Home Raumfahrt Artikel über die ISS Site Map counter

Die Integrated Truss Structure

Viele Flüge zur ISS dienten nicht zur Montage der Labors, sondern dem Aufbau dieser Struktur. Sie besteht aus elf Einzelteilen. Diese sind aufgeteilt in eine Steuerbordseite (Starboard = S) und eine Backbordseite (Port Side = P). Von innen nach außen erhalten die Module höhere Nummern. Die Nummerierung stammte noch von Alpha. In der Mitte befindet sich das Zenitmodul.

Beide Seiten sind identisch. Daher folgt nur die Beschreibung der Steuerbordseite. Entsprechendes gilt dann auch für die Backbordseite. Der Aufbau ist relativ einfach: Der Verbindungspunkt mit den Druckmodulen ist das Z1 Segment. Die beiden ersten Module S0-S3 und P0-P3 dienen vor allem dazu, Distanz zu den Druckmodulen aufzubauen, da die Solarzellen frei rotieren müssen. So behindern die Paneele auch nicht anfliegende Raumschiffe. An ihnen befinden sich als ausladende Strukturen nur vergleichsweise kleine Radiatoren. Einsparungen 1991 führten zur Streichung des P0, S2 und P2 Segments, wodurch die Mastlänge von 153 auf 108 m schrumpfte. Es folgen die Module S4 und P4 mit dem ersten Paar Solarzellen und getrennt durch das Abstandsegment S5/P5 der zweite Solarzellenflügel bei S6/P6.


Z1 Segment

Eine Sonderrolle nimmt das Zenit Segment ein. Mit ihm wird der Mast mit den Druckmodulen verbunden. Z1 beinhaltet Stromkonverter und konnte so die Solarzellen des P6 Segments aufnehmen, bevor diese Seite der Station fertiggestellt wurde.

Seine wichtigste Funktion ist aber die Änderung der räumlichen Ausrichtung der Station. Dazu gibt es vier Gyroskope, riesige Kreisel mit von jeweils 315 kg Masse. Sie rotieren mit bis zu 6.600 U/min und erzeugen so ein Drehmoment von bis zu 2.300 Js. Wird die Rotationsachse der Kreisel gekippt, so widersetzen sie sich dieser Bewegung und erzeugen eine gegengerichtete Kraft, die dann die Station dreht.

Ein Großteil der Kommunikationsausrüstung befindet sich ebenfalls im Z1 Segment. Sie ist redundant vorhanden und besteht aus einer S-Band Niedriggewinnantenne und je einer S-Band und Ku-Band Hochgewinnantenne. Im S-Band können 12/192 Kbit/s über die TDRSS-Satelliten zur Erde gesendet und 12/72 Kbit/s empfangen werden. Damit wird vor allem Telemetrie gesendet. Im Ku-Band beträgt die Datenrate zum Übertragungssatelliten 50 Mbit/s, wovon 43 Mbit/s für Daten oder bis zu vier parallelen Videoströmen zur Verfügung stehen.


S0 Segment

Das nächste Segment ist S0. Es enthält den ersten Radiator von 6,40 m Höhe, der die Hitze der Elektronik des Mastes abstrahlt. Es enthält auch das Thermalkontrollsystem mit einem Ammoniakvorrat: Es funktioniert wie ein Kühlschrank, nur werden die Innentemperaturen bei wohnlichen 20 Grad gehalten. Aber wie im Kühlschrank wird ein Kühlmittel – hier Ammoniak – unter Druck verflüssigt und beim Erwärmen verdampft es. Zum Abstrahlen der Wärme und Abkühlen dienen die Radiatoren. Durch sie zirkuliert das Ammoniak. Es kühlt sich ab und gibt dabei die Wärme an die Außenseite des Radiators ab. Diese ist permanent im Schatten und kühlt sich so stark ab, bis das Ammoniak erneut bei -33 °C kondensiert.

Weiterhin gibt es im S0 Segment zwei weitere Gyroskope und weitere Spannungswandler, da es auch zwei verschiedene Spannungen an Bord der ISS gibt: 120 Volt für die US-Module und 110 Volt für die Module aus Europa, Russland und Japan. Am S0 Segment wurde auch anfangs der mobile Teil des Canadaram2 angebracht, der über Schienen einen Großteil der ISS erreichen kann.

Das P0 Segment wurde bei der Neukonzeption der Raumstation Alpha 1992 gestrichen.


S1 Segment

S1 und sein Gegenstück P1 auf der Backbordseite enthalten jeweils einen sehr großen Radiator von 13,10 × 22,00 m Größe. Er führt die Abwärme der Druckmodule der Station ab. Dies ist zum einen die Abwärme, die entsteht, wenn die elektrische Leistung in Wärme umgewandelt wird und zum zweiten die von der Station durch Sonneneinstrahlung aufgenommen wird. Ohne die schützende Erdatmosphäre erhält die ISS rund ein Drittel mehr Sonneneinstrahlung als die Erdoberfläche. Jeder Radiator arbeitet mit 99,9% Ammoniak. Er funktioniert wie das Thermalkontrollsystem im S0 Segment. Er ist um 105 Grad drehbar, sodass die abstrahlende Fläche stets im Schatten der Station ist. Dort kann sich der Radiator stark abkühlen und so die überschüssige Wärme abgeben. Auch am S1 und P1 Segment laufen Schienen entlang, auf denen sich der Canadarm bewegen kann. Alle Radiatoren zusammen haben eine Kühlleistung von 70 kW. Benötigt werden davon zwischen 30 und 44 kW. Das permanente System wälzt dazu 3.629 kg Kühlmittel pro Stunde um, ein temporäres mit einer weiteren Kühlleistung von 14 kW (772 kg Ammoniak/h) kann hinzugeschaltet werden, um Spitzen abzufedern.

Weiterhin befinden sich auf S1/P1 weitere Antennen. Auf S1 eine omnidirektionale S-Band Antenne und an P1 eine UHF-Antenne, über welche die Astronauten bei Außenbordeinsätzen kommunizieren können. Sie hat nur eine Reichweite von 7 km.

Die beiden Segmente wurden von Boeing für einen Preis von jeweils 390 Millionen $ hergestellt.

S3 Segment

Eine der Einsparungen beim Übergang von Alpha zu ISS war die Einsparung der Gittersegmente S2 und P2. Sie verlängerten ursprünglich den Mast auf 153 m Länge. So folgt auf S1 gleich S3. Das Segment S3 ist ein einfaches Verlängerungsstück, das notwendig ist, damit sowohl Solarzellen wie auch Radiatoren frei rotieren können und sich nicht behindern. Die NASA beförderte es zusammen mit dem S4 Segment ins All. Dabei enthält das S3 Segment die Batterien und Spannungswandler und den Drehmechanismus für das S4 Segment mit den Solarzellen. Beide Segmente sind schon vor dem Start zusammen montiert wurden, sodass sie eine Einheit bilden.

Am S3 Segment befinden sich auch Expresspaletten, die Experimente aufnehmen sollten. Jede Palette kann Nutzlasten von bis zu 250 kg Gewicht aufnehmen. Sie haben Abmessungen von 1,42 x 0,67 m. Sei verfügen über eine eigene Stromversorgung von bis zu 2,5 kW (120 V) Wechselstrom oder 500 W (28V) Gleichstrom. Ursprünglich sollten sie regelmäßig mit Experimenten bestückt werden. Ohne das Space Shuttle gibt es nun aber keine Möglichkeit sie mehr auszuwechseln.

S4 Segment

Das S4 Segment ist eines von vier Solarzellenmodulen. Es besteht aus zwei Modulen mit vier Flügeln. Die Solarzellen wurden für eine Betriebsdauer von 15 Jahren konzipiert. Um eine dauerhafte Spitzenleistung von 160 kW zu gewährleisten und weil die Solarzellen langsam an Leistung verlieren, liefert ein Flügel anfangs 16,5 kW, obwohl die benötigte Dauerleistung nur 10 kW betragen muss. Ein 1.200 kg schwerer Rotationsmechanismus führt sie der Sonne nach. Obwohl das S4 Segment im Weltraum das längste Modul der Station ist, passt es zusammengefaltet in den Nutzlastraum eines Shuttles. Der Mast wird im Weltraum auf volle Länge entfaltet. Dazu ist keine EVA notwendig. Auch die Solarzellen sind gepackt nur ein 50 cm dicker Stapel. Die Solarzellen liefern eine Gleichstromspannung von 160 V. Daraus wird zuerst eine Gleichstromspannung von 120 V erzeugt. Dies erlaubt es, Ausfälle der Solarpaneele, Störungen oder Beschädigungen auszugleichen und eine stabile Spannung für die Transformation in verschiedene Wechselspannungen für die Station bereitzustellen.

Über 40% der Umlaufszeit befindet sich die ISS im Erdschatten. Dann wird sie von Batterien versorgt, die auf der Tagseite aufgeladen werden. Die NASA setzt dazu Nickelwasserstoff-Akkumulatoren ein. Diese haben sehr gute Langzeitlagereigenschaften und können viel häufiger ge- und entladen werden als Nickelmetallhydrid oder Lithiumakkumulatoren. Während Nickelmetallhydrid Akkumulatoren, die heute in vielen Bereichen Einzug gehalten haben, maximal tausendmal aufgeladen werden können, sind die Akkus der ISS für 38.000 Lade/Entladezyklen und eine Betriebsdauer von 6,5 Jahren ausgelegt. Erreicht wird dies, indem nur 35% der Kapazität genutzt werden. Die Akkus werden so nie tief entladen. Das S4 Segment hat pro Flügel drei Batterien mit je 76 Zellen. Insgesamt besteht verfügt die ISS bei der Fertigstellung aus 24 Batterien in 48 ORU's (jeder ORU nimmt 38 Zellen auf, zwei ORU's werden zu einer Batterie zusammengeschaltet). Jeder ORU hat eine Aufnahmekapazität von 81 AH entsprechend 4 kWh. So kann maximal eine Strommenge von 192 kWh gespeichert werden. Jede Batterie wiegt 187 kg. Sie kann mit maximal 8.4 KW geladen werden und liefert beim Entladen eine Leistung von 6,6 kW.

Die mittlere Leistung der Solarpaneele, die nach Abzug der Aufladung der Batterien, Umwandlungsverluste und Grundverbrauchern zur Verfügung steht, beträgt 23 kW pro Segment nach der Installation. Die Stromversorgung ist so ausgelegt, dass sie mindestens eine Leistung von 26 kW und im Mittel eine von 30 kW für die Experimente zur Verfügung steht. Auch hier wurden Reserven einkalkuliert, so stehen nach Fertigstellung des ITS 44 kW für Experimente zur Verfügung.

Da sie während der Lebensdauer der Station mehrmals ausgewechselt werden müssen, sind die Batterien in einer abgeschlossenen Einheit namens Orbit Replacement Unit (ORU) verpackt. Dies erlaubt es, die Batterien einfach durch neue zu ersetzen. Die ORU sind standardisiert und an mehreren Stellen der Station befinden sich Befestigungsmöglichkeiten für ORU. Sie nehmen auch Ersatzteile auf, die dann leicht zugänglich bei Reparaturen sind.

Damit Außenbordeinsätze an den Batterien und Solarzellen nicht die ganze Stromversorgung der Station lahmlegen, gibt es pro Modul einen Unterbrechungsschalter. Er erlaubt es, das Modul von der Stromversorgung zu trennen und den restlichen verfügbaren Strom auf die Station zu verteilen, ohne Module komplett abschalten zu müssen.

Da die Solarzellen sehr viel Widerstand in der Restatmosphäre erzeugen und so die Station schneller absinken lassen, werden sie beim Eintritt in die Schattenseite umgeklappt, sodass ihre Schmalkante in die Bahnrichtung zeigt.


Solarzellenmodule (S4, S6, P4, P6)

Spannweite:

73,20 m

Länge:

35,00 m (33,90 m mit Solarzellen bedeckt).

Beim Start 13,70 m.

Breite:

11,90 m (11,60 m mit Solarzellen bedeckt).

Solarzellen pro Modul

32.800 (gesamt 262.400) je 8 × 8 cm groß

Leistung pro Modul:

anfangs 16,5 kW, Sollleistung: 11 kW (gesamt: 220/160 kW)

Gewicht pro Modul

1.100 kg

Wirkungsgrad:

14,50%

Gewicht:

14.550 kg

Batterien:

2, je 169 kg schwer, Kapazität: 8 KWh.


S5 Segment

Das S5 Segment ist ein kurzes Verbindungsstück zwischen S3/S4 und S6. Es ist nötig, damit die Solarpaneele frei rotieren können und sich nicht gegenseitig beschatten, aber zugleich der Radiator vom S6 Segment im Schatten liegt. Der 11 Millionen Dollar teure „Abstandshalter“ beinhaltet auch einen Ersatzschwenkmechanismus für die Radiatoren der Solarpaneele. Er wird unter dem Kiel verstaut und kann eingesetzt werden, falls einer dieser Radiatoren ausfällt.


P6 / S6 Segment

Das S6 Segment entspricht dem S3/S4 Segment. Es ist nur etwas kürzer und hat dafür einen zusätzlichen Radiator. Die Solarzellen und Batterien, Spannungskonverter und der Drehmechanismus sind identisch. Es wurde von Boeing für 297 Millionen Dollar gebaut (P6: 276 Millionen Dollar). Im Shuttle Nutzlastraum ist es nur 4,84 m breit und 10,60 lang. Der Radiator und die anderen Subsysteme zum Drehen des Flügels und Laden der Batterien haben einen Eigenstrombedarf von 6 kW, der nicht für die Station zur Verfügung steht.

Der Radiator ist kleiner und hat nur eine Fläche von 13,40 × 3,70 m und kann eine Wärmeleistung von 14 kW abgeben. Auf der Backbordseite wiederholt sich die Reihenfolge mit den Segmenten P1 bis P6.

Elemente des Mastes

Z1 Segment

Länge: 4,60 m

Gewicht: 8.755 kg

S0 Segment

Länge: 13,40 m
Höhe 4,57 m

Gewicht: 12.247 kg

S1 / P1 Segment

(je 390 Mill. $)

Länge: 12,30 m
Höhe 4,57 m

Breite: 1,80 m

Gewicht: 13.600 kg (S1) / 12.477 kg (P1)

S3 + S4 Segment

Länge 13,66 m

Breite: 4,96 m

Höhe 4,63 m

Gewicht: 16.183 kg

P3 + P4 Segment

Länge 13,81 m

Breite: 4,88 m

Höhe 3,75 m

Gewicht: 15.824 kg

S5 / P5 Segment

(je 11 Millionen $)

Länge 3,37 m
Breite: 4,55 m

Höhe: 4,24 m

Gewicht: 1.900 kg

S6 / P6 Segment

(276 / 297 Mill. $)

Länge 13,70 m

Breite: 4,96 m

Höhe: 4,48 m

Gewicht: 14.550 kg (15.870 kg Vollausbau)



 


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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