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Als IBM 1980 beschloss einen PC auf den Markt zu bringen, waren sie nicht besonders gut informiert. Sie nahmen zuerst Kontakt mit Microsoft auf, die ihnen ein Betriebssystem und den damals obligaten BASIC Interpreter programmieren sollten. Der Irrtum beruhte darauf, das Microsoft erheblich mehr Umsatz mit einer Zusatzkarte für den Apple II machte, auf der ein Z80 Prozessor steckte, als mit seinen eigenen Produkten. Da Apple damals einen hohen Marktanteil hatte war dies ein gutes Geschäft. Diese Karte befähigte den Apple CP/M laufen zu lassen und damit neben zahllosen anderen Applikationen auch die MS Programmiersprachen. (Damals stellte MS noch keine Anwendungsprogramme und Betriebssysteme her).
CP/M hatte Microsoft jedoch nur von Digital Research lizenziert. CP/M war das Betriebssystem für Rechner mit dem Z80 bzw. 8080 Prozessor. Es war genügsam und offen für jede Hardware. Mit CP/M arbeitete ein Handheld genauso, wie eine 256 K Byte Maschine mit einer Festplatte. Es waren auch in der Entwicklung eine Version für die neuen 16 Bit Prozessoren: CP/M 68K für den Motorola 68000 und CP/M 86 für den 8086.
Nachdem klar war, das Microsoft dieses nicht liefern konnte, schickte es die IBM Verhandlungspartner von Seattle nach Monterey, wo Gary Kildall der Firmengründer von Digital Research wohnte. Was nun passierte war eine Verkettung von Umständen: Gary Kildall war nicht zu Hause und seine Frau Dorothy war unsicher ob sie die Verschwiegenheitserklärung der IBM Leute unterzeichnen sollte, die vor jeder Verhandlung mit IBM unterschrieben werden musste. Ihr herangezogener Anwalt riet ab und nach einem Nachmittag voller Diskussionen zogen die Verhandlungspartner von IBM wieder ab.
Damit war der Deal erstmal gestorben, doch ein Betriebssystem musste her. Microsoft witterte die Chance hier ins Geschäft zu kommen. Zuerst versuchten Sie IBM von dem damals in der Entwicklung befindlichen XENIX, einer UNIX Version zu überzeugen. Aber XENIX hätte einen Rechner mit 256 Kilobyte RAM und einer Festplatte erfordert - Festplatten kosteten damals noch um 10.000 DM und die meisten Rechner hatten um diesen Zeit 32-64 Kilobyte RAM. Das war ein viel zu teurer Rechner. Was man brauchte, war eine Kopie von CP/M 86.
Nun kam wieder der Zufall zu Hilfe, ohne den Imperien nicht entstehen können. Zu dieser Zeit arbeitete in Seattle eine kleine Firma namens Seattle Computers Products (SCP) an einer CP/M Kopie: ein unausgereiften Betriebssystem, welches nicht zu unrecht Q-DOS - Quick and Dirty Operation System hieß. Seattle Computers hatten 1979 begonnen einen Einplatinenrechner auf Basis des Intel 8086 zu entwickeln. Digital Research arbeitete zu diesem Zeitpunkt noch nicht an einem Betriebssystem für den 8086 Prozessor, schließlich gab es noch keine installierte Computerbasis und die neue Version 2.2 von CP/M stand kurz vor der Fertigstellung.
Ohne Software waren die Platinenrechner aber nutzlos. SCP konnte zwar von Microsoft ein Disk BASIC für den 8086 bekommen (ein BASIC mit eigenen Routinen zum Ansteuern eines Disklaufwerkes), aber ansonsten gab es keine Software. So machte sich der Programmierer von SCP Tim Paterson an ein schnell zusammengeschriebenes System, damit man Software für diesen Rechner portieren konnte. Basis war eine CP/M 2.2 Systemanleitung die er sich für 25 USD 3 Monate zuvor gekauft hatte. So entstand QDOS (Quick and Dirty Operation System).
Trotzdem war SCP 1980 in finanziellen Schwierigkeiten - Wer Hardware fertigt ohne Software dafür zu haben muss sich auch nicht wundern. Die Microsoft Gründer Paul Allen und Bill Gates erkannten die Chance Q-DOS aufzukaufen, ein bisschen weiter zu verbessern und dann mit Gewinn an IBM weiterzuverkaufen.
Und genau so lief es. Erst schloss man mit IBM einen Vertrag über die Lieferung eines Betriebssystems für 186.000 USD ab, dann erst kaufte man für 10.000 USD Q-DOS, wobei man 15.000 USD für jeden Lizenznehmer zahlen wollte. Zusätzlich beschäftigte man Tim Paterson als Programmierer für ein Jahr. QDOS wurde weitgehend unverändert als PC-DOS IBM übergeben, wobei Microsoft sich einen Passus vorbehielt, dieses Betriebssystem als MS-DOS weiter zu lizenzieren. Damit noch mehr Gewinn in die Kasse kam, änderte man den Deal mit SCP (die immer noch nicht wussten, wer Microsofts "Kunde", beziehungsweise Lizenznehmer war) ab, auf eine einmalige Zahlung von 50.000 USD, anstatt 15.000 USD pro Lizenznehmer.
Seit 1980 gab es auch CP/M-86 von Digital Research. Es basierte auf CP/M 2.2 und war dadurch äußerlich MS-DOS sehr ähnlich. Zuerst sah es überhaupt nicht so aus, als wäre die Schlacht geschlagen. CP/M 86 war stabiler als das PC-DOS das unter zahlreichen Kinderkrankheiten litt. So nutzte MS-DOS von den beiden Seiten einer Diskette nur eine, CP/M aber beide. Von den 1 MB RAM die ein 8088 adressieren konnte adressierte die Version 1.0 von MS-DOS nur 64 KByte. Nicht mehr als ein 8 Bit System!
Zudem konnte CP/M 86 mit Applikationen punkten - CP/M Programme konnten relativ leicht auf CP/M 86 portiert werden. Kurzum: PC-DOS 1.0 hatte technisch keinerlei Vorzüge gegenüber CP/M, war ab er instabil und unausgereift. Das PC-DOS überhaupt erfolgreich war, lag daran, dass IBM nur einmalig Lizenzgebühren bezahlte und so ihr PC-DOS so für nur 60 USD verkaufen konnte, während Digital Research's CP/M 86 ganze 175 USD kostete. Nachdem IBM bemerkt hatten, das ihr PC-DOS eine Kopie von CP/M war, zahlte man Digital Research ohne Verhandlungen und Murren 800.000 USD, nur damit diese IBM nicht verklagten.
Etwa 2 Jahre lang waren beide Betriebssysteme gleich erfolgreich. MS-DOS konnte erst ab 1983 an CP/M 86 vorbeiziehen. Man hatte in der Version 2.11 endlich die Kinderkrankheiten gelöst. Vor allem aber gelang es Bill Gates durch persönliche Überredung den Firmenchef von Lotus zu überzeugen, ihr Programm Lotus 1-2-3 für MS-DOS und nicht CP/M 86 zu entwickeln. Lotus 1-2-3 war eine Tabellenkalkulation und diese Programme waren damals die "Killerapplikationen" die einen PC Kauf alleine rechtfertigten, da sie viel Zeit beim Berechnen in Buchhaltungen, der Verwaltung oder im Rechnungswesen ersparten. Im Laufe der Zeit konnte MS-DOS so Marktanteile gewinnen und wurde auch stückweise besser. Die Version 2 unterstützte Festplatten und das von UNIX übernommene Baumsystem mit Unterordnern. Die Version 3.0 bot einfachen Schutz von Dateien bei gleichzeitigem Zugriff (Wichtig für Netzwerke) und ab Version 4.0 konnte man auch mehr als 32 MByte pro Platte verwalten. MS-DOS 6, die letzte Version implementierte vor allem Zusatztools die man sonst separat erwerben musste wie Kompression, Dateiutilities, Speichermanager und Virenscanner. Da man den Code für die Kompression geklaut hatte, musste diese bei den Versionen ab 6.2 eiligst gegen einen anderen Komprimierer ausgewechselt werden.
CP/M wurde weiterentwickelt zu Concurrent CP/M - es konnte mehrere Anwendungen gleichzeitig ausführen wie UNIX. Leider waren die Rechner zu langsam und zeitgleich zu Windows stellte man die Grafische Oberfläche GEM vor. Doch Digital Research konnte nie finanziell mit Microsoft mithalten: Microsoft wurde reich durch MS-DOS. Dies beruhte vor allem auf dem Passus das man MS-DOS lizenzieren dürfte. Jeder der einen Clone eines IBM PC bauen wollte musste aber das Betriebssystem von Microsoft kaufen. Dadurch verdiente Microsoft Milliarden an MS-DOS. Es kam noch Mitte der achtziger Jahre zu einem Rechtsstreit mit SCP. Als Erfinder des QDOS mussten sie keine Lizenzgebühren für MS-DOS zahlen. Dagegen klagte Microsoft, unterlag jedoch und in einem Vergleich verzichtete SCP für eine Zahlung von weiteren 975000 USD auf alle Rechte an QDOS. Insgesamt zahlt so Microsoft 1.05 Millionen USD an SCP für ein Betriebssystem das sich schätzungsweise 200 Millionen mal verkauft hat.
Digital Research war Ende der achtziger mit einem MS-DOS Klone namens DR-DOS erfolgreich. Es war leistungsfähiger und preiswerter als MS-DOS. Damit dies nicht so blieb, implementierte man 1991 in Windows 3.1 Vorversionen die breit verteilt wurden, Warnmeldungen, die einen Fehler meldeten, wenn es unter DR-DOS lief. In der fertigen Windows Version waren diese nicht drin, doch der Ruf war dann schon ruiniert. 1991 wurde DR-DOS von Novell übernommen und erweitert als Novell-DOS verkauft (mit einer zusätzlichen Version von Netware Lite). 1998 dann von Caldera übernommen die einen Tag später eine Klage gegen die Praktiken 1981 und 1991 erhoben. Der Prozess endete im Januar 2000 mit einem Vergleich bei dem Microsoft 200 Millionen USD zahlte.
Zum Thema Computer ist auch von mir ein Buch erschienen. "Computergeschichte(n)" beinhaltet, das was der Titel aussagt: einzelne Episoden aus der Frühzeit des PC. Es sind Episoden aus den Lebensläufen von Ed Roberts, Bill Gates, Steve Jobs, Stephen Wozniak, Gary Kildall, Adam Osborne, Jack Tramiel und Chuck Peddle und wie sie den PC schufen.
Das Buch wird abgerundet durch eine kurze Erklärung der Computertechnik vor dem PC, sowie einer Zusammenfassung was danach geschah, als die Claims abgesteckt waren. Ich habe versucht ein Buch zu schreiben, dass sie dahingehend von anderen Büchern abhebt, dass es nicht nur Geschichte erzählt sondern auch erklärt warum bestimmte Produkte erfolgreich waren, also auf die Technik eingeht.
Die 2014 erschienene zweite Auflage wurde aktualisiert und leicht erweitert. Die umfangreichste Änderung ist ein 60 Seiten starkes Kapitel über Seymour Cray und die von ihm entworfenen Supercomputer. Bedingt durch Preissenkungen bei Neuauflagen ist es mit 19,90 Euro trotz gestiegenem Umfang um 5 Euro billiger als die erste Auflage. Es ist auch als e-Book für 10,99 Euro erschienen.
Mehr über das Buch auf dieser eigenen Seite.
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© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.Sitemap | Kontakt | Impressum / Datenschutz | Neues | Hier werben / advertisment here | Buchshop | Bücher vom Autor |