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Über den Namen der Station gab es heftige Diskussionen. „Alpha“ war anfangs nur die Bezeichnung eines von mehreren Vorschlägen, Freedom preiswerter zu machen. Eine Zeit lang hieß der Entwurf dann auch „Alpha/R“ mit „R“ für Russland. Damit waren die Russen jedoch gar nicht einverstanden. Alpha klänge nach der ersten Raumstation und das sei falsch, das wäre bekanntlich Saljut 1 gewesen, zudem würde das angehängte „/R“ die Rolle Russlands herabwürdigen.
Russlands Vorschlag war „Atlant“. Dieser wurde von ESA und NASA abgelehnt. Die ESA verwies darauf, dass man in Europa darunter ein Nachschlagewerk für Karten verstehe und die NASA befürchtete die Verwechslungsgefahr zur Atlas-Trägerrakete – es war auch derselbe Begriff. Atlant ist in Russland die Bezeichnung des griechischen Halbgottes Atlas, der die Erdkugel auf seinen Schultern trug.
Japan schlug als Namen ernsthaft „Camelia“ vor und hatte schon die Unterstützung Russlands. Dies wiederum traf auf entschiedenste Ablehnung bei der deutschen Raumfahrtagentur, weil in Deutschland eine Damenbinde mit demselben Namen sehr bekannt ist.
Der Vorschlag, einfach einen Aufruf an Schüler zu machen, um einen Namen zu suchen, so wie dies die NASA auch bei Raumsonden tut, war bei diesem internationalen und bemannten Projekt auch keine gute Idee. Es wurde vermutet, dass es dann viel mehr national gesinnte Vorschläge geben würde, als wie bei anderen Raumfahrtprojekten und so dasselbe Dilemma erneut aufkam. Zudem war von vornherein klar, dass von den USA erheblich mehr Vorschläge kommen würden, weil diese Vorgehensweise dort Tradition hat, während dies in den anderen Ländern noch nie gemacht wurde.
So einigten sich die 15 beteiligten Nationen auf den kleinsten Kompromiss und beließen es bei der Abkürzung ISS – „International Space Station“ – als Abkürzung der längeren Beschreibung. So wie zahlreiche Satelliten auch die Abkürzung ihrer Projektbezeichnung tragen. Es ist allerdings das erste bemannte Projekt, das so bezeichnet wurde. Ansonsten dominieren in den USA Begriffe aus der griechischen Götterwelt und in Russland Begriffe wie „Union“, „Osten“, „Frieden“, also politisch angehauchte Namen.
Schon 1985 beschloss die ESA eine Beteiligung an Freedom. Dabei war zuerst eine Konfiguration aus drei Bestandteilen vorgesehen: einem frei fliegenden bemannten Labor, einer unbemannten Plattform und ein an Freedom angekoppeltes Labor.
Die genaue Untersuchung des Konzeptes zeigte, dass trotz Einsparungen durch standardisierte Bauteile, die soweit möglich, in allen drei Teilen verwendet wurden, dies nicht zu den geplanten Kosten realisierbar war. Der erste Kostenvorschlag von ERNO lag 50% höher als die in Studien angesetzten Finanzmittel. So wurde die Konfiguration vereinfacht. Das „Attached Laboratory“ (AL), das bald den Namen „Columbus“ erhielt, war damals mit einem Durchmesser von 4,00 m bei einer Länge von 12,80 m geplant worden. Es sollte 14 t beim Start wiegen (ohne Experimente) und 10 t Experimente aufnahmen. Für die Ausrüstung stand ein Volumen von 34 m³ zur Verfügung. 52 m³ Wohnvolumen waren für die Mannschaft vorgesehen, 60 m³ standen für Stauraum, elektrische Systeme und Lebenserhaltungssystem zur Verfügung. 20 Doppel- und 8 Einzelschränke nahmen die Experimente auf. Columbus sollte eine Leistung von 20 kW aus dem Stromsystem der Station beziehen. 1992 setzte die ESA setzte 2516,8 MAU für die Entwicklung und weitere 315,9 MAU für Vorbereitungsflüge zur Mir und ISS an.
Während Columbus von Anfang an mit dem Space Shuttle gestartet werden sollte, war das verkleinerte Free Flying Laboratory (FFL) für einen Start mit der Ariane 5 vorgesehen. Es war eine verkleinerte Version des AL, dafür aber vollständig eingerichtet. Das AL war zu schwer, um es mit allen Experimenten mit einem Shuttle Flug zu starten. Das FFL versprach bessere Mikrogravitationsbedingungen als das Attached Laboratory. Es würde nicht dauerhaft bemannt sein. Experimente würden autonom oder durch Roboter bzw. Manipulatoren ferngesteuert von der Erde aus durchgeführt werden. Der Raumgleiter Hermes würde es alle paar Monate anfliegen, Astronauten würden Proben bergen, Geräte reparieren oder auswechseln und nach einigen Tagen wieder zu Erde zurückkehren. Das FFL ging auf einen CNES-Vorschlag für eine unbemannte Raumstation namens „Solaris“ in den frühen achtziger Jahren zurück.
Die Polar Plattform (PPF) hatte 13 t Gewicht und sollte in einen polaren Orbit von 600 bis 825 km Höhe gelangen. Sie nahm bis zu 1.700 kg Nutzlast auf. Die Solarzellen sollten 2,5 kW Leistung an die Nutzlast liefern. Ein dauerhafter, bemannter Einsatz war nicht vorgesehen, lediglich der Austausch von Experimenten durch einen Außeneinsatz von Astronauten. Bedingt durch den sonnensynchronen, hohen Orbit war die Hauptaufgabe der PPF die Erdbeobachtung. Ihre Kosten wurden 1992 mit 694 MAU (Vorläufer des Euro) angegeben.
Als die PPF eingestellt wurde, konzipierte die ESA den Umweltsatelliten Envisat für die gleiche Aufgabe. Ein Prototyp einer Plattform für wechselnde Experimente, die geborgen werden konnte, wurde unter der Bezeichnung „Eureka“ bei einem Space Shuttle Flug ausgesetzt und elf Monate später eingefangen.
Wichtig für die ESA war eine „echte“, gleichberechtigte Partnerschaft. Die USA hatten aber ihre eigenen Vorstellungen. Ein Brief des Verteidigungsministers Caspar Weinberger an Außenminister George Schulz führte am 7.4.1987 zu intensiven Diskussionen über die Station. Weinberger trat für die militärische Forschung an Bord der Raumstation ein. Das stoppte die internationalen Verhandlungen mit Europa und Japan für Monate. Schließlich drängte das Weiße Haus darauf, dass die Forschung an Bord der ISS nur friedlichen Zwecken dienen sollte. Dies wurde dann auch in die Rahmenverträge aufgenommen.
Weiteren Ärger gab es wegen der gleichberechtigten Partnerschaft. Der NASA-Entwurf sah vor, dass nicht nur US-Recht auf der Station herrschen sollte, sondern die USA auch die Patente an allen Erfindungen und patentierbaren Entdeckungen an Bord der Station bekamen, selbst wenn diese in dem japanischen oder europäischen Modul gemacht wurden. Das war für die ESA und auch die japanische Weltraumorganisation NASDA nicht hinnehmbar. Schließlich musste die NASA klein beigeben und Europa und Japan die Rechte an den Experimenten einräumen, die von ihnen stammten.
Bis März 1988 wurden so die Verträge ausgehandelt, deren Rahmenbedingungen sich bis heute kaum geändert haben. Die Nutzung der Labormodule wurde wie folgt aufgeteilt:
USA: 97% ihres eigenen Labormoduls, jeweils 46% des europäischen und japanischen Moduls
Europa und Japan: 51% ihrer Module
Kanada: 3% der Gesamtressourcen
Die Verbrauchsgüter werden nach Abzug der Grundversorgung der Station wie folgt verteilt: 70% USA, je 13% Europa und Japan und 3% Kanada. Es fließen keine Finanzmittel, stattdessen werden Leistungen wie Transportdienste oder Fertigung von Bauteilen verrechnet.
Am 29.9.1988, am gleichen Tag, als mit STS-26 die Space Shuttle Flüge nach dem Verlust der Challenger wieder aufgenommen wurden, unterzeichneten ESA, NASDA und NASA die Verträge über die Zusammenarbeit an der Raumstation.
Wie Freedom wurde das europäische Labor laufend teurer. Die ersten Kostenschätzungen aus dem Jahre 1989 gingen noch von 880 Millionen Euro aus, doch waren sie bis 1994 auf rund 1.400 Millionen Euro geklettert. Lange Zeit stand die Beteiligung Europas an der ISS infrage. Da kam die ESA im Jahre 1994 zu einem radikalen Entschluss: Sie verkleinerte das Labor drastisch, sodass es nur noch zehn Racks umfasste. Dies erlaubte es, die Struktur der von Italien entwickelten MPLM (Multi Purpose Logistics Module: ein Druckmodul, das zum Transport von Fracht mit dem Space Shuttle dient) zu benutzen und senkte die Kosten auf die Hälfte, rund 700 Millionen Euro.
Beim Ministerratstreffen 1995 in Toulouse wurde die Beteiligung an dem ISS Programm endgültig verabschiedet, dass neben den Entwicklungskosten für Columbus und weiterer Hardware insgesamt Aufwendungen für die Nutzung der ISS von 2000 bis 2012 von zwei bis drei Milliarden Dollar umfasste. Der Hauptanteil entfiel dabei auf die Entwicklung und den Start von damals 9 – 10 geplanten ATV (Automated Transfer Vehicle). Dies war ein Minimalkonsens, da die Schätzungen der ESA für Columbus und ATV von der höheren Summe von 4,6 Milliarden Dollar ausging, zuzüglich jährlicher Unterhaltskosten in Höhe von 400 Millionen Dollar, wenn die ISS fertiggestellt sein sollte. Bewilligt bekam die ESA aber zuerst nur 2 Milliarden Euro, damals etwa 2,3 Milliarden Dollar.
Japan veränderte seinen Entwurf des JEM (Japan Experiment Module) kaum. Es wurde so das größte Modul der ISS, da alle anderen Nationen ihre Module verkleinerten, um Kosten zu sparen.
Es gibt von mir vier Bücher zum Thema bemannte Raumfahrt. Alle Bücher beschäftigen vor allem mit der Technik, die Missionen kommen nicht zu kurz, stehen aber nicht wie bei anderen Büchern über bemannte Raumfahrt im Vordergrund.
Das erste bemannte Raumfahrtprogramm der USA, das Mercuryprogramm begann schon vor Gründung der NASA und jährt sich 2018 zum 60-sten Mal. Das war für mich der Anlass, ein umfangreiches (368 Seiten) langes Buch zu schreiben, das alle Aspekte dieses Programms abdeckt. Der Bogen ist daher breit gestreut. Es beginnt mit der Geschichte der bemannten Raumfahrt in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Es kommt dann eine ausführliche technische Beschreibung des Raumschiffs (vor 1962: Kapsel). Dem schließt sich ein analoges Kapitel über die Technik der eingesetzten Träger Redstone, Little Joe und Atlas an. Ein Blick auf Wostok und ein Vergleich Mercury bildet das dritte Kapitel. Der menschliche Faktor - die Astronautenauswahl, das Training aber auch das Schicksal nach den Mercurymissionen bildet das fünfte Kapitel. Das sechs befasst sich mit der Infrastruktur wie Mercurykontrollzentrum, Tracking-Netzwerk und Trainern. Das umfangreichste Kapitel, das fast ein Drittel des Buchs ausmacht sind natürlich die Missionsbeschreibungen. Abgeschlossen wird das Buch durch eine Nachbetrachtung und einen Vergleich mit dem laufenden CCDev Programm. Dazu kommt wie in jedem meiner Bücher ein Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis und empfehlenswerte Literatur. Mit 368 Seiten, rund 50 Tabellen und 120 Abbildungen ist es das bisher umfangreichste Buch von mir über bemannte Raumfahrt.
Mein erstes Buch, Das Gemini Programm: Technik und Geschichte gibt es mittlerweile in der dritten, erweiterten Auflage. "erweitert" bezieht sich auf die erste Auflage die nur 68 Seiten stark war. Trotzdem ist mit 144 Seiten die dritte Auflage immer noch kompakt. Sie enthält trotzdem das wichtigste über das Programm, eine Kurzbeschreibung aller Missionen und einen Ausblick auf die Pläne mit Gemini Raumschiffen den Mond zu umrunden und für eine militärische Nutzung im Rahmen des "Blue Gemini" und MOL Programms. Es ist für alle zu empfehlen die sich kurz und kompakt über dieses heute weitgehend verdrängte Programm informieren wollen.
Mein zweites Buch, Das ATV und die Versorgung der ISS: Die Versorgungssysteme der Raumstation , das ebenfalls in einer aktualisierten und erweiterten Auflage erschienen ist, beschäftigt sich mit einem sehr speziellen Thema: Der Versorgung des Raumstation, besonders mit dem europäischen Beitrag dem ATV. Dieser Transporter ist nicht nur das größte jemals in Europa gebaute Raumschiff (und der leistungsfähigste Versorger der ISS), es ist auch ein technisch anspruchsvolles und das vielseitigste Transportfahrzeug. Darüber hinaus werden die anderen Versorgungsschiffe (Space Shuttle/MPLM, Sojus, Progress, HTV, Cygnus und Dragon besprochen. Die erfolgreiche Mission des ersten ATV Jules Verne wird nochmals lebendig und ein Ausblick auf die folgenden wird gegeben. Den Abschluss bildet ein Kapitel über Ausbaupläne und Möglichkeiten des Raumfrachters bis hin zu einem eigenständigen Zugang zum Weltraum. Die dritte und finale Auflage enthält nun die Details aller Flüge der fünf gestarteten ATV.
Das Buch Die ISS: Geschichte und Technik der Internationalen Raumstation ist eine kompakte Einführung in die ISS. Es wird sowohl die Geschichte der Raumstation wie auch die einzelnen Module besprochen. Wie der Titel verrät liegt das Hauptaugenmerk auf der Technik. Die Funktion jedes Moduls wird erläutert. Zahlreiche Tabellen nehmen die technischen Daten auf. Besonderes Augenmerk liegt auf den Problemen bei den Aufbau der ISS. Den ausufernden Kosten, den Folgen der Columbia Katastrophe und der Einstellungsbeschluss unter der Präsidentschaft von George W. Bush. Angerissen werden die vorhandenen und geplanten Transportsysteme und die Forschung an Bord der Station.
Durch die Beschränkung auf den Technischen und geschichtlichen Aspekt ist ein Buch entstanden, das kompakt und trotzdem kompetent über die ISS informiert und einen preiswerten Einstieg in die Materie. Zusammen mit dem Buch über das ATV gewinnt der Leser einen guten Überblick über die heutige Situation der ISS vor allem im Hinblick auf die noch offene Versorgungsproblematik.
Die zweite Auflage ist rund 80 Seiten dicker als die erste und enthält eine kurze Geschichte der Raumstationen, die wesentlichen Ereignisse von 2010 bis 2015, eine eingehendere Diskussion über die Forschung und Sinn und Zweck der Raumstation sowie ein ausführliches Kapitel über die Versorgungsraumschiffe zusätzlich.
Das bisher letzte Buch Skylab: Amerikas einzige Raumstation ist mein bisher umfangreichstes im Themenbereich bemannte Raumfahrt. Die Raumstation wurde als einziges vieler ambitioniertes Apollonachfolgeprojekte umgesetzt. Beschrieben wird im Detail ihre Projektgeschichte, den Aufbau der Module und die durchgeführten Experimente. Die Missionen und die Dramatik der Rettung werden nochmals lebendig, genauso wie die Bemühungen die Raumstation Ende der siebziger Jahre vor dem Verglühen zu bewahren und die Bestrebungen sie nicht über Land niedergehen zu lasen. Abgerundet wird das Buch mit den Plänen für das zweite Flugexemplar Skylab B und ein Vergleich mit der Architektur der ISS. Es ist mein umfangreichstes Buch zum Thema bemannte Raumfahrt. Im Mai 2016 erschien es nach Auslaufen des Erstvertrages neu, der Inhalt ist derselbe (es gab seitdem keine neuen Erkenntnisse über die Station), aber es ist durch gesunkene Druckkosten 5 Euro billiger.
Mehr über diese und andere Bücher von mir zum Thema Raumfahrt finden sie auf der Website Raumfahrtbücher.de. Dort werden sie auch über Neuerscheinungen informiert. Die Bücher kann man auch direkt beim Verlag bestellen. Der Versand ist kostenlos und wenn sie dies tun erhält der Autor auch noch eine etwas höhere Marge. Sie erhalten dort auch die jeweils aktuelle Version, Bei Amazon und Co tummeln sich auch die Vorauflagen.
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