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ROSAT war der technisch anspruchsvollste deutsche Forschungssatellit, der bis heute gebaut wurde. Heute ist er weitgehend vergessen. Es wird Zeit, dass ich an dieser Stelle an ihn erinnere.
Röntgen- und Gammastrahlen sind sehr durchdringend. Das weiß jeder, deswegen nutzt man sie auch zum Untersuchen des Körperinneren. Gammastrahlen kann man nicht bündeln. Sie sind extrem durchdringend und dies muss man beim Bau von Detektoren beachten. Die Detektoren für Gammastrahlen sind daher sehr groß, um möglichst viele Strahlen einzufangen und um bei der Durchquerung des Detektors durch Sekundärereignisse ihren Ursprung feststellen zu können.
Röntgenstrahlen sind dagegen fokussierbar, nicht so wie optisches Licht, aber dies erlaubt es Aufnahmen zu machen. Der deutsche Experimentalphysiker Hans Wolter entdeckte, dass Röntgenstrahlen beim streifenden Kontakt (< 2 Grad) auf extrem glatten Oberflächen von diesen reflektiert werden. Ordnet man derartige Oberflächen in bestimmten Krümmungsradien an, so werden Röntgenstrahlen wie Licht fokussiert. Diese Konstruktion wird seitdem "Wolter Teleskop" genannt. Sie besteht aus mehreren Ringen aus Spiegeln, angeordnet in konzentrischen Kreisen. Beim deutschen Röntgensatelliten waren es insgesamt vier mit acht Spiegeln. (Bild links). Je mehr Spiegel man einsetzt, desto mehr Strahlen werden reflektiert, desto mehr Öffnungsfläche nutzt man. So hat XMM als letzter europäischer Röntgensatellit schon 58 Spiegel pro Teleskop. Ein Wolter Teleskop besteht aus parabolischen Zylinderstücken im vorderen Teil, welche die Röntgenstrahlung fokussieren, und hyperbolischen Spiegelteilen im hinteren Teil, welche den Abbildungsfehler durch die streifende Bewegung ausgleichen.
Als Wolter "seine" Röntgenoptik an der Universität Kiel erfand und zum Patent anmeldete, hatte er nicht die Anwendung in der Röntgenastronomie im Sinn, sondern wollte ein Röntgenmikroskop entwickeln, dass wegen der kurzen Wellenlänge eine bessere Auflösung als ein Lichtmikroskop haben würde, was allerdings nicht zum Erfolg führte. An den Einsatz in Teleskopen dachte er damals nicht.
Die Anforderungen an den präzisen Bau sind enorm. Die mit einer 50 nm dicken Goldbeschichtung versehenen Spiegel von ROSAT, müssen eine Oberflächenrauigkeit von 0.3 nm (entsprechend dem Durchmesser von 3 Wasserstoffatomen) unterschreiten.
Detektiert wurden Röntgenstrahlen zuerst von Einzeldetektoren, später Array Detektoren und zultzt begann man CCD Chips herzustellen. Ein "Spin-Off" der deutschen Forschung für ROSAT und XMM war z.B. der erste Chip der Röntgenstrahlen detektieren, und als Bild sichtbar machen konnte. Er zog relativ rasch in den Klinik Alltag ein und heute macht sogar mein Zahnarzt seine Röntgenaufnahmen nicht mehr mit Film. Als Nebenprodukt sind die Bilder von neueren Observatorien wie Chandra auch vergleichbar optischen Aufnahmen.
Im elektromagnetischen Spektrum spricht man von Röntgenstrahlen bei einer Energie von 100 eV bis 250 keV, das entspricht einer Wellenlänge von 0,005 nm - 10 nm. Der obere Bereich ist relativ gut abgegrenzt an das Extreme UV, der untere ist Bereich grenzt an den Gammastrahlenbereich. Hier gibt es verschiedene Definitionen, wo diese anfangen.
In den fünfziger Jahren wurde von dem deutschen Physikprofessor Wolter die Technologie erfunden, mit der man Röntgenstrahlen an flachen Oberflächen reflektieren und bündeln kann. Dadurch ist es möglich, auch für Röntgenstrahlung ein Teleskop zu bauen. Der erste Satelliten mit einem abbildenden Teleskop im Röntgenbereich war das Einstein Observatorium HEAO-B der NASA. Hier lieferte Fa. Heraeus in Hanau das Quarzglas für die Spiegel.
Sehr bald entwickelte sich Carl Zeiss zu einem der führenden Hersteller solcher Optiken. Als deutsche Astronomen im Jahr 1972 anfingen, uns für Röntgenteleskope zu interessieren schrieb Prof. Joachim Trümper etwa 10 deutsche Optikfirmen (darunter Zeiss, Leitz, Rodenstock) an, um zu erkunden, wer auch Interesse an der Entwicklung der Optiken für Röntgenstrahlen hat. Die einzige positive Antwort kam von Professor Köhler, der Leiter der Teleskopabteilung von Fa. Zeiss war, die sich u.a. mit der Entwicklung der Spiegel für das 2.2m und 3.6m Teleskop für das MPI für Astronomie in Heidelberg befasst waren. Wegen der total anderen Geometrie und der extremen Anforderungen an die Mikrorauigkeit war der Einstieg in die Röntgenteleskop-Entwicklung für Zeiss eine große Herausforderung.
ROSAT wurde vom MPE 1975 vorgeschlagen. In den späten siebziger Jahren gab es zahlreiche Versuche Detektoren und Wolter Teleskope in Ballonaufstiegen und Höhenraketen zu erproben. Als 1983 der Satellit schließlich von dem BMFT genehmigt wurde, war man sicher bauen zu können. Verglichen mit den bisherigen Satellitenprojekten war ROSAT etwa zehnmal größer und man befürchtete, dass dieser nicht zu finanzieren wäre - doch straffes Projektmanagement führte zu einem relativ preiswerten Satelliten. Der deutsche Anteil betrug bis zum Start 260 Millionen DM. Dazu kamen Beteiligungen von England, welche eine Kamera im UV beisteuerte, welches den Wellenlängenbereich nach oben hin abrundete und den USA welche den Start umsonst durchführten für die Mitnahme einer verbesserten Version von HEAO-2 HRI Detektors.
Pro Tag lieferte der Satellit 700 MBit an Daten. Es gab zwischen zwei Kontakten zur Bodenstation 15-18 Stunden lang keinen Kontakt, dann mehrere innerhalb von wenigen Stunden. Daher war er für autonomes Arbeiten ausgelegt worden.
ROSAT ist der größte bisher in Deutschland gebaute Forschungssatellit. Er wog 2.426 kg, davon entfielen alleine für die Nutzlast 1.550 kg. Ein 12 m² großes Solarpanel lieferte 1050 W Strom zum Ende der Primärmission nach 18 Monaten. Der Spitzenverbrauch betrug 607 Watt. (905 Watt, wenn die Batterien auch aufgeladen werden mussten). In den maximal 36 Minuten langen Schattenzonen kam der Satellit mit 337 Watt aus. Eine 26 Zellen Nickelcadmium Batterie pufferte die Zeiten im Erdschatten ab. Sie hatte eine Kapazität von 24 Ah. Die Bordspannung betrug bei unregulierten Systemen 26-32.5 V und bei regulierten Systemen 29-31.5 Volt. Ohne das Solarpanel hatte er Abmessungen von 2.13 x 2.45 x 4.50 m. Im Orbit ist er mit entfaltetem Panel 2.3 x 4.7 x 8.9 m groß. Aktiv wurde die Temperatur durch Heizelemente und Thermistoren geregelt, passiv durch Oberflächenbeschichtung und Isolationsmatten.
Die Elektronik besteht aus 300 Platinen, verwendet wurden vor allem 8086 Mikroprozessoren. Etwa ein Drittel war für die grundlegenden Systeme verantwortlich, der Rest für die Instrumente. Alle Systeme waren redundant ausgelegt und verfügten über automatische Umschaltung bei Systemausfall. Insgesamt 20.000 Zeilen Code umfasste die Software.
Zwei Bandrekorder speicherten jeweils maximal 700 MBit an Daten, soviel wie in 20 Stunden gewonnen wurden. Sie wurden beim Überflug mit 1 MBit/s übertragen, gemischt mit Realzeitdaten von 8 Kbit/s. Für Telemetrie gab es 222 Datenformate. Jeder Rahmen war 128 x 8 Bit lang. Gesendet wurde bei 2276.5 MHz im S-Band mit 2 Watt Sendeleistung. Kommandos wurden empfangen bei 2096 und 2771 MHz mit einer Datenrate von 1 KBit/s. Insgesamt 512 Kommandos in drei Subkategorien gab es.
Die Lageregelung erfolgte durch zwei CCD-Kameras, die einmal pro Sekunde abgefragt wurden und deren Bilder mit einem Katalog von Sternen im Bordcomputer verglichen wurden. Dazu gab es als interne Systeme vier Navigationskreisel. Die Kreisel sind wichtig, weil sie während einer Umrichtung des Satelliten (von einer Quellposition auf die nächste) als Richtungsgedächtnis fungieren. Die Umrichtung selbst wird durch Aktivierung der Reaktionsräder nach dem Prinzip der Drehimpulserhaltung bewerkstelligt. Verändert wurde die Lage durch vier Reaktionsschwungräder, drei in X,Y und Z Richtung und eine Drittes in Richtung der Raumdiagonale. So konnte beim Ausfall eines Rades die Drei-Dimensionalität der Ausrichtung gewahrt bleiben. Jedes hatte ein Moment von 25 Nms. Da Reaktionsschwungräder als mechanische Systeme die stark beschleunigt und abgebremst werden Verschleiß unterliegen gab es vier um einen Ausfall auszuarbeiten.
Zum periodischen Entdrallen der Kreisel gab es drei Elektromotoren, die als Anker für das irdische Magnetfeld fungierten und so den Satelliten drehten, wenn sie aktiviert wurden, was zum Entdrallen der Kreisel führte. Jedes hatte ein Dipolmoment von 350 Am². Fünf Operationsmodi gab es für die Lageregelung. Sonnensensoren sollten verhindern, dass das Instrument in die Sonne blickte. Das Magnetfeld wurde mit Magnetometern bestimmt, um das Dipolmoment auf die Elektromotoren zu bestimmen. Die Genauigkeit, mit der der Ort einer Quelle bestimmt wurde, betrug 10 Bogensekunden - die angestrebte Genauigkeit erreichte man erst bei der Auswertung der Daten, als man die Daten der Sternkameras mit denen der Röntgenkameras korrelierte. Für den Scanmodus reicht die Ausrichtung auf 16 Bogensekunden ohne diese Korrelation aus.
Gebaut wurde neben dem Satelliten ein baugleiches Flugmodell für Testzwecke am Boden, wenn es Probleme im Orbit gab und ein Strukturelles-Thermales Modell mit dem die Belastungen beim Start, die Wärmeregulation im Weltraum und das Entfalten und Öffnen von Panels und anderen beweglichen Teilen getestet wurde. Das Ingenieursmodell war nicht baugleich, enthielt aber eine repräsentative Teilmenge aller verwendeten Komponenten, so waren z.B. drei der Spiegel nur Dummyschalen. Das reichte für Tests und Prüfungen aus.
Das Hauptinstrument von ROSAT ist ein 83.5 cm großes Wolter Teleskop mit 2.4 m Brennweite (XRT: X-Ray Telescope). Es konnte für die Beobachtung von Punktquellen sogar auf 10 Bogensekunden ausgerichtet werden. Beim kontinuierlichen Abtasten von Großkreisen um eine Durchmusterung zu erstellen betrug die erreichbare Genauigkeit 30 Bogensekunden. Die Auflösung der Detektoren beträgt etwa 5 Bogensekunden. Gegenüber dem direkten amerikanischen Vorgänger HEAO-2 "Einstein" ist dieses Teleskop etwa fünfmal empfindlicher. Angeschlossen daran waren ein Detektor zur Energieauflösung und eine hochauflösende Kamera. Sie arbeiteten zwischen 0.1 - 2 keV Energie (0.6 nm- 10 nm Wellenlänge). Das Teleskop war hinsichtlich seiner Anforderungen an Oberflächengenauigkeit (wichtig für die exakte Bündelung der Strahlung und damit die örtliche Auflösung und Empfindlichkeit) und der Leichtgewichtigkeit eine Herausforderung für die deutsche Industrie. Schott fertigte die Spiegelsegmente aus Zerodur, einer Glaskeramik, die auch für Kochfelder verwendet wird und praktisch keinen Wärmeausdehnungskoeffizienten besitzt und Carl-Zeiss in Oberkochen polierte die Spiegel auf eine Genauigkeit von 100 nm in der Form und 0.3 nm in lokalen Unebenheiten, was dem Instrument den Guinness Buch Eintrag für die glatteste Oberfläche einbrachte. Damit war eine Ortsauflösung von 5 Bogensekunden möglich - doppelt so hoch wie beim Einstein Observatorium (HEAO-2), obgleich er Satellit erheblich leichter als dieses war. Es wurden zahlreiche Prototypen zur Erprobung des Polierens, Gießens und Beschichtens entwickelt. Das Beschichten mit Gold, welches die Reflexionsfähigkeit durch die hohe Atommasse erhöhte, war äußerst problematisch. Das Bedampfen im Vakuum gab zu ungleichmäßige Verteilungen. Schließlich sprühte man das Gold im Hochvakuum auf. Schließlich wurden drei Prototypen aus Aluminiumschalen, beschichtet mit Kanigen und einer Goldoberfläche von 32 cm Durchmesser gebaut und in Raketenexperimenten getestet.
Das Teleskop wog 1.410 kg, hatte einen Durchmesser von 1.130 mm und eine Länge von 3.920 mm. Es war die größte Einzelkomponente und machte mehr als die Hälfte des Gesamtgewichts aus. Die Fokallänge betrug 2400 m. Der Stromverbrauch betrug im Schatten 70 Watt im Betrieb 170 Watt. Es konnte Röntgenstrahlen zwischen 0.6 - 10 nm Wellenlänge reflektieren. Ein Schild am oberen Ende schützte vor Sonnenstrahlen. Der magnetische Deflektor bestand aus vielen kleinen Permanentmagneten, die auf den radialen Halterungen der Teleskopspiegel angeordnet waren. Ihre Aufgabe war es, niederenergetische Elektronen, die durch Spiegelreflexion in das Teleskop gelangen, abzulenken, sodass sie nicht auf den Bilddetektor (in gut 2 m Entfernung) fallen. Dies war eine Erfindung des MPE, die wesentlich dazu (zusammen mit den Vetozählern) beigetragen hat, dass der Hintergrund in den Röntgenbildern gering war.
Der Spiegel alleine wog 785 kg bei einem Durchmesser von 835 mm und einer Länge von 1150 cm. Die Gesamtfläche betrug 1142 cm² bei einem Gesichtsfeld von 2 Grad. Die Instrumente wogen mit den elektronischen Subsystemen 352 kg.
Zwei Röntgenstrahlendetektoren hatte der Satellit an Bord. Den deutschen, „Position Sensitive Proportional Counter“ (PSPC): ein mit Argon, Xenon und Methan gefüllter Proportionalzähler. Detektoren war ein feines Drahtnetz mit 120 Mikrometern Abstand zwischen zwei Drähten, die als Kathoden fungierten. Neben diesen beiden Kathodennetzen gab es eine negativ geschaltete Anode. Die durch Röntgenstrahlen ionisierten Gasteilchen induzierten eine Spannung. Deren Ort konnte man durch die Drähte genau bestimmen. So ergab sich eine Ortsauflösung von 5 Bogensekunden erreichte. Das Einlassfenster bestand aus einer dünnen Polyethylenfolie, welche durch ein Drahtgeflecht versteift wurde. Ein elektrisch leitender Graphitüberzug verhinderte eine Aufladung durch energetische Teilchen und falsch positive Signale durch UV-Strahlung. Vetozähler an den fünf Außenwänden erfassten Teilchen und Strahlung von der Seite. Wenn ein Vetosignal gleichzeitig mit dem Signal im Detektor auftrat, wurde Letzteres verworfen, also nicht registriert. So wurde der störende Hintergrund um 99% reduziert.
Die Amplitude des Detektorsignals war proportional zur Energie des Photons und wurde von der nachfolgenden Elektronik registriert. Die Energieauflösung des Detektors erlaubte es, zwischen 4 Energiebereichen zwischen 0.1 und 2.4 keV zu unterscheiden. Neben der normalen Öffnung gab es einen Borfilter, der im langwelligen Bereich zwei weitere Frequenzbänder ermöglichte. Die beiden anderen Positionen waren „Geschlossen“ und Vorschaltung einer Kalibrationsquelle mit drei radioaktiven Isotopen. Der zweite PSPC-Detektor zur Energieauflösung wurde im Juni 1994 ausgeschaltet, als der Gasvorrat fast aufgebraucht war. Er wurde im Herbst 1998 für Messungen erneut aktiviert. Zur Füllung der Zähler diente eine Gasflasche mit einer Mischung von 60% Argon 20% Xenon und 20% Methan. Der PSPC hatte eine Ortsauflösung von 20 Bogensekunden.
Der HRI der NASA verwandte Microchannelplates (MCP) als Detektoren, Festkörperdetektoren aus Silizium welche durch eine angelegte Spannung aus den durch die Röntgenquanten erzeugten Ionen einen Elektronenschwall mit einer Verstärkung von 100 Millionen machte. Die Größe einer Zelle betrug 25 Mikrometern und war damit noch besser als beim PSPC, jedoch mit geringerer Empfindlichkeit und geringerer Energieauflösung. (Auflösung 5 Bogensekunden). Eine UV-Quelle diente zur Flugkalibrierung. MCP's werden auch unter der Bezeichnung „Restlichtverstärker“ für terrestrische Zwecke eingesetzt.
Dazu kommt ein kleineres britisches Teleskop für Untersuchungen im extremen UV. Es arbeite bei 0.04 und 0.2 keV Energie (entsprecht einer Wellenlänge von 6-30 nm). Auch hier waren Detektoren zwei Microchannelplates. Ihr Gesichtsfeld betrug 4 Grad, die Ortsauflösung 3 Bogenminuten. Sie war parallel zum Röntgenteleskop befestigt. Es wog 128 kg. Hatte eine Länge von 1.280 mm bei einer Fokuslänge von 525 mm und einem Durchmesser von 700 mm. Es bestand aus drei ineinander geschachtelten Wolter-Scharzschildspiegeln und einem Tubus aus Aluminium. Sein Stromverbrauch betrug 57 Watt im Betrieb und 20 Watt im Schatten.
Rosat Kerndaten | |
Gewicht: | 2.426 kg |
Abmessungen: |
240 × 215 × 450 cm beim Start 230 × 470 × 890 cm im Orbit |
Stromversorgung: | 1.000 Watt 907 Watt Spitzenbedarf auf der Sonnenseite 337 W Spitzenbedarf auf der Nachtseite |
Lokalisierungsgenauigkeit: | 30 Bogensekunden im Scan Modus 10 Bogensekunden im Feinausrichtungsmodus |
Bahn: | 580 km Höhe, 53 Grad Bahnneigung |
Maximale Zeit im schatten: | 36 min |
Kontakte zur Bodenstation in Weilheim: | 6 mit jeweils 8 Minuten Dauer pro Tag. |
Entdeckte Röntgenquellen: | 120.000 |
Instrumente: | XRT Röntgenteleskop mit Detektoren empfindlich zwischen 0,6 und 10 nm WFC UV-Kamera mit Detektoren empfindlich zwischen 6 und 30 nm. 1.555 kg Gewicht 700 MBit Daten pro 21 h Beobachtungstag |
ROSAT ging im Oktober 1983 in die Phase C/D die eigentliche Herstellung der Hardware und die Prüfungen und Startvorbereitungen. Im Herbst 1985 wurde der Satellit fertiggestellt.
ROSAT sollte ursprünglich am 30.10.1987 mit einem Space Shuttle starten, doch die Explosion der Challenger verzögerte den Start und machte eine Anpassung an eine Delta notwendig. (Mit dem Space Shuttle wäre er erst 1994 gestartet worden). Für die Mission war dies nur von Vorteil. Letztes erforderte zwar eine Anpassung des Satelliten, dieser gelangte dafür auf eine 580 km hohe anstatt nur 475 km hohe Bahn. Die Bahnneigung war mit 53 Grad so, dass Deutschland überflogen wurde. Dadurch war die Periode im Erdschatten geringer und es gab längere Kontakte zur Bodenstation in Weilheim (jeweils sechs mit je 10 Minuten anstatt nur 8 Minuten Dauer pro Tag).
Das war den Forschern wichtig, weil damit der Bodenbetrieb des Satelliten vom GSOC in Oberpfaffenhofen übernommen werden konnte. Dies war wichtig, weil die Steuerung des ganzen Satelliten nach einem vom MPE definierten Beobachtungsprogramm vom GSOC gemacht wurde. Die ebenfalls komplizierte Kommandokette für den Betrieb der Detektoren, des Filterkarussells, des Gassystems etc. wurden täglich im MPE aufgesetzt und vom GSOC in den Kommandostrom eingebunden. Übrigens lag auch die ganze Beobachtungsplanung, d.h. in welcher Reihenfolge, wie lange welche Quellen am Himmel beobachtet werden sollten beim MPE.
Das GSOC empfing die Daten mit einer 15 m großen Parabolantenne. Der Start erfolgte mit einer Delta 6920 am 30.6.1990. Der Satellit war für die Delta umgebaut worden. Es entfiel eine 150 kg schwere Befestigungsstruktur für die Shuttle Innenbucht. Zusätzlich musste vor allem die L-Förmigen Befestigungen des Hauptspiegels für die Vibrationen beim Delta Start neu qualifiziert werden. Mitte 1988 waren die Umbauten am Flugmodell soweit abgeschlossen, dass man mit Tests beginnen konnte.
ROSAT ist der letzte Röntgensatellit, der den gesamten Himmel durchmusterte, alle folgenden Missionen bauen auf ROSAT auf und untersuchen nur noch einzelne Quellen - dafür mit höherer Empfindlichkeit und Auflösung. Der Orbit von ROSAT war so angelegt worden, dass er sich um ein Grad pro Tag verschob und man innerhalb von 180 Tagen den gesamten Himmel erfassen konnte. Ein Objekt konnte bei dieser Bahn etwa zwei Tage lang beobachtet werden. Das entsprach der Öffnung des Teleskops. Nach 34 Tagen musste man den Satelliten schwenken, um die Sonne nicht zu nahe an die Instrumente kommen zu lassen. Während dieser Betriebsphase wurde der Satellit auf 16 Bogensekunden genau stabilisiert. Dazu gab es einen zweiten Modus zur Beobachtung einzelner Quellen, bei denen er eine Quelle 2-3 Stunden lang beobachten konnte. Hier lag die Ausrichtungsgenauigkeit bei 3 Bogensekunden. Bei diesem Modus war man auf ein Band von 30 Grad Breite, 90 Grad von der Sonne entfernt, beschränkt, da die Solarzellen natürlich Strom bekommen mussten.
Dies waren die beiden Beobachtungsmodi des Satelliten. Er war fähig sich sehr schnell neu zu orientieren und konnte innerhalb von 15 Minuten um 180 Grad gedreht werden.
Den Scanmodus sollte der Satellit die ersten sechs Monate einnehmen, um den ganzen Himmel abzutasten und zu kartieren. Dies begann am 1.8.1990. Ein Ausfall des Lageregelungssystems am 25.1.1991 führte fast zum Verlust des Satelliten. Ursache war eine Entladung in einem Teil des Lageregelungssystems durch eine Sonneneruption. Nach zwei Wochen konnte der Betrieb wieder aufgenommen werden. Durch den Zeitverlust konnte so die Kartierung erst im Sommer abgeschlossen werden. Da der Satellit, während er seine Ausrichtung verlor, kurzzeitig zur Sonne schaute, waren ein Filter der britischen Weitwinkelkamera und ein Proportionalzähler zerstört. Danach arbeitete der Satellit mit dem Reservezähler.
So entdeckte ROSAT bis Ende 1991 bei der ersten Durchmusterung 80.000 Röntgenquellen - HEAO-2, der bisherige Rekordhalter hatte nur 840 entdeckt. Danach schlossen sich ausgedehnte Einzelbeobachtungen an. Nach fünf Jahren hatten weitere Durchmusterungen die Zahl der Röntgenquellen auf 120.000 erhöht. Im Laufe der Zeit häuften sich die Ausfälle. So fiel am 12.5.1991 der Y-Kreisel des Lageregelungssystems aus. Schon im November 1990 war eine der beiden Sternkameras zur Ausrichtung ausgefallen. Dies konnte man noch durch ein Softwareupdate auffangen. Es wurde nun zur Magnetfeldnavigation übergegangen. Der Kreiselausfall beschränkte aber die Beobachtung auf eine Quelle pro Tag (anstatt maximal 30). Man nutzte diese Zwangspause für die Suche nach sehr schwachen Röntgenquellen, welche lange Belichtungszeiten erforderten. Nach fünf Monaten hatte das GSOC (German Space Operations Center) einen neuen Modus etabliert, der ohne den ausgefallenen Y-Kreisel auskam. Nach zwei weiteren Jahren fiel dann am 17.11.1993 der Z-Kreisel aus und man nutzte nun die Sonnensensoren und Magnetfeldsensoren für die Lagebestimmung und Regelung. Das schuf ein neues Lageregelungssystem, welches es so bisher noch nicht gab (und einen Anschlussauftrag seitens INTELSAT für ihre nächste Satellitengeneration einbrachte). Nur im Erdschatten waren wegen des Bezugspunktes Sonne nun keine Schwenks mehr möglich. Nach dem Abschalten des zweiten PSPC im Juni 1994 arbeitete der Satellit mit dem HRI alleine weiter - weitere 5 Jahre. Gefordert war nur eine Betriebszeit von 18 Monaten.
Zusätzlich erfolgten bis Ende 1994 Einzeluntersuchungen an 5.000 Objekten. (Insgesamt 4.580 PSPC und 4.482 HRI Beobachtungen). Die Beobachtungszeit pro Objekt schwankte zwischen 2.000 und 1 Million Sekunden (über 11 Tage). Die Zahl der gefundenen Röntgenquellen erreichte 200.000 bis zum Missionsende. ROSAT erbrachte sogar den Nachweis von Röntgenstrahlung auf dem Mond und in Kometen! Bis Ende 1998 war die Finanzierung gesichert. Das Ende kam, als der Satellit im Februar 1999 durch ein Versagen des Lageregelungs- und Kontrollsystems die Orientierung verlor und trotz großer Anstrengungen des GSOC nicht wieder unter Kontrolle gebracht werden konnte. Dadurch verlor er die lebenswichtige Ausrichtung des Solargenerators auf die Sonne und die Batterien waren dann bald erschöpft. Die Wissenschaftler haben sich dann den ROSAT-Nachfolgern Chanson und XMM-Newton zugewandt, die 1999 gestartet wurden und an deren Instrumentierung die Gruppe am MPE beteiligt war. ROSAT wurde daher am 12 Februar 1999 abgeschaltet.
Nebenprodukte von ROSAT waren Detektoren für Röntgenstrahlung (für Medizin und Materialwissenschaften sehr nützlich) und ein Verfahren um Hautkrebs anhand von Aufnahmen mit einer Verlässlichkeit von 90 % zu erkennen, gegenüber einer Quote von 75 % bei Allgemeinärzten.
Das MPIA hat in den achtziger Jahren einen ROSAT-Nachfolger vorgeschlagen, bei dem hinter dem Röntgenspiegelsystem ein Transmissionsgitter eingebaut werden sollte, dass eine spektrale Zerlegung der Röntgenstrahlung bewirkt. Ein solches Gitter wurde am MPIA zusammen mit der Firma Dr. Johannes Heidenhain entwickelt und getestet. Das Projekt wurde auch unter Mitwirkung der DLR durch die Industrie studiert. Es lief unter der vorläufigen Bezeichnung SPECTROSAT (spektrospkopischer ROSAT). Wissenschaftliches Ziel war die spektrale "Röntgen-Reihen-Untersuchung" von Quellen, die mit ROSAT entdeckt worden waren, mit einer spektralen Auflösung von etwa 1 %. (Der ROSAT-PSPC lieferte eine spektrale Auflösung von etwa 25 %). Das Projekt, das auch international auf großes Interesse stieß, wurde vom BMFT/DLR aus finanziellen Gründen nicht genehmigt, auch weil das MPIA bereits an der Beteiligung an XMM-Newton arbeiteten). Ein solches Transmissionsgitter wurde dann bei Chandra realisiert. Das technologische Kunststück bei diesem Gitter war, dass die 1/2 Mikron dicken Goldstege des Gitters freitragend, d. h. nur mit einem Stützgitter versehen, gebaut wurden.
Das Vermächtnis 560 Millionen DM teuren ROSAT Mission (inklusive Start und Operation über neun Jahre) ist eine vollständige Durchmusterung des Himmels in hoher Auflösung und zahlreiche Einzeluntersuchungen. Die Nachfolger XMM (ESA) und Chandra (NASA) werden durch empfindliche Detektoren eine höhere Empfindlichkeit (XMM) oder höhere Auflösung (Chandra) besitzen, jedoch nicht mehr den gesamten Himmel durchsuchen. An den Einzelbeobachtungen waren weltweit mehr als Tausend Wissenschaftler beteiligt. Bisher sind mehr als 8.500 wissenschaftliche Publikationen erschienen, die auf ROSAT zurückgreifen, und diese wurden bisher etwa 124 000-mal zitiert. Damit ist ROSAT unter etwa 40 Röntgensatelliten der zweiterfolgreichste nach dem sechsmal teureren Chandra.
Ein Ergebnis von ROSAT ist diese Himmelskarte im Röntgenstrahlenbereich.
Auf ROSATs Ergebnissen basierten dann auch die folgenden Röntgenmissionen welche sich der Untersuchung einzelner Quellen widmeten. Der deutsche Satellit Abrixas sollte 1999 eine erneute Durchmusterung durchführen, doch fiel er kurz nach dem Start aus. Derzeit arbeitet das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in München an dem Instrument eROSITA, das ebenfalls eine Himmelsdurchmusterung im Röntgenbereich durchführen soll. Es wird auf dem russischen Spectrum-Roentgen-Gamma" (SRG) Satelliten 2012 in einen L2-Orbit um die Sonne gebracht werden.
© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
Lang Zeit gab es von mir nur ein Buch über Raumsonden: die beiden Mars-Raumsonden des Jahres 2011, Phobos Grunt und dem Mars Science Laboratory. Während die russische Raumsonde mittlerweile auf dem Grund des Pazifiks ruht, hat für Curiosity die Mission erst bekommen. Das Buch informiert über die Projektgeschichte, den technischen Aufbau der Sonden und ihrer Experimente, die geplante Mission und Zielsetzungen. Die Mission von Curiosity ist bis nach der Landung (Sol 10) dokumentiert. Einsteiger profitieren von Kapiteln, welche die bisherige Marsforschung skizzieren, die Funktionsweise der Instrumente erklären aber auch die Frage erläutern wie wahrscheinlich Leben auf dem Mars ist.
2018 wurde dies durch zwei Lexika, im Stille der schon existierenden Bücher über Trägerraketen ergänzt. Jedes Raumsonden Programm wird auf durchschnittlich sechs bis acht Seiten vorgestellt, ergänzt durch eine Tabelle mit den wichtigsten zeitlichen und technischen Daten und Fotos der Raumsonde, bzw., Fotos die sie aufgenommen hat. Ich habe weil es in einen band nicht rein geht eine Trennung im Jahr 1990 gemacht. Alle Programme vorher gibt es in Band 1. Die folgenden ab 1990 gestarteten dann in Band 2. In Band 2 ist ein Raumsonden Programm meist eine Einzelsonde (Ausnahme MER). In Band 1 dagegen ein Vorhaben das damals zumeist aus Doppelstarts bestand, oft auch mehr wie z.B. neun Ranger oder sieben Surveyor. Beide Bänder sind etwa 400 Seiten stark. In Band 1 gibt es noch eine gemeinsame Einführung für beide Bände über Himmelsmechanik und Technik der Instrumente. Beide Bände haben einen Anhang mit Startlisten, Kosten von Raumsonden und Erfolgsstatistiken. Band 2 hatte Redaktionsschluss im Januar 2018 und enthält die für 2018 geplanten Missionen über die es genügend Daten gab.
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