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Was ist drin... in "Döner - umgedreht"

Einleitung

Diese Rubrik erklärt Nahrungsmittel - nicht die Nahrungsbestandteile wie in der Ernährungslehre, also ihr Gehalt an Vitaminen, Mineralstoffen und energieliefernden Bestandteilen, sondern was zugesetzt wurde, warum, und welche Funktion der eine oder andere Zusatzstoff oder energieliefernde Bestandteil haben könnte.

Heute geht es um ein Volksgericht - diesmal aber als Fertiggericht. Es handelt sich um einen Döner, der in der Mikrowelle erwärmt wird (1,5 Minuten bei 600 Watt). Alle Angaben auf der Verpackung sind in blauer Schrift.

Verkehrsbezeichnung und Verpackungsangaben

"XXXXX's umgedrehter Döner*"

XXXXX steht für den Hersteller, der nicht wichtig für die Rubrik ist. Das ist der Name des Produktes. Der Stern wird weiter unter erklärt mit "Unser Döner ist wie der Urdöner nicht vom Drehspieß, sondern vom Grill.".

Die eigentliche Verkehrsbezeichnung findet man recht groß darunter:

"Fladenbrottasche mit Hähnchenfleischzubereitung, gegart und leckerer Sauce".

Darunter findet man den Text:

"Mit Packung in die Mikrowelle und fertig ist der Döner".

Inhaltsverzeichnis

Neben dem Zutatenverzeichnis findet man auch Nährwertangaben auf der Packung:

Zutaten:
Brot (45%): Weizenmehl, Trinkwasser, Kochsalz, Hefe, Milch (enthält Laktose), Backmittel (pflanzliches Öl, Mehlbehandlungsmittel: L-Cysteine):

Brot muss als Lebensmittel getrennt aufgeschlüsselt werden. Hier geschieht dies recht vorbildlich: Die einzelnen Lebensmittel sind in einzelnen Absätzen ausgeführt und damit ergibt sich eine Struktur und es ist auch leichter verständlich. Die Prozentangabe ist nötig, weil "Fladenbrot" in der Verkehrsbezeichnung vorkommt, das ist gesetzliche Vorschrift für alle Lebensmittel die hervorgehoben werden und gilt auch für die beiden anderen Hauptbestandteile Fleischzubereitung und Soße.

Beim Brot muss nichts viel erwähnt werden. Für Personen mit Laktoseintoleranz wird die Laktose separat ausgewiesen. Allerdings müsste diese Information nicht in der Aufzählung der Zutaten stehen, sondern davon abgetrennt damit Allergiker die Information leichter erfassen können, ohne das ganze Zutatenverzeichnis durchzulesen. Weiterhin ist für den Autor pflanzliches Öl eine normale Zutat und kein Backmittel, das würde für Emulgatoren zutreffen, die aus pflanzlichem Öl hergestellt werden und auch in Brot zum Einsatz kommen, nur müsste dann eben dort Emulgatoren stehen....

Das Mehlbehandlungsmittel L-Cystein (es ist zumindest in Deutschland nur diese Schreibweise übrig, in Amerika heißt es wirklich L-Cysteine) wird bei Brot zugesetzt um die Klebereigenschaften des Mehles zu verbessern. Der Teig wird weicher und verformbarer, so ist das Fladenbrot formbar. Weiterhin benötigt der Teig weniger Gärzeit und der teig wird lockerer. Die Aminosäure baut Disulfidbrücken im Teig auf, die stabile chemische Bindungen sind und die dann Gas fest einschließen können.

Fleischzubereitung (40 %): Hähnchenfleisch (97 %), Zwiebeln, jodiertes Speisesalz, Gewürze (u.a. Knoblauch), gekörnte Brühe (Würze, Salz, pflanzliches Öl), Dextrose;

Natürlich ist Hähnchenfleisch der Hauptbestandteil, die anderen Teile sind Gewürz und an sich ist hier nichts besonderes zu erkennen. "Dextrose" als Zutat ist ein weiterer Hinweis, dafür, dass der Hersteller entweder aus den USA kommt oder dort seinen Hauptmarkt sieht (andere Produkte der Firma sind z.B. Hamburger und Cheeseburger). Es handelt sich um Traubenzucker, der zur Geschmacksabrundung zugesetzt wird und als Nebeneffekt mit dem Fleisch eine Maillardreaktion eingeht. Diese Reaktion ist verantwortlich für die braune Farbe und den würzigen Geschmack der Kruste und z.B. der Grund warum Braten auch gemehlt wird.

Würzsauce (15 %): Wasser, pflanzliches Öl, Zucker, Branntweinessig, Speisegelatine, Stärke, Milcheiweiß, Speisesalz, Gewürze, Speisesenf (Wasser, Senf, Branntweinessig, Salz), Kräuter, Verdickungsmittel: Xanthan, Carrageen, natürliches Aroma.

Die Würzsoße unterscheidet sich von der üblichen Jogurthsoße. Die Säuerung kommt hier durch Essig. Sie wird durch Gelatine und Stärke verdickt. Zusätzlich sind noch zwei Zusatzstoffe als Dickungsmittel zugesetzt worden: Xanthan ist ein universell einsetzbares Dickungsmittel, das unempfindlich gegenüber Säure, aber auch Kälte und Hitze ist, was wichtig bei einem Produkt ist, das gekühlt wird und in der Mikrowelle erhitzt wird. Die Stärke und die Gelatine leisten dies beides nicht. Carrageen stabilisiert vor allem Öl in Wasser Emulsionen, wie sie hier durch das Öl im Wasser vorliegt und findet sich deswegen auch häufig in Speiseeis.

Kann Spuren von Sellerie und Sesam enthalten.

Das ist die Allergikerinformation, die eigentlich um die oben angeführte Laktose ergänzt werden sollte.

Der zweite Teil ist die Nährwertkennzeichnung:

Nährwerttabelle (je 100 g):
Brennwert:  866 kJ, 206 kcal
Eiweiß/Protein: 15,0 g
Kohlenhydrate:  22,0 g
davon Zucker: 5,5 g
Fett:  6,0 g
davon gesättigte Fettsäuren:  0,6 g
Ballaststoffe:  1,9 g
Natrium: 0,71 g

Es ist bei einem Fertigprodukt, das ja eine Portion darstellt und als ganzes gegessen wird, nicht so sinnvoll, die Nährwertangaben pro 100 g anzugeben, obwohl diese recht günstig sind, da Hühnerfleisch recht fettarm ist und auch die Soße nicht so viel Fett enthält. Selbst auf die Portion bezogen (200 g) ist es für eine Hauptmahlzeit noch recht energiearm (rund 1700 kJ).

Das zweite auffällige ist der hohe Zuckergehalt von 5,5%. Zucker ist nur in als letzte Zutat bei der Füllung angegeben (da die Zutaten in abnehmender Menge angegeben werden, also der mit der geringsten Menge), das kann es nicht sein. Vielmehr muss er aus der Würzsoße stammen, doch da die selbst nur 15% der Menge ausmacht, muss diese aus einem Drittel aus Zucker bestehen - geht da nicht weniger oder Süßstoff.

Beurteilung

Der Hersteller legt großen Wert darauf, dass sein Fleisch vom Grill kommt und nicht vom Drehspieß. Das bringt den Lebensmittelchemiker auf das Stichwort der berechtigten Verbrauchererwartung, also was versteht man unter einem Döner. Dieses Gericht hat sich bedeutend gewandelt, seit es nach Deutschland kam. Wie der Hersteller richtig erkannte, verstand man lange Zeit unter "Dönerkebab" ein Gericht aus Schaf- oder Hammelfleisch in Spießen die über dem Grill geröstet wurden, also mehr so etwas wie Cevapcici. Allerdings hatte sich schon bevor der Döner nach Deutschland kam, die Herstellung am Drehspieß durchgesetzt, aus geschichtetem Fleisch. In dieser Form gab es den Döner schon in der Türkei. Auch in der Form mit zugesetztem Hackfleisch. Es gibt nicht den Döner, sondern mehrere mögliche Zubereitungsarten.

Als er nach Deutschland kam, wurde aus ihm ein Massenphänomen. Wie der Hersteller schreibt, gibt es heute mehr Umsatz mit Döner als mit anderen Fastfoodgerichten. Das führte auch zur Massenproduktion und die Qualität sank, was schließlich zu einer semigesetzlichen Regelung führte: 1989 erging ein Urteil das einen Mindeststückfleischanteil von 40% festschreibt. In den Leitsätzen, also dem was Beurteilungsgrundlage ist wird darüber hinaus als Fleisch grob entsehntes Rinder, Kalb und Schafsfleisch festgelegt und der bindegewebsfreie Teil (das Muskelfleisch) muss mindestens 65% bei histologischer und 75% bei chemischer Bestimmung liegen - es ist also nicht möglich sehr große Mengen an Sehnen oder anderem Bindegewebe zusetzen.

Alles andere darf sich nicht Döner nennen, weshalb die (seit BSE ein Thema ist) aufgetauchten Döner aus Geflügelfleisch dann einen Namenszusatz bekommen wie "Chicken-Döner".

Bei Döner gibt es für den Verbraucher zwei grundsätzliche Probleme: Die enormen Verdienstspannen, wenn das eigentlich vorgeschriebene Fleisch (Rind, Kalb, Schaf) durch anderes ersetzt wird, vor allem wenn dies dann billiges Hackfleisch anstatt teurem stickigem Fleisch genommen wird. (Vom Zusatz von Sehnen und anderem Bindegewebe nicht zu sprechen). Das weitere ist natürlich bei einem Produkt, das Hackfleisch enthält (immerhin bis zu 60% sind erlaubt) natürlich die Hackfleischverordnung: Das bedeutet die fertigen Drehspieße müssen kühl gelagert werden und innerhalb von 24 Stunden verbraucht werden.

Ein Kollege von mir fasste mal die Erfahrungen mit Döner-Drehspießen so zusammen: "Wer als Lebensmittelchemiker Döner isst, bei dem siegt die Hoffnung über die Erfahrung". Denn fast alle Döner waren bei den Untersuchungen fast nur aus Hackfleisch. Kein stückiges Fleisch war zu sehen. Das Fleisch war aufgrund der Färbung garantiert kein Rinderhackfleisch sondern, maximal Halb-Halb und einige waren innen grün, weil sich schon Bakterien durch Unterbrechung der Kühlkette vermehren konnten.

Das kann bei diesem "Ur-Döner" aus Hähnchenflesich nicht passieren, wobei ich aber eher vermute, dass der Drehspieß sich nicht für die Massenproduktion eignet und daher der Umstieg auf den Grill erfolgte. Das Hühnerfleisch folgt dem Trend weg von "rotem" Fleisch zu fettarmen Geflügelfleisch, was natürlich zu einem recht fettarmen Produkt führt (an dem geringen Anteil von gesättigten Fettsäuren ist auch ersichtlich, dass das Fett vor allem aus den pflanzlichen Ölen stammt). Auf der anderen Seite ist natürlich der hohe Zuckergehalt zu bemängeln.

Wie schmeckt nun das Produkt. Nun da der Autor nicht zu den Lebensmittelchemikern gehört, die so viel Vertrauen in die Dönerhersteller haben (was auch zahlreiche Gerichturteile, selbst gegen Großproduzenten dieser Drehspieße nahelegen) und Döner allgemein nicht mag, habe ich den Döner von einem Experten verkosten lassen. Hier sein Urteil:

"Wenn der Döner aus der Mikrowelle kommt, ist das Brot eher weich und die kleinen Fleischstücke befinden sich in einer weiß-hellbraunen Sauce mit ein paar sichtbaren Kräutern. Das Brot für sich alleine ist auch im Mund weich, schmeckt aber wie das Fladenbrot aus einem Dönerladen. Das Fleisch ist in kleinen "Schnipseln" und ist braun mit Stellen, die aussehen als wenn das Fleisch gebraten worden ist. Das Fleisch schmeckt mit der Sauce zusammen angenehm, ist nicht zu lasch oder zu scharf, allerdings ist es nicht direkt vergleichbar mit dem frischen Döner (da ist ja noch etwas stärker gewürzt und das Fleisch ist auch nicht so leicht zu kauen, weil es ja die ganze Zeit gegrillt wird)."

Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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