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Was ist drin... in "Raffinierte Eiskreation Amarena"

Bei dem heutigen Produkt handelt es sich zum wiederholten Male um ein Eis. Wie immer in der Rubik "Was ist drin" vergleiche ich die Aufmachung mit der Wirklichkeit und erläutere kurz wie man die einzelnen Bestandteile des Zutatenverzeichnisses liest und was man darunter zu verstehen hat Blau geschriebene Teile sind wie immer von der Packung übernommen.

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Die Packung wirbt recht deutlich mit "mit Sahne verfeinert". Die Abbildung zeigt ein vorwiegend weißes Milcheis, mit roter Soße und Sauerkirschen. Die Verkehrsbezeichnung wird konkreter: Eiskrem (9% Milchfett im Eisanteil), Vanille mit Sauerkirschcocktail (17 %) und Amaranakirschen (5%). Die Verkehrsbezeichnung ist eine Umschreibung des Produktes, die es dem Verbraucher ermöglicht zu erkennen warum es sich handelt, während der Produktname frei gewählt werden kann und auch falsche Behauptungen enthalten kann - prominentes Beispiel war eine "Rote Grütze" die keinerlei Frucht enthielt, sondern nur eingefärbte rote Masse mit Fruchtaroma war.

Zutatenverzeichnis

Kleiner MilchgenussEntrahmte Milch: Praktisch ausgestorben ist es heute, Speiseeis aus normaler Milch herzustellen. Es ist wesentlich preiswerter, entrahmte Milch zu verwenden, die nur wenig Fett (maximal 0,5%) enthält und dann Sahne oder Butterreinfett als Ausgleich für den Fettanteil zuzugeben. Das hat allerdings auch geschmackliche Konsequenzen, den Butter und Sahne schmecken nun mal anders als Milch.

Molkenerzeugnis: Immer dann wenn die Beschreibung unpräzise wird, (was wurde denn aus der Molke hergestellt?) wird man als Lebensmittelchemiker hellhörig. Bei der Käse- und Quarkherstellung, aber auch Butterung entsteht Molke. Das ist der Rest wenn die Proteine durch Enzyme oder Säure ausgefällt werden, wobei diese auch das Fett einschließen. Je nach Verfahren ist es Süß- oder Sauermolke. Sie enthält einen Teil der Mineralstoffe (Calcium kann je nach Verfahren mitgefällt oder nicht sein, ein kleinen Teil des Eiweißes (die löslichen Proteine) und je nach Verfahren noch etwas Laktose oder Milchsäure. Unter einem Molkenerzeugnis wird meistens die Eiweißfraktion verstanden. In diesem Falle würde ich dies aber fast ausschließen, da im fertigen Produkt nur 1,3% Eiweiß enthalten ist. Da entrahmte Milch schon 3,5% Eiweiß enthält und Hauptzutat ist, kann das Produkt nicht mit Eiweiß angereichert sein.

Sahne (14%): Nun kommt der Fettausgleich. Da Für Eiskrem ein Fettanteil von 10% vorgeschrieben ist, normale Milch aber nur 3,5% Fett enthält muss Sahne zugesetzt werden. Gelichzeitig verändert sie den Geschmack in Richtung, rahmig, sahnig.

Zucker: Natürlich notwendig, damit das Eis süß schmeckt

Glucosesirup: Gluosesuirup ist zum einen preiswerter als Zucker, er ist auch nicht so süß und er hat einige technologische Eigenschaften die ihn vom Zucker unterscheiden. So kristallisiert er nicht so leicht aus. Prinzipiell ist er jedoch ein anderes Süßungsmittel im Eis.

Sauerkirschsaft aus Fruchtsaftkonzentrat: Da er erst nach dem Zucker auftaucht, ist klar, dass der oben deklarierte Sauerkirschanteil sich auf den Saft bezieht. Da aber Konzentrat zugesetzt wird (auch nach dem Auftauen ist das ganze sehr zähflüssig) erklärt sich der geringe Kirschsoßenanteil im Produkt

Butterfett: Butterfett ist aufgeschmolzene Butter, bei der auch der letzte Wasseranteil entfernt wurde. Es besteht nur aus Fett und weist einen intensiven Buttergeschmack auf. Hier wird es aus zwei Gründen zugesetzt. Zum einen ist nur so bei dem kleinen Sahneanteil der ausgewiesene Fettanteil erreichbar und zum anderen ergibt sich so ein rahmig-butteriger Geschmack.

Kirschen: Jetzt kommen die Kirschen als kosmetische Zutat fürs Auge

Glucose-Fructose-Sirup: Ein weiterer Zuckersirup, der durch enzymatische Spaltung von Stärke hergestellt wird. Durch andere Enzyme entsteht dadurch auch ein kleiner Anteil an Fruktose. Er ist wie der Glucosesirup ein Süßungsmittel nur mit höherer Süßkraft.

natürliches Vanillearoma: Das ist Aroma, gewonnen aus Vanille, aber nicht unbedingt zerkleinerte Vanilleschoten, sondern dazu werden die Hülsen extrahiert, das letzte Aroma entzogen und dieses dem Eis zugesetzt.

Hibiskus-Extrakt: Eigentlich gehört Hibiskus nicht in ein Eis hinein. Er hat hier nur eine Funktion: er färbt es ein. Hibiskusextrakt ist intensiv rot und wird deswegen zugesetzt

Karotten-Extrakt: Das ist das gleiche wie beim Hibiskuextrakt, nur eben im Farbton gelb-orange

Emulgator (Mono- und Diglyceride von Speisefettsäuren): Praktisch jedes industriell hergestellte Speiseeis enthält Emulgatoren. Sie haben verschiedene Funktionen. Sie verbinden Fett und Wasser und sorgen dafür, dass das Eis wenn es beim Transport nach dem Kauf antaut sich Fett und Wasser nicht trennen. (im gefrorenen Zustand sollte die Mischung auch so stabil sein, sodass selbst gemachtes Eis keine Emulgatoren benötigt, zumal ja auch die Sahne und die Milch natürliche Emulgatoren enthalten). Dann werden Emulgatoren vor allem aber zugesetzt, um Luft einzubringen und diese stabil zu halten: Dieses Eis hat eine Dichte von etwa 0,48 g/cm³, selbstgemachte Eiskreme eher eine von 0,85.

Stabilisatoren: (Johannisbrotkernmehl, Guarkernmehl, Pektine): Ein Stabilisator hat eine ähnliche Wirkung wie ein Emulgator. Er soll die Mischung der einzelnen Substanzen stabilisieren. Hier werden jedoch Verdickungsmittel eingesetzt deren Hauptfunktion es ist, das Eis zu verdicken, dass ja vor allem aus Milch und nicht aus Sahne besteht, die dickflüssiger ist.

Säuerungsmittel: Zitronensäure. Zur Geschmacksabrundung, macht den Sauerkirschgeschmack etwas "frischer"

Rote Beete Saftkonzentrat: ein weiteres Färbungsmittel, nun mehr in Richtung rot-violett.

natürliches Aroma: Da kann so ziemlich alles sein. was für ein Aroma wird ja nicht angegeben

kann Spuren von Nüssen enthalten. Trotz größter Sorgfalt können vereinzelt Kirschkerne enthalten sein. Das sind notwendige und gesetzlich vorgeschriebene Warnhinweise. Die Warnung vor Nüssen ist für Allergiker notwendig. Da Eis verschiedenster Sorten in denselben Anlagen produziert wird, kann es vorkommen dass Nusseisreste in kleiner Menge noch in Leistungssystemen oder Bottichen verbleiben, ebenso ist eine Kontamination durch Staub beim Beschicken der anlagen möglich. Da Allergiker je nach Schlimme der Erkrankung schon auf kleinste Mengen reagieren ist dieser Warnhinweis notwendig.

 

Nährwerte

Alle Angaben pro 100 ml (1 Portion)  
Energie 492 kJ (117 kcal)
Eiweiß 1,3 g
Kohlenhydrate 18,2 g
davon Zucker 17,1 g
Fett 4,3 g
davon gesättigte Fettsäuren 2,9 g
Ballaststoffe 0,2 g
Natrium 0,03 g

Der Energiegehalt ist recht gering. Verglichen mit anderen Speiseeissorten ist der Fett- und Eiweißgehalt recht klein. Der Zuckergehalt dagegen liegt im Normbereich. Einige Dinge sind auffällig. So ist der Hauptbestandteil entrahme Milch. Sie steht an erster Stelle im Zutatenverzeichnis. Sie ist auch mit der Sahne der einzige Bestandteil der Eiweiß enthält. Nun enthält Milch 3,5 % Eiweiß, Sahne 2,4%. Trotzdem ist der Eiweißgehalt hier bei nur 1,3%, obwohl die ganze Mischung weiß ist. Wie dies möglich ist, zeigt sich am Fettgehalt. Der Milchfettanteil sollte nach Deklaration 9% betragen. Da alle Zutaten, die Fett enthalten Milchprodukte sind besteht es nur aus Milchfett. Da in dem Volumen nur noch 4,3 g enthalten sind, beträgt der Anteil an Eis pro 100 ml nur 4,3% / 9 % * 100 ml = 47,7%. Der ganze Rest ist Luft. So erklärt sich auch zwanglos der niedrige Eiweißgehalt. Das bedeutet aber auch, dass der Zuckeranteil ohne die Luft doppelt so hoch ist und bei >37% liegt.

Beurteilung

Wenn die Packung geöffnet wird, so sieht man dass nur oben Kirschen zu sehen sind und auch nur oben die Soße. Der ganze Rest des Eises ist weißes Milchspeiseeis, ah halt, Milchspeiseeis darf sich das ja nicht nennen, dazu später mehr. Das verwundert angesichts des Anteils von 22% Kirschen doch. Der Grund liegt darin, dass es kein klassisches Eis ist. Um das Volumen zu erhöhen wurde sehr viel Luft untergeschäumt. Das drückt sich auch in der geringen Energiemenge pro 100 ml aus.

Nach der Speiseeissätzen, aber auch den Leitsätzen des deutschen Lebensmittelbuches enthält Eiskrem 10% Milchfettanteil. Das ist hier nicht gegeben. Es sind nur 9%. Also durfte es sich nicht Eiskrem nennen. Ich würde es eher als Eisschaum bezeichnen.

Dieses Eis gibt es in mehreren Sorten. Eine andere habe ich schon mal hier resümiert. Alle schmecken sehr rahmig, sehr schaumig, sind also viel luftiger als normale Eissorten und haben auch ein komplett anderes Zungengefühl. Das ist eine Enttäuschung für alle die normales Eis mögen, das man viel länger lutschen kann. Auf der anderen Seite ist eine Portion energieärmer, wenn man wie der Autor gewöhnt ist eine bestimmte Menge zu essen.

Geschmacklich fällt schon dasselbe auf wie beim Bananensplit: Das Fruchtaroma ist recht künstlich und es ist zu wenig Furcht enthalten. Die Frucht schmeckt nicht so sehr nach Sauerkirschen (eigentlich nur die wenigen als Zierde vorhandenen Kirschen schmecken nach Sauerkirschen), sondern es ist dieses künstliche Aroma von Konditorkirschen die als Zierde auf Torten drauf sind. Viel stärker kommt der Rahmgeschmack heraus. Amarenakirschen sind eingelegte Sauerkrischen, die ein Mandelaroma angenommen haben. Nun ist ein solches auch erkennbar, aber nicht richtig deutlich herausschmeckbar.

Ich empfinde finde das Eis daher als künstlich und schlecht zusammengestellt. Es gibt andere Sorten die Karamell, Eierlikör oder Nusszusätze haben und bei denen passt das Aroma zu diesem rahmigen Grundton und ist auch nicht so künstlich. Es ist vielleicht etwas für Leute die gerne Rahmeis mögen, also Eis mit einem hohen Sahneanteil, denn danach schmeckt es vor allem und sich vor den Kalorien scheuen. Allerdings geht diese Geschmacksrichtung in keiner Weise aus der Aufmachung oder Beschreibung heraus. Wer mehr einen Milchgeschmack oder gar einen Fruchtgeschmack nach Sauerkirschen erwartet, der wird wie ich enttäuscht sein.

Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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