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Die UR-100N und die Strela

Die UR-100N wurde vom OKB-52 als Nachfolger der UR-100, der sowjetischen ICBM mit der größten Stückzahl entwickelt. Eine Vorgabe war, das die Rakete in die Silos der UR-100 passt. Da die UR-100N aber mehr als doppelt so schwer ist wurde ihr Durchmesser und ihre Länge auf das Maximum das das Silo erlaubt vergrößert. Die russische Bezeichnung der UR-100N war RS-18, der Erzeugniscode 15A30.

Die Konkurrenz

UR-100N erste StufeDie UR-100 wurde ab 1963 entwickelt, ab 1967 stationiert. Geplant war ursprünglich eine Stationierungsdauer von fünf Jahren. Doch die verbesserten Nachfolgemodelle UR-100K und UR-100U ersetzten die erste Generation nach wenigen Jahren. Tests ergaben eine viel längere Einsatzdauer und so waren die UR-100 bis 1993 im Einsatz. Doch schon Ende der Sechziger Jahre plante die Sowjetunion die Nachfolge der UR-100 mit einer ICBM der dritten Generation. Wie schon bei der Ausschreibung für die Anforderungen der UR-100 gab es zwei Vorschläge (bei der Ausschreibung für die UR-100 war die Konkurrenz die R-26, die zugunsten der UR-100 in einem frühen Stadium eingestellt wurde).

Zum einen kam ein Vorschlag vom Hersteller der UR-100 dem OKB-52 unter dem Leiter Wladimir Nikolajewitsch Tschelomei. Zum anderen von dem OKB-586 von Michail Kusmitsch Jangel, der schon 1971 verstarb. Jangel war zwar bei dem "Minuteman" Ersatz (UR-100/R-26) unterlegen, aber sein OKB hatte erfolgreich vier militärische Raketen mit lagerfähigen Treibstoffen konstruiert: Die R-12 und R-14, zwei Mittelstreckenraketen und die R-16 und R-36: zwei ICBM. Bis auf die R-16 wurden die drei Raketen als Trägerraketen eingesetzt. Sie hatten also die Kompetenz für diese Raketen.

Beide OKB hatten einen eigenen Ansatz. Das OKB-52 projektierte eine über 100 t schwere Rakete - mehr als doppelt so schwer wie die UR-100, welche sie ersetzen sollte. Die Überlegung war, das die UR-100N auch einen schweren Einzelsprengkopf anstatt bis zu sechs MIRV tragen konnte. Damit sollte die UR-100N nicht nur ihre unmittelbare Vorgängerin, die UR-100 ersetzen, sondern auch die R-36, die ursprünglich als FOBS-System entwickelt wurde. Die R-36 trugen dann einen einzelnen Atomsprengkopf mit hoher Sprengkraft. Jangels OKB-586, die schon diese R-36 gebaut hatten hielten sich mehr an die Idee eines UR-100 Ersatzes und bauten eine kleinere Rakete. Weitere Unterschiede gab es im Startmechanismus. Die MR-UR-100 wurde "kalt gestartet", das reduzierte Schaden an den Silos, die UR-100N dagegen heiß.

In der Sowjetunion wurden Entscheidungen nicht aufgrund der technischen Expertise der Konzepte gefällt. Es zählte, das man genügend Befürworter und Verbündete in hohen Positionen hatte bzw. die Designer selbst genügend Einfluss hatten. Es gab diesmal innerhalb der Führung Befürworter für beide Entwürfe. Sie blockierten sich gegenseitig. So löste Breschnew das Problem auf seine Weise und entschied bei einem Treffen auf seiner Datscha auf der Krim mit Vertretern beider Fraktionen, das man beide Systeme stationieren würde. Schließlich galt es 1.000 UR-100 zu ersetzen (es wurden nachdem 1972 als Resultat der SALT-I Abrüstungsverhandlungen die Zahl der Silos eingefroren wurde dann weniger). Beide Träger sind deutlich schwerer als die UR-100 (72 bzw. 106 t Startmasse), beide waren MIRV fähig, beide hatten eine verbesserte Zielgenauigkeit. Ein zweiter Grund dürfte sein, das man nicht von einem OKB abhängig bleiben wollte und die bekannte Kompetenz von Jangels OKB-586 bei der Konstruktion von ICBM. Der Auftrag für die UR-100N ist aber der größere: Es wurden 790 Stück gebaut vom Konkurrenzmuster MR-UR-100 waren es 130 bis 150.

Zweite StufeDie Entwicklung

Der offizielle Beschluss für die Umsetzung bekam das OKB-52 am 2.9.1969. Die RS-18 wurde von 1970 bis 1973 entwickelt. Vom 9. April 1973 bis zum Oktober 1975 fanden Testflüge in Baikonur statt. Es waren insgesamt 27 Starts. Am 26.4.1975 war der erste Silokomplex für Teststarts operationell. Formell abgenommen wurden die nötigen Siloanpassungen mit der UR-100N am 30. Dezember 1975. Am 18. Dezember 1976 waren die ersten umgebauten und verstärkten Silos operationell. Eine Einheit bestand aus zehn Silos mit einem Kontrollkomplex. Von der NATO bekam sie die Codezeichnung SS-19 "Stiletto". Sie war für eine garantierte Mindestlagerdauer von zehn Jahren entworfen worden.

27 Teststarts waren damals für eine russische ICBM relativ wenige Starts. Das hatte Folgen. Als schon die ersten Raketen stationiert waren und die Produktion in vollem Gange war, begannen die Starts um die Truppen mit der Rakete vertraut zu machen. Bei einem Test wiesen die MIRV-Aufschlagpunkte viel zu hohe Abweichungen von den Zielpunkten auf. Der Test wurde daraufhin wiederholt aber auch beim zweiten Start gab es die zu hohen Abweichungen beim Aufschlagpunkt. Eine Untersuchung zeigte, das während der letzten Sekunden der Brennzeit der ersten Stufe es sehr starke Längsschwingungen der ersten Stufe gab, die zu Resonanzschwingungen beim Steuersystem führten. Daraufhin wurde die Entfernung falsch gemessen und die erste Stufe zu früh abgeschaltet.

VergleichEs wurden zusätzliche Raketen gefertigt und weitere Teststarts in Baikonur durchgeführt bei der die erste Stufe bis zum Erschöpfen des Treibstoffs arbeitete. Doch die ersten Tests mit strukturell verstärkten Raketen, um die Schwingungen zu reduzieren, waren negativ, die Schwingungen blieben. In einer zweite Runde schlug der Hersteller OKB-52 vor das Steuerungssystems durch weitere Maßnahmen zu verbessern. Ein anderer Vorschlag war jedoch viel einfacher. Im Heck der ersten Stufe sollte ein Vibrationsdämpfungssystem installiert werden. Dies war auch kostengünstiger. Nach verschiedenen theoretischen Untersuchungen wurde schließlich diese Lösung umgesetzt. Es bedeutete aber, das in den Silos in 20 Metern Tiefe in die Rakete nachträglich die Schwingungsdämpfer eingebaut werden mussten, was sich als sehr aufwendig entpuppte.

Der UR-100N, die in zwei Modifikationen - einmal für den Transport einer schweren Wasserstoffbombe als Einzelsprengkopf und einmal für den Transport von mehreren MIRV entwickelt wurde, folgte die UR-100NU oder UR-100 UTTH, die von der NATO als Modifikation 3 bezeichnet wurde. Sei erhielten die Bezeichnung RS-18B mit dem Erzeugniscode 15A35. Die UR-100NU ist eine verbesserte Version der UR-100N. Die wesentlichen technischen Daten der Rakete sind die gleichen. Sie ist im wesentlichen einfacher aufgebaut und zuverlässiger. So wurde darauf geachtet die Schwingungen zu reduzieren. Eventuell war die UR-100NU auch einfach nötig aufgrund der viel zu hohen Schwingungen bei der UR-100N.

Gesteigert wurde vor allem die Genauigkeit aber auch die Reichweite. Am 16.8.1976 kam der Auftrag für die Entwicklung der UR-100NU. Vom 28. September 1977 bis zum 26. Juli 1979 gab es 68 Teststarts - erheblich mehr als bei der ersten Version - in Baikonur. Am 7.11.1979 bekam das erste Regiment seine ersten ICBM für den Einsatz. 1980 wurde die UR-100 UTTH wurde formell abgenommen und bis 1985 produziert. Von ihr wurden 360 Stück produziert. Die Silos dieser Version wurden nochmals verbessert und konnten einem Überdruck von 100 Atmosphären widerstehen. Sie ersetzte die erste Version bis 1983 und wurde an vier Regionen stationiert. Danach stellte OKB-52, heute GKNPZ Chrunitschew, vollständig von ICBM-Produktion auf Raumfahrttechnik um. Ab 1988 ersetzten die ersten Feststoffraketen des Typs RS-12M Topol sukzessive die UR-100NU und ihre Zahl nahm ab.

35 in der Ukraine stationierte UR-100N, die nach dem Zerfall der UdSSR eingelagert wurden, wurden von 2002 bis 2004 als Kompensation für Gaslieferungen an Russland geliefert. Diese UR-100N werden als Starthilfe für den Avagard Hyperschall-Marschflugkörper genutzt.

Es wurden bis 1983 insgesamt 790 UR-100N in allen Versionen stationiert. Danach wurde sukzessive abgerüstet. 1991 waren noch 360 Silos, alle mit UR-100NU, aktiv. Es gab im Januar 2015 noch 60 Stück im Arsenal der Raketenstreitkräfte. 2023 sollen sich je nach Quelle 10 bis 20 UR-100N einsatzbereit sein. Mangels Mittel für neue Raketen wurden ab 1990 für die Version UR-100N UTTX untersucht, wie man die garantierte Lagerdauer der bestehenden Raketen entscheidend verlängern kann. Man kam zum Schluss, dass die Raketen über 30 Jahre einsatzbereit bleiben können. Insgesamt gab es mindestens 165 Test- und Kampftrainingsstarts. Diese waren bis auf drei - was die Rakete anging - erfolgreich. Über die Zielgenauigkeit der UR-100N gibt es unterschiedliche Angaben, da diese der Geheimhaltung unterliegen. Russische Quellen nennen 350 bis 550 m bei MIRV und 250 bis 400 m bei einem Einzelsprengkopf für die UR-100N und 220 bis 380 m für die UR-100NU. Bei der ICBM betrug die Masse der Sprengköpfe 4.350 kg (mit dem MIRV Bus), die Reichweite betrug je nach Sprengkopf 9.650 bis 10.600 km.

AufbauUR-100N im Container

Die UR-100N besteht aus zwei Stufen und einem MIRV Bus mit einem eigenen Antrieb. Für den Start gibt es einen weiteren Antrieb. Beide Stufen verwenden die lagerfähige Treibstoffkombination unsymmetrisches Dimethylhydrazin (UDMH) mit NTO als Oxidator. In beiden Stufen wird der Tankdruck durch ein Heiß­gassystem aufrecht gehalten. Das Gas wird aus dem Treibstoff durch Wärmeaustauscher am Triebwerk gewonnen. Beide Stufen besitzen einen durchgängigen Tank mit einem Trennboden zwischen Oxidator und Brennstoff.

Ein großer Nachteil des Konzepts der UR-100N war das der heiße Start zusammen mit der viel größeren Rakete dazu führte, das man den Container, in dem die Rakete im Silo verankert wurde komplett demontieren musste, an dem Silo waren weitere Arbeiten nötig, die durch die heißen Gase des Startmechanismus und der Belastung der Silos sich ergaben. Trotz der erhöhten Kosten galt dieser Startmechanismus als der zuverlässigere, denn Jangels Kaltstartmechanismus, der viel weniger Änderungen an den Silos erforderte war noch unerprobt. Die Ingenieure nutzten die Änderungen an den Silos um sie zu verstärken, sodass selbst nach CIA selbst mit den schwereren Sprengköpfen der Minuteman III es bei zwei Sprengköpfen pro Silo nur eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent für eine Zerstörung gab.

Wie der Vorgänger wird die Rakete in einem Container ausgeliefert, schon befüllt, der hermetisch versiegelt ist. Dieser Container führt alle Anschlüsse nach Außen und gewährleistet konstante Bedingungen und ist ein Kernelement um eine lange Lagerdauer zu gewährleisteten. Alle drei Jahre erfolgt eine technische Prüfung der Rakete. Vorgabe war das die Rakete in 25 Minuten nach einem Befehl gestartet werden kann, russische Quellen reklamieren das sie in 3 Minuten gestartet werden kann.

Die erste StufeRD-0233

Die erste Stufe besteht aus dem Heck, dem Integraltank und dem Stufenadapter. Der Integraltank spart Gewicht ein. Er ist um den Stufenadapter zu verringern am oberen Abschluss des Oxidatortanks zur Stufe zwei konvex sodass das Triebwerk in die Vertiefung hereinragen kann.

Die erste Stufe verwendet vier Triebwerke des Typs RD‑0233/0234. Anders als frühere Konstruktionen hat jedes Triebwerk eine eigene Turbopumpe und einen eigenen Gas­generator. Sie sind kardanisch schwenkbar. Verniertriebwerke sind damit nicht nötig. Der Schub jedes Triebwerks beträgt 470 kN am Boden und 520 kN im Vakuum. Die Triebwerke arbeiten nach dem Hauptstromprinzip. Sie verbrennen einen Teil des UDMH mit einem Überschuss an Oxidator und leiten das Gas zur Nachverbrennung in die Brennkammer. Jedes Triebwerk ist in einer Ebene Schwenkbar. Mit vier Triebwerken sind so alle Lageänderungen in allen drei Raumebenen möglich.

Alle vier Triebwerke sind identisch bis auf eines - es trägt den Erzeuger für das Heißgas und wird als RD‑0234 (Erzeugniscode: 15D96) bezeichnet. Die anderen drei sind vom Typ RD‑0233 (Erzeugniscode: 15D95). Die RD‑0233 stammen, wie man an der führenden Null erkennen kann, vom OKB-154 geleitet von S.A. Kosberg. Sie arbeiten mit einem Brennkammerdruck von 205 Bar.

Die Stufentrennung erfolgt mit dem Zündung des Verniertriebwerks der zweiten Stufe. Im Stufenadapter werden die Gase durch Öffnungen nach Außen geleitet. Gleichzeitig ergeht das Signal für den Brennschluss der ersten Stufe. Erst danach fährt das Haupttriebwerk der zweiten Stufe hoch. Gleichzeitig wird die Verbindung der Stufen getrennt. Auf der ersten Stufe sitzen vier Feststoffraketen, die zur Stufentrennung gezündet werden. Nach ihrem Ausbrennen wird die erste Stufe durch Sprengschnüre zerstört.

RD-0235Die zweite StufeRD-0236

Die zweite Stufe verwendet ein einzelnes Triebwerk des Typs RD‑0235 (Erzeugniscode: 15D113) und ein Verniertriebwerk vom Typ RD‑0236 (Erzeugniscode: 15D114) mit vier Brennkammern (ähnlich wie in der Zyklon). Das Triebwerk RD‑0235 ist fest eingebaut und nicht schwenkbar. Es verfügt über einen Schub von 240 kN im Vakuum. Kurskorrekturen erfolgen durch die Verniertriebwerke. Auch das RD‑0235 arbeitet nach dem Hauptstromverfahren. Es basiert auf dem RD‑0216/0217 das für die RS-10 ICBM entwickelt wurde. Durch eine Vakuumdüse stieg der Schub von 219 auf 240 kN an und der Treibstoff wurde besser ausgenutzt. Die vier Verniertriebwerke von je 15,76 kN Schub sind in jeweils einer Achse schwenkbar. Die vier Brennkammern hängen an einer gemeinsamen Turbopumpe. Sie arbeiten mit dem klassischen Gasgeneratorprinzip. Sie brennen 17 s länger als das Haupttriebwerk. Der spezifische Impuls der Verniertriebwerke beträgt 2.873 m/s. Die ursprüngliche UR-100N ICBM war zweistufig mit wahlweise einem 5,3 MT Sprengkopf oder sechs kleineren MIRV mit 400 kt Sprengkraft. Die UR-100NU führte den MIRV Bus ein, der nun eine Bahnänderung nach Brennschluss der zweiten Stufe ermöglichte es sowohl die MIRV auf Ziele zu lenken die nicht dicht beieinander waren wie auch die Genauigkeit deutlich zu erhöhen.

Strela

StrelaAus der UR-100N entstanden zwei Trägerrakete: Das Deutsch-Russische Joint Venture Eurockot vermarktete die Rockot, bei der die UR-100 um die Oberstufe Breeze KM erweitert wurde. Von ihr fanden 32 Starts bis Ende 2019 statt.

Eurockot ist nicht der einzige Anbieter der ehemaligen RS-18. Der Nachfolger des OJB-52 von Tschelomei ist heute NPO Maschinostrojenija. NPO Maschinostrojenija, mit dem Firmensitz in Reutow bei Moskau, Entwickler der ICBM, bot ebenfalls die UR-100NU unter der Bezeichnung "Strela" (deutsch: Pfeil) an. Es fand sich kein westlicher Kooperationspartner, sodass Maschinostrojenija die Strela der russischen Regierung offerierte. Die Strela ist eine weitgehend unveränderte RS-18. Als dritte Stufe fungiert hier der MIRV-Bus der Interkontinentalrakete. Durch die lange Brenndauer des MIRV Busses ist ein Orbit erreichbar, sowjetische ICBM mit ihren kurzen Brennzeiten schaffen dies mit zwei Stufen meist nicht.

Es gibt zwei Startoptionen: Entweder bringt die Strela ohne eine dritte Stufe die Nutzlast auf eine suborbitale Bahn, deren nächster Punkt auf der Erdoberfläche und deren erdfernster Punkt in der gewünschten Orbithöhe liegt. Ein integrierter Antrieb im Satelliten muss dann nach einem halben Umlauf die Bahn zirkularisieren, oder der MIRV-Bus übernimmt diese Aufgabe. Er wurde bei der UR-100NU eingeführt, um die MIRV auf separate Bahnen zu lenken.

Der MIRV-Bus wiegt nur 1.100 kg und hat eine hohe Leermasse von 725 kg. Der Schub beträgt nur 106 N. Durch den geringen Schub war eine genaue Steuerung des Aufschlagpunktes der MIRV möglich, für Orbitaleinsätze ist der Schub schon fast zu gering. Der Bus hat vier Tanks je zwei für den Oxidator Stickstofftetroxid und zwei für den Verbrennungsträger UDMH. Sie stehen unter 20 Bar Druck. Neu ist ein Avionikmodul von 0,8 m Höhe und 2,40 m Durchmesser der den Betrieb des MIRV Busses steuert. Die ersten beiden Stufen haben ihre eigene von der ICBM übernommene Avionik, die nur neu programmiert wird. Das neue Avionikmodul kann die ersten beiden Stufen nur bei einem Notfall abschalten. Es überträgt zudem die Telemetrie und stabilisiert die Strela in den Freiflugphasen die bis zu einer Stunde lang sein können.

Als Antrieb werden acht Triebwerke des Typs 17D58E von jeweils 13,3 N Schub eingesetzt. Diese werden in der russischen Raumfahrt oft als Lageregelungstriebwerke für Satelliten und Raumstationen, so in den MIR-Modulen und den ISS-Modulen Sarja/Nauka eingesetzt. Als Lageregelungstriebwerk wird das 17D58E auch in den Breeze-Oberstufen für die Rockot und Proton eingesetzt. 735 Stück wurden bis 2010 gebaut. Das 17D58E ist druckgefördert, der Tankdruck beträgt 20 Bar, der Brennkammerdruck im Triebwerk 14,8 Bar. Es stammt wie alle Triebwerke der Strela / UR-100NU vom OKB-154 (Kosberg), heute Chemical Automatics Design Bureau (CADB), auch KB Khimavtomatika (russisch: Конструкторское бюро химавтоматики, КБХА, KBKhA),Strela Start von Kondor-E


Triebwerk 17D58E im MIRV Bus der Strela

Schub:

13,3 N

Treibstoff:

NTO/UDMH 1,85:1

Spezifischer Impuls:

2.423 - 2.688 m/s

Brennkammerdruck:

7,8 bis 34,3 bar, nominal 14,7 bar

Betriebszeit am Stück:

0,03 - 3.200 s

Minimaler Impuls:

0,068 Ns

Lebensdauer:

450.000 s

Länge:

0,14 m

Masse:

0,55 kg


Die Abweichung in der Bahnhöhe liegt bei maximal 4 km und in der Inklination bei maximal 0,05 Grad. Die Nutzlast der Strela ist kleiner als die der Rockot. Anders als die Rockot startet die Strela von unterirdischen Silos in Baikonur aus. Es sind die Silos der UR-100NU die für Teststarts gebaut wurden und nur wenige Anpassungen erforderten. Die Strela kann so auch Orbits mit niedrigeren Inklinationen (bis zu 50,5 Grad) erreichen. Bahnneigungen von 51, 62, 75, 90 und 99 Grad sind durch die Flugkorridore er­laubt. Bis zu 2.000 km hohe Orbits sind erreichbar.

Neben der geringeren Nutzlast hat die Strela noch zwei weitere Nachteile. Ohne eine große Nutzlastverkleidung ist der Platz für kommerzielle Nutzlasten be­schränkt. Es gibt zwei Verkleidungen. Die der SS-19 mit einem halb­kugelförmigen Ende hat eine Länge von 3,50 m und einen Durchmesser von 2,40 m. Sie kann Nutzlasten von maximal 2,20 m Durchmesser und 2,88 m Höhe aufnehmen. Die zweite Nutzlastspitze läuft spitzkegelig zu und ist 6,71 m lang, aber der Durchmesser ist mit 1,75 m geringer. Mit ihr können Nutzlasten von maximal 1,55 m Durchmesser und 5,00 m Höhe transportiert werden.

UR-100NEin weiterer Nachteil ist, dass der Start aus einem Silo heraus in den ersten Sekunden einen sehr hohen Schallpegel durch die Reflexionen an den Wänden verursacht. Auf derartige Schallpegel sind westliche Nutzlasten normalerweise nicht ausgelegt. Dafür soll der Flug mit nur 8,5 - 10,5 Millionen Dollar sehr preiswert sein. Lange Zeit gab es nur einen Start am 20.12.2003 mit einer 984 kg schweren Testnutzlast in einen 453 × 467 km hohen, 67 Grad ge­neigten Orbit. Nach zehn Jahren Pause fanden bedingt durch die Ausmusterung der Rockot 2013 und 2014 zwei weitere Starts statt. Sie transportierten zwei Kondor-Aufklärungssatelliten mit einem abbildenden Radar. Auch sie stammen von NPO Maschinostrojenija, sodass die Wahl der Trägerrakete naheliegt. Der erste Kondor wurde für das russische Militär gestartet, der zweite Kondor-E für Südafrika. Beide Satelliten wiegen um die 1.000 kg und gelangten in einen nahezu kreisförmigen 500 km hohen 75 Grad Orbit.

Weitere Exemplare des Kondors wurden dann aber von der Sojus 2.1a gestartet sodass es keine weiteren Start geben wird. Ursprünglich war ein Launchpad in Swobodny geplant, doch mit der Schließung dieses Kosmodroms 2007 war das Schicksal der Strela eigentlich besiegelt. Dies ist der Ablauf eines Strela Starts in einen 1.000 km hohen sonnensynchronen Orbit:

Ereignis für 1000 km hohen Orbit

Zeit

Bedingungen

Stufentrennung 1→ 2

126,1 s

70 km Höhe, 3.555 m/s

Abwurf Nutzlastverkleidung

164,25 s

114 km Höhe, 3.992 m/s

Brennschluss Stufe 2, Freiflugphase

309,1 s

240 km Höhe, 7.275 m/s

Zündung MIRV Bus

1.575 s

694 km Höhe, 6.894 m/s

Brennschluss MIRV Bus

1.700 s

1000 km Höhe, 7.371 m/s


Datenblatt Strela / UR-100NU

Einsatzzeitraum:

Starts:
Zuverlässigkeit:

Abmessungen:

Startgewicht:

Maximale Nutzlast:




Nutzlasthülle:

2003 - 2014

3, davon kein Fehlstart
100 % erfolgreich

24,30 / 28,27 m Höhe, 2,50 m Durchmesser

105.000 kg

1.600 kg in einen 200 km hohen 52° Orbit
1.400 kg n einen 200 km hohen 62,8° Orbit
1.100 kg in einen 400 km hohen SSO-Orbit
500 kg in einen 1.800 km hohen 62,8 Grad Orbit

3,50 m Länge und 2,40 m Durchmesser oder
6,71 m Länge und 1,75 m Durchmesser


Stufe 1

Stufe 2

MIRV-Bus 14S620

Länge:

17,20 m

2,80 m

1,60 m

Durchmesser:

2,50 m

2,50 m

2,50 m

Startgewicht:

86.689 kg

15.481 kg

1.100 kg

Trockengewicht:

5.695 kg

1.485 kg

725 kg

Schub Meereshöhe:

1.870 kN

-

-

Schub Vakuum:

2.010 kN

240 kN + 4 x 4,9 kN

106,4 N

Triebwerke:

3 × RD‑0233
1 × RD‑0234

1 × RD‑0235 +
1 × RD‑0237

8 x 17D58E

Spezifischer Impuls (Meereshöhe)

2794 m/s

-

-

Spezifischer Impuls (Vakuum):

3040 m/s

3138 m/s / 1.962 m/s

2462 m/s

Brenndauer:

126 s

183 s

3.200 s

Treibstoff:

NTO / UDMH

NTO / UDMH

NTO / UDMH

Artikel geschrieben am 12.8.2014, Artikel zuletzt aktualisiert am 21.8.2023


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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