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Der Flug zum Mars

Einleitung

Wernher von Braun sah den Flug zum Mond als eine Zwischenstation an, der eine bemannte Raumstation folgen würde und dann ein Flug zum Mars, den er für 1986 geplant hatte. Nach der historischen Landung von Apollo 11 verflog sehr bald das Interesse an teuren Unternehmen, man konnte noch aus Resten des Apollo Programms die vergleichsweise preiswerte Raumstation Skylab (Kosten 2.1 Mrd. USD, heute kostete alleine das Columbus Modul für die ISS mehr) verwirklichen, doch an einen bemannten Flug zum Mars war nicht mehr zu denken.

Heute befindet sich der Mars wieder im Mittelpunkt der Forschung. Bei jedem Startfenster starten eine und oder mehrere unbemannte Sonden. Seit einigen Jahren ist nun wieder auch von einem bemannten Marsflug die Rede. In diesem Artikel geht es nicht um konkrete Pläne - derartige gibt es nicht, jedoch einige Studien. Es soll vielmehr aufgezeigt werden, was die Unterschiede zu bisherigen Flügen zum Mond oder in eine Erdumlaufbahn sind, welche Probleme gelöst werden müssen.

In mehreren Teilen will ich dieses Thema eingehender beleuchten.

Antriebe

Bei einer Mission zum Mars wird der größte Anteil der Masse die man in einen Erdorbit bringt bei einem chemischen Antrieb aus Treibstoff bestehen. Alleine um die Erdumlaufbahn zu verlassen wird bei jedem chemischen Antrieb mehr Treibstoff verbraucht, als danach das Raumfahrzeug wiegt. Dann muss das Raumfahrzeug in eine Marsumlaufbahn einschwenken und von dort wieder zurück zur Erde starten. Wenn man dann auch nicht direkt landet sondern in eine Erdumlaufbahn abbremst braucht man nochmals so viel Treibstoff. Daher ist man bestrebt diesen Posten zu minimieren.

Schon alleine wegen der Masse die man für einen Marsflug braucht sind Antriebe einen eigenen Aufsatz wert. Daher zuerst einmal eine Vorstellung der Möglichkeiten die man heute zur Verfügung hat.

Chemische Antriebe

Ein Problem einer Marsmission ist das Gewicht. Der größte Teil der Masse die man in einen Erdorbit transportiert ist Treibstoff um die Erde zu verlassen. Eine Marsmission benötigt - je nach Planung - zwischen 700 und 1100 t die in einen erdnahen Orbit transportiert werden müssen.

Heute arbeiten Raumsonden mit lagerfähigen Treibstoffen. Diese kann man beliebig lange lagern. Sie liefern aber nur eine mittlere Energieausbeute, d.h. man braucht sehr viel Treibstoff. Die Alternative bei chemischen Triebstoffen ist die Verwendung von flüssigem Wasserstoff als Treibstoff. doch dieser ist nur bei Temperaturen unter -253 Grad flüssig. Er liefert erheblich mehr Energie als die lagerfähigen Treibstoffe, so dass man Raketen kleiner bauen kann. Wasserstoff wird auch von nuklearen Triebwerken als Treibstoff benutzt. Auch dort hat man also das Problem der Kühlung. Den größten Teil des Treibstoffs benötigt man um überhaupt erst zum Mars zu kommen - Hier würde sich das Kühlungsproblem nicht stellen, wenn man eine Trägerrakete hat, welche die Module direkt starten kann, also eine Rakete in der 200 t Nutzlast Klasse.

Teile des Treibstoffs müssen bis zum Rückstart zur Erde flüssig gehalten werden. Dies ist im Weltraum einfach: Man kann hier den Treibstoff mit einem Sonnenschild vor Sonnenstrahlung schützen. Ein Schutzschild senkt bei dem Weltraumteleskop JWST die Temperatur auf 213 K. Den Rest von etwa 40 K Kühlleistung kann eine Rückverflüssigungsanlage aufbringen. Da Wasserstoff auch die Basis für nukleare Antriebe ist und diese sogar mehr davon einsetzen (sie brauchen zwar nur halb so viel Treibstoff wie ein chemischer Antrieb, doch dieser besteht beim chemischen Antrieb nur aus einem Siebtel aus Wasserstoff, so dass sie in der Summe 3.5 mal mehr Wasserstoff benötigen).

Die Kühlung dürfte auf dem Mars trotz seiner dünnen Luft erheblich schwieriger sein. Der Boden nimmt Wärme auf und strahlt sie ab und die Strahlung kommt von überall her. Selbst in der Nacht wird es nie unter -80 °C kalt, tagsüber bis zu 0°  Zubrins Plan sieht die Gewinnung von Treibstoff aus Wasserstoff auf dem Mars vor. Es fehlt aber noch der Beweis, ob dies möglich ist und Zubrins Plan ist auch der wohl radikalste unter allen Marsmissionen.

Für den chemischen Antrieb sprechen eine Reihe von Argumenten. Zum einen die Jahrzehnte lange Erfahrung, die Verfügbarkeit von Triebwerken jeder Größe und die vergleichsweise kleinen Kosten für Triebwerke und Antrieb. Aber: Von allen Antrieben holt der chemische Antrieb am wenigsten Energie pro Kilogramm Treibstoff heraus. Bei lagerfähigen Triebstoffen beträgt der spezifische Impuls etwa 3300 m/s, bei Wasserstoff etwa 4500 m/s. Entsprechend ist beim chemischen Antrieb der größte Teil der Masse, die transportiert wird Treibstoff.

NERVANukleare Antriebe

Auch die Entwicklung von nuklearen Antrieben dürfte ein Problem werden. Derartige Antriebe wurden in den USA bis Anfang der siebziger Jahre getestet und sollten die Teile zum Mars bringen. Seitdem ist die Entwicklung nicht mehr weiter fortgeschritten. Ein nuklearer Antrieb ist ein sehr kompakter Reaktor mit einer Düse. Man kann ihn mit einem kompakten Kernreaktor in der Brennkammer eines chemischen Antriebs vergleichen. Wenn er das Raumschiff antreiben soll, so werden die Regelstäbe herausgefahren und der Reaktor erhitzt sich auf hohe Temperaturen. Er wird von Wasserstoff umflossen, welche die Hitze mitnimmt und sich dabei auf 2200 K erhitzt. Dieser Wasserstoff tritt durch die Düse aus, und treibt das Raumschiff vorwärts. Wie man an der Beschreibung erkennen kann, ist dies ein offenes System. Der Reaktor ist nicht von einer Metallhülle oder einer Betonwand umgeben, denn der Wasserstoff muss ins Freie entwichen können. Bei einem Fehlstart oder einer ausbleibenden Zündung, besteht das Risiko dass radioaktives Material in größerer Menge freigesetzt wird. Da der Wasserstoff durch den Kernreaktor radioaktiv wird, kann man diesen nur als Oberstufe einsetzen.

Nukleare Antriebe dieser Bauart erreichen spezifische Impuls von 8100 m/s, also fast doppelt so hohe wie der chemische Antrieb. Dieser Vorteil wird relativiert durch eine höhere Leermasse zum einen durch die größeren Tanks und zum anderen durch den schweren Reaktor. Eine nukleare Raketenstufe hat ein etwa doppelt so hohes Leergewicht wie eine chemische Oberstufe. Der Schub ist zudem 3-4 mal geringer, wodurch man etwas höhere Endgeschwindigkeiten erreichen muss. Eine Untersuchung zeigt, dass nukleare Antriebe dieser Bauart in etwa die Startmasse von der Erde aus um 30-40 % reduzieren können. Dieser Vorteil muss abgewogen werden, mit den Risiken und den Entwicklungskosten.

Die heute weitaus kritische Einstellung zur Kernenergie und der hohe Aufwand für die Entwicklung machen es unwahrscheinlich, dass man auf diese Technologie zurück kommen wird. Bei der heutigen Einstellung zur Reaktorsicherheit, kann man bei dem nicht auszuschließenden Risiko eines Fehlstarts nur einen Start befürworten, wenn der Reaktor sicher ist bis er im Orbit angekommen ist. Er müsste solange von einem Hitzeschutzschild und einer massiven Hülle umgeben werden die dann im Orbit abgesprengt werden. Dann müsste man den Reaktor mit zahlreichen Treibstoffleitungen und elektrischen Kontakten verbinden - das bei einem Raketentriebwerk, das selbst auf der Erde komplett montiert zur Startanlage gebracht wird. So wäre zwar ein sicherer Start möglich. Der Gewichtsvorteil schmilzt und ob man einen Reaktor im Weltraum an die Tanks wird montieren können, dürfte zweifelhaft sein.

Noch weitergehende Konzepte wie der Wirbelschichtreaktor, bei dem der Reaktor so heiß wird, dass er verdampft und natürlich dann mit dem Ausströmgas an die Umwelt abgegeben wird, haben heute noch weniger Chance, weil man sie nicht ohne Verstrahlung am Boden testen kann. Derartige Gaskernreaktoren erzeugen noch höhere spezifische Impulse von bis zu 15.000 m/s. Sie sind jedoch nur theoretisch untersucht. Ein Einsatz ist daher unwahrscheinlich.

Elektrische Antriebe (Ionentriebwerke)

Sinnvoller scheint es eher elektrische Triebwerke einzusetzen. Zwar erfordern auch diese eine leistungsfähige Energiequelle (dies kann ein Kernreaktor sein oder ein Solarzellen). Doch den Reaktor kann man hier gut abschirmen. Auch ist die Ausströmungsgeschwindigkeit von elektrischen Triebwerken höher als bei nuklearen Triebwerken, wodurch man weniger Treibstoff braucht oder eine höhere Startgeschwindigkeit erreichen kann (dadurch verkürzt sich die Reisezeit). Der Treibstoff Quecksilber oder Xenon ist auch gut lagerfähig. Der einzige Nachteil von elektrischen Triebwerken: Der Schub ist sehr gering. Elektrische Triebwerke brauchen Monate um die Erde zu verlassen. Sie müssen dabei auch viel höhere Geschwindigkeiten als chemische Triebwerke erreichen, da sie sich hochspiralen.

Elektrische Antriebe gelten heute als ausgereift, doch liegen Erfahrungen nur mit kleineren Antrieben (Stromverbrauch typisch einige KW) vor. Es dürfte aber kein Problem sein diese zu bündeln oder größere Triebwerke herzustellen. Elektrische Antriebe erzeugen nur geringe Schubkräfte. Man braucht daher Wochen um die Erdumlaufbahn zu verlassen. Man kann aber die Reisezeit auch verkürzen. Durch die geringen Schubkräfte muss man beim Mars entweder mit einer anderen Technologie in eine erste Übergangsbahn eintreten oder durch ein Aerocapture Manöver Geschwindigkeit abbauen. Alternativ - wenn Zeit keine Rolle spielt, spiralt man sich von der Erde zum Mars hoch und lässt sich dann einfangen.

Der Nachteil ist, dass man mehr Zeit für ein Unternehmen braucht. Dies dürfte den Aufenthalt auf dem Mars verkürzen und die Zeit in der Schwerelosigkeit verlängern. Allerdings dehnt es auch den Zeitplan zum Verlassen der Umlaufbahn um die Erde. Ein bemanntes Raumschiff müsste zudem gegen die Strahlung aus dem Van Allen Gürtel, in dem man längere Zeit wäre, besser abgeschirmt werden.

Ideal ist die Technologie, wenn Zeit keine Rolle spielt, das ist gegeben bei den unbemannten Teilen der Expedition. Diese werden vor der bemannten Expedition gestartet, so dass sie schon verfügbar sind wenn die Mannschaft ihre Reise antritt. Man kann so Module schon Monate lang vor dem Startfenster starten und dann langsam in eine Fluchtbahn bringen.

Elektrische Antriebe werden von vielen Experten als die beste Antriebstechnologie angesehen. Der spezifische Impuls ist sehr hoch (20000-40000 m/s), aber die Schubkräfte klein. Von Nachteil ist, dass man sehr viel Strom für die Triebwerke braucht. Der nötige Nuklearreaktor oder die Solarzellen bedeutet natürlich zusätzliches Gewicht.

Aerocapture

Eine andere Herausforderung gibt es beim Mars. Dort kommt die Mission mit einer Überschussgeschwindigkeit von 2-3 km/s an und muss diese abbauen. Für einige Module gibt es die Möglichkeit direkt auf dem Mars zu landen. Da ist dies kein Problem. Doch um in eine Umlaufbahn einzutreten muss man die Geschwindigkeit abbauen. um so mehr, je kreisförmiger diese sein soll. Alternativ zu einem Triebwerk und viel Treibstoff wurde daher vorgeschlagen ein Aerocapture Manöver durchzuführen. Dabei tritt der Raumflugkörper tief in die Atmosphäre ein. Ein Hitzeschutzschild schützt ihn vor dem Verglühen. Die Reibung baut Geschwindigkeit ab und so kommt die Mission in einer elliptischen Umlaufbahn an. Diese kann wenn gewünscht durch weiteres Eintauchen zirkularisiert werden. Zum Schluss muss man durch Zünden der Triebwerke dann den marsnächsten Punkt der Bahn anheben.

Dies klingt verlockend. doch es ist ein heikles Manöver. Erreicht der Raumflugkörper nicht einen genau vordefinierten Korridor so baut er entweder zu wenig Geschwindigkeit ab (und landet in einer Sonnenumlaufbahn die zwischen Erde und Mars verläuft) oder er taucht zu tief ein und verglüht. Bei unbemannten Missionen ist dies noch nie erprobt worden, wahrscheinlich weil man das Risiko zu hoch einschätzte. Der Mars hat hier die problematischste Atmosphäre. Sie ist relativ dünn und man muss daher recht tief gehen. Fehler wirken sich hier stärker aus als z.B. bei der Venus oder den Gasriesen, bei denen die Dichteabnahme, in dem Teil der durchquert werden muss geringer ist. Nach NASA Untersuchungen bringt ein Aerocapture Manöver keinen großen Gewichtsvorteil.

Das liegt daran, das der Schutzschild für bemannte Module sehr groß ist und man für eine elliptische Umlaufbahn recht wenig Geschwindigkeit abbauen muss. Bei kreisförmigen Umlaufbahnen sieht es besser aus, doch benötigt man dann mehr Treibstoff um den Mars wieder zu verlassen. Daher sind kreisfömige Umlaufbahnen generell nicht so günstig wie eine hochelliptische Umlaufbahn.

Bei der Rückkehr zur Erde könnte man Aerocapture einsetzen. Die Erdatmosphäre ist dichter und wohlbekannt. Allerdings gehen die meisten Planungen davon aus die Astronauten direkt zu landen, damit man kein zusätzliches Gewicht erst zum Mars und dann zurück transportieren muss.

Technologievergleich

Eine Gesamtabschätzung der Technologien ist recht schwierig. Schon bei dem Vergleich von chemischen und nuklearen Triebwerken kommt es stark auf die genaue Spezifikation der Mission an. Ionentriebwerken haben eine noch viel größere Variabilität, da man die Nutzlast leicht auf Kosten der Reisedauer anheben kann. Das wäre z.B. bei den Teilen der Mission die nicht bemannt zum Mars fliegen gar kein Problem. Ich will im folgenden mich daher nur auf den Start von der Erde zum Mars konzentrieren. Dabei wird insgesamt der größte Teil des Treibstoffs verbraucht. Folgende Randbedingungen sollen gelten:

Der erhöhte Geschwindigkeitsbedarf resultiert durch den immer geringeren Schub. Der kurze Impuls, nahe der Erde, bei chemischen Antrieben ist ein Vorteil. Bei den beiden anderen Technologien muss Treibstoff in die Höhe gehoben werden, was Energie erfordert (es wird Hubarbeit verrichtet). Bei elektrischen Triebwerken muss man sich festlegen, wie lange man den Antrieb einsetzen will. Je länger man sich Zeit lässt, desto günstiger wird er. Beim Mars wiederholen sich Startfenster alle 26 Monate. Wenn man sichergehen will, dass eine Nutzlast sicher gelandet ist, dann sollte sie die Übergangsbahn zum Mars 26 Monate vor dem Start des nächsten Moduls erreicht haben.

unter diesen Randbedingungen errechnet sich bei 1000 t Startmasse im Erdorbit folgende Nutzlast:

Der Ionenantrieb ist also der attraktivste hier vorgestellte. Allerdings benötigt er sehr große Mengen an Strom. Im vorgegebenen Beispiel 11.3 MW elektrische Leistung. Die Fläche von rund 42000 m² muss im All entfaltet werden und verursacht Steuerungsprobleme, da sie durch den Sonnenwind einen zusätzlichen Impuls auf das Raumfahrzeug ausübt. Kernreaktoren wären eine Alternative Stromquelle, doch ist die Entwicklung dieser in den letzten Jahrzehnten kaum fortgeschritten. Von dem Leistungsgewicht (erzeugte Leistung dividiert durch die Masse die man dafür benötigt schlagen heute Solarzellen Reaktoren).

Logistik und Raketenentwicklung

Um zum Mars zu gelangen braucht man mehr Treibstoff als zum Mond. Der energetisch aufwendigste Teil ist der Rückstart von der Marsoberfläche in einen Orbit oder zu Erde (4.0 km/s in einen Orbit, 6.1 km/s von der Oberfläche zur Erde). Vor allem aber braucht man so viel Treibstoff, weil man nun nicht eine kleine Kommandokapsel und einen Mondlander mit einem Innenvolumen einer Telefonzelle transportieren muss sondern zumindest so große Wohnelemente, dass je nach Mission 4-12 Personen es dort über bis zu 3 Jahre aushalten können. Je nach Strategie braucht man eines oder zwei dieser Wohnelemente, dazu kommt Ausrüstung, eine Energieversorgung und Nahrung, Wasser und Gase für 3 Jahre.

Die mir bekannten Szenerien gehen von einer Startmasse von 600 t bis 2880 t in einen niedrigen Erdorbit aus. Der obere Wert ist eine recht konservative Studie von Wernher von Braun noch aus den sechziger Jahren. Der untere eine ESA Studie mit nur 6 Mann Besatzung. Heute liegt das Groß der untersuchten Szenarien bei 800-1200 t ei einer Besatzung von 6-8 Personen. Diese Nutzlasten liegen so hoch, das keine der Studien von nur einem Start ausgeht. Es werden 4-6 Starts von Schwerlasttransporten der 150-220 t Klasse angesetzt, das sind Raketen welche die Nutzlast einer Saturn 5 wie sie beim Mondlandeprogramm eingesetzt wurde übertreffen. Jede Rakete hätte dann ein komplettes Modul oder eine komplette Antriebsstufe transportiert. Es gäbe so gut wie keinen Zusammenbau von Teilen im Erdorbit.

Mit der ARES V wird derzeit eine neue Rakete der 130 t Klasse entwickelt 5-9 ARES V Flüge könnten die Bestandteile einer Marsexpedition in einen Orbit bringen. Da ein großer Teil dessen was in den Erdorbit transportiert ist Treibstoff ist benötigt man zwar mehr Flüge, die Mission ist aber nicht komplexer als wie bei einer 200 t Rakete, man muss nur Antriebsstufen und eigentliche Nutzlast getrennt starten und erst im Erdorbit verbinden. Die Ares V kann auch Basis für eine noch größere Schwerlastrakete sein. Ein erster Schritt könnte es sein mehr Booster mitzuführen. 2 Booster werden von der Ares V verwendet. Eine 4 Booster Version käme auf etwa 155 t Nutzlast, eine 6 Booster Version auf 177 t. Weitere Entwicklungsmöglichkeiten gäbe es durch Verlängerung der Zentralstufe und Oberstufe.

Ich denke es gibt einen zweiten Weg. Beim Mondprogramm machte die Raketenentwicklung ein Drittel der Kosten aus. Die Kosten der ARES V sind nicht bekannt,  aber sie muss erst entwickelt werden. Ein solcher Schwerlastransporter hätte aber keinen anderen Einsatzzweck als die Marsmission Es gäbe nur wenige Starts, die Kosten pro Start wären hoch.

Doch auch hier gibt es eine Alternative. Der Großteil der Masse der Mission macht Treibstoff aus und diesen kann man leicht umfüllen. Noch wichtiger : den Größten Teil des Treibstoffs braucht man um überhaupt von der Erde zum Mars zu gelangen. Solange man sich aber in einer Erdumlaufbahn befindet, kann man nachtanken. Man benötigt also keine so große Rakete, sondern kann einen Start dieser Rakete durch mehrere Starts einer kleineren Rakete ersetzen. Die Untergrenze an Nutzlast die eine Rakete befördern muss, wird durch die schwersten Module ohne Treibstoff diktiert. Diese wiegen aber nur etwa 50 anstatt 130 t.

Es bietet sich an auf schon existierende Raketen zurückzugreifen und diese in der Leistung zu steigern. Ich habe dies detaillierter in einem eigenen Aufsatz ausgeführt: Durch Bündeln schon bestehender Raketenstufen könnte man die Ariane 5,Zenit und Delta IV in diesen Bereich anheben.

Der Vorteil:

Weiterhin kann man sich den Umstand zunutze machen, dass der größte Teil der zum Mars transportiert wird Treibstoff ist: Man hebt die Nutzlast stufenweise in eine höhere Bahn, und erst die letzte Raketenstufe transportiert sie zum Mars. So kann man eine 200 t Rakete durch mehrere 50 t Raketen ersetzen:

Eine 200 t Rakete würde aus einer 127 t schweren Raketenstufe mit einer Leermasse von 11 t und 73 t Nutzlast bestehen. Nur die 73 t Nutzlast verlassen die Erde.

Man hat in diesem Szenario eine 200 t Rakete durch 5 Starts mit je 50 t ersetzt. Es müssen mehr Starts sein, weil die Leermasse der Raketen höher ist. Allerdings könnten 5 Starts von je 50 t auch mehr als 73 t zum Mars befördern. Eine genaue Berechnung zeigt dass es 89 t wären, dies entspräche eine Nutzlast von 243 t in einen erdnahen Orbit mit einer einzigen, großen Rakete. Diese Lösung ist also nur wenig schlechter als eine große Lösung mit nur einer Trägerrakete

Zeitfaktor

Ein Marsunternehmen besteht nicht aus einem einzigen Flug. Die meisten Szenarien sehen mehrere Flüge mit unterschiedlichen Nutzlasten voraus. eine typische Mission könnte z.B. folgende Einzelteile umfassen

Lediglich der letzte Flug wäre bemannt. Da es verschiedene Bahnen zum Mars gibt, erstrecken sich Startfenster über einige Wochen, bis etwa 1 Monat. Über diese Zeit müsste  man 4 Starts durchführen. Bei der Benutzung von kleineren Raketen sind es nicht mehr Starts, wenn man die Strategie der Orbitanhebung wählt. Dann kann man die vielleicht 20 Starts kleinerer Träger über eine noch längere Frist verteilen. Heute favorisiert man sogar eher noch die Variante, bei der die man die Hälfte des Equipments ein Startfenster, also 2 Jahre früher zum Mars entsendet. Zum einen ist Technik so weit ausgereift, dass die Verweildauer auf dem Mars kein Risiko mehr darstellt. Zum anderen weiß man vor dem Start, dass die Ausrüstung schon dort ist wo man sie braucht. Die kosten werden so auch über mehrere Jahre verteilt.

Die Zeit ist also kein Problem für eine Marsmission, zumal sich die gesamte Vorbereitungszeit von dem Start der Entwicklung bis zur Landung über mehr als ein Jahrzehnt erstrecken dürfte. Der verteilte Start über 2 Startfenster erlaubt es auch die Mittel besser über die Jahre zu verteilen.

1.5.2015: Die Treibstofferzeugung auf dem Mars

Es klingt verführerisch: Man landet auf dem Mars und erzeugt den gesamten Treibstoff vor Ort. Das Konzept hat Zubrin populär gemacht und die NASA hatte auch einmal ein Experiment an Bord einer Raumsonde (MSL01) geplant, doch nachdem diese eingelagert und zu Phoenix umgebaut wurde, wurde das Experiment Mars in Situ Propellant Production gestrichen.

Die bei den meisten Vorhaben grundlegende Reaktionsgleichung ist die nach dem Sabatier-Prozess:

CO2 +4 H2 -> CH4 + 2 H2O

Den Wasserstoff kann man von der Erde zum Mars bringen (inzwischen favorisiert) oder aus dem Marswasser durch Elektrolyse bilden, wobei man auch noch Sauerstoff gewinnt. Bringt man den Wasserstoff mit, so muss man zusätzlichen Sauerstoff gewinnen, weil man aus den zwei Wassermolekülen nur ein Sauerstoffmolekül gewinnen kann. Die vollständige Verbrennung von Methan erfordert aber zwei Moleküle. (LOX/Methan Gewichtsverhältnis 4, in üblichen Raketenantrieben wird meist eines von 3,5 eingesetzt)

2 O2 + CH4 -> CO2 + 2 H2O

Es wurde vorgeschlagen, diesen Sauerstoff auf dem Kohlendioxyd zu gewinnen nach :

2 CO2 -> 2 CO + O2

Dies sollte unter anderem auch im NASA-Experiment beim 2001-er Lander durchgeführt werden. (Der zweite Zielpunkt war es Kohlendioxid aus der Marsatmosphäre zu binden und seinen Partialdruck für die Synthese um das 150-fache zu erhöhen)

Mit Kohlenmonoxid gibt es dann auch noch die Möglichkeit die Fischer-Tropsch Synthese durchzuführen:

CO + H2 -> CnHm + H2O + CO2

Den beim der Kohlenmonoxyd Spaltung entstehenden Wasserstoff kann man auch für das Lebenserhaltungssystem nutzen. Selbst wenn man den Wasserstoff von der Erde mitbringt (Wasser gibt es sicher auf dem Mars, doch nicht überall und auch nicht nahe der Oberfläche kann man bei stöchiometrischer Verbrennung aus 1 kg Wasserstoff 20 kg Treibstoff gewinnen. Selbst bei dem in Normalfall vorliegenden unterstöchiometrischen Verbrennung ist es ein Faktor 12 bis 14.

Der primäre Nachteil ist dass man erst einmal sehr viel Energie hineinstecken muss. Noch günstig sieht es beim Sabatierprozess aus.  Der Sabatierprozess läuft bei Temperaturen oberhalb von 250°C ab, Kommerzielle Reaktoren arbeiten bei 400°C. Zubrins effizientestes System brauchte 4 KWh pro Kilogramm Treibstoff (Methan/Sauerstoff = 2). Das System auf der Basis von Kohlenmonoxyd (endotherme, energieverbrauchende Reaktion) sogar die zehnfache Energiemenge. Bei 500 Tagen auf dem Mars, eine typische Missionszeit kann eine Anlage mit 1 KW Leistung rund 3 t Treibstoff produzieren. Eine 6 KW Anlage müsste genügend Treibstoff produzieren um eine 6 t schwere Kapsel starten zu können. Das ist ein experimente

Zubrin hatte ja den Plan Mars direkt, bei dem gibt es keine Station im Marsorbit die man nutzt für den interplanetaren Teil der Reise, sondern eine Wohnung die auf dem Mars direkt landet und direkt wieder zurückfliegt. So etwas ist dann deutlich schwerer und muss auch auf eine rund 2 km/s höhere Geschwindigkeit beschleunigt werden, was den Treibstoffbedarf ohne Problem verzehnfachen wird.

Auf der Erde klappt das alles sehr gut, die meisten Prozesse sind nicht gerade neu, etwa ein Jahrhundert oder älter. Nach Fischer-Tropsch wurde in vielen Staaten synthetisches Benzin produziert, vor allem wenn man kein Erdöl kaufen konnte (Nazideutschland, Südafrika). Der Sabatier-Prozess wurde schon vor dem ersten Weltkrieg zur Reinigung von Stadtgas (Entfernung des Kohlenmonoxids) eingesetzt. Sabatier ist der einfachere Prozess, das die Reaktion exotherm ist, das bedeutet das Gleichgewicht liegt von Natur aus auf der rechten Seite.

Es gibt jedoch einige Unterschiede zwischen dem was man heute erreicht hat und dem was eine Anlage auf dem Mars leisten muss. Auf der Erde stammt das Kohlendioxyd aus Verbrennungsvorgängen. Der Partialdruck ist entsprechend hoch. Der Druck der Marsatmosphäre ist gering. Man müsste ihn also erst mal erhöhen. Das die Marsatmosphäre neben Kohlendioxyd noch andere Gase (vor allem Stickstoff) enthält wird wohl nicht so wichtig sein. Es fehlt in jedem Fall der Sauerstoff der sonst zuerst reagieren würde. Wenn etwas Ammoniak dabei entsteht so ist das nicht schlimm, denn das kann man auch als Treibstoff nutzen.

Die Probleme liegen auf einer anderen Seite. Das erste ist der Wasserstoff. Dieser muss von der Erde auf den Mars gebracht werden. Wasserstoff verdampft leicht. Im Weltraum kann man ihn noch relativ gut vor Wärme über einen Schutzschild schützen, ähnlich wie man beim JWST und anderen Weltraumteleskopen das Teleskop kühlt und vor der Sonne schützt. Auf dem Mars wird er durch die Luft erwärmt werden. Wasserstoff hat eine geringe Dichte, sowohl als Gas wie auch als Flüssigkeit. Druckgastanks dürften aus Gewichtsgründen ausscheiden. Als Flüssigkeit ist Wasserstoff nur in einem Temperaturbereich von -253 bis -261°C, wenige Grade vom absoluten Nullpunkt entfernt, flüssig. Bisher hat man Wasserstoff in Stufen einige Stunden lang flüssig halten können. Kleinere Mengen für Brennstoffzellen auch eigne Wochen. Bis zu einer Kühlung über mindestens zwei Jahre ist es noch ein weiter Weg. Selbst der optimistische Zubrin rechnet mit einem Verdampfungsverlust von 20%.

Gekühlt werden müssen auch der erzeugte Treibstoff Methan und Sauerstoff, doch sie verdampfen bei höheren Temperaturen und haben eine höhere Dichte (entsprechend kleineres Volumen) und kleinere Oberfläche die Wärme aufnehmen kann. Das bedeutet dass man einen zusätzlichen Energiebedarf für die Kühlung und Rückverflüssigung hat.

Anstatt Treibstoff muss man daher eine leistungsfähige Stromversorgung mitführen. Sowohl auf dem Weg zum Mars wie auch zur Oberfläche. Bei dem Rückstart vom Mars nur mit einer Kapsel liegt der Treibstoffbedarf bei einer 6 t Kapsel (Apollo, Dragon liegt z.B.. schon darunter) bei etwa 18 t. Die zusätzlichen 6 KW Leistung würden als Solarpaneele etwa 400 kg wiegen (miteinkalkuliert, das auf dem Mars die Leistung geringer ist und nur tagsüber die Sonne scheint). weiterer Vorteil ist das 6 kW Leistung in etwa eine Strommenge ist die auch die Mannschaft verbraucht, das bedeutet eine leistungsfähigere Stromversorgung der Station würde ausreichen. Dazu kämen noch etwa 1,2 t Wasserstoff, die Masse der Tanks und die Rückverflüssigungsanlage. Sparen kann man so 15-16 t Masse.

Auf der anderen Seite sind 15 t Masse, die man einspart nicht viel. Die Erde verlassen bei einer typischen Mission von 600 bis 1000 t Anfangsmasse (mit Stufe um den Erdorbit zu verlassen) noch 240 bis 400 t. Ein Lander mit Rückkehrstufe ist recht kompakt und braucht nur einen kleinen Hitzeschutzschild, er landet direkt und braucht keinen Treibstoff bis zur Rückkehr. So spart man maximal 10% der Startmasse ein., Dafür setzt man bei einem kritischen System, ohne das die Besatzung auf dem Mars strandet auf ein System das man bisher noch nicht erprobt hat (man könnte es bei einer unbemannten Marsbodenprobengewinnung erproben, nur wenn diese Mission kommt, dann entfällt noch ein Punkt warum man überhaupt eine bemannte Marsexpedition machen sollte).

Anders sieht es bei dem Plan "Mars-.Direkt aus". Wir haben eine viel größere Masse, die nicht nur in den Marsorbit gelangt, sondern zurück zur Erde. Eventuell (wenn es keine Kapsel gibt) sogar in einen Erdorbit. Dafür braucht man erheblich mehr Treibstoff zehn bis 40-mal mehr. Diese Menge kann man nur mit einem Atomreaktor erzeugen. Solarzellen wären für die benötigte Leistung viel zu groß und zu sperrig. Dann hat man das Risiko von zwei bisher in dieser Größenordnung nicht erprobten Systemen. Bisherige Reaktoren im Weltraum hatten Leistungen von maximal einige Kilowatt und waren sehr schwer und lieferten weitaus weniger Energie pro Kilogramm Masse als Solarzellen.

Prinzipiell läuft es dann auf eine Frage raus: Was ist billiger: eine komplexe Treibstoff Gewinnung auf dem Mars zu bringen und dafür Startmasse zu sparen oder mehr Starts einer Schwerlastrakete durchzuführen und daher höhere Startkosten zu haben?

Nicht untersucht, aber von meiner Warte aus am besten geeignet wäre die reine Elektrolyse von Wasser. Sie ist technisch erprobt, funktioniert in jedem Maßstab und hat einige Vorteile:

Die Unsicherheit ist eben, dass wir bisher nicht eine Region auf dem Mars kennen wo man mit Bestimmtheit sagen kann "Da ist leicht förderbares Wasser an/knapp unter der Oberfläche". Könnte man diese Frage klären so wäre sicher das Zünglein bei der Waage deutlich in Richtung Produktion ausgerichtet. Denn selbst wenn ich beim Sabatierprozess bleibe muss ich den Wasserstoff nicht mitführen sondern kann ihn aus Marswasser gewinnen.

Schlussendlich reduziert sich diese Frage auf eine andere - wie hoch sind die Transportkosten zum Mars? Dafür in den nächsten Tagen mehr.

Links:

Zubrin über sein System

MIP System des 2001 Landers

2.5.2015: Die Schlüsselfrage der Marsexpedition

Betrachtet man historische Konzepte für die Marsexpedition, so unterscheiden sie sich doch von den heutigen. Wenn wir die ganze frühen Ideen weglassen die entstanden bevor man leistungsfähige Raketen hatte, und vergleicht die Konzepte der späten Sechziger/frühen Siebzigern mit den heutigen, so stellt man eines fest:

Beide Tatsachen hängen zusammen. Der Hintergrund war, das man bis 1980 keine Besatzung im Weltall hatte, die nur mal die Dauer des Hinwegs zum Mars absolviert hatte. Unter diesem Aspekt war die Minimierung der Reisedauer das wichtigste. Himmelsmechanisch ist es nun mal aber so, dass man um so mehr Energie braucht, je schneller es gehen soll. Will man, wie damals meistens projektiert noch im gleichen Startfenster den Rückweg antreten so wird der Geschwindigkeitsbedarf enorm, denn sobald der Mars von der Erde überholt wurde müsste man retrograd fliegen, was bedeutet dass man die gesamte Bahngeschwindigkeit des Mars (20 km/s) zusätzlich aufbringen muss. Diese Missionen starteten weit vor dem energetisch günstigsten Startender um den Mars schnell zu erreichen, nach wenigen Tagen Aufenthalt trat man schon die Rückreise an. Trotzdem war der Geschwindigkeitsbedarf enorm. Bei diesen direkten Oppositionsflügen musste man in etwa die doppelte Geschwindigkeit aufbringen, vergleichen mit den doppelt so lange dauernden Konjunktionsflügen. Als man die Erfahrung mit langen Raumflügen hatte (bzw. die Sowjets hatten, die Amis sind ja bis heute nicht lange im All geblieben) ist man auf die heutigen Lösungen der Konjunktionsflüge übergangen bei denen man 500 Tage auf dem Mars bleibt. Dies nutzt nicht nur der Forschung (Oppositionsflüge haben 0-30 Tage auf dem Mars) sondern es bedeutet auch eine längere Zeit unter zumindest fast Erd-Gravitation.

Seitdem hat man weitere Möglichkeiten um die Masse weiter zu reduzieren erkundet:

Alle Maßnahmen sollen vor allem die Masse reduzieren, die man zum Mars starten muss. Dafür hat man an anderer Seite Kosten:

Will man Aerocapture praktizieren, so muss man die Station die den Mars umkreist mit einem Hitzeschutzschild umhüllen. Vorher sollte man dann gleich Solarzellen und Antennen einklappen (das geht normalerweise nach dem Ausklappen nicht, weil Federn die Paneels spanen) oder gleich nukleare Stromerzeugung haben. Vor allem ist es extrem kritisch in der Navigation, weil man einen sehr engen Flugpfad einhalten muss.

Wenn ich Treibstoff auf dem Mars produziere, so muss ich die Anlage dafür bringen, eventuell noch Wasserstoff von der Erde. Ansonsten muss ich Wasser aus dem Marsboden gewinnen, ich muss die Marsluft aufbereiten und ich brauche eine Rückverflüssigungsanlage für die Tanks und eine sehr leistungsfähige Stromversorgung (wahrscheinlich ein Kernreaktor, der in dieser Leistungsklage nicht in weltraumtauglicher form existiert). Kurzum, man braucht eine Menge Technologie die man bisher nicht in weltraumtauglicher Form hat.

Diese Vorgehensweise die Masse zu reduzeren beruht vielleicht auf den Erfahrungen beim Apolloprogramm. Von den Entwicklungskosten entfiel fast die Hälfte auf die Saturn Trägerraketen und die Triebwerke. Bei dem Apollo 11 Flug kostete die Trägerrakete 185 von 350 Millionen Dollar der Mission - also auch die Hälfte. Das lag daran, dass die Saturn V enorm konservativ entwickelt wurden mit enorm vielen Tests (wenn SpaceX 120 Flüge ihrer Falcon 9 absolviert hat, dann hat das Triebwerk genauso viele Betriebssekunden absolviert wie das F-1 vor dem ersten Einsatz!). zudem war es ein Sprung in der Leistung um den Faktor 10, vergleichbar wie wenn man heute Triebwerke mit 70.000 kN Schub entwickeln würde. Die würden auch nicht billig werden.

Heute ist dem nicht mehr so. Die SLS wird aus schon bestehenden Elementen aufgebaut, den Triebwerken des Space Shuttles, den RL-10 (vorher: Weiterentwickelungen des J-2) und den Shuttle SRB. Das senkt die Entwicklungskosten und auch die Startkosten, wenngleich immer eine Schwerlastrakete wegen der kleinen Stückzahl nicht unbedingt pro Kilogramm preiswerter ist als eine häufig eingesetzte Trägerrakete wie die Sojus oder Proton.

Mein Vorschlag ist ein anderer:

Man spart an den Entwicklungskosten für die Hardware und nicht an den Transportkosten. Nun wissen wir nicht, was heute eine Marsexpedition kosten würde. (Die letzte Schätzung die ich von der NASA kenne ist von 1989) Doch ich möchte mal von der ISS extrapolieren.

Die ISS wiegt rund 425 t. Würde man sie unbenannt starten und 25 Ariane 5 Starts dafür ansetzen (rund 517 t, aber man braucht beim unbemannten Aufbau auch Treibstoff und ein Servicemodul) so kostet das 4 Milliarden Euro. Die US-Module aber alleine 35 Milliarden Dollar. Rechnet man noch die anderen Module hinzu, so kommt man sicher auf 40+ Milliarden Dollar. Das bedeutet die Transportkosten würden bei wirtschaftlichem Transport nur ein Zehntel der Hardware ausmachen.

Das verwundert nicht, schon bei Forschungssatelliten beträgt dieser Faktor 4-5 und für Menschen steigen die Sicherheitsanforderungen und die Hardware wird noch teurer. Bei einer Marsexpedition konventioneller Art würde aber der Großteil auf Treibstoff entfallen und der ist billig.

Für eine konventionelle Marsexpedition "ohne Tricks" werden 500 bis 1000 t in einen Erdorbit veranschlagt. Nehmen wir mal die obere Ziffer. Was würde es kosten das heute zu starten?

Eine Ariane 5 als Vergleich ist hier schlecht geeignet, eine Falcon Heavy schon eher, doch ich greife mal extra auf ein echt teures System zurück: Es gab nicht wenige Vorschläge das Shuttle als Schwerlasttransporter zu nutzen. Die grundlegende Tatsache ist die, dass von den 115 t die einen Orbit erreichen 90 t auf den Orbiter entfallen. Lässt man diesen weg, verwendet nur die Triebwerke mit Triebwerksrahmen und eine abwerfbare Nutzlastverkleidung so steigt die Nutzlast auf 90 t. Zu den mittleren Startkosten eine Space Shuttles von 433 Millionen Dollar kommen dann noch drei Triebwerke mit dem Schubrahmen, die Verlustgeräte sind. Jedes kostet rund 40 Millionen Dollar. Das macht 550 ;Millionen Dollar pro Start. Bei 12 diese Starts kann man 1080 t transportieren und die Startkosten liegen bei 6,6 Milliarden Dollar. Würde eine Marsexpedition nur so viel wie die ISS Hardware (35 Millionen Dollar) kosten, so würden die Startkosten nur einen kleinen Bruchteil ausmachen und so billig wird die Expedition nicht werden, sonst wären wie schon längst gelandet. Es macht unter diesem Aspekt also keinen Sinn die Masse zu minimieren und dafür die Entwicklungskosten zu erhöhen.

Es gibt aber noch einen anderen Aspekt. Der Start zum Mars muss während eines Startfensters erfolgen, das typisch 4-5 Wochen lang dauert. Die Space Shuttles hätten mit zwei Startrampen in dieser Zeit vermal starten können, das reicht nicht mal für die Hälfte der Nutzlast. Es gibt jedoch einen Aspekt den man ausnutzen kann: Wir müssen nur die Besatzung in diesem Startfenster auf den Mars schaffen. Treibstoff und Raketenstufen für den Rückflug, eine Wohnung auf dem Mars, die Ausrüstung und Vorräte, das alles kann man ein Startfenster vorher starten, dann weiß man auch das es funktioniert bevor die Besatzung startet. Was bleibt ist die Besatzung, eine kleine Raumstation für die Reise zum Mars und eine Kapsel. Das ist die Hälfte der Masse. So wäre es mit drei Starttrampen und monatlichen Starts zu schaffen (wäre ein unbemannter Shuttle schneller startbereit auch schneller).

Die zweite Möglichkeit die ich schon mal skizziert habe ist die auszunutzen, dass 60% der Masse im Erdorbit nur Treibstoff ist um zum Mars zu gelangen (im besten Fall). Wenn man anstatt die Teile mit einer Stufe zum Mars zu befördern sie in einen zuerst kreisförmigen, dann zwei elliptische Erdorbits bringt (wofür man jedes Mal Treibstoff braucht) dann kann man diese 60% Treibstoff in drei anstatt einem Start befördern. Diese können sich über Monate erstrecken. So streckt man den Zeitplan und kann im Extremfall sogar mit einer deutlich kleineren Trägerrakete auskommen (bedingt dadurch dass man die Bauteile nicht beliebig verkleinern kann, würde ich die Mindestnutzlast auf etwa 50 t ansetzen - eine Trägerrakete dieser Klasse haben wir schon und andere Typen wären auf diese Nutzlast erweiterbar, die Delta IV Heavy z. B. durch zwei weitere Booster. Das würde auch ermöglichen die Expedition international anzugehen da jedes Land Stufen mit Treibstoff starten könnte, das eine hinreichend große Trägerrakete hat.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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