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Langer Marsch 11

CZ.11HAnders als die Bezeichnung suggeriert, handelt es sich bei der Langer Marsch 11 nicht um eine klassische Trägerrakete, sondern um ein „Rapid Response Missile“. Der Einsatzzweck ist daher der gleiche, wie bei den beiden anderen kleineren Trägern Kaituozhe und Kuaizhou. China gibt an, dass man mit den Trägern schnell Satelliten starten könnte. Die Raketen könnten sehr lange in einem Modus gelagert werden, in dem sie fast komplett auf den Start vorbereitet sind. Das verkürzt die Vorbereitungszeiten von einem Monat auf eine Stunde. Zudem seien sie einfach in der Handhabung. Die Rakete kann von einem Container, im wesentlichen einer Röhre, aus verschossen werden. Es gibt zwei Versionen, die CZ-11 die von beweglichen Abschussrampen von Fahrzeugen aus gestartet werden kann und die CZ-11H, die von Schiffen aus verschossen werden kann.

Nun dauert ein Satellitenprojekt von der Genehmigung bis zum Start einige Jahre, und selbst wenn ein Satellit ausfällt oder einen Fehlstart hat, hat man nicht innerhalb von Stunden ein Ersatzexemplar zur Hand. Daher macht so ein Träger bei normalen Missionen keinen Sinn. Zur Absicherung für Ausfälle ist es einfacher einen Ersatzsatelliten in den Orbit zu senden und ihn dort zu „parken“ zu lassen, bis ein Satellit ausfällt, so verfährt man bei Wettersatelliten und Navigationssatelliten. Sinn macht ein solcher Träger der auch keine Startbasen benötigt eher im Falle eines Konfliktes, wenn die Reservesatelliten am Boden bereitstehen um zerstörte Exemplare im Orbit zu ersetzen. Daneben kann ein so schnell startbarer Träger natürlich auch als Angriffswaffe genutzt werden um gegnerische Satelliten zu zerstören.

Durch die USA wird daher diese Trägerklasse als Anti-Satellitenwaffe eingestuft. China hat am 11.1.2007 ihren ausgedienten Wettersatelliten Fengyun 1C durch einen Aufschlag eines Körpers zerstört. Dafür benötigt man keine große Trägerrakete, aber eine die sehr flexibel ist, eine Anforderung, die auch ein Rapid Response Missile hat. Ein zweiter Einsatzzweck könnte wirklich der sein, schnell Satelliten zu starten. Beide Supermächte haben dies während des Kalten Kriegs erwogen. In den USA plante man zeitweise ein System von Mini-Kommunikations­satelliten, die von Scout Trägerraketen gestartet werden sollten und im Falle eines Atomkrieges Befehle der Kommandozentrale auch bei zerstörten Kommunikations­verbindungen an die Truppen geleitet hätten. Auch die Scout waren kleine Trägerraketen mit festen Treibstoffen. Bei Russland fällt einem das FOBS-Programm ein, bei dem Atomsprengköpfe in einen Orbit gelangten und die USA von Süden her angreifen sollten. Auch dafür mussten die Träger wie ICBM sofort startbereit sein.

Die Tatsache, dass die Rakete eine Bezeichnung der Langer Marsch Serie bekommen hat, liegt daran, dass sie von der China Academy of Launch Vehicle Technology (CALT) entwickelt wurde. Diese Institution entwickelt die Raketen der Serie „Langer Marsch“. Bei den Kaituozhe und Kuaizhou ist dagegen die China Aerospace Science & Industry Corporation (CASIC) verantwortlich für den Bau. Offen ist daher, ob es sich um eine Parallelentwicklung, bedingt durch zwei verantwortliche Firmen handelt oder China beide Träger braucht. CALT verweist auch auf die technologische Bedeutung von Feststoffantrieben für die chinesische Raumfahrtindustrie als Begründung für die Entwicklung. Bisher wurden diese bei Trägerraketen nur in den Oberstufen einiger CZ-2 Versionen eingesetzt. Sie ist wie die anderen Langen Marsch eine rein staatlich entwickelte Rakete im Unterschied zu zahlreichen neuen chinesischen Typen die halbstaatlich entwickelt wurden.

Die Nutzlast des ersten Starts der Langer Marsch 11, am 25.9.2015, waren Technologie/Forschungssatelliten. Drei Satelliten des Typs „Tianwang“ bilden zusammen einen 150 m langen Koronografen, um die Sonne zu studieren. Daneben erproben sie neue Technologien, die bekannteste ist eine Radioverbindung zwischen den drei Satelliten, die dadurch den Abstand zueinander präzise einhalten. Dies ist für das Experiment notwendig. Daneben wurde ein Kleinsatellit Pujian mitgeführt. Die Satelliten gelangten in einen kreisförmigen 475 km holen sonnensynchronen Orbit. Der Start fand von Jiuquan aus statt. Nach dem Aussetzen führte das Antriebsmodul einen Deorbit-Burn durch und verglühte wenige Tage später. Die Rakete wurde anders als die zeitgleich eingeführte Serie Langer Marsch 5 bis 8 seitdem häufig eingesetzt, in fünf Jahren fanden elf Starts statt. Es wurden einer bis sieben Satelliten befördert, alle in den LEO oder SSO. Zwei Starts, der erste am 5. Juni 2019 erfolgten durch eine umgebaute Barke von Meer aus. Beim ersten Start wurde die Zündung von Land aus gesteuert, beim zweiten Start war die Rakete schon autonom.

Aufgrund des militärischen Einsatzgebietes gibt es nur wenige Daten über die Rakete. Sie verwendet feste Treibstoffe. Zusätzlich zu den drei festen Stufen verfügt sie über ein Antriebsmodul mit kleinen Mengen flüssiger Treibstoffe. Mit ihnen kann die Zielbahn mit höherer Genauigkeit erreicht werden oder Feinkorrekturen bei Sprengköpfen durchgeführt werden. Die Rakete soll 20,3 m lang sein, einen Durchmesser von 2,0 m haben und 58 t wiegen. Die erste Stufe hat einen Schub von 1.200 kN. Sie verwendet aus Kostengründen kein Gehäuse aus kohlefaserverstärktem Kunststoff, sondern Metall. Die Steuereinheit soll von den zivilen Chang Zheng Modellen übernommen worden sein.

Es wird auch spekuliert, dass die CZ-11 von der Dong Feng 31 oder 31A abstammt, diese feststoffangetriebene ICBM hat aber 2,25 m Durchmesser und 18,4 m Länge bei 47,4 t Startmasse. Hier passen Durchmesser und Startmasse nicht zu der CZ-11. Da das CALT sie entwickelt hat, spricht nach Ansicht des Autors eher für eine zivile Neuentwicklung.

Die erste und zweite Stufe haben gleichen Durchmesser, die beiden Oberstufen einen geringeren. Auffällig ist, dass auch die erste Stufe ein nach dem Start abwerfbares Heckskirt hat, mit dem das Gehäuse am Boden an der Startplattform fixiert ist.

Das Oberstufenmodul setzt NTO/UDMH ein und wird von einem einzelnen YF-50 Triebwerk angetrieben. Dieses Triebwerk hat 490 N Schub und entspricht einem Apogäumstriebwerk wie es zahlreiche westliche Satelliten einsetzen. China setzt es ebenfalls für seine Satelliten und Transferstufen ein. Die mit 5,682 m lange, für diese Klasse recht große, Nutzlastverkleidung umhüllt das Oberstufenmodul und die Nutzlast. Für den Satelliten steht eine Höhe von 3,14 m sowie ein maximal nutzbarer Innendurchmesser von 1,26 m bei einem Außendurchmesser von 1,60 m bei der Verkleidung zur Verfügung.

Die maximale Nutzlast beträgt 700 kg in den LEO-Orbit und bis zu 350 kg in den SSO-Orbit. Eine neue Version die Chang Zheng 11A wird die erste Stufe ersetzen. Ihr Durchmesser steigt von 2,00 auf 2,65 m an. Der Startschub auf 2.000 kN, die Treibstoffzuladung der ersten Stufe von 35 auf 71 t erhöht. Diese neue erste Stufe soll auch aus Kohlefaserverbundwerkstoffen bestehen. Aber auch die anderen Stufen müssen deutlich vergrößert werden. Diese neue Version wiegt mit 115 t fast doppelt so viel und wird auch mehr als doppelt so viel, 1,5 t in eine sonnensynchrone Umlaufbahn in 500 km Höhe befördern. Sie hat auch eine größere Nutzlastverkleidung von 3,35 m Durchmesser. Das Design wurde 2020 abgeschlossen, der Jungfernflug der CZ-11A ist für 2022 geplant.

Aufgrund der dürftigen Datenlage ist so kein vollständiges Datenblatt möglich.

Datenblatt Chang Zheng 11

Einsatzzeitraum:

Starts / Zuverlässigkeit:

Abmessungen:

Startgewicht:

Maximale Nutzlast:

Nutzlasthülle

2015 – heute

11, davon kein Fehlstart, 100 % erfolgreich

20,80 m Höhe, 2,00 m Durchmesser

58.000 kg

700 kg in einen LEO-Orbit, 350 kg in einen 700 km hohen SSO-Orbit

1,60 oder 2,00 m Durchmesser, 5,70 m Höhe


Stufe 1

Stufe 2

Stufe 3

Stufe 4

Länge:

9,00 m

3,00 m

1,41 m

Durchmesser:

2,00 m

2,00 m

1,00 m

Startgewicht:

40.000 kg?

Trockengewicht:

5.000 kg?

Schub Meereshöhe:

1.200 kN

0.49 kN

Schub Vakuum:



Triebwerke:


YF-50

Spezifischer Impuls
(Meereshöhe):

2.432 m/s

Spezifischer Impuls
(Vakuum):

Brenndauer:



Treibstoff:

fest

fest

fest

MMH/NTO

 

Artikel verfasst am 13.1.2021

Links

China Great Wall Industry Corporation

Astronautix Long March Family

Sinodefense

Space Launch Report

Bücher des Autors über Trägerraketen

Wie man an dem Umfang der Website sieht, sind Trägerraketen eines meiner Hauptinteressen. Es gibt inzwischen eine Reihe von Büchern von mir, auch weil ich in den letzten Jahren aufgrund neuer Träger oder weiterer Informationen über alte Projekte die Bücher neu aufgelegt habe. Sie finden eine Gesamtübersicht aller Bücher von mir bei Amazon und hier beim Verlag.

Ich beschränke mich in diesem Abschnitt auf die aktuellen Werke. Für die in Europa entwickelten Trägerraketen gibt es von mir zwei Werke:

Europäische Trägerraketen 1 behandelt die Vergangenheit (also bei Drucklegung): Das sind die nationalen Raketen Diamant, OTRAG und Black Arrow und die europäischen Träger Ariane 1 bis 4 und Europarakete.

Europäische Trägerraketen 2 behandelt die zur Drucklegung 2015 aktuellen Träger: Ariane 5, Vega und die damaligen Pläne für Vega C und Ariane 6.

Wer sich nur für einen der in den beiden besprochenen Träger interessiert, findet auch jeweils eine Monografie, die inhaltlich identisch mit dem Kapitel in den Sammelbänden ist, nur eben als Auskopplung.

Weiter gehend, alle Raketen die es weltweit gibt, behandelnd, gehen zwei Bände:

US-Trägerraketen

und

Internationale Trägerraketen (im Sinne von allen anderen Raketen weltweit)

Auch hier habe ich 2023 begonnen, die Bände aufzusplitten, einfach weil der Umfang für eine Aktualisierung sonst weder handelbar wäre bzw. an die Seitengrenze stößt, die der Verlag setzt. Ich habe auch bei den Einzelbänden nochmals recherchiert und den Umfang erweitert. Bisher sind erschienen:

US Trägerraketen 1 mit den frühen, kleinen Trägern (Vanguard, Juno, Scout)

US Trägerraketen 2 mit der Titan-Familie

2023 wird noch die erste Auskopplung aus den internationalen Raketen über russische Träger erscheinen. Nach und nach werden alle Raketen dann in einzelnen Monografien geordnet nach Trägerfamilien oder Nationen dann aktualisiert auf den aktuellen Stand, so besprochen.

Für die Saturns gibt es noch einen Sonderband, den ersten in der Reihe über das Apolloprogramm.

Alle bisherigen Bücher sind gerichtet an Leute, die wie ich sich nicht mit oberflächlichen Informationen oder Zusammenfassung der Wikipedia zufriedengeben. Wenn sie sich nicht für Technik interessieren, sondern nette Anekdoten hören wollen, dann sind die bisherigen Bücher nichts für Sie. Für dieses Publikum gibt es das Buch „Fotosafari durch den Raketenwald“ bei dem jeder Träger genau eine Doppelseite mit einem Foto und einer Beschreibung hat. (Also etwa ein Zehntel der Seitenzahl auf den ich ihn bei den beiden obigen Bänden abhandelte). Das Buch ist anders als die anderen Bände in Farbe. Ab und an macht BOD als Print on Demand Dienstleister Mist und verschickt es nur in Schwarz-Weiß, bitte reklamieren sie dann, ich als Autor kann dies nicht beeinflussen.

Als Autor würde ich mich freuen, wenn sie direkt beim Verlag bestellen, da ich da eine etwas größere Marge erhalte. Dank Buchpreisbindung und kostenlosem Versand ist das genauso teuer wie bei Amazon, Libri und iTunes oder im Buchhandel. Über eine ehrliche Kritik würde ich mich freuen.

Alle Bücher sind auch als E-Book erschienen, üblicherweise zu 2/3 des Preises der Printausgabe – ich würde sie gerne billiger anbieten, doch da der Gesetzgeber E-Books mit 19 Prozent Mehrwertsteuer besteuert, Bücher aber mit nur 7 Prozent, geht das leider nicht. Ein Vorteil der E-Books - neben dem einfacher recherchierbaren Text ist, das alle Abbildungen, die im Originalmanuskript in Farbe, sind auch in Farbe sind, während ich sonst - um Druckkosten zu sparen - meist auf Farbe verzichte. Sie brauchen einen pdf-fähigen Reader um die Bücher zu lesen. Sofern der Verlag nicht weiter für bestimmte Geräte (Kindle) konvertiert ist das Standardformat der E-Books ein DRM-geschütztes PDF.

Mehr über meine Bücher finden sie auf der Website Raumfahrtbuecher.de und eine Liste aller Veröffentlichungen findet sich auch bei meinem Wikipediaeintrag.

 


© des Textes: Bernd Leitenberger. © der Bilder: Sinodefense.com
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