Den folgenden Text habe ich weitestgehend unverändert aus meinem Buch "Skylab" entnommen, das umfassend über die Raumstation und ihre Missionen informiert. Man findet es überall im gut sortierten Buchhandel, wenngleich meistens nur auf Bestellung, aber auch bei allen Onlinediensten wie Libri, Amazon oder kann es direkt beim Verlag bestellen, wodurch der Autor eine höhere Marge bekommt. Der Preis von 24,99 Euro für 332 Seiten ist aber überall der gleiche. Da dieses Ereignis aber so bedeutend ist, nimmt es in meinem Buch zwei Kapitel ein und daher findet ihr es hier in der Website in drei Teile aufgeteilt.
Skylab war das einzige Projekt des Apollo Application Programs (AAP). Als Apollo Fortschritte machte, dachte man bei der NASA weiter: Wie konnte man die Apollo-Hardware noch einsetzen? Es gab die verschiedensten Vorschläge, zum Beispiel den Mondlander zu einem Teleskop umzubauen. Am ehesten umsetzbar und schließlich auch verwirklicht war der Umbau der Saturn-V-Drittstufe zu einem Raumlabor.
Eine der Umbaumaßnahmen war dann auch die, die fast die Mission zum Scheitern gebracht hätte. Die Station hatte zwei Flügel mit Solarzellen. Da das eigentliche Labor aus einer Saturn-V-Drittstufe hervorging, saß es wie diese auf der zweiten Stufe der Saturn. Nur die Koppeladapter und der ausfahrbare Teleskopmast mit weiteren Solarzellen waren von einer Nutzlastverkleidung umgeben. Die Solarpaneele und ein Schutzschild gegen Mikrometeoriten, die die Hülle punktieren können, der aber auch verhinderte, dass die Station zu viel Wärme aufnahm, weil er einen Großteil absorbierte, aber durch ein Vakuum von der Oberfläche getrennt war, befanden sich zusammengerollt unter Verkleidungen an der Seite der ehemaligen Drittstufe.
Am 14.5.1973 startete das Labor ohne Besatzung mit der drittletzten Saturn V Trägerrakete. Der Start wurde zuletzt nochmals um 14 Tage verschoben, weil das Labor noch nicht startbereit war. Beim Start gab es nach 60 s eine Meldung, die das Ausfahren des Mikrometeoritenschilds signalisierte. Das wurde zuerst als ein fehlerhaftes Signal angesehen. Beobachtet konnte das Ereignis nicht werden, da drei Wolkenschichten in 800, 2.200 und 4.000 m Höhe einen visuellen Kontakt verhinderten. Bedeutsamer war zunächst, dass der Stufenadapter nach Trennung von der ersten und zweiten Stufe nicht abgetrennt wurde. Die Triebwerke der S-II brannten 9 s länger und verbrauchten einen Teil der Treibstoffreserven, da nun eine 5 t schwerere Nutzlast in die Umlaufbahn transportiert werden musste.
Nach dem Start fehlte im Orbit die Rückmeldung über das Ausfahren der Solarzellen des Orbitalworkshops (OWS), dafür gab es eine über das Ausfahren des Mikrometeoritenschilds. Das war beunruhigend, da der Schild unter den Solarzellen lag, weshalb die Solarzellen zuerst entfaltet werden mussten. Anstatt 12.400 W lieferten sie nur 25 W Strom. Vor allem stiegen die Temperaturen an Bord rapide an - innerhalb von eineinhalb Tagen auf 148°C an der Außenwand sowie 93°C an der Innenwand. Die Lufttemperatur im Inneren lag zwischen 48 und 54°C.
Eine spätere Analyse zeigte, dass in der 60. Sekunde nach dem Start, als die Rakete die Schallgrenze durchbrach, das Problem begann. Innerhalb von drei Sekunden entrollte sich vorzeitig der Mikrometeoritenschutzschild. Dabei nahm er einige Halterungen des Sonnenflügels mit. Dadurch konnte auch dieser sich entfalten - zumindest Flügel 2, der nun locker war. Die Solarpaneele und der Mikrometeoritenschutzschild waren nicht durch die Nutzlastverkleidung geschützt, sondern beim Start dicht an der Wand anliegend bzw. zusammengefaltet und von einer Verkleidung bedeckt. Wie sich später zeigte, konnte Luft mit hohem Druck vom unteren Ende her eindringen und darin expandieren. Sie hatte so die Verkleidung beschädigt. Aerodynamische Kräfte taten dann das Übrige. Ein Untersuchungsbericht zeigte, dass niemand direkt verantwortlich für das Problem war - es war schlicht und einfach übersehen worden, weil der Hersteller McDonnell Douglas die Befestigung nicht mehr zum von ihr gefertigten OWS zählte. Die NASA hingegen betrachtete die Befestigung als Teil des OWS, sodass eine ausführliche Untersuchung unterblieb. Man war bei dem Design davon ausgegangen, dass beide Enden der Verkleidung luftdicht verschlossen waren, das war für das untere Ende aber nicht kommuniziert worden, weshalb dort Öffnungen blieben.
Nach dem Ausbrennen der zweiten Stufe durchtrennten dann die Abtrennungsraketen der Zweitstufe S-II die Befestigung eines der Solarpaneele, während das andere durch ein verbogenes Aluminiumblech geschützt wurde. Diese Lasche verhinderte aber auch das Entfalten des zweiten Flügels. Das zweite Solarzellenpaneel wurde dagegen abgetrennt und nahm dann den Mikrometeoritenschutzschild mit. Die folgenden Manöver, wie das Drehen der Station mit den TACS-Triebwerken, die Abtrennung der Nutzlasthülle und das Entfalten des ATM und seiner Solarzellen (Letzteres galt vor dem Start als der riskanteste Teil) klappten wie vorgesehen. Diese Manöver wurden automatisch von der IU durchgeführt.
Die Folgen waren gravierend: Zum einen fehlte nun die Stromversorgung aus den beiden Solarpaneelen, die am OWS angebracht waren. Skylab hatte jetzt nur noch 35 bis 40 Prozent der nominellen Stromversorgung, und es war nicht sicher, ob sie vollständig wiederhergestellt werden könnte. Vor allem aber war es zu heiß in der Station. Der Mikrometeoritenschutzschild befand sich im ausgefahrenen Zustand nicht direkt auf der Hülle, sondern 12 cm entfernt. Er absorbierte also Sonneneinstrahlung, ohne sie an die Außenhülle weiterzugeben. Die Hitze erzeugte eine Folge von weiteren Problemen. Es wurde vermutet, dass nun die Kunststoffe, vor allem die Polyurethanisolierung des Tanks, ausgasen würden. Fünfmal wurde die Atmosphäre in den nächsten zehn Tagen ausgetauscht.
Nach dem Positionieren in eine Lage, die möglichst wenig der Stationsoberfläche der Sonne aussetzte, lagen die Innentemperaturen immer noch bei 43 ° C. Allerdings konnte Skylab nicht allzu lange in dieser Position bleiben. In der normalen Ausrichtung lag die Längsachse von Skylab parallel zur Erdoberfläche. Nun wurde zur Minimierung der Oberfläche, die der Sonne ausgesetzt war, die Station um 90 Grad gedreht. In dieser Lage drehten jedoch differentielle Gravitationskräfte (ein Teil der Station befand sich 20 m weiter vom Erdmittelpunkt entfernt als der Rest) die Station von alleine in die normale Position. Als Folge benötigte die Bodenkontrolle viel TACS-Treibstoff, um die veränderte Lage aufrechtzuerhalten.
Bei Skylab war vorgesehen, dass die Station kurz nacheinander von Besatzungen besucht werden würde. Sie hatte Vorräte an Lebensmitteln, Gasen und Wasser an Bord, die für die geplanten Missionen reichten. Danach, so der Plan, würde man sie aufgeben. Deshalb wurde auf ein komplexes System für die Aufrechterhaltung der Lage verzichtet. Während die Besatzungen angekoppelt waren, konnte dies das angekoppelte CSM (Command and Service Module) erledigen. Es wurde nur Stickstoff in Druckgasflaschen zum Speisen der Düsen mitgeführt, und dieses System TACS (Thruster Attitude Control System) hatte nur einen geringen Gesamtimpuls.
Die Missionskontrolle rechnete aus, dass nach 20 bis 30 Tagen die Vorräte erschöpft sein würden. Eine Rettungsmission musste daher schnell erfolgen, sonst wäre Skylab endgültig verloren. Weiterhin zeigte sich, dass einer der Kreisel von zwei Sets mit jeweils drei Gyroskopen nicht mehr funktionierte. Wegen Gewichtsbeschränkungen konnte aber erst die Skylab 3 Besatzung Ersatzkreisel zur Station bringen.
Untersucht wurde auch, ob die Besatzung frische Nahrungsmittel zur Station bringen sollte. Da die Möglichkeiten eines CM, Fracht zu transportieren sehr beschränkt waren, hätte dies die Nutzung der Station stark beeinträchtigt. Doch es zeigte sich bei Versuchen, dass die Nahrung nicht durch die Hitze verderben würde. So erhielt die Crew nur Anweisung, das Essen zu inspizieren. Dagegen wurden die Medikamente ausgetauscht, Skylab 2 brachte Neue zur Station. Das galt auch für den Film für die Erdaufnahmen. Eastman Kodak sagte, es wäre möglich mittels Salzpaketen, die Luftfeuchtigkeit aufnehmen, den Film wieder in seinen Ursprungszustand zu versetzen, doch das würde 20 Tage dauern. Daher entschloss sich die NASA, ihn komplett zu ersetzen.
Nun erarbeiteten MSC und MSFC Konzepte für eine Lösung. Diese wurden gemeinsam mit der Skylab 2 Mission gestartet. Die erste Mannschaft sollte die Situation vor Ort klären und die Stromversorgung wiederherstellen. Danach sollte sie den am besten passenden Sonnenschutz entfalten, um die Station bewohnbar zu machen. Dafür musste andere Ausrüstung entfallen.
Das Notprogramm, wenn auch dies scheitern sollte, wäre eine 17 Tage Mission, bei der nur Strom vom ATM geliefert wird, die Station sich aber in einer räumlichen Lage befindet, in der auch die Solarzellen des ATM nur teilweise beschienen sind, um die Temperaturen an Bord zu reduzieren. Die Dauer von 17 Tagen war vorgegeben durch die Leistung der Batterien an Bord der Apollo-Raumschiffe, die zusätzlichen Strom liefern sollten, vor allem für das Lebenserhaltungssystem. Das Forschungsprogramm wäre dann nur auf die medizinischen Experimente beschränkt gewesen, da die Station weder die Energie, noch die korrekte Ausrichtung für die Erdbeobachtungsexperimente und Sonnenforschung gehabt hätte.
Die erarbeiteten Ersatzschirme hatten unterschiedliche Konzepte und spezifische Vor- und Nachteile.
Das erste Konzept sah vor, dass ein Segel von der Apollo-Raumkapsel aus bei einer "Stand-up EVA" entfaltet und an der Station befestigt werden würde. Bei einer Stand-up EVA verbleibt der Astronaut in der Apollo-Kapsel, er fixiert sich in dieser und kann je nach Befestigungspunkt so Punkte erreichen, die maximal 1,5 m von dem Raumschiff entfernt sind. Dabei würde die Kapsel das Labor umrunden, damit das Segel auch an genügend Punkten fixiert werden konnte. Der Vorteil war, dass kein Ausstieg nötig war, was als riskant galt. Auf der anderen Seite müsste sich die Kapsel sehr stark dem Workshop nähern, damit der Astronaut dies durchführen konnte, und diesen geringen Abstand auch über längere Zeit halten. Das war eine große Herausforderung an die Steuerung des Raumschiffs.
Das zweite Konzept, ebenfalls vom JSC erdacht, sah vor, durch die sonnenzugewandte Luftschleuse eine Art "Regenschirm" zu entfalten. Er würde dann ein Segel von 6 × 6 m ergeben. Die Streben würden aus Teleskopstangen ähnlich einer Angelrute bestehen. Dieses Konzept erforderte überhaupt keine EVA und galt als am wenigsten riskant. Dieser "Parasol" getaufte Schirm könnte aber nur den unteren Teil des Workshops abdecken, und die Folie wäre wegen des kleinen Durchmessers der Luftschleuse sehr dünn und würde bald im Weltraum an Reflexionsfähigkeit verlieren. Das Hauptproblem war es, das Paket so zu falten, dass es in die 22 × 22 cm große Luftschleuse an der Seite des OWS passte.
Die dritte mögliche Lösung kam vom Marshall Flugzentrum (MSFC). Es sollte ein größeres Segel im All montiert werden, bestehend aus 1,50 m langen Stangen, die mit Karabinerverschlüssen verbunden waren. Die Stangen bildeten ein "V" von 11 m Länge. Dieses "V" sollte am Fußpunkt des ATM fixiert werden. Danach sollte ein rechteckiges Segel über die Stangen hochgezogen werden, das den ganzen OWS abdeckt. Das Segel bestand aus Mylarfolie, aufgenäht auf ein Gewebe und bestrichen in einer UV-beständigen Farbe. Es wog 20 kg, das gesamte Paket 50 kg. Diese Lösung erforderte eine EVA-Operation, aber da das Segel am Fußpunkt des ATM befestigt wurde, musste nicht am OWS entlang gegangen werden, der keine Haltemöglichkeiten bot. Das Segel bedeckte den ganzen nicht isolierten Teil des Workshops und war langzeitstabil. Diese Lösung erhielt die Bezeichnung "Twin Pole" wegen der beiden Stangen oder auch "Marshall-Spinnaker" wegen der Ähnlichkeit zu dieser Segelkonstruktion.
Der erste Ansatz war es, die beiden ersten Konzepte zu versuchen und die Durchführung des Dritten auf die zweite Besatzung zu verschieben, die damit noch etwas mehr von der Oberfläche abdecken könnte. Zuerst einmal sollten aber alle Konzepte ausgearbeitet und vor dem Start dann nochmals beraten werden. Der Start von Skylab 2 wurde zuerst um fünf Tage, dann um zehn Tage verschoben. Mehr war wegen der schnell abnehmenden Treibstoffvorräte nicht möglich, sonst würde die Besatzung auf eine Station treffen, die ohne Treibstoff manövrierunfähig war.
In Houston wurde das Konzept des Parasols entwickelt. Dies war das provisorische Sonnensegel, bestehend aus dünnen, biegsamen Fiberglasstreben, verbunden mit Klappfedern und überzogen mit einer vergoldeten Mylarfolie. Vier Streben bildeten ein 6,40 × 6,40 m großes Segel. Es entfaltete sich durch die Federn nach Verlassen der Luftschleuse. Bedingt durch deren freie Öffnung war aber nur eine dünne Folie möglich, die zudem nicht die ganze Oberfläche bedecken würde. Das MSC entschied sich für das Material der Weltraumanzüge. Dessen Nylonbasis würde aber durch UV-Strahlung zerstört. Da das Material schon an der Grenze der maximalen Dicke war, schied eine weitere UV-beständige Schutzschicht wie beim Marshall-Entwurf aus.
Bill Lenoir erprobte in einer Halle in Houston die Entfaltung des Parasols, der in dem Kanister des T027 Experiments verstaut wurde. Die Astronauten der Backup-Crew von Skylab 2 trainierten zeitgleich im MSFC in Huntsville an einem Skylabmodell im Neutralauftriebsimulator. Vor allem die Befreiung des Solarzellenflügels stand im Vordergrund. Verschiedene Schneidwerkzeuge, Verlängerungen und Techniken wurden probiert. Parallel wurde das "Marshall Spinnaker" Segel von rund 80 Ingenieuren in 6.300 Arbeitsstunden in zwei Arbeitsschichten innerhalb von sechs Tagen entwickelt. Es fanden Tests der Stangen statt, und bei ILC Industries wurde die Mylarfolie hergestellt, mit der Spezialfarbe S-136 bestrichen und auf eine Nylonbasis genäht.
Alle drei Lösungen wurden zum Cape geflogen und vor dem Start deren Vor- und Nachteile diskutiert. Die ursprünglich favorisierte Lösung, die die Stand-up EVA erforderte, geriet nun deutlich ins Hintertreffen. Die Parasollösung war umsetzbar ohne größeres Training und auch ohne Risiko für die Besatzung. Die Spinnaker Lösung des MSFC galt als das Optimum, sie wäre dauerhaft und würde die gesamte Fläche abdecken, aber sie erforderte Training für die geplante EVA. Es gab nun zwei Lösungen, deren Hardware fertig oder fast fertig war, demgegenüber gab es nun keine Vorteile mehr, das Segel bei einer Stand-up EVA anzubringen. Die Risiken einer Kollision, vor allem wenn der genaue Status des Labors noch nicht bekannt war (es könnte abgerissene, scharfe Reste des Schildes oder Solarpaneels vorhanden sein) erschienen nun deutlich größer als die Vorteile.
Es wurde beschlossen, bei Skylab 2 den Parasol zu entfalten. Die Besatzung für Skylab 3 sollte währenddessen die Montage des endgültigen Segels trainieren und diesen Schirm bei ihrer Mission anbringen.
Eine zweite Aufgabe, die anzugehen war, war die Entfaltung der Sonnenflügel des OWS. Was mit diesen geschehen war, war offen. Waren sie abgerissen oder nur durch den Meteoritenschutzschild am Entfalten gehindert worden? Hektisch suchte das JSC nach Werkzeugen, mit denen es möglich war, aus der Ferne den Mikrometeoritenschutzschild zu durchtrennen. Fündig wurde die NASA bei einem Hersteller, der Schneidwerkzeuge für die Arbeit an Strommasten herstellte. Sie konnten aus einzelnen Stangen zusammengesetzt werden, damit die Arbeiter diese Tätigkeit vom Boden aus erledigen konnten. Es zeigte sich, dass die Schneidwerkzeuge nicht brauchbar waren, wohl aber der Mechanismus, wie aus den Stangen eine Teleskopstange gebildet werden konnte. In Rekordzeit entwickelte das Marshall Flugzentrum aus dem unbrauchbaren Schneidmechanismus eine per Seilzug betätigte Säge und einen Schneider. Am 22-sten Mai erprobte Paul Weitz im NBL diese Gerätschaften und konnte dabei den Mikrometeoritenschutzschild des dortigen Mockups durchtrennen. In dieser Zeit war die NASA sehr agil, heute unvorstellbar. Als der Verantwortliche von McDonnell Douglas nach Houston fliegen sollte, bekam er die Aufforderung auf dem Trip einen Zwischenstopp zu machen um Arbeiter und Werkzeuge des Herstellers für die zusammen-steckbaren Schneidwerkzeuge mitzunehmen.
Am 23.5.1973 flogen Schneidwerkzeuge und beide Sonnensegel zum Kennedy Space Center, wo sie am 25.5.1973 um 3 Uhr nachts im Crew Module verstaut wurden. Fünf Stunden später starteten dann Weitz, Kerwin und Conrad zu Skylab. Eine weitere Verspätung hielt der Flugdirektor angesichts der alarmierenden Daten über den Zustand der Station für nicht vertretbar.
Offen war allerdings noch die Frage der Stromversorgung. Wenn beide OWS-Paneele fehlten, so hatte die Station weniger als die Hälfte des vorgesehenen Stroms. Damit gab es gravierende Einschränkungen im Betrieb. So wurde nach einer Lösung gesucht, wie die volle Stromversorgung hergestellt werden konnte. Rockwell schlug ein "Solar Wing Module" vor, das elektrisch mit dem ATM verbunden und am MDA neben dem radialen Port fixiert wurde. Es hätte dort immer noch ein Andocken für eine Rettung ermöglicht. Da das zweite Modul aber noch ein wenig Strom lieferte, gab es die Hoffnung, dass nur eines zerstört war und das Zweite noch in Betrieb genommen werden könnte. Für die Mission von Skylab 2 mit vorwiegend medizinischen Fragestellungen und wenigen Experimenten wäre die Stromversorgung nur mit den ATM-Paneelen gerade noch ausreichend. So verschob die NASA eine Entscheidung über das Solar Wing Modul bis klar war, ob es benötigt wurde.
Die erste Besatzung startete am 25.5.1973, zehn Tage später als vorgesehen. Kommandant war Pete Konrad, Paul Weitz war Pilot und Joe Kerwin Wissenschaftsastronaut. Nach dem Einsatz von Harrison Schmidt als ausgebildetem Geologen bei Apollo 17 war es der zweite Flug eines Wissenschaftsastronauten. Sowohl für Kerwin, wie auch Weitz, war es die erste Mission ins All. Pete Conrad war schon zweimal mit Gemini und einmal im Apollo-Programm gestartet. Für ihn war es der letzte Flug.
Primäres Ziel war nun nicht mehr, das Forschungsprogramm durchzuführen, sondern die Station in einen Zustand zu bringen, in dem Forschung überhaupt möglich war. Als die Saturn IB abhob, rief Conrad der Bodenkontrolle zu "We can fix anything" ― und brachte damit das Motto der Mission auf den Punkt.
Als das Raumschiff nach siebeneinhalb Stunden bei Skylab ankam, stellte sich heraus, dass eine Solarzellenfläche komplett abgerissen war anstatt, wie manche noch hofften, nur nicht entfaltet. Das Apollo-Raumschiff umkreiste Skylab, um den Schaden zu begutachten. Danach machte die Besatzung Mittagspause und ruhte sich aus. Am Abend stand dann eine Stand-up EVA an, um den Schaden am zweiten Solarpaneel genauer zu betrachten und es eventuell zu lösen. Gleich zu Beginn gab es Probleme, weil eines der 16 Triebwerke des RCS-Systems nicht feuerte und Weitz so Probleme hatte, das Raumschiff zu stabilisieren. Der ungleich verteilte Schub bewirkte eine Drehbewegung, die durch die Gyros kompensiert werden musste. Conrad konnte erkennen, dass der Flügel nur durch einen etwa 12 mm breiten Draht gehalten wurde, aber bei mehreren Versuchen kam er nicht nahe genug heran, um ihn von der Luke des CM aus mit einem Schneidwerkzeug zu lösen. So wurde die Aktion beendet, und die Besatzung sollte nun an die Station ankoppeln.
Das Ankoppeln klappte erst im sechsten Anlauf, weil es Probleme mit den elektrischen Anschlüssen gab. Die Sonde rastete in den Kopplungsadapter ein, zog sich aber nicht zurück. Schließlich musste das CM erneut entlüftet werden, und Conrad öffnete die Luke. Er verknüpfte die Kabel von Hand, indem er die Isolierung entfernte und die Kabelenden verzwirbelte. Danach zündete er die Triebwerke des Servicemoduls und fuhr das Raumfahrzeug in den Adapter hinein, wodurch die zwölf Riegel zuschnappten und die Verbindung fixierten. Die Crew verschloss erneut die Luke, stellte den Kabinendruck wieder her und konnte nach 22 Stunden endlich schlafen gehen.
Am nächsten Tag wurde die Luke geöffnet. Weitz war der Erste im MDA. Er prüfte mit einem Gerät, ob es toxische Gase gäbe und meldete, dass es sehr heiß war, aber trocken. Sie konnten sich bis zu fünf Stunden in der Station aufhalten.
Eine der ersten Aufgaben war es, den Parasol zu montieren und zu entfalten. Es dauerte 6 bis 7 Stunden, um ihn in der Hitze zu montieren, auch weil die Besatzung immer wieder die Arbeit unterbrechen und sich in das kühle CM zurückziehen musste. Das Entfalten durch die Luftschleuse klappte reibungslos, und das Heck des OWS war nun vor Sonneneinstrahlung geschützt. Innerhalb von zwei Tagen sanken die Temperaturen von 43 auf 27 Grad Celsius und blieben auf diesem Niveau stabil über die Skylab-2 Mission. Trotzdem schliefen die Besatzungsmitglieder die ersten Nächte noch im CM, wo die Temperaturen bei 20°C lagen. Der provisorische Schutz entfaltete sich nicht komplett und bedeckte nur 75% der Oberfläche. Die Astronauten konnten an der Wand fühlen, wo die Oberfläche nicht bedeckt war, da es dort wärmer war.
Doch nach wie vor hatte Skylab zu wenig Strom. Der Betrieb war dadurch eingeschränkt, und dies war keine akzeptable Lösung. So machte Pete Conrad den Vorschlag, nochmals zu versuchen, den Flügel zu entfalten, aber diesmal von der Außenseite des OWS aus. Das war riskant: Die scharfen Kanten der Halterung könnten den Raumanzug beschädigen, und aufgrund der Position des Flügels war Conrad außerhalb des Sichtbereiches von Kerwin in der Luftschleuse.
Die Backup-Crew erprobte die Vorgehensweise im NBS einem Schwimmbecken mit dem Backupmodell von Skylab, während die Besatzung daran ging, Skylab von der Startkonfiguration in die Betriebskonfiguration zu bringen. Am 29-sten Mai konnten die ersten Experimente durchgeführt werden. Doch der fehlende Strom machte sich bald bemerkbar - bei einer Erdbeobachtung ertönte der Alarm. Skylab hatte durch das Wegdrehen von der Sonne noch weniger Strom, und die Batterien waren nicht genügend aufgeladen und wurden nun schnell entladen. Die Station musste wieder in Richtung Sonne gedreht werden. Vorerst waren so keine Erdbeobachtungen möglich. Als dann noch vier der 18 Akkus an Bord des ATM ausfielen, erwog die Missionskontrolle zeitweise, die Mission auf 17 Tage zu verkürzen. Die Akkus waren durch die veränderte Ausrichtung während der letzten 10 Tage zu starker Sonneneinstrahlung ausgesetzt und hatten sich dadurch überhitzt.
Ohne die seitlichen Solarzellenflügel SAS lieferten die ATM-Solarzellen im Mittel 4,6 kW Leistung (gemittelt über Tag-/Nachtseite und nach Aufladen der Batterien). Davon benötigte die Station 3,6 kW für die eigenen Systeme, sodass nur 1 kW für Experimente übrig blieb. Das schränkte vor allem die Sonnenbeobachtungen ein. Die Crew entwickelte zwar nach einer Woche Routine, vor der Inbetriebnahme von Experimenten Lüfter und Lampen auszuschalten, aber dies alleine konnte den Leistungsverlust nicht kompensieren.
Rusty Schweickart hatte im NBS eine Vorgehensweise erarbeitet um den zweiten Flügel zu lösen. Nach dem Ausstieg aus der Luftschleuse würde Conrad sich an der Antenne am ATM Mechanismus fixieren, wo es durch die Gitterrohrstruktur die Möglichkeit gab, sich zu verhaken. Er würde dann aus Stangen einen 7,9 m langen Schneider zusammenbauen und diesen erst einmal in einem Stück des abgerissenen Mikrometeoritenschutzschildes, das noch an der Seite des OWS hing, verhaken, ohne ihn durchzutrennen. Die Stange benutzt er nun als Kletterhilfe, um sich am OWS entlang zu bewegen, der keinerlei Haltemöglichkeiten bot. Dabei sollte er ein Nylonseil mitziehen. Dieses Seil hat Klammern an beiden Seiten. Auf einer Seite befestigt Conrad es an der Befestigung der Nutzlasthülle an der Luftschleuse und an der anderen Seite am SAS. Nun kann er mit dem Schneider den Draht durchtrennen, der den Flügel noch festhielt, und durch Ziehen des Seils das Array entfalten. Um Letzteres zu bewerkstelligen, musste er das Seil über die Schulter spannen und sich aufrichten.
Nominell sollte sich nach Freigabe das SAS alleine entfalten. Allerdings rechnete die Missionskontrolle damit, dass in der Kälte (diese Stelle war nun von der Sonne über zehn Tage abgewandt gewesen) der Entfaltungsmechanismus eingefroren war. Die Vorgehensweise hatte Schweickart unter Wasser erprobt, und dort funktionierte sie, was den Schluss nahelegte, dass sie auch in der Schwerelosigkeit klappen könnte.
Am 13-ten Tag stiegen dann Conrad und Kerwin aus. Conrad blieb in der Luftschleuse und assistierte Kerwin. Capcom war Rusty Schweickart, der das Ganze erprobt hatte und sie vor dem Ausstieg nochmals mit Details zur Vorgehensweise versorgte. Zuerst setzten sie die 7,5 m lange Blechschere aus Einzelteilen zusammen. Kerwin platzierte sich am Ende des Workshops und versuchte die Schere an dem Draht zu verhaken. Doch das klappte nicht. Das Grundproblem, das die NASA schon seit Gemini kannte, war das dritte Newtonsche Gesetz: Jede Kraft erzeugt eine gleich große, entgegengerichtete Kraft. Anders ausgedrückt: Wenn Kerwin versucht, die Schere zuzudrücken, so bewirkt die dabei entstehende Kraft, dass er sich langsam in die Gegenrichtung bewegt. Ohne Möglichkeit, sich mit den Füßen zu verankern, führt das zu einer Drehbewegung um die eigene Achse. Er versuchte es, indem er die Leine um sich wickelte und mit einer Hand festhielt, konnte aber mit der verbliebenen Hand die Schere nicht schließen.
Als er nach 30 Minuten wieder in den Empfangsbereich einer Bodenstation kam, hatte er eine Lösung gefunden: Er hatte sich mehr Halt verschafft, indem er die Leine doppelt nahm und die Länge so halbiert hatte. Er berichtete, dass sich nun die Scheren verhakt hätten und er anfangen könnte, zu sägen. Doch so sehr, wie er auch an den Seilzügen zog - der Draht wurde nicht durchschnitten. Conrad verlor nun die Geduld und bewegte sich entlang der Stange zum SAS. Gerade dort angekommen riss der Draht, und Conrad wurde mit der Stange weggeschleudert. Während er durch die Verbindungsleine gesichert ins All hinaus schwebte, ging das Solarpanel um 20 Grad auf. Wie befürchtet war das Dämpfergestänge eingefroren. Nun galt es, das Panel durch Zug ganz zu entfalten.
Das Befestigen der Leine an beiden Positionen klappte nicht. Auf Seite der Luftschleuse waren die Löcher dazu zu klein. Nur mit dem Einsatz von Zugkraft an dem Scharnier war der Flügel nicht entfaltbar. So stellte sich Conrad mit einem Fuß auf das Scharnier, zog das Seil über seine Schulter und richtete sich auf, während Kerwin gleichzeitig am Seil zog. Dies reichte aus, das Dämpfergestänge brach und der Flügel ging auf - und Conrad wurde mit Kerwin in den Weltraum hinaus gestoßen. Während Sie sich an den Leinen zurück in die Luftschleuse hangelten, bekamen sie von der Bodenstation die Bestätigung, dass das Solarpanel funktionierte. "Wir sehen Ampere" funkte Schweickart zu den Astronauten.
Nach dreieinhalb Stunden wurde die bisher erfolgreichste EVA im amerikanischen Weltraumprogramm beendet. Die Protokolle des Sprechfunks wurden allerdings lange Zeit unter Verschluss gehalten. Die Schwierigkeiten im Einsatz führten dazu, dass beide Astronauten viele Kraftausdrücke benutzten. Nachdem die NASA schon Proteste bekommen hatte, als Eugene Cernan bei einem Problem bei der Apollo 10 Mission die Worte "Son of a Bitch" und "Goddamn" rausrutschten, war die NASA vorsichtiger geworden.
Skylab hatte nun 3 kW mehr elektrische Leistung - und die Besatzung kam nun auch in den "Luxus" einer warmen Dusche und warmen Mahlzeiten, die vorher nicht möglich waren, weil die Solarzellen des ATM zu wenig Energie lieferten. Mit 75 Prozent der Sollleistung hatte die Station genug Strom für das vorgesehene Messprogramm. Lediglich sechs Experimente konnten nicht durchgeführt werden, weil die Zeit fehlte oder sie die Luftschleuse benötigten, die nun vom Parasol blockiert war. Beide Paneele zusammen lieferten zwischen 6.700 und 8.400 Watt. Die Station benötigte 4.700 ohne Versorgung des CSM und 5.900 Watt mit angedocktem CSM. Der Rest stand für Experimente zur Verfügung.
Auch sonst mussten sich die Astronauten als Handwerker betätigen. Der Motor für den drehbaren Spiegel des Experiments S019 lief nicht mehr. Nach dem Auseinandernehmen und Neuzusammensetzen funktionierte er wieder.
Zu Missionsende am 26-sten Tag stand dann die einzige EVA nach dem ursprünglichen Plan an. Kerwin sollte den vor dem Start im ATM deponierten Filmkanister bergen. Conrad entschied, dass dies Weitz durchführen sollte, damit auch er in den Genuss einer EVA kam. Weitz musste nur entlang einer vorher festgelegten, mit Hand- und Fußhaltevorrichtungen bestückten Route zum Boden des ATM klettern. Diese Route, "EVA Trail", war farblich markiert, und an fünf Positionen gab es Schilder, die allerdings kaum lesbar waren, weil die Farbe verblasste. Unterstützt wurde Weitz durch einen ausfahrbaren Ausleger, den "ATM-Baum". Er wurde von der Luftschleuse aus von Conrad gesteuert. Neben dem Bergen des Kanisters reinigte Weitz die Optik des Koronografen mit einem Pinsel und "reparierte" einen blockierten Stromunterbrechungsschalter, indem er mit dem Hammer auf ihn einschlug. Diese rustikale Vorgehensweise war allerdings erfolgreich - der Schalter machte nun keine Probleme mehr. Vor dem Einstieg zog Weitz noch ein Blatt vom Experiment S230 ab und kehrte nach zweieinhalb Stunden zurück ins Labor.
Als die Besatzung am 22.7.1973 landete, hatte sie rund 80 Prozent der geplanten Experimente durchgeführt. Alle 16 medizinischen Experimente konnten absolviert werden. Die medizinischen Experimente waren die wichtigsten, und es gab deswegen sogar eine Auseinandersetzung am Anfang der Mission, als Conrad diese wie geplant aufnehmen wollte, Kerwin aber die Belastungstests wegen der Hitze zurückstellen wollte. Die Bodenkontrolle vermittelte, und Untersuchungen und Probenentnahmen begannen erst am dritten Tag der Mission. Das Experimentalprogramm wurde reduziert von 25 Prozent der gesamten Zeit auf 20,6 Prozent.
Dagegen gab es keine Probleme mit der Übelkeit und bei dem Experiment, das den Gleichgewichtssinn irritieren sollte (M131). Bis sich Symptome einer Irritation zeigten, konnten alle drei Astronauten eine erheblich höhere Rotationsgeschwindigkeit aushalten als beim Kontrollexperiment vor dem Start. Dies machte das "Space Adaption Syndrome", das damit erforscht werden sollte, noch rätselhafter.
Diese Untersuchungen gingen nach der Landung weiter. Die Besatzungsmitglieder sollten noch eine Woche Atemschutzmasken tragen, um sich nicht zu infizieren, und 21 Tage weiter die bilanzierte Diät zu sich nehmen. Es gab nur ein Problem: Nach der Landung erhielt die Crew von Nixon eine Einladung zu einem Staatsbesuch von Breschnew. Vor dem Treffen mit dem Präsidenten nahmen sie daher die Masken ab, um sie danach wieder aufzusetzen. Die Nachuntersuchung zeigte, dass Conrad im besten Zustand von den drei Astronauten war. Kerwin und Weitz hatten deutlich mehr Probleme, sich wieder zu akklimatisieren. Es dauerte einige Tage, bis sie wieder ihre alte Leistungsfähigkeit erlangt hatten. Kerwin litt unter Übelkeit nach der Landung, die sich jedoch innerhalb eines Tages legte.
Conrad, der auch mit Apollo 12 auf dem Mond war, bezeichnete Skylab 2 als die weitaus schwierigere Mission von beiden. Zum einen, weil es darum ging, die Station zu retten und bewohnbar zu machen - 14 Tage lang war nicht sicher, ob die Besatzung nicht vorzeitig landen sollte. Zum anderen, weil der Arbeitsalltag auf der Station mit den durchgeplanten Tagen viel mehr Disziplin erforderte als zwei kurze Spaziergänge auf dem Mond.
Beobachtungen |
Erreicht |
Geplant |
ATM Beobachtungszeit |
81 h |
101 h (81%) |
S052 Aufnahmen |
4.519 |
8.025 |
S054 Aufnahmen |
6.739 |
6.979 |
S056 Aufnahmen |
4.276 |
6.000 |
S082A |
219 |
201 |
S082B |
1.608 |
1.608 |
Gesamt ATM Aufnahmen |
17.377 |
22.810 (76%) |
H-Alpha Film |
13.000 |
16.000 |
EREP Überflüge |
11 (5 nur teilweise) |
14 |
Andere EREP Beobachtungen |
6 |
10 |
Fotos |
7.460 |
9.000 |
Medizinische Experimente |
137 |
147 (93%) |
Stunden für Untersuchungen |
148 |
158 (94%) |
Beobachtungen durch die Luftschleuse |
32 h |
38 h (84%) |
Andere wissenschaftliche Untersuchungen |
22 h |
14 h (157%) |
Untersuchungen im UV |
10 |
16 |
Materialwissenschaftliche Experimente |
9 |
10 |
Entfallene Experimente: |
S015, S020, T025, M555 |
|
Schülerexperimente: |
4 h |
4½ h |
Durchgeführte Experimente: |
ED11, ED23, ED26, ED31 |
ED12, ED22 |
Zwischen den beiden Missionen war geplant, die ATM-Beobachtungen unbemannt fortzuführen. So sollten die ATM-Experimente S052, S054 und S055 weiter betrieben werden. Doch am 19.7.1973 fiel einer der drei primären Kreisel aus. Zwar konnte am nächsten Tag auf das Sekundärsystem umgeschaltet werden, doch wollte die Missionskontrolle nun auf Nummer sicher gehen, bis die Besatzung mit einem Satz Reservegyros zur Station aufgebrochen war. Nach Verlassen der Besatzung wurde die Luft abgelassen, bis ein Druck von 0,14 bar erreicht war. Er dürfte dann noch weiter bis auf 0,13 bar sinken, bis die Atmosphäre rekonstruiert wurde. Unmittelbar vor Ankunft der Besatzung wurde dann die ganze Atmosphäre entlassen und die Normale mit einem Druck von 0,35 bar wiederhergestellt. So erwartete die Besatzung frische Luft.
Schon 36 Tage nach der Landung startete die zweite Besatzung Skylab 3 am 28.7.1973. Kommandant dieser Crew war Al Bean. Er war zusammen mit Conrad bei Apollo 12 auf dem Mond gelandet. Pilot war Jack Lousma, Wissenschaftsastronaut war Owen Garriott. Für sie beide war es der erste Flug ins All. Geplant war ein Start 60 Tage nach der Landung von SL-2, doch verschiedene Faktoren führten zu einer Vorverlegung. Die Mission Sklab-3 startete früher als vorgesehen, da die NASA den hohen Sonnenstand auf der Nordhalbkugel besser ausnutzen wollte. Als dann der Kreisel ausfiel, wurde die Mission, die schon vorher vom 17ten auf den 9ten August vorgezogen wurde, nochmals vorverlegt.
Diese Besatzung trug einiges an Ausrüstung zu Skylab, wobei die Apollo-Kommandokapsel den Rekordwert von 6.106 kg Masse aufwies - mehr hätten die Fallschirme bei einer Notlandung nicht aushalten können (die Trägerrakete verfügte noch über Reserven, die jedoch in diesem Falle irrelevant waren). Die Besatzung brachte nun die endgültige Version des Sonnenschildes zur Station, den "Marshall Spinnaker". Dazu kamen die sechs Ersatzgyroskope, genannt "six-pack", Filmkanister, Essen für eine eventuelle Missionsverlängerung, Ersatzteile für verschiedene Experimente und zwei weitere Bandrekorder. Der erste Bandrekorder im ATM war nach 842 Stunden ausgefallen und noch von der ersten Crew repariert worden. Während der unbemannten Zeit fiel der Zweite nach 320 Stunden Betrieb aus. Ebenso führte die Besatzung zwei neue Videokameras mit, nachdem die eingebauten inzwischen defekt waren.
Schon vor dem Start hatte die NASA am 20.7.1973 die Mission von 56 auf 59 Tage verlängert, da die Landung diesmal nahe der amerikanischen Westküste vor San Diego geplant war und bei einer Verlängerung um drei Tage die Bedingungen für eine Landung zur Tageszeit besser waren.
Die primäre wissenschaftliche Aufgabe dieser Crew war vor allem die Sonnenbeobachtung. Dazu kam der erste Block von Schülerexperimenten, und es sollten Lehrfilme für das Projekt "Classroom in Space" gedreht werden.
Bei Skylab 3 gab es bald nach dem Start, noch vor dem Ankoppeln, einen Defekt im Servicemodul. Durch ein Leck trat RCS-Treibstoff aus und gefror an der Wand. Dadurch wurde eine Düsenglocke abgetrennt. Das erschwerte schon das Ankoppeln. Das Haupttriebwerk wurde nur zur Erhöhung der Umlaufbahn oder zum Abbremsen vor der Landung eingesetzt. Die vier RCS (Reaction Control System) Einheiten mit jeweils vier Triebwerken von 445 N Schub wurden für alle feinen Kurskorrekturen benötigt. Schon vor der Ankopplung an Skylab wurde daher der erste Block deaktiviert, da alle Triebwerke an einer gemeinsamen Treibstoffleitung hingen.
Das Hauptproblem war nun der unsymmetrische Schub. Da nur noch drei der vier Triebwerke arbeiteten, bewirkte jede Vorwärtsbewegung eine Rotation oder eine Bewegung zur Seite. Es sah deshalb anfangs so aus, als würde sich das Raumschiff Skylab nicht nähern. Garriott hatte den ersten wissenschaftlichen Taschenrechner von Hewlett-Packard, den HP-35 mitgenommen. Dieser bewies nun seinen Nutzen. Da das CM zwar einen Radartransponder zur Bestimmung der Entfernung, aber keine Elektronik zur Bestimmung der Relativgeschwindigkeit aus den Daten hatte, musste die Besatzung diese berechnen, indem die Differenz der Distanz zwischen zwei Messungen durch die Zeitdifferenz geteilt wurde. Dies machte Garriott, der damit Alan Bean die Relativgeschwindigkeit des Raumfahrzeugs mitteilen konnte. Dadurch konnte sich Apollo langsam Skylab annähern. Das Ankoppeln klappte dann ohne Probleme. Vorher umrundete das Raumschiff das Labor. Dies wurde abgebrochen, als auf Fernsehaufnahmen sichtbar wurde, dass die Abgase der RCS-Düsen den Parasol zum Flattern brachten und die Flugkontrolleure befürchteten, dass sich die Abgase auf den Solarzellen niederschlagen könnten. 52 Minuten später dockte das CSM-117 an. Es war das erste Mal, dass eine Raumstation von zwei Besatzungen bewohnt wurde.
Zuerst einmal gab es ein Problem, das nichts mit Skylab zu tun hatte - alle Astronauten litten unter Raumfahrerkrankheit. So musste der auf den vierten Tag nach dem Start vorgesehene Ausstieg für die Reparatur des Sonnenschirms aufgeschoben werden. Er rutschte vom dritten Missionstag über den Sechsten auf den zehnten Tag. Erst nach fünf Tagen waren die Astronauten wieder wohlauf. Danach gab es Probleme mit dem Müllschlucker (der Luftschleuse), der nicht hermetisch dicht schloss. Dadurch verlor Skylab Atmosphäre. Dies war aber nichts, was die Mission gefährdete. So entschloss sich die Bodenkontrolle, diese nachzufüllen, wenn die Astronauten schliefen. Das Geräusch der Ventile weckte aber die Astronauten, und so suchte die Besatzung schließlich doch noch nach der Ursache und fand sie in einem nicht ganz eingerasteten Hebel. Wie bei Skylab 2 bereitete aber auch die Entleerung der Luftschleuse Probleme. Immer wieder blieben Beutel im Inneren hängen, und die Luftschleuse musste erneut geöffnet und die Ladung entnommen und zusammengepresst werden. Die Astronauten schlugen bei einem Nachfolgemodell eine konische Öffnung vor, welche sich zum freien Raum hin ausweitet.
Ein weiteres Problem war ein Druckabfall im Kondensationssystem. Die Suche nach einem Leck war erfolglos. Nachdem alle Verbindungen untersucht waren, war das Problem verschwunden. Offensichtlich war es ein Problem der Kupplungen, mit denen die Leitungen verbunden wurden.
Als die Besatzung am sechsten Tag gerade eine Erdbeobachtung durchführte, sah sie einen Schneeschauer am Fenster vorbeifliegen, und bald darauf ertönte auch ein Alarm. Bean hechtete in die Kommandokapsel und stellte fest, dass ein zweites Leck im RCS vorlag und nun ein zweiter Triebwerksblock abgeschaltet werden musste. 6 kg Treibstoff waren verloren gegangen. Nun waren Block B und D (Steuer- und Backbordseite des SM) ausgefallen. Obwohl es keine genauen Daten darüber gab, was passiert sein könnte, gingen die Ingenieure von einer Verunreinigung des Stickstofftetroxids aus, das als Oxidator fungierte. Es wäre eine Erklärung, warum beide Systeme ausgefallen waren. Allerdings bestand dann die Gefahr, dass auch die beiden anderen RCS-Triebwerksblöcke ausfallen könnten.
Am Boden bereitete die Missionskontrolle nun eine Rettungsmission vor. Was würde passieren, wenn noch ein Triebwerksblock ausfallen würde? Es wurde nun sowohl untersucht, ob die Mission abgebrochen werden sollte, wie auch die Fortführung mit nur einem Triebwerksblock.
Eine Rettungsmission, das zeigte eine Konferenz der beteiligten NASA-Zentren, wäre in einem Monat startbereit, und am Kennedy Space Center beschleunigten die Bodenmannschaften die Vorbereitungsarbeiten an dem CSM-118 und der Saturn IB SA-208 für die Skylab 4 Mission, die als nächste starten sollte. Der Umbau des CSM-118 für die Beförderung von fünf Astronauten wurde dabei nach hinten geschoben, da dies innerhalb von acht Arbeitsstunden möglich war. So war eine Entscheidung noch wenige Tage vor dem Start möglich. Es gab auch eine Besatzung für diesen Fall: Es waren Don Lindt und Vance Brandt aus der Ersatzbesatzung für Skylab 3+4. Sie waren, als 1971 erstmals über die Rettungsmöglichkeit beraten wurde, als Vertreter des Astronautenkorps bei der Planung beteiligt. Sie hatten auch für diese Mission trainiert. Die NASA begann mit den ersten Vorbereitungen für eine Rettungsmission am 10.8.1973. Falls keine andere Lösung gefunden werden konnte, würde sie am 5.9.1973 starten und am 10.9.1973 wieder landen.
Ironischerweise waren aber auch Lindt und Brandt verantwortlich am Boden für die Tests in den Simulatoren, wie Skylab 3 trotz zweier ausgefallener Triebwerksblöcke beendet werden konnte. Inzwischen hatten die Ingenieure die Daten genauer begutachtet und kamen zu dem Schluss, dass sie keine gemeinsame Ursache hatten, es also unwahrscheinlich war, dass weitere RCS-Triebwerke ausfallen würden. Nun galt es noch festzustellen, ob eine Rettungsmission wegen des Ausfalls von zwei RCS-Quads nötig wäre. Zwei Szenarien wurden untersucht:
der normale Wiedereintritt mit der Nutzung des Haupttriebwerks, allerdings unter Beteiligung der verbliebenen RCS-Triebwerke zur Stabilisierung. Dieser Weg schien gangbar. Das Risiko war, dass bei Ausfall eines weiteren Blocks durch einen falschen Schubvektor die Gefahr eines falschen Eintrittswinkels sehr hoch war.
Der zweite Alternativplan war eine Abbremsung nur mit den beiden RCS-Blöcken. Deren Schub reichte dazu gerade noch aus. Mit dieser Erkenntnis hatten Brandt und Lindt ihre eigene Rettungsmission unnötig gemacht.
Währenddessen gingen die Astronauten an Bord von Skylab ihrer Arbeit nach - Eile gab es nicht, denn Skylab verfügte ja noch über die Vorräte für die dritte Besatzung. Sie hätten über vier Monate an Bord der Station bleiben können. Schließlich kam die Missionskontrolle zu dem Schluss, dass keine Rettungsmission nötig war. Die Missionskontrolle schickte den Astronauten eine 15 Seiten lange Liste von Dingen, die sie beachten sollten, um keine Probleme mit den Steuerdüsen beim Wiedereintritt zu haben. Man zündete sie nur kurz, um sich von Skylab zu lösen und führte den Wiedereintritt mit dem Haupttriebwerk durch.
Noch einmal schrillten Alarmglocken durch die Station: Es gab einen Kurzschluss im ATM, und die Station verlor die Ausrichtung. Bean beging einen Fehler - wie bei dem Apollo-Raumschiff korrigierte er die Ausrichtung zuerst mit den TACS-Düsen und sah erst dann nach den Gyros. Dabei verfügte Skylab nach Ablegen der letzten Besatzung nur noch über 44% des Treibstoffs für die Kaltgasdüsen. Bean verbrauchte so zusätzlich 11.720 Ns. Am nächsten Tag bekam er von der Missionskontrolle einen Satz "neuer" Prozeduren für die Lageregelung hochgefaxt. Beim Vergleich mit den "alten" stellte er dann fest, dass sie identisch waren.
Am achten Tag gab es ein weiteres Problem: Der Druck im primären Kühlkreislauf fiel ab. Es wurde beschlossen, am nächsten Tag bei der EVA nach austretender Kühlflüssigkeit Ausschau zu halten.
Die zweite Besatzung montierte am neunten Tag ihres Aufenthalts das endgültige Sonnensegel, das dann die Temperaturen auf 22 Grad sinken lies. Es war eine der Hauptaufgaben dieser Mission, und sie brachten die endgültige Version zur Station. Es gab zwei Gründe dafür: Zum einen deckte der Parasol nur einen Teil des Workshops ab. Zum Zweiten wurde die Basisschicht aus Nylon durch die UV-Strahlung der Sonne langsam zerstört. Das Bestreichen mit einer UV-beständigen Farbe hätte die Schichtdicke soweit erhöht, dass es gefaltet nicht mehr durch die Luftschleuse gepasst hätte.
Lousma und Garriott hatten anders als die erste Besatzung genügend Zeit, um im Wassertank die Montage des Segels zu üben. Über 100 Stunden umfasste das Training dafür. Lousma hangelte sich zuerst am ATM-Gerüst bis zu einer Position in Höhe des OWS entlang. Dort angekommen konnte er die Haltevorrichtung für die Stangen befestigen.
Garriott montierte in der Zwischenzeit die Stangen aus 1,5 m langen Teilen. Die einzelnen Teile hatten einen Bajonettverschluss. Die Enden wurden schräg aneinandergesteckt, wobei eine Feder heruntergedrückt wurde. Nach einer Drehung um 20 Grad rastete das Bajonett ein. Zuletzt wurde ein Gummi über die Verbindungsstelle gerollt. Es verhinderte, dass sich die Verbindung lockern konnte. Dies war beim Zusammenbau mit den klobigen Handschuhen der schwierigste Teil. Nachdem Lousma die Befestigung montiert hatte, reichte ihm Garriott die beiden Stangen, die er in Form eines "V" befestigte. Die Haltevorrichtung war dann der Fußpunkt des "V". Das Ende der 16,5 m langen Stangen lag am Ende des Workshops.
Das eigentliche Segel wurde mit zwei Leinen auf diesen Stangen aufgezogen. Fixiert wurden die Leinen am ATM-Gestänge. Sie wurden um das Gerüst herumgezogen. Während die Stangen relativ gut zu montieren waren, bereitete das Aufziehen der Leinen Probleme, da hier die Verbindungsleine hinderlich war. Die Missionskontrolle schlug vor, die Leine zuerst an dem Ende der Stangen zu befestigen und erst mit befestigter Leine dann die Stangen zusammenzusetzen. Letztendlich klappte es, doch dauerte die EVA deutlich länger als geplant - vier Stunden. Das Aufziehen des Segels war dann relativ problemlos. Es war 7,25 m lang und bedeckte die gesamte exponierte Oberfläche (der vordere Teil des OWS war ja von mehrlagiger Folie thermisch abgeschirmt). Nun sanken die Temperaturen im Inneren von 27 auf wohnliche 22 Grad Celsius ab.
Danach stand das Ersetzen der Filmkassetten an. Lousma zog auch eine weitere Materialprobe vom Experiment S230 ab. Danach schauten er und Bean vom MDA aus nach irgendwelchen Lecks bei den RCS-Düsen des CSM. Es konnten keine entdeckt werden. Aber Lousma stellte fest, dass die sonnenzugewandte Seite des CSM sich verfärbt hatte. Ebenso erfolglos verlief die Suche nach dem Leck der Kühlflüssigkeit. Das Experiment S149 wurde neu installiert und das UV-Spektrometer inspiziert.
Geplant war eine EVA von dreieinhalb Stunden, doch erst nach 6 Stunden 29 Minuten war sie beendet.
Beim Marshall Spinnaker zeigte sich, dass in der Eile der Vorbereitung ein Zusatzstoff, der zum Trennen der Lagen zugesetzt wurde, nicht genügend Zeit zum Aushärten hatte. Er verfärbte sich dann in der Sonne recht schnell, und so ist auf den Fotos das Segel hellbraun, bis auf die Mitte, wo der Binder voll aushärten konnte. Dort ist es heller.
Bei SL-2 zeigte sich, dass der Beobachtungsmonitor des Experiments S082A kaum erkennbar war. Das gelieferte Bild der Videokamera war zu kontrastarm und zu dunkel. In der Zwischenzeit hatte die Flugkontrolle eine Lösung erarbeitet, um die Sonnenbeobachtungen trotzdem durchführen zu können. Die Besatzung montierte nach der Ankunft einen Kegelstumpf über den Monitor und an dessen Ende eine Polaroid Sofortbildkamera, die zu diesem Zeitpunkt gerade neu auf den Markt gekommen war. Neben der Möglichkeit, sofort ein Bild der Situation auf der Sonne anzufertigen, war auch die technische Auslegung der Kamera ideal: Sie hatte keine vorgegebene Belichtungszeit, sondern maß die Lichtmenge und schloss den Verschluss, wenn genügend Licht auf das Foto gefallen war. Als die Besatzung allerdings die ersten Bilder aus der Kamera entnahm, fand sie anstatt der Sonne Motive aus dem letzten Playboy vor: Die Ersatzmannschaft hatte die Bilder schon vorbelichtet.
Die Besatzung hatte bei Skylab 3 eine enorme Arbeitsbelastung, da es nun auch weitere Pannen gab - die Ausrichtung des ATM fiel kurzzeitig aus, wodurch eine Fernsehkamera beschädigt wurde und die Energieversorgung abfiel. Dazu kamen die Reparaturen an den Lageregelungskreiseln. Die Liste der Aufgaben, die noch offen waren, nahm so weiter zu. Nach sieben Tagen hatte sie schon einen Umfang von 30 Seiten, die den Astronauten an den Fernschreiber an Bord hochgefaxt wurden. Bean beschwerte sich bei den Bodenmannschaften über die Arbeitsbelastung: "Es ist nun einmal einfach nicht möglich, aus einem Achtstundentag zehn Stunden herausschinden zu wollen". Danach packte die Crew aber der Ehrgeiz. Sie wurde zunehmend effizienter. So zeigte sich, dass Garriott besonders die Arbeit am ATM lag, und es wurden Schichten intern getauscht. Die Crew fing an, nicht mehr zeitgleich zu essen, sondern einer begann nach dem Aufstehen sofort damit, das ATM in Betrieb zu nehmen. So holte sie nicht nur die Arbeit auf, die in den ersten Tagen liegen blieb, als nur 50 bis 60% des Solls erledigt wurden, sondern die Bodenkontrolle musste sogar nach neuen Aufgaben suchen. Später ließ die Mannschaft die Hauptmahlzeiten ausfallen und nahm dafür abends einen Snack. Selbst dann gingen sie eine Stunde später ins Bett. Das Ergebnis: Nach vier Wochen arbeitete die Crew rund 19 Stunden am Tag. Zu Missionsende waren es 27 bis 30 Stunden.
Dreimal zündete die Crew die RCS-Triebwerke des SM: am 1. und 26. August und am 17. September, wobei alle drei Zündungen zusammen Skylab nur um 1,5 m/s beschleunigten. Sie brachten die Station wieder auf eine kreisförmige Umlaufbahn in 434 km Höhe. Als die Besatzung ankam, hatte sich Skylabs Orbit schon in eine 424,6 × 439,5 km Ellipsenbahn verändert. Die Einhaltung des Orbits war wegen der vorgegebenen Ziele auf dem Erdboden wichtig. Schon Skylab 2 hatte zweimal den Orbit angehoben: einmal um 2 m/s und einmal um 0,3 m/s.
Am Tag 40 fragte die Besatzung auch nach, ob sie nicht fünf oder zehn Tage länger im All bleiben könnte. Die Bodenkontrolle beriet sich und verwarf diese Option am Tag 50. Das Problem war, dass Skylab 3 durch die große Effizienz knapp an Ressourcen wurde. Es gab zwar genügend Nahrungsmittel und Wasser für eine Missionsverlängerung, aber die Filmvorräte gingen zu Ende. Weiterhin wurde die Unterbekleidung, die nach jeweils zwei Tagen in den Müll wanderte, knapp.
Zwei weitere EVA standen an. Am 24.8. stiegen Garriott und Lousma aus. Hauptaufgabe war es, ein Versorgungskabel für die neuen CMG zu installieren, das sie mit Strom versorgte. Die neuen CMG waren im MDA untergebracht, doch der Strom musste vom ATM geliefert werden. Sie deponierten auch ein Stück des Parasolgewebes am ATM, das von der Erde mitgebracht wurde. Ziel war zu sehen, wie es sich im Sonnenschein veränderte. Weiterhin wurden die Filme im ATM ein zweites Mal gewechselt.
Die Bergung der Filmkassetten war auch die Aufgabe der dritten EVA, nun von Bean und Lousma durchgeführt. Eine der beiden Parasolproben wurde dabei auch geborgen. Es gab allerdings ein Problem bei der Kühlung der Anzüge. Trotzdem war die Wärme beim Arbeiten nicht zu hoch. Die letzte EVA am 22.9.1973 war mit zweidreiviertel Stunden die kürzeste.
Skylab 3 dauerte nur drei Tage länger als geplant und ging nach 59 Tagen zu Ende. Sie erfüllte nicht nur die Missionsziele, sondern weitaus mehr. Die NASA sprach in einer offiziellen Pressemitteilung von 150% Effizienz. Die Mannschaft war die eingespielteste von allen drei im Programm. Die Übererfüllung der Vorgaben rächte sich dann bei der nächsten Mission, als die Missionskontrolle diese als "normal" voraussetzte und die Besatzung sich über eine zu hohe Arbeitslast beklagte. Die Besatzung absolvierte 39 Erdbeobachtungen (26 waren geplant). 305 Stunden lang beobachtete sie die Sonne - nur 206 Stunden waren vorgesehen. Anstatt 327 medizinischer Untersuchungen gab es deren 333.
In der Öffentlichkeit wurden allerdings andere Aspekte der Mission wahrgenommen. Eines der zahlreichen Experimente war, ob Spinnen in der Schwerelosigkeit fähig sind, ein Netz zu knüpfen. Eine der beiden Spinnen, Arabella getauft, schaffte nach einigen Tagen der Schwerelosigkeit ein perfektes Netz, nachdem sie die vorher missglückten Netze wieder aufgefressen hatte. Das Bild der Kreuzspinne in ihrem Netz ist bis heute populär geblieben. Damals stahl es für einige Zeit den Astronauten die Show. Bean und Garriott waren auch gute Unterhaltungskünstler und machten neben den Aufnahmen für das Projekt "Classroom in Space" andere Aufnahmen des Lebens in der Schwerelosigkeit. Garriott machte einen Haarschnitt bei Bean, wobei er mit dem Staubsauger die Haare aufsaugte. Die Crew machte Liegestütze - einer am Boden, die anderen auf ihm, und er hob sie ohne Problem hoch und sie schwebten gemeinsam weg. Dann bastelte Bean aus zwei Gewichten von je 500 amerikanischen Pfund Gewicht für die Massenbestimmung im All (Experiment S074) und einer Stange eine Hantel mit 1000 Pfund Gewicht (rund 454 kg). Mit gespielter Anstrengung hob er die Hantel triumphierend über den Kopf - und schwebte weiter nach oben weg.
Erstmals wurde das Manövriergerät (Experiment M509) erprobt. Das funktionierte beim Handgesteuerten sehr gut. Das Fußgesteuerte wurde als deutlich schwerer steuerbar empfunden. Auch dies wurde gefilmt. Diese und andere Filme begeisterten eine ganze Generation (darunter auch den Autor dieses Buchs) für die Raumfahrt.
Ein weiterer Scherz, den sich Bean mit der Bodenstation erlaubte, war eine Rekorderaufnahme einer privaten Unterhaltung mit seiner Frau Helen, die bei der nächsten Passage einer Station abgespielt wurde: Sie rief zuerst die Bodenkontrolle und ging dann auf Fragen ein, wie sie wohl nach oben gekommen wäre ("den Jungs ein richtiges Essen zu bringen") und was sie sähe - die Besatzung hatte kurz vorher Waldbrände in Kalifornien gesehen. Mit eingeweiht war Bob Crippen als Capcom. Er musste schließlich die richtigen Fragen stellen, und die Pausen mussten die richtige Länge haben.
Kurz vor dem Verlassen stellte die Besatzung einen Lüfter auf, um die neuen CMG zu kühlen. Schon am Tag 55 begann die Besatzung mit der Reaktivierung des CSM. Dabei wurde ein weiteres Leck im SM-Kühlkreislauf entdeckt, doch da nur 1% der Kühlflüssigkeit pro Tag austrat, war dies nicht kritisch.
Bedingt durch die ausgefallenen RCS-Triebwerke wurde das Umfliegen der Station zur Inspektion abgesagt und nur einmal das SPS-Triebwerk gezündet. Das fand nach 90 Minuten statt. Schon 40 Minuten später landete die Kapsel vor San Diego. Die Besatzung befand sich in einem besseren Zustand als die Erste. Zwar hatte sie mehr Muskelmasse verloren und brauchte etwa eine Woche, um ihre alte Fitness wiederzuerlangen, doch die akuten Symptome direkt nach der Landung wie Gleichgewichtsstörungen und Übelkeit waren erheblich geringer als bei der ersten Crew.
Die zweite Crew konnte nicht nur die Vorgaben erfüllen, sondern deutlich übertreffen. 27,7% der Aufenthaltszeit entfiel auf wissenschaftliche Untersuchungen - ein Drittel mehr als bei der ersten Besatzung.
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Es gibt von mir vier Bücher zum Thema bemannte Raumfahrt. Alle Bücher beschäftigen vor allem mit der Technik, die Missionen kommen nicht zu kurz, stehen aber nicht wie bei anderen Büchern über bemannte Raumfahrt im Vordergrund.
Das erste bemannte Raumfahrtprogramm der USA, das Mercuryprogramm begann schon vor Gründung der NASA und jährt sich 2018 zum 60-sten Mal. Das war für mich der Anlass, ein umfangreiches (368 Seiten) langes Buch zu schreiben, das alle Aspekte dieses Programms abdeckt. Der Bogen ist daher breit gestreut. Es beginnt mit der Geschichte der bemannten Raumfahrt in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Es kommt dann eine ausführliche technische Beschreibung des Raumschiffs (vor 1962: Kapsel). Dem schließt sich ein analoges Kapitel über die Technik der eingesetzten Träger Redstone, Little Joe und Atlas an. Ein Blick auf Wostok und ein Vergleich Mercury bildet das dritte Kapitel. Der menschliche Faktor - die Astronautenauswahl, das Training aber auch das Schicksal nach den Mercurymissionen bildet das fünfte Kapitel. Das sechs befasst sich mit der Infrastruktur wie Mercurykontrollzentrum, Tracking-Netzwerk und Trainern. Das umfangreichste Kapitel, das fast ein Drittel des Buchs ausmacht sind natürlich die Missionsbeschreibungen. Abgeschlossen wird das Buch durch eine Nachbetrachtung und einen Vergleich mit dem laufenden CCDev Programm. Dazu kommt wie in jedem meiner Bücher ein Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis und empfehlenswerte Literatur. Mit 368 Seiten, rund 50 Tabellen und 120 Abbildungen ist es das bisher umfangreichste Buch von mir über bemannte Raumfahrt.
Mein erstes Buch, Das Gemini Programm: Technik und Geschichte gibt es mittlerweile in der dritten, erweiterten Auflage. "erweitert" bezieht sich auf die erste Auflage die nur 68 Seiten stark war. Trotzdem ist mit 144 Seiten die dritte Auflage immer noch kompakt. Sie enthält trotzdem das wichtigste über das Programm, eine Kurzbeschreibung aller Missionen und einen Ausblick auf die Pläne mit Gemini Raumschiffen den Mond zu umrunden und für eine militärische Nutzung im Rahmen des "Blue Gemini" und MOL Programms. Es ist für alle zu empfehlen die sich kurz und kompakt über dieses heute weitgehend verdrängte Programm informieren wollen.
Mein zweites Buch, Das ATV und die Versorgung der ISS: Die Versorgungssysteme der Raumstation , das ebenfalls in einer aktualisierten und erweiterten Auflage erschienen ist, beschäftigt sich mit einem sehr speziellen Thema: Der Versorgung des Raumstation, besonders mit dem europäischen Beitrag dem ATV. Dieser Transporter ist nicht nur das größte jemals in Europa gebaute Raumschiff (und der leistungsfähigste Versorger der ISS), es ist auch ein technisch anspruchsvolles und das vielseitigste Transportfahrzeug. Darüber hinaus werden die anderen Versorgungsschiffe (Space Shuttle/MPLM, Sojus, Progress, HTV, Cygnus und Dragon besprochen. Die erfolgreiche Mission des ersten ATV Jules Verne wird nochmals lebendig und ein Ausblick auf die folgenden wird gegeben. Den Abschluss bildet ein Kapitel über Ausbaupläne und Möglichkeiten des Raumfrachters bis hin zu einem eigenständigen Zugang zum Weltraum. Die dritte und finale Auflage enthält nun die Details aller Flüge der fünf gestarteten ATV.
Das Buch Die ISS: Geschichte und Technik der Internationalen Raumstation ist eine kompakte Einführung in die ISS. Es wird sowohl die Geschichte der Raumstation wie auch die einzelnen Module besprochen. Wie der Titel verrät liegt das Hauptaugenmerk auf der Technik. Die Funktion jedes Moduls wird erläutert. Zahlreiche Tabellen nehmen die technischen Daten auf. Besonderes Augenmerk liegt auf den Problemen bei den Aufbau der ISS. Den ausufernden Kosten, den Folgen der Columbia Katastrophe und der Einstellungsbeschluss unter der Präsidentschaft von George W. Bush. Angerissen werden die vorhandenen und geplanten Transportsysteme und die Forschung an Bord der Station.
Durch die Beschränkung auf den Technischen und geschichtlichen Aspekt ist ein Buch entstanden, das kompakt und trotzdem kompetent über die ISS informiert und einen preiswerten Einstieg in die Materie. Zusammen mit dem Buch über das ATV gewinnt der Leser einen guten Überblick über die heutige Situation der ISS vor allem im Hinblick auf die noch offene Versorgungsproblematik.
Die zweite Auflage ist rund 80 Seiten dicker als die erste und enthält eine kurze Geschichte der Raumstationen, die wesentlichen Ereignisse von 2010 bis 2015, eine eingehendere Diskussion über die Forschung und Sinn und Zweck der Raumstation sowie ein ausführliches Kapitel über die Versorgungsraumschiffe zusätzlich.
Das bisher letzte Buch Skylab: Amerikas einzige Raumstation ist mein bisher umfangreichstes im Themenbereich bemannte Raumfahrt. Die Raumstation wurde als einziges vieler ambitioniertes Apollonachfolgeprojekte umgesetzt. Beschrieben wird im Detail ihre Projektgeschichte, den Aufbau der Module und die durchgeführten Experimente. Die Missionen und die Dramatik der Rettung werden nochmals lebendig, genauso wie die Bemühungen die Raumstation Ende der siebziger Jahre vor dem Verglühen zu bewahren und die Bestrebungen sie nicht über Land niedergehen zu lasen. Abgerundet wird das Buch mit den Plänen für das zweite Flugexemplar Skylab B und ein Vergleich mit der Architektur der ISS. Es ist mein umfangreichstes Buch zum Thema bemannte Raumfahrt. Im Mai 2016 erschien es nach Auslaufen des Erstvertrages neu, der Inhalt ist derselbe (es gab seitdem keine neuen Erkenntnisse über die Station), aber es ist durch gesunkene Druckkosten 5 Euro billiger.
Mehr über diese und andere Bücher von mir zum Thema Raumfahrt finden sie auf der Website Raumfahrtbücher.de. Dort werden sie auch über Neuerscheinungen informiert. Die Bücher kann man auch direkt beim Verlag bestellen. Der Versand ist kostenlos und wenn sie dies tun erhält der Autor auch noch eine etwas höhere Marge. Sie erhalten dort auch die jeweils aktuelle Version, Bei Amazon und Co tummeln sich auch die Vorauflagen.
© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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