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Kalkon - die neue Werbung

Hinweis: Aus markenrechtlichen Gründen kann ich den wahren Namen um welchen es bei diesem Produkt geht nicht nennen, doch man kann ihn sich ja denken.

Unter den Seiten die ich habe bekomme ich mit die meisten Kommentare zu meinen beiden Kalkon Artikeln. Ab und dann meinen auch erboste Endverbraucher ich wäre der Hersteller und beschweren sich über das Produkt. Nun habe ich wieder eine Mail bekommen, indem sich der Absender über zerbröckelte Tabs beschwert. Grund genug sich wieder einmal Kalkon zu widmen. Im Prinzip gibt es ja nichts neues zu sagen. Chemisch gesehen handelt es sich um dasselbe Produkt und was in meiner Seite über Kalkon steht gilt auch heute noch. Doch die Werbung hat sich nun etwas gewandelt. Nach wie vor ist Kalkon die auffälligste Werbung wenn es darum geht beim Verbraucher Ängste zu schüren. Doch nun kleidet sie sich in "wissenschaftlichem" Gewandt. Ich widme mich nun der Werbung wie sie im Frühjar 2008 geschaltet wird:

Hier ein paar Aussagen:

Also zur Klarstellung: Natürlich haben viele Bundesbürger kalkhaltiges Wasser. Das ist normal, seit etwa einem Jahrhundert den Waschmittelherstellern bekannt. Deswegen gibt es bei den Waschmitteln ja auch schon Wasserenthärter im Produkt. Er macht sogar den größten Teil der Masse aus. Auf jeder Packung steht, dass man das Waschmittel je nach Härtegrad unterschiedlich stark dosieren muss. Wie viel Kalk es bei Ihnen sind, erfahren sie durch einen Anruf bei ihrem lokalen Wasserwerk, vielleicht auch schneller durch die Eingabe ihres Wohnorts und des Stichworts "Wasserhärte" in Google.

Lohnen tut sich Kalkon eigentlich nur, wenn sie dadurch Waschmittel sparen können, sie also das Waschmittel sparsamer dosieren können. Da Kalkon aber 5,49 Euro für 15 Anwendungen kostet, ist das recht unwahrscheinlich. Denn selbst Markenwaschmittel für diesen Preis lassen 20-25 Waschgänge bei höchstem Härtegrad zu. In Zahlen ausgedrückt: Aldis und Lidls Waschmittel, die im Stiftung Warentest Test 3/2005 genauso gut wie Persil, und besser als Ariel und andere Marken abschnitten, kosten 11ct/Waschgang. Persil liegt bei 27 ct/Waschgang. Die Zugabe von Kalkon erhöht die Kosten pro Waschgang aber um 36 ct - ist also mehr als dreimal so teuer, wie ein preiswertes Waschmittel.

Selbst wenn man dies unter dem Risiko betrachtet: "Meine Waschmaschine geht vorzeitig kaputt!" wird nichts draus. Nehmen wir an sie verzichten auf Kalkon und waschen zweimal in der Woche. Über 10 Jahre sparen sie dann 380 Euro für Kalkon. Eine empfehlenswerte Waschmaschine ist z.B. die Bosch WAE 28140 - Energieffizienzklasse A, Testnote 2.0 bei Stiftung Warentest. Sie gibt es aber schon für 378 Euro. Anders ausgedrückt: Wenn sie sich anstatt alle 10 Jahre alle 5 Jahre eine neue Maschine anschaffen und auf Kalkon verzichten, ist das immer noch billiger als Kalkon zu nehmen und sie sparen auch noch Strom und Wasser.

Zuletzt noch eine Bemerkung als Chemiker: Natürlich ist der Kalk nicht weg, wenn Kalkon zugesetzt wird. Er ist nur chemisch gebunden, so dass er nicht mit dem Teststreifen reagiert und sich auch nicht so leicht an den Heizspiralen absetzt. Das machen Komplexbildner, von denen Kalkon sehr viel enthält. Nach eigenen Aussagen  des Herstellers 3 mal mehr als andere Wasserenthärter. Doch 3 mal mehr heißt nicht 3 mal besser. Wenn der ganze Kalk gebunden ist, hat man eben nur einen Großteil des Komplexbildners umsonst zugesetzt.

Es gibt auch andere Verfahren die Ablagerung von Kalk zu minimieren. Neben der richtigen Dosierung des Waschmittels ist es empfehlenswert eine möglichst geringe Temperatur zu wählen. Bei der Wäsche schleicht sich gerne ein Trott ein, man dosiert und wäscht so, wie man es seit Jahrzehnten gewohnt ist. Doch heute fehlen weitgehend Füllstoffe im Waschmittel, die es früher noch gab. Man braucht viel weniger Waschmittel. Vor allem enthalten heutige Waschmittel Enzyme, die auch hartnäckige Flecken, bei niedrigen Temperaturen auflösen. 95 °C braucht man praktisch nur bei Wäsche die man desinfizieren muss, wie z.B. im Krankenhaus. Normalerweise reicht für Weißwäsche 60 °C  aus. Ein Versuch bei 40 °C würde ich empfehlen, normalerweise werden sie das gleiche Ergebnis bekommen. Inzwischen gibt es schon Waschmittel mit Niedertemperaturenzymen, die bei 20 °C arbeiten - dann brauchen sie garantiert keinen Enthärter mehr, denn dann wird ihr Wasser kaum noch erhitzt.

Wer die Waschmaschine an die Warmwasserversorgung angeschlossen hat, spart nicht nur Energie (sofern das Warmwasser nicht elektrisch erzeugt wird) sondern kann auch geringer dosieren, denn nun entfällt das Erhitzen in der Waschmaschine. Anders als die Kalkon Werbung suggeriert, gibt es die meisten Ablagerungen nicht in irgendwelchen Gummischläuchen, sondern bevor diese zu sind, ist ihre Heizwendel so verkalkt, dass diese kaum noch das Wasser heizt und das merken sie sehr bald.

Die Frage die sich viele stellen: Kann ich merken, dass ich freien Kalk habe, also Wasserenthärter (es muss ja nicht Kalkon sein) zu dosieren muss oder mehr Waschmittel brauche. Es gibt keine allgemein gültige Antwort, aber wenn das Waschergebnis schlecht ausfällt, also die Wäsche nicht richtig sauber wird. Dann kann dies ein Indiz sein. Denn wenn freier Kalk vorhanden ist, so kann er auch mit den Tensiden reagieren, die zu einem guten Teil für die Reinigung verantwortlich sind. Das zweite Indiz kann eine graue Verfärbung von Weißwäsche sein, sogenannter Grauschleier. Dieser entsteht wenn sich Tenside und andere Stoffe mit Kalk verbinden und unlösliche Produkte entstehen. Sie ziehen dann auf die Fasern auf. Allerdings enthalten viele Waschmittel um dies zu verhindern Grauinhibitoren. Persil wirbt sogar explizit mit diesem Zusatz.

Ich habe mich bemüht einen wirtschaftlichen oder ökologischen Grund für dieses Produkt zu finden. Doch selbst bei den teuersten Waschmitteln ist es immer noch billiger, den Dosierempfehlungen zu folgen, und bei hartem Wasser mehr Waschmittel zu dosieren, als Kalkon zuzusetzen, einfach weil es so teuer ist. (Nebenbei gesagt: Die Preispolitik ist etwas komisch. Folge ich dem Link auf der Herstellerseite für "Online Kaufen" zu dem Partner Schlecker, so kann man einmal dort 15 Tabs für 5,49 und einmal für 11,99 Euro kaufen. Das ebenfalls vertriebene Produkt für Geschirrspüler gibt es zum gleichen Preis einmal mit normalen Inhalt und einmal mit 30 % extra).

Ökologisch macht es keinen Sinn, weil das Produkt wie der Hersteller schreibt "3 mal mehr Kalk bindet als andere Wasserenthärter". Das bedeutet eben auch die dreifache Menge an diesen Stoffen, und so kann man es nicht an die regionale Wasserhärte anpassen, und tut der Umwelt auch keinen Gefallen.

Zuletzt noch etwas zu den "Empfehlungen führender Waschmaschinenherstellern". Warum empfehlen diese Kalkon? Nun zum einen ist das ein Geschäft bei denen jeder für den anderen Werbung macht. Kalkon bringt die Labels der Waschmaschinenhersteller groß auf jeder Verpackung und in der TV Werbung. Die Waschmaschinenhersteller erwähnen Kalkon (wie ich von meiner eigenen Waschmaschine weiß) nur am Rande in der Bedienungsanleitung. Es profitieren also die Waschmaschinenhersteller mehr als der Hersteller von Kalkon. Darüber hinaus ist es risikolos für die Waschmaschinenhersteller: Kalkon mag nutzlos sein, aber es schadet der Maschine nicht. Man kann also nichts falsch machen. Das ist wie wenn ein PKW Hersteller Superbenzin für ein Auto empfiehlt das nur Normalbenzin braucht: Das bringt zwar keinerlei Vorteile, aber es schadet auch nicht. Nur der Konsument bezahlt für etwas, was er gar nicht braucht.

Fazit

Ein überflüssiges, überteuertes Produkt braucht miese Werbung sonst kauft es keiner.

Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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