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Ionenantriebsmodul

Einleitung

In meiner Reihe "Technische Spinnereien" zeige ich Missionen auf, die auf existierender Technologie basieren und so prinzipiell durchführbar wären. Keines dieser Projekte ist aber derzeit geplant. In dem heutigen Teil geht es nicht um ein konkretes Projekt sondern eine Antriebsstufe. Ich halte die Zeit gekommen Raumsonden nicht mehr mit chemischen Antrieb zu ihrem Ziel zu befördern, sondern mit einem Ionenantrieb. Als Folge ist die Nutzlastmasse erheblich höher. Fortschritte in der Fertigung von Solarkonzentratorarrays ermöglichen es heute ein solches Modul leichtgewichtig zu fertigen.

Das Ionenantriebsmodul

Das Ionenantriebsmodul sollte praktisch eine chemische Stufe ersetzen. Es sollte daher vielseitig an verschiedene Missionen anpassbar sein. Dadurch hat es einen Modularen Aufbau aus folgenden Teilen:

Kernstruktur: Sie wiegt 200 kg und ist ein Quader von 1,5 m Seitenlänge und 1,0 m Höhe. Sie beinhaltet die Hochspannungsstromkonverter, die Steuerung, die Sende- und Empfangsanlagen. An ihr gibt es auch an der der Oberfläche den Adapter für die Nutzlast mitsamt Steuer- und Stromversorgungsleitungen zu ihr. An ihr können auch Experimente angebracht werden, wenn die Nutzlast nicht den vollen Platz ausfüllt.

Ionentriebwerke: Im unteren Teil der Struktur ist Platz für maximal 25 Triebwerke des Typs RIT-22 von Astrium. Jedes hat folgende technische Daten:
Parameter: Wert:
Gewicht: 7 kg
Stromverbrauch: 5000 W
Schub: 0,15 N
spezifischer Impuls: 44130 m/s
Lebensdauer >10.0000 h
Treibstoffverbrauch: 0,0341 g/s

Die Triebwerke wiegen somit maximal 112 kg

Tanks: Der Treibstoff Xenon wird in kohlefaserverstärkten Titantanks mitgeführt. Die Gastanks von MT Aerospace haben folgende Daten:

Parameter: Wert:
Gewicht: 34 kg
Volumen: 130 l
Betriebsdruck: 280 Bar
Füllmenge Xenon 213 kg
Geschwindigkeitsvermögen pro Tank: 4490 m/s

Nominell setzt das Antriebsmodul zwei Tanks ein. Dies ist ausreichend für Missionen zu Mond, Venus, Mars und den L2 Transferpunkt. Mit drei Tanks können Jupiter und Saturn erreicht werden. Vier Tanks reichen aus für jedes Ziel im Sonnensystem.

Solarkonzentrator Arrays

Erreicht ist heute mit Strechted Lens Konzentrator Arrays eine Leistungsdichte von 175 W/kg bei 300 W/m². Dies erreicht das FlexArray der Technologiemission ST-8- . 300 W/kg sind in naher Zeit möglich. Es sind zwei, drei oder vier Flügel möglich, entsprechend der Stromversorgung von vier, acht, zwölf oder 16 Triebwerken. Bei weniger Flügeln können an der Seite Experimente angebracht werden. Es sind mehr Triebwerke installierbar, als die SLA in Erdnähe an Strom liefern, doch die Leistung wächst an wenn sich die Sonde der Sonne nähert. So reichen bei der Venus zwei Flügel für den Betrieb aller 25 Triebwerke aus.

Parameter: Wert:
Gewicht: 122 kg pro Flügel
Leistung: 20 kW
Fläche:: 67,5 m²
Länge: 45 m
Breite: 1,5 m

Design

Das Modul ist ausgelegt für einen Start auf der Vega. Zusammen mit der Nutzlast resultiert dann ein Startgewicht von 2.200 kg (500 km zirkularer Orbit über dem Äquator). Die Nutzlastmasse ist variabel. Hier eine mögliche Konfiguration für eine Marsmission:

Parameter: Wert:
Treibstoff: 416 kg
Tanks: 68 kg
Struktur: 200 kg
Triebwerke: 12
Triebwerksgewicht: 84 kg
Solargeneratoren: 366 kg
Gesamtgewicht: 1134 kg
Das lässt 1066 kg für die Nutzlast übrig. Die Marstransferbahn wird in 100 Tagen erreicht. (Dauernder Betrieb) oder 150 Tagen (Betrieb über 12 h in der Erdumlaufbahn).

Bei größeren Geschwindigkeiten wird mehr Treibstoff benötigt. Zu Jupiter können noch knapp 900 kg transportiert werden. Durch die variable Anzahl von Triebwerken ist es auch möglich, die Nutzlast zu steigern, indem man Triebwerke weglässt und dadurch auch einen kleineren Solarkonzentrator benötigt. Auf der anderen Seite ist die Reisedauer reduzierbar indem mehr Triebwerke und SLA Arrays eingebaut werden und dadurch die Nutzlast reduziert. Die maximale Betriebszeit der RIT-22 beträgt 10.000 h.

Sobald die Ionentriebwerke nicht mehr benötigt werden, steht genügend Strom für eine Nutzlast zur Verfügung. Dies kann genutzt werden um z.B. neben Landern zum Zielplaneten auch Instrumente zu befördern die dann Aufnahmen machen. Dies kann keinen Orbiter ersetzen, aber schon zwei SLA haben noch bei Jupiter 1,4 kW Leistung und bei Saturn noch 400 W - genügend für den Betrieb von Experimenten, bei Sonden die entweder Jupiter als Ziel nutzen oder als Swing-By. Analog könnten Titanlandesonden und Saturneintauchkapseln neben Kameras zum Saturn gebracht werden bei beiden Planeten sind über einige Monate hinweg Untersuchungen möglich. Vor Erreichen des Ziels werden dann die Module abgetrennt.

Bei den erdnahen Planten und Asteroiden ist auch denkbar dass das Modul genutzt wird um in eine Umlaufbahn einzubremsen. Dies ist für Merkur, Venus und Mars technisch möglich und für Asteroiden des Hauptgürtels ebenso.

Hier einige Szenarien für dieses Modul und die entsprechenden Nutzlasten:

Innerhalb der Planetenspähren habe ich 20% Aufschlag für die minimalen Geschwindigkeitsdifferenzen nach Hohmannbahnen gerechnet. Bei dem Betrieb in einer Sonnenumlaufbahn muss die solare Zielgeschwindigkeit erreicht werden, es gibt keine hyperbolische Exzessgeschwindigkeit.

Ziel Geschwindigkeitsbedarf Tanks Triebwerke Solarrrays Treibstoff Nutzlast Betriebsdauer
Mondorbiter 100 km 5000 m/s 1 4 1 236 kg 1556 kg 201 Tage
Venusvorbeiflug (Atmosphärensonde absetzen) 7100 m/s 2 8 2 327 kg 1325 kg 140 Tage
Marsvorbeiflug /Marslander absetzen) 7500 m/s 2 8 2 344 kg 1308 kg 147 Tage
Marsorbit 250 km (Mars in 249 Millionen km Sonnendistanz) 12400 m/s 3 8 3 539 kg 967 kg 280 Tage
Venusorbit 250 km 13800 m/s 3 12 2 591 kg 999 kg 215 Tage
Merkurorbit 250 km (Merkur in 88 Millionen km Sonnendistanz) 14500 m/s 3 16 2 616 kg 974 kg 210 Tage
Jupitervorbeiflug (Atmosphärensonde/Orbiter absetzen) 12900 m/s 3 8 2 558 kg 1060 kg 238 Tage
Saturnvorbeiflug (Atmosphärensonde/Orbiter absetzen) 14300 m/s 3 8 2 609 kg 1009 kg 260 Tage
Dawn Mission 15000 m/s 3 8 4 634 kg 760 kg variabel

Ich habe versucht Betriebszeiten zwischen 180 und 360 Tagen einzuhalten. Differenzen in den Betriebszeiten zu den Geschwindigkeiten resultieren vor allem daraus, dass in Sonnennähe mehr Triebwerke betrieben werden können und in Sonnenferne weniger, man also mehr Solararrays benötigt.

Ein Vergleich

Es ist sinnvoll die Nutzlasten mit Trockenmassen einiger Raumsonden zu vergleichen, da das Modul bei Mond, Venus und Mars ja auch das Einschwenken in den Orbit bewerkstelligt.

Sonde Startgewicht Trockengewicht
Kaguja 2715 kg 1720 kg
Venus Express 1270 kg 730 kg
Mars Express 1120 kg 680 kg
Das bedeutet dieses Modul kann in etwa eine Raumsonde der Klasse Kaguya / Venus oder Mars Express transportieren, obwohl die Trägerrakete viel leistungsschwächer als eine H-2A (Kaguya) oder Sojus Fregat (Mars/Venus Express) ist.

Für reine Atmosphärensonden oder Landermissionen ist es möglich die Struktur leicht zu einer Cruise-Stage auszubauen die nur die Aufgabe die Sonde abzusetzen. Wichtige Bestandteile dieser wie Kommunikation und Stromversorgung muss die Kernstruktur ja schon leisten. Dann kann die Nutzlast weitgehend für einen Lander oder eine oder mehrere Atmosphärensonden genutzt werden.

Die Nutzlast reicht sogar aus noch eine Raumsonde die etwas leichter als Voyager ist in einen Orbit um Jupiter oder Saturn zu befördern. Das ist zwar nicht die Klasse von Galileo, Juno oder Cassini, aber doch leistungsfähiger als eine Raumsonde wie New Horizons.



© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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