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Die Vega C und E

Der folgende Text ist ein Auszug aus meinem Buch die Vega. Verweise beziehen sich daher auf andere Kapitel des Buches. Ich wollte den Text aber nicht komplett neu schreiben, zumal ich am Buchmanuskript für Neuauflagen laufend etwas ergänze.

Vega C

Von den verschiedenen beschriebenen Szenarien wurde nur eines umgesetzt, das einer größeren Erststufe. Während bei den Weiterentwicklungsszenarien durch Verlängern des P80 die P100 resultierte, wird die Vega C eine neue erste Stufe mit 120 t Treibstoff erhalten. Dieser P120 Booster ist der gleiche Booster wie bei der Ariane 6. Er hat einen größeren Durchmesser von 3,5 m, ist aber nur wenig länger als der P80. Die Treibstoffmasse von 124 t muss sich nach den Anforderungen der Ariane 6 richten.

Die Vega C (C = Consolidated, konsolidiert, da nun die Produktion der ersten Stufe mit den Boostern der Ariane 5 kondoliert ist) sollte schon 2018 ihren Erstflug absolvieren. Verzögerungen bei der Definition der genauen Konfiguration von Ariane 6 haben den Erstflug auf Mitte 2019 rutschen lassen. Die Fertigungskosten der Vega sollen unverändert sein, da die neue P120 Erststufe durch die Synergie mit den Ariane 6 Boostern eine höhere Stückzahl erreicht. Die Nutzlast wird mindestens 1.800 kg in den Referenzorbit betragen, man rechnet bei Avio mit 2.000 kg. Ein Sprecher von Avio sprach sogar von 50% mehr Nutzlast, das wären 2.200 kg. Dies schließt aber wahrscheinlich den Zefiro 40 Antrieb mit ein, denn bei Einsatz dessen sprechen Dokumente von 700 kg Nutzlastgewinn. 2,2 bis 2,3 t Nutzlast gibt Avio auch auf der Vega Seite 2017 an, ebenfalls mit Z40 Stufe die aber noch nicht Bestandteil des Programms ist. Nach Berechnungen des Autors käme eine Vega C auf 1.947 kg Nutzlast in den Referenzorbit bei gleicher Zielgeschwindigkeit wie die Vega. Aus den Daten für VEnUS kann man eine Nutzlast von 2.570 kg in einen 300 km hohen äquatorialen Orbit errechnen.

Der Entwicklungsauftrag hat ein Volumen von 395 Millionen Euro und schließt einen Entwicklungs- und einen Qualifikationstest des Boosters und einen Qualifikationsflug mit ein. Durch die gemeinsame Nutzung entfallen von den reinen Entwicklungskosten des P120C 48% auf die Vega und 52% auf die Ariane 5. So sind die Gesamtkosten größer als die 395 Millionen Euro. Nur für den P120C alleine (ohne Tests und Qualifikationsstart) spricht die ESA von 715 Millionen Euro. Damit steht 2021 für den ersten Ariane 6 Start schon eine eingeführte Stufe zur Verfügung. Der P120C wird anders als die P80FW Stufe auch außerhalb von Italien gefertigt werden. Deutschland konnte bei der ESA durchsetzen, das Augsburg (früher Sitz von MAN, später MT Aerospace, heute Bestandteil von OHB) 35% der Stufen fertigt. Dort werden derzeit die Ariane 5 Boostergehäuse gefertigt und damit wird der Standort erhalten. Da zwei Produktionsstätten teurer sind als eine, versprach das DLR, dass man dort neue Fertigungsmethoden erproben will, die man dann auch in der Hauptfertigung in Italien einsetzen könne. Sie sollen die Fertigung weiter verbilligen.

Bei der Vega-C soll auch das AVUM mehr Treibstoff aufnehmen. Obwohl nun die deutsche L1.7-Stufe als Alternative wieder im Spiel wäre, hat sich auch diesmal nicht Deutschland an der Vega beteiligt.

P120C SRM


Daten 2015

Daten 2017

Gewicht mit Treibstoff:

135.860 kg

154.600 kg

Trockenmasse:

11.100 kg

11.000 kg (nur 8.300 kg für Motorgehäiuse)

Maximaler Betriebsdruck:

105 bar


Durchmesser:

3,40 m

3,40 m

Länge:

11,70 m

11,70 m

Oberer Anschlussdurchmesser:

1,00 m


Unterer Anschlussdurchmesser:

1,60 m


Düse Minimaldurchmesser:

0,571 m


Düse Abschlussdurchmesser:

2,175 m


Düsenmündungsfläche:

3,715 m²


Düse Entspannungsverhältnis:

14,56


Betriebszeit mit Schub >150 kN

132,9 s

132,8 s

Gesamtimpuls:

368,9 MN


Mittlerer spezifischer Impuls

2374 m/s (Meereshöhe) 2721 m/s (Vakuum)

2732 m/s (Vakuum)

Startschub / Maximalschub

3.500 kN

4.500 kN

Mittlerer Schub:

2.686 kN


Der Zefiro 9A Antrieb ist weitestgehend unverändert übernommen worden. Für die Vega C werden folgende Daten genannt:

Parameter

Zefiro 9A auf der Vega

Zefiro 9A auf der Vega C

Länge:

4,12 m

3,90 m

Durchmesser:

3,90 m

1,90 m

Startmasse:

11.500 kg / 12.000 kg (mit Interstage)

11.500 kg

Trockenmasse:

915 kg

906 kg, 400 kg nur Motorgehäuse

Schub:

317 kN

314 kN

Brennzeit:

119,6 s

117,2 s

Spezifischer Impuls:

2899 m/s

2895 m/s

Ebenso unterscheidet sich das AVUM kaum von der Vega. Die Treibstoffzuladung wurde erhöht und soll nun je nach Mission zwischen 460 und 740 kg liegen.

Parameter

AVUM auf der Vega

AVUM auf der Vega C

Durchmesser:

1,91 m

1,50 m

Startmasse:

1.237 kg

1.330 kg

Trockenmasse:

659 kg

590 kg

Schub:

>2,12 kN

2,42 kN

Brennzeit:

695 s

> 940 s

Spezifischer Impuls:

3085 m/s

3085 m/s

Vega E

Nach der Vega C könnte die Vega E kommen. Das E steht für „Evolution“ analog zur letzten Ariane 5 Version. Ziel ist eine weitere Steigerung der Nutzlast um 30% auf 3.000 kg in den Referenzorbit, also die doppelte Vega Nutzlast. Für sie werden zwei Ausbaumöglichkeiten untersucht:

Der Ersatz des Zefiro 23 durch einen Zefiro 40 mit 33 (nein nicht 40) t Treibstoff. Der Zefiro 40 Antrieb wird neue Technologien einsetzen, die eine preiswertere Produktion versprechen, aber auch höhere Leistungen ergeben. So arbeitet er mit 110 Bar Brennkammerdruck (Zefiro 23: 95 Bar) und hat eine Brennzeit von 100 s (Zefiro 23: 87 s). Die Düse hat ein größeres Flächenverhältnis von 37 (Zefiro 23: 27). Das steigert den spezifischen Impuls. Das Zefiro 40 Entwicklungsprogramm startete 2011 und wurde von Avio alleine finanziert. Bis 2016 soll es soweit abgeschlossen sein, dass die ESA über eine Umsetzung entscheiden kann.

Neben der Nutzlaststeigerung durch eine größere Düse mit höherem spezifischem Impuls hat der Zefiro 40 weitere Vorteile. Durch die längere Brenndauer verkürzt sich die rund 60 s lange Freiflugphase zwischen Brennschluss des Z23 und Zündung des Z9 bei der Vega. Dies steigert die Nutzlast, da während solcher Freiflugphasen die Geschwindigkeit absinkt.

Z40NS

Gewicht mit Treibstoff:

36.239 kg

Trockenmasse:

3.028 kg (2002 kg nur Motorgehäuse)

Maximaler Betriebsdruck:

115 bar

Durchmesser:

2,30 m

Länge:

6,10 m, 7,60 m mit Stufenadapter

Oberer Anschlussdurchmesser:

0,60 m

Unterer Anschlussdurchmesser:

1,06 m

Düse Minimaldurchmesser:

0,28 m

Düse Abschlussdurchmesser:

1,72 m

Düsenmündungsfläche:

2,32 m²

Düse Entspannungsverhältnis:

37

Betriebszeit mit Schub >150 kN

92,9 s, Gesamtbrennzeit ~ 100 s

Gesamtimpuls:

103,6 MN

Mittlerer spezifischer Impuls

2402 m/s (Meereshöhe) 2878 m/s (Vakuum)

Mittlerer / Maximaler Schub:

1.115 kN / 1.304 kN

Der größere Durchmesser von 2,30 bis 2,40 m (Z23: 1,90 m) macht den Anschluss von Stufen mit größeren Düsen (Mira oder kryogene Stufen) einfacher. Der größere Durchmesser bedeutet auch, das P120 und Z40 in etwa gleich lang, wie die Vorgänger sind. So sind keine bzw. nur minimale Änderungen an der Startbasis nötig. Nach Berechnungen des Autors müsste eine Vega E mit P120 und Z40 eine Nutzlast von 2.284 kg für den Referenzorbit haben. Eine Vergrößerung der Nutzlasthülle auf 3 m Durchmesser wird ebenfalls erwogen. Avio nennt 2.200 kg Nutzlast. Bei ihr ist der Z40 Antrieb auch Bestandteil der Vega C, bei den ESA Webseiten dagegen nicht.

Der Vorteil der höheren Leistung liegt in der Mehrfachstartfähigkeit. Die Einzelstartnutzlast der Vega ist schon sehr hoch. Mit der Vespa und den Treibstoffvorräten kann die Vega E zwei mittelschwere Nutzlasten in ähnliche Orbits absetzen z. B. in 700 und 800 km Höhe. Auch beim Zefiro 40 sind die Produktionskosten des Zefiro 23 anvisiert. So könnte die Vega E für den Preis der Vega 50% mehr Nutzlast befördern.

Die Oberstufe und das AVUM sollen später durch die schon besprochene Lyra-Oberstufe ersetzt werden. 2014 begann Avio zusammen mit einem russischen Partner mit ersten Tests des Mira-Triebwerks, das im Expander-Zyklus LOX mit Methan (Erdgas) verbrennt. Es soll bis 2023 qualifiziert sein. Für den Transport zur ISS in 400 km Höhe, 51,6 Grad Inklination gibt es eine Nutzlastangabe: Hier liegt die Nutzlast bei 4.200 kg. Es bleibt die Problematik der Abhängigkeit von einem Nicht-ESA-Mitgliedsstaat.

Im Gegensatz dazu wird vor allem von Deutschland der Ersatz des ukrainischen RD-861G durch ein europäisches Triebwerk, vorzugsweise das BERTA-Triebwerk angestrebt. Dieses würde allerdings die Nutzlast nicht steigern. Die Einbeziehung Deutschlands als zweitgrößtem Finanzier der ESA ist aber ein strategisches Ziel der ESA. Es geht nicht darum, die Rakete zu verbessern oder Startkosten zu senken (beides ist nach den bisherigen DLR-Studien von einer deutschen Stufe nicht zu erwarten). Aufgrund dieses Ziels sieht der Autor die Wahrscheinlichkeit, dass man sich für die Mira-Oberstufe entscheidet, als gering an. Sie erfordert höhere Investitionen, Deutschland ist wiederum außen vor und Italien müsste sich noch stärker finanziell engagieren müssen.

Das ESA-Konziel beschloss am 2.12.2016, dass weitere Vorarbeiten für die Vega-E finanziert werden, mit dem Ziel beim nächsten Treffen über die eigentliche Entwicklung zu beraten. Ebenso werden Aktivitäten für die Verfolgung des VEnUS Konzepts finanziert. Beschlossen wurde auch das Light Satellite, Low-cost Launch (L3) Programm, das die Position der Vega und Ariane 6 bei dem Transport von Mikrosatelliten (<500 kg) stärken soll.

Mira-F Triebwerk

Schub:

98,1 kN

Spezifischer Impuls:

3.570 m/s

Mischungsverhältnis LOX zu LNG:

3,4

Brennkammerdruck:

3 bar

Temperatur LOX-Tank:

90 K

Temperatur Methan-Tank:

110 K

Gewicht Triebwerk:

< 250 kg

Düsenmündungsdurchmesser:

1,30 m

Triebwerkslänge:

2,40 m

Schwenkbereich:

10 Grad

Inzwischen spricht Avio auf ihrer Webseite von einer weiteren Version, „Vega C Plus“ mit noch unbekannten Leistungsdaten.

Typenblatt Vega C

Typenblatt Vega C

Länge:
maximaler Durchmesser:
Startgewicht:

34,00 m
3,00 m
200.000 kg

Einsatzzeitraum:

2019 -

Starts:

0

Zuverlässigkeit:


Nutzlast:

2.570 kg in einen 300 km hohen äquatorialen Orbit.
1.800 – 1.950 kg in einen 700 km hohen polaren Orbit.

Stufe 1: P120C

Länge:
Durchmesser:
Startgewicht:
Leergewicht:
Schub:
Brenndauer:
Treibstoff:
Spezifischer Impuls:

11,70 m (ohne Stufenadapter)
3,40 m
154.600 kg (ohne Stufenadapter)
11.100 kg (ohne Stufenadapter)
2686 kN (Mittell) 3500 kN (beim Start)
132,9 s
Ammoniumperchlorat/Aluminium/HTPB
2721 m/s (Vakuum) 2374 (Meereshöhe)

Stufe 2: Z23

Länge:
Durchmesser:
Startgewicht:
Trockengewicht:
Triebwerk:
Schub:
Brenndauer:
Treibstoff:
Spezifischer Impuls:

7,50 m (8,39 m mit Stufenadapter 2→ 3)
1,90 m
26.300 kg
2.486 kg
Zefiro 23
1.120 kN (maximal) 900 kN (Durchschnitt)
77,1 s
Ammoniumperchlorat/Aluminium/HTPB
2820 m/s (Vakuum)

Stufe 3: Z9

Länge:
Durchmesser:
Startgewicht:
Leergewicht:
Triebwerke:
Schub:
Brenndauer:
Treibstoff:
Spezifischer Impuls (Vakuum)

3,85 m (4,12 m mit Stufenadapter 3 → AVUM)
1,90 m
12.000 kg
1.433 kg
Zefiro 9A
317 kN (maximal) 225 kN (Durchschnitt)
119,6 s
Ammoniumperchlorat/Aluminium/HTPB
2902 m/s

AVUM

Länge:
Durchmesser:
Gewicht:
Leergewicht:
Triebwerk:
Schub:
Brenndauer:
Spezifischer Impuls (Vakuum)

1,74 m (2,04 m mit Nutzlastadapter)
2,18 m
1.330 kg (1.498 kg mit Stufenadapter)
590 kg (758 kg mit Stufenadapter)
RD-869
2,42 kN
> 940 s
3084 m/s

Nutzlasthülle

Länge:
Durchmesser:

Volumen:
Gewicht:

7,88 m
2,60 m

20 m³
540 kg

Doppelstartstruktur VESPA

Höhe:
Durchmesser:
Maximale Nutzlast:
nutzbarer Innendurchmesser
Gewicht:

2,87 m
2,38 m
600 kg
2.105 m
250 kg

Nutzlastadapter

PLA 937 VG

0,937 m Abschlussdurchmesser
1,461 m Höhe
77 kg Gewicht

PLA 1194 VG

0,937 m Abschlussdurchmesser
1,072 m Höhe
78 kg Gewicht

 

Links:

Arianespace Website

ESA Launcher Website

ESA Bulletin 135

Büchertipps:

Von mir gibt es mehrere Bücher zum Thema Trägerraketen. Speziell der Themenkreis "Europäische Trägerraketen" liegt mir, als bekennender Ariane 1-4 Fan, speziell am Herzen. Es gibt zwei größere Bände.

Der erste Band "Europäische Trägerraketen 1: "Von der Diamant zur Ariane 4 - Europas steiniger Weg in den Orbit" behandelt die europäische Trägerraketenentwicklung beginnend von der Diamant bis zur Ariane 4. Dieses 404 Seiten starke Buch ist auch in drei Einzelbänden erhältlich, für diejenigen Leser, die sich nur für einen bestimmten Typ interessiert:

Die aktuellen Trägerraketen - Ariane 5 und Vega werden in einem zweiten Band in der gleichen Ausführlichkeit besprochen. "Europäische Trägerraketen 2: Ariane 5, 6 und Vega". Auch hier liegt das Hauptaugenmerk auf der Technik der Träger. Auch die Investitionen in den Weltraumbahnhof Kourou und die Konkurrenten auf dem kommerziellen Markt werden angesprochen.

Nachdem im Februar 2012 der Jungfernflug der Vega erfolgte, habe ich das Kapitel über die Vega ausgekoppelt. Das Buch wurde um die Entwicklungen in den letzten Jahren und eine ausführliche Beschreibung der Starts bis 2016 ergänzt. Alle technischen Daten wurden gegen neue Veröffentlichungen gegengeprüft, erweitert. Weitere Ergänzungen gab es bei den Plänen für die Weiterentwicklung. Insgesamt entstanden so etwa 20 neue Seiten und bei 30 gab es gravierende Änderungen.

Hier geht's zur Gesamtübersicht meiner Bücher mit direkten Links zum BOD-Buchshop. Die Bücher sind aber auch direkt im Buchhandel bestellbar (da ich über sehr spezielle Themen schreibe, wird man sie wohl kaum in der Auslage finden) und sie sind natürlich in den gängigen Online-Plattformen wie Amazon, Libri, Buecher.de erhältlich.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors finden sie auf meiner Website Raumfahrtbucher.de.

Avio Website


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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