum ist trotzdem genauso hoch wie beim SSME, lediglich das Triebwerk ist mit 3450 kg schwerer als beim Shuttle mit 3000 kg. Es kann auf 55 % der Leistung heruntergefahren werden. Anders als beim SSME gibt es eine Turbine für Sauerstoff und Wasserstoff die über ein Getriebe beide Pumpen mit unterschiedlichen Umdrehungszahlen antreibt. Die Wasserstoffpumpe erreicht dabei 35000 Umdrehungen pro Minute.

Das erste noch nicht flugfähige Orbitermodell erreichte Ende 1983 Baikonur. Damit war Buran erheblich hinter dem Zeitplan zurück, der den ersten Start für 1983 vorgesehen hatte. Doch in der Planwirtschaft gibt es ein einfaches Rezept: Mehr Mittel. So kam es Ende Januar 1986 zu einer Änderung: Anstatt ein Entwicklungsteam gab es nun drei Entwicklungsteams: Eines für Energija, eines für Buran, eines für die Startanlagen, Logistik und die Koordination. Allein am Startkomplex stieg die Mitarbeiterzahl innerhalb von wenigen Monaten von 60 auf 1800. Mit entsprechend vielen Leuten machte es auch nichts aus, das wie beim Shuttle die 39000 Hitzeschutzkacheln nicht richtig haften wollten und es Materialprobleme gab - Beim Space Shuttle dauerte es über ein Jahr um dies zu lösen, bei Buran nur 3 Monate.

Um die Hitzeschutzkacheln und das Eintrittsverhalten zu testen wurden bis zu 1400 kg schwere 1:8 Modelle mit Kosmos Trägerraketen auf suborbitale Bahnen befördert. Bei einem dieser Versuche wurde Mitte der achtziger Jahre auch bei Australien eine solche Bergung fotografiert, wodurch der Westen von der Entwicklung von Buran wusste.

Am 15. Mai 1987 absolvierte Energija ihren Jungfernflug. Mit an Bord war ein Polyuzmodul welches die Nutzlast ersetzen sollte. Die Energija funktionierte perfekt, jedoch versagte der FGB Block der die letzte Geschwindigkeit für die Kreisbahn aufbringen sollte. Trotzdem galt die Energija nach nur einem Flug schon als qualifiziert. Inzwischen war die Sowjetunion in starken wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Gorbatschow beendete die Konfrontation mit dem Westen.

Es begannen nun Kontroversen um den ersten Flug von Buran. Die Kosmonauten wollten einen bemannten Flug und verwiesen auf den schon überzogenen Zeitplan. Die Flugleitung plädierte auf einen 2 Orbit oder 3 Tage Flug, beides unbemannt. Der 3 Tage Flug hätte alle Systeme des Orbiters in einem unbemannten Flug qualifiziert. Bei dem kürzeren Flug mit 2 Orbits nur Start und Landung getestet werden, weder die energetischen Systeme noch Lageregelungskontrollsysteme oder die Thermal/Lebenserhaltung wäre in diesem Zeitraum zu testen. Dafür war die Zeit zu kurz. Man entschied an höchster Stelle für das geringste Risiko, also einen unbemannten Flug von 2 Orbits. Dieser fand am 15.11.1988 mit einem, 7 t schweren Instrumentenmodul statt. Danach wurde entschieden erst einmal keine weiteren Flüge zu starten. Man hoffte später bei konsolidierten Finanzen das Programm fortführen zu können, die starke militärische Triebfeder war aber schon zu diesem Zeitpunkt weggefallen. Unter Jelzin wurde dann 1993 das Programm offiziell eingestellt.

Die gesamten Entwicklungskosten von Buran und Energija werden auf 14.5-20 Mrd. Rubel geschätzt. Die Kosten selbst für Energija betragen 1.3 Mrd. Rubel was einem volkswirtschaftlichen Wert von zirka 6.5 Mrd. Rubel entspricht (Die Arbeitskosten fielen in offiziellen Zahlen immer weg).

Die Hoffnung Energija M

Mit der Zuwendung Russlands zum Westen und der Suche nach Nutzlasten für Sojus und Proton gab es auch Bestrebungen die Energija im Westen zu vermarkten. Klar war das die Energija selbst viel zu groß war. Nutzlastmassen von 22 t in GTO Bahnen lagen 5 mal höher als die damals leistungsfähigsten westlichen Modelle Titan 3 und Ariane 4. Man ging 1991 daran eine kleine Version der Energija zu entwerfen. Mit nur 2 Boostern und einer verkleinerten Zentralstufe mit nur einem Triebwerk hätte diese Rakete nur noch 35 t in einen niedrigen Erdorbit transportiert oder mit einer Oberstufe 6 t in eine GEO Bahn bzw. 9 t zu Mars/Venus. Die Rakete wäre dann etwa so leistungsfähig gewesen wie eine Ariane 5 ECB oder Delta 4 Heavy. Doch das Ende des Projektes kam rasch. Zum einen fand man keine Kunden, zum anderen wurden die Booster in der Ukraine hergestellt, nach Entstehung der GUS war dies plötzlich Ausland, was bedeutete das man diese mit Devisen bezahlen musste. Dieselben Probleme hatten auch andere russische Raketen wie die Zyklon oder Zenit. Doch diese waren nicht so große wie die Energija und schon eingeführte Modelle.

Energija M

Energija M

Nutzlast 34 t in eine 200 km 51° Bahn
4.5-6 t in eine GSO Bahn
9 t interplanetar

Stufe 1: 2 Booster
Vollmasse je 355.000 kg, Leermasse je 35.000 kg
Schub je 7904 kN (Vakuum), 7256 kN (Meereshöhe)
Brennzeit 145 sec.
Spezifischer Impuls 3031 (Meereshöhe), 3306 (Vakuum).
Länge 37.7 m, Durchmesser 3.9 m
je 1 Triebwerk RD-170 mit 4 Brennkammern

Stufe 2: Zentralstufe
Vollmasse 272.000 kg,
Leermasse 28.000 kg
Schub 1961 kN (Vakuum) 1451 (Meereshöhe)
Brennzeit 550 sec.
Spezifischer Impuls 3462 (Meereshöhe), 4443 (Vakuum).
Länge 20 m, Durchmesser 7.7 m
1 Triebwerk RD-0120

Warum?

Ein Geheimnis welches wohl nie gelüftet werden würde ist die Frage nach dem Warum? Als Buran und Energija in die finale Planungsphase gingen war der Kalte Krieg zwischen Amerika und der SU zwar noch nicht beendet, aber das gespannte Verhältnis zwischen beiden Nationen hatte sich verbessert. 1975 hatte schon ein gemeinsames Projekt, der Flug von Sojus und Apollo stattgefunden.

Buran ZeichnungEs gab nun auch nicht mehr die Zielsetzung "Wer ist als erster im Weltall oder auf dem Mond ?". Und selbst wenn, so war Energija und Buran dem US Transporter um 4 Jahre hinterher, dieser ging 1972 in die Planung. Als Ziel bleibt nur der Zweck: Eine Trägerrakete für große Lasten und ein wieder verwendbares Raumfähre. Es gibt keine Hinweise dafür das es konkrete Nutzlasten für beide Gefährte gab wie eine große Raumstation, die man anfliegen und versorgen müsste.

Eine wichtige Triebfeder war bei den Amerikanern die Kostensenkung die sie sich erhofften. Hier waren die Sowjetunion definitiv im Vorteil. Auch wenn man keine Preise kennt die nach westlichem Muster berechnet werden (die effektiven Kosten sind in einem kommunistischen System schwer zu ermitteln), dürfte klar sein, das sowohl Sojus Rakete wie auch Kapsel um einiges preiswerter als ihre westlichen Gegenstücke sind. Dies liegt an der hohen Startfrequenz (bis zu 60 Raketen pro Jahr) und dem einfachen Aufbau, der über Jahrzehnte gleich blieb. Heute wird für den Unterhalt von ISS mindestens 1.5 Mrd. USD/Jahr veranschlagt, während man bei der Mir von 250 Mill. USD ausgeht. Auch wenn Mir kleiner ist, zeigen diese Zahlen in etwa den Größenunterschied.

Es ist aber wahrscheinlich, das man ähnlich wie bei den Amerikanern die Kosten völlig unterschätzte. Die Entwicklung von Energija und Buran kostete 14 Mrd. Rubel, annähernd 5 mal soviel wie die Entwicklung der N1. Auch die Entwicklung des Shuttles war teurer als die der Saturn, aber nur etwa doppelt so teuer. Gleiches dürfte für die Betriebskosten gelten. Für die russische Ökonomie sind allerdings 14 Milliarden Rubel, etwa 42 Milliarden DM oder 24 Milliarden US-$ eine erheblich höhere Belastung als die 17.5 Milliarden US-$ welche die Shuttle Entwicklung kostete. Dies liegt schlicht und einfach daran, dass ein Sowjetbürger für 1 Rubel erheblich mehr kaufen kann als ein US Brüger für 1..5 Dollar, obwohl beides in DM etwa 3 DM zu dieser Zeit. Nimmt man die Transportkosten die zu dieser Zeit für Proton Trägerraketen verlangt wurden, so war die Entwicklung von Energija und Buran etwa doppelt bis dreimal teurer als die des Space Shuttles. 

So zog man als man der Welt bewiesen hatte, das man prinzipiell eine Großrakete bauen kann und auch einen Shuttle, die Notbremse und stellte das Programm ein. Das klingt nach einer Niederlage, auch wenn angesichts der wirtschaftlichen Situation der SU nichts anderes übrig blieb. Es ist allerdings konsequenter als bei den Amerikanern die bis heute eine einen Shuttle starten, mit Startkosten von 433-600 Mill. USD, also pro Kilo Nutzlast etwa 3-4 mal teurer als eine Ariane 5 und 4-6 mal teurer als eine Proton.

Der wohl wichtigste Grund war ein militärischer. Heute ist es schon fast vergessen, das der Space Shuttle eine große militärische rolle spielen sollte. Als die Kosten ausuferten beteiligte sich das DoD an der Entwicklung und in Vandenberg wurde eine Startrampe für den Shuttle gebaut. Der Shuttle hätte für Militärs enorme Vorteile gebracht. Man hätte nicht nur die vielen Starts von Gambit Aufklärungssatelliten reduzieren können indem man diese im Orbit mit neuem Film versorgt hätte. Vielmehr war an ein größeres militärisches Weltraumprogramm gedacht. Neben zahlreichen Satelliten im erdnahen Orbit die man warten könnte oder zur Erde zurückbringen (viele militärische Satelliten haben erdnahe Bahnen die eine kurze Lebensdauer bedingt) könnte war auch an ein bemanntes Programm gedacht. Ein Shuttle könnte bei Krisensituationen schnell starten und Menschen könnten effektiv die zu fotografierenden Ziele auswählen, ähnlich wie es für das MOL Programm gedacht war. Man könnte sogar feindliche Satelliten einfach einfangen und bergen....

Klar war das hier die SU nicht hinter den USA zurückstecken wollten, auch wenn diese sehr bald merkten, das aus dem ehrgeizigen Programm nichts wird: Zuerst verzögerte sich die Indienststellung des Shuttles, dann war die Startrate zu niedrig und vor allem das öffentliche Interesse groß. Als 1986 schließlich die Startrampe im Militärstützpunkt Vandenberg fertig gestellt war explodierte die Challenger, dies führte zum Rückzug des DoD aus dem Programm. Als Buran 1988 startete hatten die USA die militärische Nutzung des Shuttles schon stillschweigend begraben und so gab es auch für die SU keinen Grund das teure Projekt Buran weiter zu verfolgen.

Bücher des Autors über Trägerraketen

Wie man an dem Umfang der Website sieht, sind Trägerraketen eines meiner Hauptinteressen. Es gibt inzwischen eine Reihe von Büchern von mir, auch weil ich in den letzten Jahren aufgrund neuer Träger oder weiterer Informationen über alte Projekte die Bücher neu aufgelegt habe. Sie finden eine Gesamtübersicht aller Bücher von mir bei Amazon und hier beim Verlag.

Ich beschränke mich in diesem Abschnitt auf die aktuellen Werke. Für die in Europa entwickelten Trägerraketen gibt es von mir zwei Werke:

Europäische Trägerraketen 1 behandelt die Vergangenheit (also bei Drucklegung): Das sind die nationalen Raketen Diamant, OTRAG und Black Arrow und die europäischen Träger Ariane 1 bis 4 und Europarakete.

Europäische Trägerraketen 2 behandelt die zur Drucklegung 2015 aktuellen Träger: Ariane 5, Vega und die damaligen Pläne für Vega C und Ariane 6.

Wer sich nur für einen der in den beiden besprochenen Träger interessiert, findet auch jeweils eine Monografie, die inhaltlich identisch mit dem Kapitel in den Sammelbänden ist, nur eben als Auskopplung.

Weiter gehend, alle Raketen die es weltweit gibt, behandelnd, gehen zwei Bände:

US-Trägerraketen

und

Internationale Trägerraketen (im Sinne von allen anderen Raketen weltweit)

Auch hier habe ich 2023 begonnen, die Bände aufzusplitten, einfach weil der Umfang für eine Aktualisierung sonst weder handelbar wäre bzw. an die Seitengrenze stößt, die der Verlag setzt. Ich habe auch bei den Einzelbänden nochmals recherchiert und den Umfang erweitert. Bisher sind erschienen:

US Trägerraketen 1 mit den frühen, kleinen Trägern (Vanguard, Juno, Scout)

US Trägerraketen 2 mit der Titan-Familie

2023 wird noch die erste Auskopplung aus den internationalen Raketen über russische Träger erscheinen. Nach und nach werden alle Raketen dann in einzelnen Monografien geordnet nach Trägerfamilien oder Nationen dann aktualisiert auf den aktuellen Stand, so besprochen.

Für die Saturns gibt es noch einen Sonderband, den ersten in der Reihe über das Apolloprogramm.

Alle bisherigen Bücher sind gerichtet an Leute, die wie ich sich nicht mit oberflächlichen Informationen oder Zusammenfassung der Wikipedia zufriedengeben. Wenn sie sich nicht für Technik interessieren, sondern nette Anekdoten hören wollen, dann sind die bisherigen Bücher nichts für Sie. Für dieses Publikum gibt es das Buch „Fotosafari durch den Raketenwald“ bei dem jeder Träger genau eine Doppelseite mit einem Foto und einer Beschreibung hat. (Also etwa ein Zehntel der Seitenzahl auf den ich ihn bei den beiden obigen Bänden abhandelte). Das Buch ist anders als die anderen Bände in Farbe. Ab und an macht BOD als Print on Demand Dienstleister Mist und verschickt es nur in Schwarz-Weiß, bitte reklamieren sie dann, ich als Autor kann dies nicht beeinflussen.

Als Autor würde ich mich freuen, wenn sie direkt beim Verlag bestellen, da ich da eine etwas größere Marge erhalte. Dank Buchpreisbindung und kostenlosem Versand ist das genauso teuer wie bei Amazon, Libri und iTunes oder im Buchhandel. Über eine ehrliche Kritik würde ich mich freuen.

Alle Bücher sind auch als E-Book erschienen, üblicherweise zu 2/3 des Preises der Printausgabe – ich würde sie gerne billiger anbieten, doch da der Gesetzgeber E-Books mit 19 Prozent Mehrwertsteuer besteuert, Bücher aber mit nur 7 Prozent, geht das leider nicht. Ein Vorteil der E-Books - neben dem einfacher recherchierbaren Text ist, das alle Abbildungen, die im Originalmanuskript in Farbe, sind auch in Farbe sind, während ich sonst - um Druckkosten zu sparen - meist auf Farbe verzichte. Sie brauchen einen pdf-fähigen Reader um die Bücher zu lesen. Sofern der Verlag nicht weiter für bestimmte Geräte (Kindle) konvertiert ist das Standardformat der E-Books ein DRM-geschütztes PDF.

Mehr über meine Bücher finden sie auf der Website Raumfahrtbuecher.de und eine Liste aller Veröffentlichungen findet sich auch bei meinem Wikipediaeintrag.

 


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
Sitemap Kontakt Neues Impressum / Datenschutz Hier werben / advert here Buchshop Bücher vom Autor Top 99