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Das Sojus (Sojus = Union, russisch: Союз) Raumschiff dient dem Besatzungstransport. Auch dieses Raumschiff gibt es in mehreren Generationen. Derzeit ist die vierte Generation, Sojus TMA, im Einsatz. Der Grundaufbau der Sojus entspricht der Progress, welche aus der Sojus entwickelt wurde.
Das Frachtmodul bei Progress entspricht bei der Sojus dem Orbitalmodul (Russisch: бытовой отсек БО). Ursprünglich war das Raumschiff für längere Missionen entwickelt worden. In dieser kugelförmigen Sektion sollten die Kosmonauten maximal drei Wochen lang leben. Bei den Zubringerflügen zur ISS kann dieser Platz genutzt werden, um maximal 350 kg Fracht zur Station zu bringen. Vorne ist der aktive, „männliche“ Kopplungsadapter zum Ankoppeln an die ISS. Hinten befindet sich eine Luke, welche das Orbital- oder Wohnmodul mit dem Wiedereintrittsmodul verbindet. Eine dritte Luke an der Seite erlaubt Ausstiege. Bei den ersten Missionen bis Sojus 11 befanden sich dort Experimente. Durch diese Luke steigt auch die Besatzung vor dem Start ein. Bei einem Weltraumausstieg fungiert das gesamte Orbitalmodul als Luftschleuse. Weiterhin befindet sich in ihr eine Toilette und ein Fenster.
Anstatt des Tankmoduls verfügt die Sojus über die Wiedereintrittskapsel (russisch: спускаемый аппарат СА). In ihr befinden sich die Kosmonauten beim Start und bei der Landung. In ihr können auch kleinere Mengen an Fracht zur Erde zurückgebracht werden, maximal 30-50 kg. Sofern die Besatzung auf zwei Kosmonauten beschränkt ist, sind es 150 kg.
Die Wiedereintrittskapsel hat glockenförmige Form und ist mit einem Hitzeschutzschild ausgerüstet und druckdicht. Daher ist sie relativ schwer. Sie hat die Form eines sich selbststabilisierenden Auftriebskörpers. Das bedeutet, dass, selbst wenn sie fehlorientiert beim Wiedereintritt ist, sie sich durch die aerodynamischen Kräfte so dreht, dass der Boden nach unten schaut. Da die gesamte Oberfläche mit einem Hitzeschutzschild überzogen ist, stellt die Kapsel eine sehr sichere Konstruktion dar. Die einzige Möglichkeit nach außen zu sehen ist ein ausfahrbares Periskop. Drei Personen finden in ihr Platz. Die Sitze sind für jedes Besatzungsmitglied individuell gefertigt. Sie können im Orbit ausgetauscht werden. So kann eine andere Besatzung zur Erde zurückkehren, als die, welche mit dem Raumschiff startete. Die Besatzung liegt, um die Belastungen zu minimieren, auf dem Rücken mit angewinkelten Knien. Die Kontrollen sind so angebracht, dass Kommandant und Bordingenieur auch bei hohen g-Belastungen sie gut sehen und die wichtigsten Systeme bedienen können.
Die Wiedereintrittskapsel enthält das Umweltkontrollsystem, das eine Temperatur von 18-20 °C aufrecht erhält. Die Luftfeuchtigkeit beträgt 40%. Dabei setzt die Sojus eine Atmosphäre ein, die wie auf der Erde einen Sauerstoffgehalt von 20% und einen Druck von 1 bar aufweist.
Acht Triebwerke, die Wasserstoffperoxid katalytisch zersetzen, werden genutzt, um die Kapsel vor dem Wiedereintritt abzubremsen und ihre Ausrichtung zu regulieren. Nachdem bei der Mission TM-5 die Retroraketen zuerst nicht zündeten und die Landung um einen Tag verschoben werden musste, erfolgt heute die Abtrennung des Wohnmoduls erst nach erfolgter Abbremsung, auch wenn dies mehr Treibstoff erfordert. Damals konnte die Besatzung in letzter Sekunde die Abtrennung des Servicemoduls abbrechen. Da sich Wasserstoffperoxid langsam autokatalytisch zersetzt, begrenzt die Wahl dieses Treibstoffs bis heute die maximale Betriebsdauer auf sechs Monate.
Weitgehend identisch zur Progress ist das Servicemodul (russisch: приборно-агрегатный отсек ПАО). In ihm befindet sich der größte Teil des Lebenserhaltungssystems, die Avionik, Batterien, Solarzellen und der Antrieb mit den Triebwerken.
Es sind drei Segmente. Das vorderste, PkhO, oder Perekhodnoi Otsek „Zwischenabteilung“ verbindet das Servicemodul mit der Wiedereintrittseinheit. Es ist mit dieser an zehn Punkten verbunden, davon fünf mit pyrotechnischen Sprengbolzen und fünf mit Federn, die bei der Trennung die beiden Module voneinander separieren. Diese Sektion enthält auch die Sauerstofftanks für die Bordatmosphäre und die Triebwerke zur Kontrolle der räumlichen Lage.
Die zylinderförmige Instrumentensektion PO, oder Priborniy Otsek enthält den Großteil der Bordelektronik. Wie in Russland üblich, wurde eine einfache Methode gewählt, um diese weltraumtauglich zu bekommen: Sie befindet sich in einem druckdichten Behälter, in dem Stickstoff durch Lüfter umgewälzt wird – er kühlt die Elektronik und diese muss nicht im Vakuum arbeiten. Hier befindet sich der Bordcomputer, die Steuerung der Annäherung, die Telemetrieausrüstung, kurzum der Großteil der gesamten Elektronik der Sojus. In der Wiedereintrittskapsel befindet sich nur eine abgespeckte Version, ausreichend für die Steuerung nach Abtrennung von dem Servicemodul und die Anzeige- und Bedieneinheiten. Das ist ein Designunterschied zum Westen, wo die Avionik in der Mannschaftskabine untergebracht ist. An der Instrumentensektion befinden sich zwei Solarpaneele aus je vier Segmenten. Sie werden sofort nach Abtrennung von der Trägerrakete entfaltet und laden die Batterien für den Betrieb im Erdschatten auf. Sie haben eine Fläche von 10 m².
Der letzte Teil ist die Antriebseinheit AO, Agregatniy Otsek. Sie enthält das redundant vorhandene Haupttriebwerk des Typ KTDU-80, die Treibstofftanks und die Triebwerke zur Feinjustage bzw. Kurskorrektur bei der Annäherung. Je zwei Tanks nehmen das UDMH und Stickstofftetroxid auf. Die Treibstoffzuladung stieg von 500 kg bei Sojus 1 auf 880 kg bei der Sojus TMA-Serie, auch weil die Sojus immer schwerer wurde und so mehr Treibstoff zum Erreichen des endgültigen Orbits benötigt wird. Die Sojus-Trägerrakete bringt das Raumschiff in eine elliptische Bahn von 195 km × 250 km Höhe. Mit dem Haupttriebwerk wird der Orbit dann sukzessive angehoben, bis der Rendezvouskurs erreicht ist. Für die Ankopplung werden nur die Steuertriebwerke eingesetzt.
Beim Start umgibt das Rettungssystem SAS (система аварийного спасения) die Kapsel. Es ist über der Nutzlastverkleidung angebracht und unterhalb des Wiedereintrittsmoduls befestigt. Im Falle einer Havarie brennt es je nach Höhe 2-6 s lang und beschleunigt die Nutzlastspitze um 50-150 m/s. Dazu dienen mehrere Feststofftriebwerke, die kurz nacheinander gezündet werden. Dabei wird nicht nur die Wiedereintrittskapsel abgetrennt, sondern auch das Wohnmodul und die darüber liegende Nutzlastverkleidung. Das Servicemodul verbleibt auf der Trägerrakete. Die Beschleunigung reicht aus, um bei einem Startabbruch auf der Startrampe die Kapsel in 1-1,5 km Höhe zu befördern. Aus dieser Höhe kann die Kapsel sicher mit den Fallschirmen landen. Sobald eine sichere Entfernung von der explodierenden Rakete erreicht ist, werden Rettungssystem und Wohnmodul mit der Nutzlastverkleidung abgetrennt.
SAS ist aktiv bis 112 s nach dem Start. Vier Sekunden später wird der Fluchtturm selbst von der Rakete abgetrennt. Dazu wird derselbe Antrieb genutzt, der sonst die Kapsel abtrennen würde. Mit SAS wird auch die Nutzlastverkleidung abgetrennt. Zu diesem Zeitpunkt ist das Raumschiff schnell genug, dass bei einer Havarie der Brennschluss der Trägerrakete ausgelöst werden kann. Dann würde die Kapsel eine suborbitale Bahn durchlaufen und landen.
Auch wenn der Fluchtturm abgetrennt ist, überwacht das SAS weiterhin die Rakete und trennt beim Vorliegen einer gravierenden Anomalie die Sojus von der Oberstufe Block I ab. Dies geschah einmal bei Sojus 18A, als nach Trennung von Zentralblock und Oberstufe nicht alle Verbindungen zwischen beiden Stufen rissen und dadurch eine Abweichung im Schubvektor resultierte. In diesem Falle wird das ganze Sojus-Raumschiff abgetrennt, wofür das Haupttriebwerk im Servicemodul eingesetzt wird. Erst danach werden Wohnmodul und Servicemodul abgetrennt.
SAS durchlief wie die Evolution von Sojus diverse Veränderungen. Dies rettete
der Besatzung von Sojus T-10-1 das Leben. Das erste System konnte weder vom
Kontrollzentrum ausgelöst werden, noch hätte es auf dem Boden die Besatzung in
Sicherheit bringen können. Am 26.9.1983 explodierte die Trägerrakete von Sojus
T-10-1 nur 108 s vor dem Start. Vom Kontrollzentrum aus wurde SAS per
Funksignal ausgelöst, weil die Kabel, die SAS mit der Steuerung verbanden,
durch die Explosion verbrannt waren. Die Besatzung landete vier Kilometer vom
Launchpad entfernt. Es war der einzige Einsatz des Rettungsturms während der
Einsatzgeschichte der Sojus. SAS wurde ursprünglich auch zum Start der
Progress eingesetzt. Um die Nutzlast zu maximieren, wird es bei den Flügen der
Progress M+M1 weggelassen. Die schwerer werdende Sojus führte auch zum
Verschieben des Abtrennungszeitraums von 166 s bei der ersten Generation auf
derzeit 112-114 s nach dem Start.
Sojus TMA |
|
---|---|
Länge: |
6,98 m |
Durchmesser: |
2,72 m Rumpf, 10,60 m Spannweite |
Startgewicht: |
7.220 kg |
SAS |
|
Länge: |
6,62 m |
Gewicht: |
7.635 kg |
Schub: |
450-713 kN über 2-6 s. |
Beschleunigung: |
10-17 g |
Abtrennung: |
nach 112-114 s |
Wohneinheit |
|
Länge: |
2,98 m |
Maximaler Durchmesser: |
2,20 m |
Volumen: |
6,6 m³ |
Gewicht: |
1.370 kg |
Wiedereintrittseinheit |
|
Länge: |
2,10 m |
Maximaler Durchmesser: |
2,20 m |
Volumen: |
4 m³ |
Gewicht: |
2.950 kg |
Triebwerke: |
6 × 98 N |
Serviceeinheit |
|
Länge: |
2,50 m |
Maximaler Durchmesser: |
2,70 m |
Minimaler Durchmesser: |
2,20 m |
Gewicht: |
2.600 kg |
Triebwerke: |
2 × 3.962 N |
Ursprünglich entwickelt als Bestandteil des russischen Mondprojektes, fanden mit dem Sojus-Raumschiff zuerst Langzeit-Missionen in der Erdumlaufbahn statt. Der erste Einsatz scheiterte, als sich die Fallschirme aufgrund eines Designfehlers des Behälters nicht sauber entfalteten, sich verhedderten und die Kapsel hart auf dem Boden aufschlug. Der Kosmonaut Wladimir Komarow kam am 24.4.1967 bei dieser Landung ums Leben. Die folgenden Missionen führten Kopplungen zwischen mehreren Sojus-Raumschiffen sowie Formationsflüge durch und dehnten die Verweildauer auf 18 Tage im Orbit aus.
Danach wurde die Sojus zum Start der Besatzung der Saljut-Raumstationen eingesetzt. Bei der ersten Mission zu Saljut 1 (Sojus 11) kam die Besatzung bei der Landung ums Leben, als die Luft bei der Landung aus der Kapsel entwich. Die Besatzung trug keine Raumanzüge, weil kein Ausstieg aus dem Raumschiff geplant war. Als Folge mussten die Raumfahrer nun auch bei Start und Landung Raumanzüge anlegen. Durch die sperrigen Anzüge reichte der Platz in der schmalen Wiedereintrittskapsel nicht mehr für drei Raumfahrer aus. Technisch gesehen können von der ersten, von der UdSSR nur als „Sojus“ titulierte Generation, vier Unterversionen unterschieden werden:
Die für das russische Mondprogramm entworfene, niemals bemannt geflogene.
Sojus 1-11 für drei Raumfahrer.
Sojus 12-40 für zwei Raumfahrer.
Sojus 16 und 19 mit einem Docking-Adapter für das Apollo Sojus Testprojekt ASTP.
Bei Sojus 12-40 wurde auf die Solarzellen verzichtet, da die Flüge zu Saljut Raumstationen erfolgten. Die ersten Raumschiffe hatten Solarpaneele zur Stromversorgung und waren für Missionen von bis zu drei Wochen Länge ausgelegt. Die Zubringer zur Saljut dagegen bezogen den Strom aus Batterien und waren für eine unabhängige Betriebszeit von zwei Tagen ausgelegt. Beide setzten noch das KTDU-53 Haupttriebwerk mit der Kombination Salpetersäure/Hydrazin ein. Ein Hauptproblem der frühen Sojus war der auf 550 kg beschränkte Treibstoffvorrat. Beim Apollo-Sojus-Testprojekt musste das Apolloraumschiff daher die meisten Kurskorrekturen vornehmen. Wenn die Ankopplung an die Raumstation nicht bei den ersten Versuchen klappte, musste die Mission wegen zu knapper Treibstoffreserven abgebrochen werden.
Die Sojus T versorgte die Saljut 6+7 Raumstationen. Die Abkürzung „T“ steht für „Transporter“. Die Sojus T war eine umgestaltete Sojus, die von 1975-1978 entwickelt wurde. Das nutzbare Volumen in der Wohneinheit stieg von 5 auf 6,60 m³ durch Umgestaltung der Inneneinrichtung. Verwendet wurde für die Ankopplung aber noch das Igla System.
Die Wiedereintrittseinheit erhielt verbesserte Fallschirme und Landetriebwerke. Durch Umgestaltung des Kapselinneren fanden nun wieder drei Kosmonauten in Raumanzügen genügend Platz in der Kapsel. Mit ihr begann die Tradition, als dritten Kosmonauten einen Gast zu befördern. Zwei Kosmonauten wurden für die Bedienung der Bordsysteme benötigt – der Kommandant und der Bordingenieur. Das dritte Besatzungsmitglied kann auf einer Raumstation eigene Experimente durchführen und wird als Testingenieur bezeichnet. Dieser dritte Platz wurde zuerst an Gastkosmonauten aus sozialistischen „Bruderländern“ vergeben, dann an westliche Astronauten und Weltraumtouristen als zahlende Kunden.
Eine weitere Neuerung war wieder der Einsatz von Solarzellen, wodurch die Sojus bis zu vier Tage autonom arbeiten kann. Die Verwendung von Stickstofftetroxid/UDMH anstatt Salpetersäure/Hydrazin als Treibstoff steigerte die Verweildauer im Orbit auf 180 Tagen, weil die Korrosion minimiert wurde. Das neue Triebwerk KTDU-426 und eine erhöhte Treibstoffzuladung erhöhten die Manövrierfähigkeit. So stand erstmals genügend Treibstoff zur Verfügung, um eine Station zur Inspektion zu umrunden und auch anzudocken, wenn die Saljut nicht Kompensationsmanöver durchführte, um die systembedingten Abweichungen des Igla-Systems zur Seite und in der Vertikalen auszugleichen. Damit war die Ankopplung von Sojus T-15 an Saljut 7 möglich, obwohl die Station schon deaktiviert war.
Die nächste Generation Sojus TM verfügte erstmals über das automatische Kopplungssystem Kurs, leichtere Fallschirme und leistungsfähigere Triebwerke. Sie kam bei Transporten zur Mir zum Einsatz. Die Mir verfügte über einen neuen Kopplungsadapter. Sie machte eine Anpassung der Sojus notwendig, da die Sojus T nicht an dem für die Sojus vorgesehenen Dockingport an der Mir andocken konnte. Die erste Besatzung kam trotzdem mit einem Sojus T Modell zur Mir. Sie musste an einem Kopplungsadapter für die Progress ankoppeln, da dieser noch den alten Adapter verwandte. Dies erlaubte es der Besatzung von Sojus T-15 auch die Saljut zu besuchen, dort Ausrüstung zu demontieren und zur Mir zu bringen.
Anders als bei dem Übergang von der Sojus zur Sojus T, löste daher die Sojus TM die Sojus T ohne Übergang ab. Die Sojus TM („M“ steht für modifiziert) bildet auch die Basis für das Shenzhou Raumschiff der Volksrepublik China.
Weitere Verbesserungen waren eine leichtere Wiedereintrittseinheit aus einer belastbareren Metalllegierung und einem leichteren Hitzeschutzschild sowie verbesserte Landetriebwerke. Durch das Kurs Annäherungssystem waren keine Kompensationsmanöver der Station nötig, die beim Igla System noch nötig waren, um unerwünschte Translationsbewegungen zu kompensieren. Erstmals war die Besatzung damit auch nicht mehr für die Ankopplung der Sojus verantwortlich. Sie griff nicht mehr ein, sobald die Sojus sich bis auf 150 m an die Mir genähert hatte.
Die Serviceeinheit setzte erstmals das leistungsfähigere KTDU-80 Triebwerk ein. Die Astronauten konnten die Schubimpulse über Schalter, die Ventile schlossen oder öffnen, wählen. Verfügbar waren 6000 N (Haupttriebwerk), 0,7 N und 0,3 N (Feinjustagetriebwerke). Die Treibstoffzuladung stieg durch die leichtere Wiedereintrittskapsel und einen leichteren Rettungsturm auf 880 kg an.
Da die ISS die gleichen Kopplungsadapter wie die Mir verwendet, flogen die letzten vier Sojus TM Missionen (Sojus TM-31 bis 34) zur ISS, bis 2002 der Nachfolgetyp Sojus TMA zur Verfügung stand. Alle anderen bemannten 30 Starts koppelten an die Mir an.
Die Annäherung von Russland und den USA führte in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre zu zahlreichen Gastaufenthalten von Astronauten der NASA auf der Mir. Problematisch für die NASA waren die russischen Restriktionen an Größe und Gewicht der Raumfahrer, da die Wiedereintrittskapsel nur sehr wenig Platz bot. Die Körpergröße durfte 1,82 m und das Gewicht 85 kg nicht überschreiten. Russland löste das Problem, indem Kandidaten, die größer oder schwerer waren, keine Chance hatten, Kosmonaut zu werden.
Da die Raumschiffe als Rettungskapseln für alle Raumfahrer vorgesehen waren, galten die Einschränkungen der Sojus auch für Astronauten, die mit dem Shuttle zur ISS kamen. Die Sojus TMA, („A“ für Anthropometrisch) als vierte Generation, hat daher eine weitgehend umgestaltete Landekapsel mit neuen Kontourensitzen, die nun auch Astronauten bis 1,90 m Größe und 95 kg Gewicht aufnehmen kann. Dieser Typ ist seit 2002 im Einsatz.
Die Wohneinheit und die Serviceeinheit wurden von der Sojus TM übernommen. Die Landeeinheit verfügt über ein leistungsfähigeres Landetriebwerk. Dieses wird durch einen neuen Radarhöhenmesser gesteuert und kurz vor dem Aufsetzen gezündet. Das neue Triebwerk SLA-M reduziert die Landegeschwindigkeit von 2,6-3,7 m/s bei der Sojus TM auf 1,4-2,6 m bei der TMA-Version. Auch bei Einsatz der Reservefallschirme wird ein Wert von 4,0 m/s nicht überschritten.
Das Instrumentenpanel wurde in der Höhe verkürzt und mit einem neuen digitalen Bordcomputer mit bernsteinfarbenen CRT Bildschirmen ausgestattet.
Die Sojus TMA kam während der ersten Einsatzjahre in negative Schlagzeilen. Die Besatzungen landeten weitab vom Zielgebiet, oder wurden größeren Belastungen beim Wiedereintritt ausgesetzt, als normal. Bei drei der ersten elf Sojus TMA Flüge gab es Probleme, davon zwei in Folge bei Sojus TMA-10 und 11. Ursache sollen nach russischen Angaben elektrische Entladungen an der ISS sein, die durch die neuen Solarpaneele der Station verursacht werden. Eine bessere Isolation des Raumschiffs löste dieses Problem und die folgenden Flüge verliefen ohne besondere Vorkommnisse.
Ursprünglich sollte die Sojus durch ein neues, wiederverwendbares Raumfahrzeug ersetzt werden. Russland untersuchte verschiedene Konzepte. Am intensivsten wurde das Konzept des Raumgleiters Kliper untersucht. Russland hoffte, das Projekt zusammen mit der ESA durchführen zu können. Doch es gab Differenzen bei der Aufgabenverteilung. Nach russischen Vorstellungen sollte die ESA sich zwar finanziell stark engagieren, alle technologisch interessanten Entwicklungen sollten aber von Russland durchgeführt werden. Dies führte dazu, dass die ESA aus dem Projekt ausstieg. Alleine war Kliper aber für Russland nicht finanzierbar. So beschloss Russland das Sojus-Raumschiff zu modernisieren, um vor allem dessen Herstellungskosten zu verringern.
Ab 2010 soll daher der neue Typ Sojus TMA-M (Цифровая [модификация], russisch für „digitale Modifikation“) eingesetzt werden. Er soll weitere analoge Systeme durch digitale ersetzen (wie bei den Progress M+M) und ein geringeres Leergewicht und geringere Herstellungskosten aufweisen. Im einzelnen sind folgende Änderungen vorgesehen:
neuer Bordcomputer TsVM-101 (derselbe wie bei der Progress M+M),
neues russisches Dockingsystem Kurs-N,
neues, zentrales Funksystem (dasselbe wie bei der Progress M+M) und
neues Treibstoffkühlsystem.
Der neue Bordcomputer erreicht eine Geschwindigkeit von 8 Millionen Operationen pro Sekunde mit einem R3081 Prozessor (strahlengehärtete MIPS 3000 Version). Er hat einen Arbeitsspeicher von 2 Gigabyte. Durch den neuen Bordcomputer sowie neue Anzeigeinstrumente mit LCD Bildschirmen anstatt schweren CRT-Röhren werden rund 70 kg Gewicht eingespart und der Strombedarf sinkt von 402 auf 101 Watt, was wiederum bei der Batterie weiteres Gewicht einspart. Weiterhin werden auch weniger Teile (19 anstatt 35 bei der Kontrolle und Anzeige) verwendet wovon man sich eine höhere Zuverlässigkeit erhofft. Das neue Panel enthält nun weniger Schalter und spezialisierte Anzeigen, stattdessen zwei größere 10,4" große LCD-Bildschirme die Daten digital darstellen können.
Verbesserungen bei der Kühlung der Treibstoffe und neue Elektronikkomponenten sollen nun eine Aufenthaltsdauer bis zu einem Jahr im Orbit ermöglichen. Neben der Kostenreduktion (es ist ab September 2010 nicht mehr möglich, das ukrainische Kurs-System zur Erde zurückzubringen und erneut zu verwenden, was die Haupttriebfeder für die Entwicklung von Kurs-N war) hat die Sojus TMA-M einen weiteren Vorteil: Es reicht nun ein Besatzungsmitglied für die Steuerung des Raumschiffs aus. Das erlaubt es Russland zwei der drei Sitze zu verkaufen, anstatt bisher nur einem. Russland besteht darauf, die Besatzung, welche die Sojus steuert, vollständig zu stellen, auch wenn der Rest der Besatzung nicht aus Weltraumtouristen, sondern europäischen oder amerikanischen Astronauten mit mehreren absolvierten Shuttle-Flügen und umfangreicher Weltraumerfahrung besteht.
Der Erstflug der Sojus TMA-M ist derzeit für den 29.9.2010 vorgesehen. Bis zum Ende von 2011 sollen Sojus TMA und TMA-M abwechselnd eingesetzt werden. Danach wird die Sojus TMA-M das vorherige Modell ablösen.
Seit 1999 befördern die Sojus die Stammbesatzungen der ISS. Diese Aufgabe sollte im Endausbau das Space Shuttle übernehmen. Die Sojus sollte nur als Rettungsschiff dienen. Nachdem dessen Ausmusterung jedoch beschlossene Sache ist, wird die ISS soweit erweitert, dass neben einem Progress-Transporter zwei Sojus-Raumschiffe andocken können. Dadurch ist eine Stammbesatzung von sechs Personen möglich. Nun müssen trotz einer Verlängerung der Aufenthaltsdauer von drei auf bis zu sechs Monate mehr Raumschiffe produziert werden. Daher musste Russland den recht lukrativen Weltraumtourismus einstellen, da nun alle Sitze durch die ISS-Stammbesatzung belegt sind. Für Europa und Japan ist es daher auch schwerer, einen Astronauten an Bord der ISS zu haben, als es mit der Kombination Space Shuttle und Sojus möglich gewesen wäre.
Weltraumtouristen zahlten in den vergangenen Jahren immer mehr für einen Flug mit der Sojus. Die ersten Flüge erfolgten noch für einen Preis von 10 Millionen Dollar. Der letzte Gast musste schon 30 Millionen Dollar bezahlen. 2009 schloss die NASA einen Vertrag mit Roskosmos ab. Bis 2012 wird diese amerikanische Astronauten befördern. Sie kauft zwölf „Sitze“. Pro Sitz bezahlt die NASA 51,8 Millionen Dollar. Zusammen mit weiteren Leistungen hat der Vertrag einen Umfang von 700 Millionen Dollar. Eine Erweiterung des Vertrages 2010 für sechs weitere Sitze für 2013 und 2014 hat einen Umfang von 335 Millionen Dollar, also 55,8 Millionen Dollar pro Sitz. Wie bei russischen Trägerraketen sind die Preise rapide angestiegen sobald die USA von der Sojus abhängig sind. Dieselbe Erfahrung musste auch Arianespace machen bei der nachdem sie die Sojus für den Transport von 12 Galileo Satelliten benötigte der Fertigungspreis geradezu explodierte.
Die Sojus TMA-M erlaubt es Russland nun zwei der Sitze zu verkaufen, die Einnahmen verdoppeln sich so und mit einer Stammbesatzung von sechs Personen vervierfachen sie sich sogar. Aufgrund dessen dürfte die Sojus sicherlich solange im Einsatz bleiben, wie die ISS im Orbit ist, auch weil Russland derzeit nicht die Mittel hat, Kliper oder einen anderen Ersatz zu finanzieren. Das Budget von Roskosmos von 2006-2015 liegt bei 9 Milliarden Euro. In den nächsten Jahren sind jährlich vier Starts von Sojus TMA-M mit je zwei „Kunden“ geplant. Die dadurch erzielten Einnahmen machen schon 37 % des Roskosmos Budgets aus.
|
Einsatz von |
Einsatz bei |
Startgewicht |
Flüge |
---|---|---|---|---|
Sojus |
23.4.1967- |
Erdorbit-Missionen, |
6.800 kg |
40 bemannt, |
Sojus T |
16.12.1979-13.3.1986 |
Saljut 6+7 |
6.850 kg |
16 bemannt, |
Sojus TM |
21.5.1986- |
Mir, ISS |
7.250 kg |
34 bemannt |
Sojus TMA |
30.10.2002-2011 |
ISS |
7.220 kg |
12 bemannt |
Sojus TMA-M |
29.9.2010 (geplant) |
ISS |
|
|
Es gibt von mir vier Bücher zum Thema bemannte Raumfahrt. Alle Bücher beschäftigen vor allem mit der Technik, die Missionen kommen nicht zu kurz, stehen aber nicht wie bei anderen Büchern über bemannte Raumfahrt im Vordergrund.
Das erste bemannte Raumfahrtprogramm der USA, das Mercuryprogramm begann schon vor Gründung der NASA und jährt sich 2018 zum 60-sten Mal. Das war für mich der Anlass, ein umfangreiches (368 Seiten) langes Buch zu schreiben, das alle Aspekte dieses Programms abdeckt. Der Bogen ist daher breit gestreut. Es beginnt mit der Geschichte der bemannten Raumfahrt in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Es kommt dann eine ausführliche technische Beschreibung des Raumschiffs (vor 1962: Kapsel). Dem schließt sich ein analoges Kapitel über die Technik der eingesetzten Träger Redstone, Little Joe und Atlas an. Ein Blick auf Wostok und ein Vergleich Mercury bildet das dritte Kapitel. Der menschliche Faktor - die Astronautenauswahl, das Training aber auch das Schicksal nach den Mercurymissionen bildet das fünfte Kapitel. Das sechs befasst sich mit der Infrastruktur wie Mercurykontrollzentrum, Tracking-Netzwerk und Trainern. Das umfangreichste Kapitel, das fast ein Drittel des Buchs ausmacht sind natürlich die Missionsbeschreibungen. Abgeschlossen wird das Buch durch eine Nachbetrachtung und einen Vergleich mit dem laufenden CCDev Programm. Dazu kommt wie in jedem meiner Bücher ein Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis und empfehlenswerte Literatur. Mit 368 Seiten, rund 50 Tabellen und 120 Abbildungen ist es das bisher umfangreichste Buch von mir über bemannte Raumfahrt.
Mein erstes Buch, Das Gemini Programm: Technik und Geschichte gibt es mittlerweile in der dritten, erweiterten Auflage. "erweitert" bezieht sich auf die erste Auflage die nur 68 Seiten stark war. Trotzdem ist mit 144 Seiten die dritte Auflage immer noch kompakt. Sie enthält trotzdem das wichtigste über das Programm, eine Kurzbeschreibung aller Missionen und einen Ausblick auf die Pläne mit Gemini Raumschiffen den Mond zu umrunden und für eine militärische Nutzung im Rahmen des "Blue Gemini" und MOL Programms. Es ist für alle zu empfehlen die sich kurz und kompakt über dieses heute weitgehend verdrängte Programm informieren wollen.
Mein zweites Buch, Das ATV und die Versorgung der ISS: Die Versorgungssysteme der Raumstation , das ebenfalls in einer aktualisierten und erweiterten Auflage erschienen ist, beschäftigt sich mit einem sehr speziellen Thema: Der Versorgung des Raumstation, besonders mit dem europäischen Beitrag dem ATV. Dieser Transporter ist nicht nur das größte jemals in Europa gebaute Raumschiff (und der leistungsfähigste Versorger der ISS), es ist auch ein technisch anspruchsvolles und das vielseitigste Transportfahrzeug. Darüber hinaus werden die anderen Versorgungsschiffe (Space Shuttle/MPLM, Sojus, Progress, HTV, Cygnus und Dragon besprochen. Die erfolgreiche Mission des ersten ATV Jules Verne wird nochmals lebendig und ein Ausblick auf die folgenden wird gegeben. Den Abschluss bildet ein Kapitel über Ausbaupläne und Möglichkeiten des Raumfrachters bis hin zu einem eigenständigen Zugang zum Weltraum. Die dritte und finale Auflage enthält nun die Details aller Flüge der fünf gestarteten ATV.
Das Buch Die ISS: Geschichte und Technik der Internationalen Raumstation ist eine kompakte Einführung in die ISS. Es wird sowohl die Geschichte der Raumstation wie auch die einzelnen Module besprochen. Wie der Titel verrät liegt das Hauptaugenmerk auf der Technik. Die Funktion jedes Moduls wird erläutert. Zahlreiche Tabellen nehmen die technischen Daten auf. Besonderes Augenmerk liegt auf den Problemen bei den Aufbau der ISS. Den ausufernden Kosten, den Folgen der Columbia Katastrophe und der Einstellungsbeschluss unter der Präsidentschaft von George W. Bush. Angerissen werden die vorhandenen und geplanten Transportsysteme und die Forschung an Bord der Station.
Durch die Beschränkung auf den Technischen und geschichtlichen Aspekt ist ein Buch entstanden, das kompakt und trotzdem kompetent über die ISS informiert und einen preiswerten Einstieg in die Materie. Zusammen mit dem Buch über das ATV gewinnt der Leser einen guten Überblick über die heutige Situation der ISS vor allem im Hinblick auf die noch offene Versorgungsproblematik.
Die zweite Auflage ist rund 80 Seiten dicker als die erste und enthält eine kurze Geschichte der Raumstationen, die wesentlichen Ereignisse von 2010 bis 2015, eine eingehendere Diskussion über die Forschung und Sinn und Zweck der Raumstation sowie ein ausführliches Kapitel über die Versorgungsraumschiffe zusätzlich.
Das bisher letzte Buch Skylab: Amerikas einzige Raumstation ist mein bisher umfangreichstes im Themenbereich bemannte Raumfahrt. Die Raumstation wurde als einziges vieler ambitioniertes Apollonachfolgeprojekte umgesetzt. Beschrieben wird im Detail ihre Projektgeschichte, den Aufbau der Module und die durchgeführten Experimente. Die Missionen und die Dramatik der Rettung werden nochmals lebendig, genauso wie die Bemühungen die Raumstation Ende der siebziger Jahre vor dem Verglühen zu bewahren und die Bestrebungen sie nicht über Land niedergehen zu lasen. Abgerundet wird das Buch mit den Plänen für das zweite Flugexemplar Skylab B und ein Vergleich mit der Architektur der ISS. Es ist mein umfangreichstes Buch zum Thema bemannte Raumfahrt. Im Mai 2016 erschien es nach Auslaufen des Erstvertrages neu, der Inhalt ist derselbe (es gab seitdem keine neuen Erkenntnisse über die Station), aber es ist durch gesunkene Druckkosten 5 Euro billiger.
Mehr über diese und andere Bücher von mir zum Thema Raumfahrt finden sie auf der Website Raumfahrtbücher.de. Dort werden sie auch über Neuerscheinungen informiert. Die Bücher kann man auch direkt beim Verlag bestellen. Der Versand ist kostenlos und wenn sie dies tun erhält der Autor auch noch eine etwas höhere Marge. Sie erhalten dort auch die jeweils aktuelle Version, Bei Amazon und Co tummeln sich auch die Vorauflagen.
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