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Web 2.0

... oder wie viel Internet brauche ich?

Zuerst einmal sollte man erklären was das Web 2.0 ist, ob es ein Web 1.0 gibt und was die Unterschiede sind. Dazu eine (ganz) kurze Geschichte des Internets. Es begann ursprünglich Ende der sechziger Jahre als Forschungsnetz des US-Militärs, damals noch ARPANet genannt. Dieses hatte zwei Ziele. Zum einen sollten die teuren Großrechner optimal genutzt werden indem Benutzer irgendwo in den USA auf einen Rechner zugreifen können, zum anderen sollte ein Netz so ausgelegt sein, das Ausfälle z.B. durch militärische Konflikte ausgeglichen werden konnten.

Das Internet hat deshalb die Eigenschaft, dass es einen Knotenpunkt der nicht mehr funktioniert umgehen kann. Es dauerte ziemlich lange bis man das erreicht hatte. 1981/1982 wurden die beiden für den Transfer von Daten wichtigsten Protokolle IP (Internetprotkoll) und TCP (Transmission Control Protokoll) verabschiedet. Das Internetprotokoll legt fest, dass zwischen zwei Computern Daten ausgetauscht werden indem jeder eine Adresse erhält, die derzeit noch meistens aus 32 Bit besteht die meist in Form von vier Zahlen wie z.B. 173.194.35.183. (Sie können die obige ja mal in Adresszeile des Browsers kopieren, einen Link habe ich nicht gesetzt, da dieser sofort in einen Namen umgesetzt werden würde). Dazu regelt es noch, wie man zu der Adresse kommt und wie ein Name in eine solche Adresse umgesetzt wird.

Das TCP legt dagegen fest, wie die Daten selbst übertragen werden. Es ist aber nur ein Protokoll, verbreitet ist auch ein anderes, einfacheres das UDP. TCP bestätigt anders als UDP den Empfang der Pakete. Das besondere am Internet, was sicher auch wesentlich für seinen Erfolg ist, ist dass es in einzelnen Schichten aufgebaut ist. Ganz unten ist die "physikalische Schicht", sie entspricht heute dem Ethernetanschluss, es könnte aber jedes andere Netzwerk eingesetzt werden (und wurde früher auch eingesetzt, z. B. Token-ring von IBM). Zusammen mit der Vermittlung bildet dies die ersten beiden Schichten ab. Darüber liegt auf Schicht 3 das Internetprotokoll IP und auf Schicht 4 das Übertragungsprotokoll TCP. Damit ist eigentlich genau beschrieben, wie Daten übertragen werden und wie die Empfänger gefunden werden.

Alles was drüber liegt, die letzten drei Schichten, sind die Anwendungen, also eigentlich das was sie vom Internet wahrnehmen, das ist das HTTP-Protokoll mit dem Webseiten übertragen werden, das FTP-Protokoll zum Übertragen von Dateien oder SMTP/POP für das Senden oder Empfangen von Mails. Diese Universalität des Internets macht seinen Erfolg aus, denn man kann diese schon bekannten Protokolle leicht durch andere ergänzen, so hat der Autor schon zweimal für Kunden Hardware die vorher direkt an den Rechner angeschlossen wurde ersetzt durch Steuerungsgeräte die ihre Daten über das Internet übertrugen. Dazu hat man auf die TCP Schicht ein eigenes Protokoll aufgesetzt. Ein Protokoll ist einfach nur eine Vereinbarung wie man die TCP oder UDP Daten auf Anwendungsebene interpretiert. Mehr zum Thema der Technik in einem eigenen Aufsatz.

Erfolgreich wurde das Internet aber erst in den Neunzigern, obgleich die technischen Grundlagen seit Anfang der Achtziger unverändert sind. Der Erfolg kam mit einer dieser Anwendungsprotokolle, dem HTTP. Es wurde am CERN in Genf wo Tim Berners-Lee nach einer Anwendung für einen neuen Rechner, einen NeXTCube suchte und die Idee hatte von verknüpften Dokumenten die man einfach über das Anbklicken eines Links ansehen kann. Die dazugehörende Sprache HTML wurde 1996 standardisiert und damit begann eine exponentielles Ansteigen der Nutzerzahlen. Das Internet war von einem Medium für Forscher zu einem Netz für alle geworden.

Wenn wir von einem Internet 1.0 sprechen, dann würde man wohl am ehesten an die damaligen Anwendungen vor der Jahrtausendwende denken. Das sind z.B. das anschauen von Webseiten, das Senden und Empfangen von Emails. Es ist kein interaktives Internet. Also sie rufen eine Webseite ab, lesen sie, aber sie haben keine Rückmeldung zu dem, der die Webseite erstellt. Sie können auch keinen Kommentar auf der Seite hinterlassen. Sie können Mails abrufen und senden, aber sich nicht direkt mit jemanden wie z.B. in einem Chat unterhalten. Chat und Foren zählen allerdings da sie sehr alte Protokolle sind zu den "alten" Anwendungen. Instant Messenger dagegen zu Web 2.0.

Bei Web 2.0 gibt es zwei Unterschiede, das eine ist die Interaktivität. Ich kann also in Realzeit eine Rückmeldung geben. dazu gehört Telefonie und Videotelefonie über das Internet, z.B. mit Skype. Die textbasierte Vorläuferform ist der Instant-Messenger, der jede Nachricht sofort zustellt oder der Chat der es erlaubt das mehrere Personen gleichzeitig miteinander reden können und jeder alles lesen kann. Es ist relativ schwer eine Grenze zu ziehen, so sind Blogs auch interaktiv - anders als bei HTML Seiten kann man Kommentare abgeben, aber eben doch nicht richtig interaktiv. Blogs sind irgend etwas zwischen Web 1.0 und 2.0.

Das zweite Element an Web 2.0, was auch das Internet nochmals populärer machte, ist das man das Internet nutzte um sich zu vernetzen. Soziale Netzwerke kamen auf, sei es nationale wie StudiVZ, sei es internationale wie Facebook oder Google+. Allerdings bekommen diese dadurch auch immer mehr Daten von uns, erstellen Profile um die Aktivitäten zu verfolgen. Diese sind viel Geld wert, wie der Börsenwert von Facebook beweist, und werden genutzt um Werbung zielgerichtet zu platzieren und natürlich deswegen auch verkauft. Besonders Facebook hat im Hinsicht auf den Datenschutz einen extrem schlechten Ruf. Um so bedenklicher ist, dass inzwischen schon Fernsehsendungen dazu aufrufen "Diskutieren sie mit uns bei Facebook".

Das das Internet nur ein Medium ist für grundsätzliche soziale Bedürfnisse, das ist im wesentlichen Web 2.0. Dazu gehören:

Die Gefahr die durch die Veröffentlichung von Daten im Internet ausgeht, hat der Autor schon 2001, also lange vor Web 2,0 und Facebook gemacht. Damals hatte ich in meinem Lebenslauf noch ein Foto und auch eine E-Mail Adresse im Klartext. Jemand gefiel meine Meinung zu lebensmittelchemischen und -rechtlichen Fragen nicht und meldete sich mit meinem Foto und EMail-Adresse an anrüchigen Webseiten, wie der damals aktiven "Mitfickzentrale" an, bzw. bei zahlreichen Diensten die das Postfach mit SPAM zumüllten. Seitdem gibt es von mir kein Bild mehr auf der Webseite, die Email Adresse ist verschlüsselt und ich bin sehr vorsichtig mit dem was ich von mir selbst, z.b. im Blog veröffentliche.

Auch Unternehmen können mit Web 2.0 neue Konzepte aufbauen. Schon mit dem "alten" Internet konnte man Geschäfte machen. Google verdient durch platzierte Werbung, Amazon ermöglicht das Kaufen von fast allem und Ebay das Versteigern. Andere Branchen nutzen den Spieltrieb. Ganz zu schweigen von illegalen oder halblegalen Inhalten wie Pornos oder dem Onlinehandel von Cannabissamen.

Web 2,0 ermöglicht anders als Amazon aber eher ein Feeling wie beim Einkauf. Ich habe 2015 meine Küche online konfiguriert. Zuerst war ich skeptisch, aber in der Summe ist es genauso wie im Möbelhaus. In einer Videokonferenz kann man aus den Materialen und Mustern wählen die man sich anschauen kann. der Planer erstellt einen Küchenplan und denn kann man dann feintunen. Der einzige Unterschied zum Möbelbaus ist dass man das Materialmuster nicht befühlen kann. Allerdings sieht man auch dort nicht die fertige Küche, außer es ist ein Ausstellungstück. Der Vorteil: Auch hier ist der Internetpreis billiger als im Handel. Die beiden Angebote dort lagen bei 6300 und 6800 Euro. Gekostet hat mich die Online geplante Küche 4800 Euro. Videokonferenzen gab es schon vor Web 2.0, doch sie haben in den letzten Jahren enorm zugenommen und sparen heute Firmen Reisekosten und Mitarbeiter den Jet-Lag.

Was Web 2.0 erst möglich machte, ist aber auch, dass die Zugänge immer schneller wurden. Als das Internet aufkam gingen die meisten über analoge Modems oder ISDN ins Netz mit Datenraten von 3,6 bis 128 kbit/s. Dann kam im Jahr 2000 DSL, das die Daten digital anstatt analog übertrug und ein größeres Frequenzband nutzte. Anfangs noch mit 768 kbit/s. Später folgte der Zugang über das TV-Kabel, das derzeit den schnellsten Zugang erlaubt. Heute (2013) kann man mit bis zu 100 Mbit/s ins Netz gehen - rund 3000-mal schneller als mit einem Modem von 1996. Damit werden heute auch viel mehr Daten übertragen, vor allem heute Videodaten und weitaus weniger Textseiten.

Das Tolle am Internet ist aber, dass dies alles möglich war, ohne das am Internet selbst etwas geändert werden musste. Es mussten nur auf die wesentlichen Netzschichten 1-4 neue Übertragungsprotokolle aufgesetzt. Die größte Änderung an den unteren Schichten ist seit langem in Gange - der Übergang auf 128 Bit breite Internetadresse im IPv6 Protokoll, denn da jedes Gerät eine Adresse haben muss, reichen die 32 Bit Adressen nicht mehr aus. Das sind gerade mal 4,2 Milliarden, das bedeutet nicht jeder Mensch kann eine bekommen, von den vielen Geräten die nicht direkt vom Menschen bedient werden aber einen Zugang zum Netz haben wie Server ganz zu schweigen.

Die Kehrseite des Web 2,0 ist allerdings, dass auch die Seiten immer aufwendiger werden. Inzwischen gestalten schon Institutionen die sich an die breite Öffentlichkeit wenden ihre Webseiten auf Basis von Flashanimationen. Das hat der Autor bei zahlreichen Raumfahrt-Agenturen festgestellt die er regelmäßig besucht wie die NASA oder ESA. Damit bleiben aber alle vor, die Flash aus Sicherheitsbedenken (inzwischen eine der wichtigsten Quellen für Viren) oder weil es auch für nervige Werbung genutzt werden abgeschaltet haben. Genauso haben Besitzer älterer Rechner keine Freude mehr an den Flashanimierten Seiten. Seiten die nur aus Text und Bildern bestehen, wie die des Autors sind so am aussterben. Bei der ESA findet man immer mehr Videos anstatt Dokumenten. Wie bei Software: die Version 2,0 ist der Feind der Version 1.0.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.

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