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Der IBM PC Junior

IBM PC jr internIn meiner Retro-Serie über Computer aus den Zeiten, als noch nicht die Warmduscher den Computer entdeckt hatten, will ich an einen heute fast komplett vergessenen Rechner von IBM erinnern: den IBM PC Junior, abgekürzt PCjr.

Wie immer hat die Geschichte eine Vorgeschichte. 1980/981 wurde der IBM PC entworfen und kam am 12.8.1981 auf dem Markt. Der IBM PC wurde dann zwar zu einem erfolgreichen Computer, aber das Ausgangsgerät hatte IBM wohl wirklich als Heimcomputer geplant: Das Grundgerät hatte als Anschlüsse einen für die Tastatur und einen für einen Kassettenrekorder! Selbst das BASIC im ROM konnte nur auf Kassette speichern. MS-DOS für den Betrieb von Disklaufwerken musste man separat kaufen. Da das nicht das Einzige war – man benötigte auch noch eine Karte mit der Druckerschnittstelle, den Diskettenkontroller und ein mindestens Laufwerk, dazu eine Textgrafikkarte und einen Monitor war der IBM PC als Komplettgerät aber nicht billig und kostete bei Markteinführung in Deutschland rund 11.000 DM. Da nützte es auch nichts, wenn die US-Version der CGA-Grafikkarte das Bild auf einem NTSC-fähigen Fernseher ausgeben konnte.

Als Heimcomputer war aber auch so der Computer ungeeignet. Nicht nur war er zu teuer. Es fehlten auch die Soundfähigkeiten. Der kleine Lautsprecher im Gehäuse gab nur reine Töne aus. Joysticks konnte man auch nicht anschließen.

Zwei Jahre später unternahm IBM einen echten Versuch, den Heimcomputermarkt zu erobern. Allerdings wurde kein komplett neuer Rechner entworfen, sondern der IBM PC umgestaltet.

Die erste auffällige Änderung war das Gehäuse es war deutlich kleiner. Es gab nur einen Einschub für Erweiterungskarten und der hatte einen anderen Standard als der IBM PC. Es gab zwei Modelle. Eines ohne Diskettenlaufwerk, das zweite mit einem eingebauten 5,25 Zoll Slimline-Laufwerk das 360 KByte speichern konnte. Derartige Laufwerke setzte IBM auch beim Portable PC ein, doch dort aufgrund der geringeren Masse und Größe. Mit nur einem Diskettenlaufwerk hätte man schwer mit dem Rechner arbeiten können, weil auf einer Diskette meistens das Betriebssystem und das Anwendungsprogramm waren, die Daten aber auf einer zweiten Disk gespeichert wurden.

Der originale IBM PC benötigte eine Karte für die Darstellung, die ihr Videoram in einem geschützten Bereich oberhalb von 640 KByte einblendete. Der IBM PC hatte die Fähigkeiten der Color Graphic Adapter Karte und einen Ausgang für einen NTSC-Fernseher. (Es gab auch Modi mit 80 Zeichen, doch die wären auf einem Fernseher unleserlich gewesen). Der Videospeicher ging beim IBM PC jr aber vom Arbeitsspeicher ab. Das war von Bedeutung, weil das Gerät in der Basisversion mit 64 KByte RAM ausgeliefert wurde. Selbst die fortgeschrittene Version mit Diskettenlaufwerk hatte nur 128 KByte RAM, die auf einer Steckkarte saßen. Das war definitiv zu wenig. Zeitschriften bestötigten ihm das er nicht für „Business Computing“ geeignet war. Beim Grundgerät fiel zwar MS-DOS weg (der BASIC Interpreter war im Cartridge-ROM verbaut), doch wer MS-DOS 2.x lud, hatte schon mal 30 KByte Speicher weniger. Selbst bei einer genügsamen Anwendung wie Wordstar war dann der Speicher extrem knapp. Mit Zusatzkarten konnte man den Rechner zwar theoretisch auf 640 KByte aufrüsten, doch das kostete nochmals extra. Für die Soundfähigkeiten hatte man einen dreistimmigen Soundchip von Texas Instruments verbaut. Er war in den Fähigkeiten vergleichbar mit Soundprozessoren in anderen Heimcomputern. Joystickanschlüsse hatte er trotzdem nicht, dafür einen Anschluss für einen Light Pen. Ebenso fehlte eine Druckerschnittstelle.

Stattdessen gab es zwei Anschlüsse für Cartridges, jedes mit maximal 64 KByte ROM. Cartridges gab es damals bei vielen Heimcomputern und sie hatten ihre Wurzeln in den Modulen für Spielkonsolen. Für den Hersteller hatten sie den Vorteil, dass der Laie sie nicht wie Disketten kopieren konnte. Aber die ROM Cartridges waren auch teurer als Disketten. Die CPU war wie beim IBM PC eine 4,77 MHz AMD D8088, eine Second Source Version des Intel 8088. Was der Anwender recht bald bemerkte, war das Keyboard mit „Notebook-Tasten“: Die Tasten hatten einen sehr geringen Hub und kaum haptisches Feedback, anders als man es von IBM gewohnt war. Die Tastatur war kabellos, wahrscheinlich, damit man den Rechner an den Fernseher anschließen konnte und da ist der Abstand zum Fernseher größer als zum Monitor. Sie übertrug die Daten über Infrarotimpulse, ähnlich wie eine Fernbedienung und das entpuppte sich als fehleranfällig.

IBM PC jr mit FarbmoitorVergleicht man den Rechnern mit 8 Bit Rechnern dieser Zeit wie dem C-64 so fällt Folgendes auf:

Das bedeutete: verglichesn mit einem Heimcomputer punktete er nicht mit besserer Technik. Verglichen mit einem IBM PC, fiel auf, das man mit nur einem Laufwerk und so wenig Speicher kaum arbeiten konnte. Das war auch nicht beabsichtigt, denn die meisten Programme schrieben damals aus Performancegründen direkt in den Bildschirmspeicher. Da der Videospeicher aber nicht dort lag wo er beim IBM PC war, fielen diese auf die Schnauze. Insbesondere die Killerappilation der damaligen Zeit: Lotus 1-2-3 lief nicht.

Dafür war er aber teuer. Das Grundgerät erschein im März 1984 mit 64 KByte RAM kostete 699 Dollar, die erweiterte Version mit 128 KByte RAM und einem Diskettenlaufwerk kostete 1269 Dollar. Zum Vergleich: der C-64 war im Oktober 1982 auf den Markt gekommen und bei der Einführung kostete 595 Dollar, war zu dem Zeitpunkt aber schon auf 299 Dollar gefallen. Zwar kostete ein Diskettenlaufwerk beim C64 mehr als der Rechner selbst, aber selbst mit Floppylaufwerk war ein C64 nur so teuer wie die billigste Version des PCjr und eine adäquate Konfiguration war mehr als doppelt so teuer. Das Gerät war für einen Heimcomputer deutlich zu teuer und spielte preislich eher in der Liga der professionellen 8 Bit Rechner wie der Commodore CBM Serie oder dem Apple II.

Beim IBM PC wandte sich IBM an Geschäftsleute. Die kannten IBM schon und IBM hatte bei Computern vor allem wegen des Services einen guten Ruf. Daher wurde der IBM trotz des hohen Preises und obwohl auch er technisch eher schlechter war, als andere 16 Bit Rechner wie der DEC Rainbow oder Victor Sirius, sich gut verkaufen. Im Heimcomputermarkt hatten aber andere Firmen wie Commodore, Texas Instruments, Sinclair (in den USA: Timex) und Atari sich aber schon etabliert. Nur mit dem Namen „IBM“ konnte man bei diesem Kundenkreis keinen PC verkaufen, der viel teurer war als die Konkurrenz.

Apple reagierte, senkte den Preis des Apple IIe und brachte mit dem Apple IIc eine „All in“ Variante mit eingebautem Diskettenlaufwerk und Monitor heraus. Ein Apple IIc kostete mit Monitor, 128 KB RAM und einem Disklaufwerk mit 1295 Dollar fast genauso viel wie ein IBM PCjr, war aber voll kompatibel zum Apple II, hatte zudem einen Monitor.

IBM reagierte und bot im Herbst 1984 zum Weihnachtsgeschäft kostenlose Aufrüstungen an. Die Rechner hatten 512 KByte RAM, ein normales Keyboard und es gab Bundles mit Software oder Preisnachlässe. So verkaufte IBM zu Weihnachten 1984 alleine 200.000 Einheiten, vorher waren es nur 50.000 gewesen. Doch im Januar 1985 endeten die Bundles und die Rechner verkauften sich nicht mehr. Dauerhaft subventionieren wollte IBM die Rechner nicht, so stellten sie im März 1985 die Produktion ein. Gleichzeitig drängten immer mehr kompatible Rechner auf den Markt. Für den Preis, den IBM für den PcJr haben wollte, konnte man auch einen Kompatiblen mit zwei Laufwerken, Monitor und 256 KB RAM bekommen – eine Konfiguration, mit der man arbeiten konnte.

In Deutschland wurde der Rechner übrigens nie verkauft, viele Zeitschriften haben ihn nicht mal testen können (ich habe vergeblich nach einem Test in der ct‘ gesucht). Der Grund erscheint heute seltsam: aber Computer wurden damals zuerst in einem Land eingeführt und erschienen erst lange Zeit später auf anderen Märkten. Der IBM PC erschien erst nach einem Jahr auf dem deutschen Markt, der Apple II ebenso. Es gab aber auch Ausnahmen – die gute Marktposition die Commodore mit dem CBM System auf dem deutschen Markt hatte, wurde auch damit begründet, das die Firma sich nicht so viel Zeit lies, die Rechner in Europa einzuführen und so vor Apple präsent war.

Artikel erstellt am 4.1.2020

Zum Thema Computer ist auch von mir ein Buch erschienen. "Computergeschichte(n)" beinhaltet, das was der Titel aussagt: einzelne Episoden aus der Frühzeit des PC. Es sind Episoden aus den Lebensläufen von Ed Roberts, Bill Gates, Steve Jobs, Stephen Wozniak, Gary Kildall, Adam Osborne, Jack Tramiel und Chuck Peddle und wie sie den PC schufen.

Das Buch wird abgerundet durch eine kurze Erklärung der Computertechnik vor dem PC, sowie einer Zusammenfassung was danach geschah, als die Claims abgesteckt waren. Ich habe versucht ein Buch zu schreiben, dass sie dahingehend von anderen Büchern abhebt, dass es nicht nur Geschichte erzählt sondern auch erklärt warum bestimmte Produkte erfolgreich waren, also auf die Technik eingeht.

Die 2014 erschienene zweite Auflage wurde aktualisiert und leicht erweitert. Die umfangreichste Änderung ist ein 60 Seiten starkes Kapitel über Seymour Cray und die von ihm entworfenen Supercomputer. Bedingt durch Preissenkungen bei Neuauflagen ist es mit 19,90 Euro trotz gestiegenem Umfang um 5 Euro billiger als die erste Auflage. Es ist auch als e-Book für 10,99 Euro erschienen.

Mehr über das Buch auf dieser eigenen Seite.

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© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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