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Die Space Shuttle Haupttriebwerke

Einleitung

Die Space Shuttle Haupttriebwerke (Space Shuttle Main Engines (SSME) waren die leistungsfähigsten, die in den USA jemals entwickelt wurden und sind nach dem Einstellen des Energija Programmes auch die weltweit leistungsfähigsten. Ihre Entwicklung war außerordentlich schwierig und sie wurden während der Einsatzdauer des Space Shuttles laufend weiter verbessert. Sie wurden bis in jüngste Zeit für weitere Projekte vorgeschlagen und sollen die SLS antreiben.

Da es sich einerseits um die komplexesten Triebwerke handelt. Andererseits die Entwicklungsgeschichte sehr gut dokumentiert ist und die Triebwerke dann auch noch über dreißig Jahre weiterentwickelt wurden habe ich vier einzelne Aufsätze verfasst:

SSME TestDie SSME in anderen Projekten

Die SSME waren die leistungsfähigsten je gebauten US-Triebwerke. Sie waren wegen der hohen Anforderungen sowohl an Sicherheit, wie auch an Leistung sehr teuer. 1988 kostete ein Triebwerk so viel wie eine Delta Rakete, rund 33 Millionen Dollar. 1993 wurde ein Preis von 40 Millionen Dollar angegeben, die letzten Einsatzexemplare kosteten nach der NASA 50 Millionen Dollar. Das ist recht viel, auch wenn die Kosten inflationskorrigiert leicht gesunken sind (die 50 Millionen Dollar bei der Ausmusterung entsprechen 29 Millionen im Jahr 1988). Ein neues Triebwerk, das nicht so sehr auf Leistung optimiert ist und nicht eine so lange Lebensdauer hat wie das RS-68 ist daher trotz 50% mehr Schub deutlich billiger und wurde daher von der NASA bei der Ares V vorgezogen. Aufgrund der Kosten war ihr Einsatz in anderen Projekten nur bedingt sinnvoll.

Der erste projektierte Einsatz war im Shuttle-C, dem Carrier Shuttle. In den ausgehenden Achtziger Jahren, als das US-Militär auf Weisung von Präsident Reagan an dem Raketenabwehrsystem SDI arbeitete (populärer als "Star-Wars" bekannt) studierte die NASA einen unbemannten Shuttle. Er sollte als Schwerlasttransporter die vielen Weltraumwaffen wie Partikel- und Laserkanonen transportieren. Es gab verschiedene Konzepte. Die einfachsten hätten praktisch ein Shuttle verwendet, bei dem man alle Systeme für die Mannschaft ausgebaut hätte. Es wäre auch wie ein Shuttle gelandet. Diese hatten eine Nutzlast von 38 bis 45 t. Konzepte die auf die Flügel verzichteten und teilweise auch den Nutzlastraum durch eine einfache Nutzlasthülle ersetzten hätten eine erheblich höhere Nutzlast aufgewiesen. Dieser Shuttle wäre nicht wiederverwendbar gewesen. Auch dachte man an weniger (zwei) oder mehr (vier) Triebwerke. Mit der Einstellung von SDI, Anfang der Neunziger verschwanden alle diese Konzepte in der Schublade.

Im Constellation Programm waren die SSME zuerst als Antrieb der zweiten Stufe der Ares I wie auch der der Zentralstufe der Ares V vorgesehen. Für den ersten Zweck war nachteilig, dass sie nicht für eine Zündung im Flug qualifiziert waren. Die NASA befand, das die Anpassung des J-2S, das Ende der sechziger Jahre getestet wurde, einfacher war als die des SSME und ersetzte es in der Ares I. Bei der Ares V war der Preis, der zu hoch war. Fünf RS-68B sollten erheblich weniger kosten (pro Stück 20 anstatt 50-60 Millionen Dollar). Allerdings musste die Stufe nun erheblich größer werden, weil dieses Triebwerk den Treibstoff weitaus weniger gut ausnutzt.

Für die SLS sind derzeit wieder die SSME als Antrieb geplant. Vier werden als Antrieb benötigt. Die 16 noch vorhandenen Triebwerke reichen für vier Flüge, dann müssen neue gebaut werden. Die ausgestellten Space Shuttles haben nur Attrappen. Die Originaltriebwerke wurden in eine Langzeitlagerung überführt. Warum nun die NASA wieder eine Kehrtwende macht, nachdem sie für die Ares V schon die RS-68B selektiert hatte (die allerdings auch erst aus dem RS-68 entwickelt werden sollten) kann man spekulieren. Vielleicht weil die SLS weniger Triebwerke einsetzen soll als die Ares V (vier SSME bei der SLS, fünf ursprünglich bei der Ares V, schließlich reichte auch deren Schub nicht aus, weshalb man auf die RS-68 umschwenkte). Die persönliche Meinung des Autors ist es aber, das bei dem derzeitigen per Gesetz eingefrorenem NASA Budget (=real sinkend weil es Inflation gibt) und der Tatsache das das Constellation Programm ehe es richtig begonnen hatte eingestellt wurde, die NASA erst mal eine Lösung sucht die einige Flüge erlaubt ohne viel zu kosten. 4 Starts kann man mit den vorhandenen Treibwerken machen, da nur einer alle zwei Jahre stattfinden soll, reicht das mindestens bis 2023. Bis dahin ist entweder die SLS eingestellt oder eine ordentliche Finanzierung vorhanden.

Technische Daten

Neben den Haupttriebwerken sind im Heck noch Unterstützungssysteme untergebracht die den Treibstoff in die Triebwerke befördern, Ventile betätigen oder Druck aufbauen

System Masse
LH2 Subsystem: Leitungen, Dump 1.293 kg
LOX System: Leitungen, Dump, 1.111 kg
GH2 System: Vor dem Start Druckbeaufschlagung, Ventile 46 kg
GOX System: Vor dem Start Druckbeaufschlagung, Ventile 45 kg
GH2 System: Vor dem Start, beim Start und Shutdown spülen der Preburner, pneumatische Betätigung von Ventilen, Betätigung von Aktoren. Beim Wiedereintritt Spülen und Druckbeaufschlagung aller Leitungen zu den Triebwerken sowie anderer Orbitersysteme 884 kg
GN2 System: Vor dem Start Spülen der LOX Leitungen 7 kg
Verschiedenes: Sensoren die Entleerung des ET signalisieren, Druckbeaufschlagungsregler und Steuerung der Ventile, Hitzeschutzschild für die SSME etc. 306 kg
Gesamt: Unterstützungssysteme 3.684 kg
Die Zuverlässigkeit der Triebwerke wurde im Laufe der Zeit enorm gesteigert. Bei der Einstufung des Risikos waren sie anfangs zu 48,4% an einem katastrophalen Ereignis beteiligt. Bei der letzten Generation war nicht nur das Gesamtrisiko des Space Shuttles eines Ausfalls auf rechnerisch 1/568 gesunken, die Triebwerke machten auch nur noch 26,3% dieses Risikos aus.

Originaltriebwerke

Zuverlässigkeit

Anzahl Triebwerke

Einsatz

Flüge

Original


3

STS 1 bis 5

15

Phase I

1/100 bis 1/200

10

STS 6 bis 25

60

Phase II

1/404

19

STS-26 bis STS-93

171

Block I

1/608

7

STS-70 bis STS-88

27

Block IIA

1/999

12

STS-89 bis STS-109

49

Block II

1/1283

20

STS-104 bis STS 135

72

Block II / AHMS

1/2123

4

STS-117 bis STS-133

18

Es gibt nicht das SSME. Bedingt durch die Änderungen an den Triebwerken wird man je nach Zeitpunkt unterschiedliche Daten finden. Ich habe hier soweit möglich die Daten der ersten Fluggeneration (STS-1) mit denen der letzten Exemplare gegenübergestellt.

SSME

letztes Exemplar

1981

Höhe:

4,30 m

Maximaler Durchmesser:

2,30 m

Gewicht:

3.514 kg

Zielwert: 2.857 kg,
tatsächlich 3.175 kg

Schub 100% Level

1.770 kN / 2188,2 kN (Vakuum) 1822 / 2090 kN (Vakuum)

Schub 104% Level / 109% Level

2182,5 / 2325,1 kN

/ 2279 kN

Regelbereich:

67 – 109% (1.415 – 2.298 kN)

65 - 100%

Brennkammer:

Brennkammerdruck: 206,4 bar
Injektordurchmesser: 45,1 cm
Anzahl der Röhren: 600 + 42 Kühlröhren
Flussrate LOX: 380 kg (104,5% Level)
Flussrate Heißgas: 122 kg (104,5% Level)
Flussrate Kühlmittel: 12,6 kg(104,5% Level)
Kühlröhren: 430
Fläche Düsenhals: 600 cm²
Brennkammerdruck: 220 bar
Düse: Länge 307 cm
Außdendurchmesser: 236 cm
Flächenverhältnis Start: 4,5 zu 1
Flächenverhältnis Düsenende: 69
Röhren: 1082
Flächenverhältnis: 77,5
spezifischer Impuls (Vakuum) 4433 m/s 4447 m/s (4480 m/s geplant)

Verbrennungstemperatur:

3.315 °C Brennkammer,
760°C Vorbrenner

Mischungsverhältnis:

6,03 (LOX/LH2)

Vorbrenner: 26,5 x 11,1 cm.
Anzahl der Injektoren: je 132 für LOX und LH2
Arbeitsdruck: 384 bar
Verbrennungstemperatur: 1048 °C
Mischungsverhältnis 0,99 (LOX/LH2)
Flussrate: 39,1 kg/s

LOX Turbopumpe:

Förderleistung: 440 kg/s
2 Turbopumpen LPOTP / HPOTP

LPOTP: Eingangsdruck 7 bar
Ausgangsdruck: 29,7 bar
Drehzahl: 5.155 U/min
Eingangsdruck 6,9 bar
Ausgangsdruck 27,6 bar
Drehzahl 5.000 U/min
Flussrate: 40,5 kg
HPOTP: Eingangsdruck: 302 bar
Ausgangsdruck: 521 bar
Drehzahl 28.120 U/min
Leistung: 25.000 PS
Eingangsdruck: 287,7 bar
Ausgangsdruck: 502 bar
Drehzahl 28.350 U/min
Leistung: 23.950 PS
Flussrate: 405 kg
Gewicht: 260 kg

LH2 Turbopumpe
2 Turbopumpen (LPFTP und HPFTP)

Förderleistung: 74 kg/s Förderleistung 81,6 kg/s
LPFTP Eingangsdruck 2,1 bar
Ausgangsdruck 19,4 bar
Drehzahl: 16,865 U/min
Eingangsdruck 2,06 bar
Ausgangsdruck 17,2 bar
Drehzahl: 15.000 U/min
HPFTP Eingangsdruck 19,4 bar
Ausgangsdruck 458 bar
Drehzahl: 35,360 U/min
Leistung: 69.000 PS
Ausgangsdruck 414 bar
Drehzahl: 34.300 U/min
Leistung 61.400 PS(100%)
Flussrate 63,6 kg (Turbopumpe) und 72,1 kg (Turbine)
Temperatur: 979 °C (100%)
Gewicht: 351 kg

Quellen:

Quellen: NASA-TP-1932 19820003911: Space Shuttle Main Engine Controller

Space Shuttle Main Engine - The Relentless Pursuit of Improvement

Space Shuttle Main Engine - Thirty Years Of Innovation

NASA N91-28270: SPACE SHUTTLE MAIN ENGINE CERTIFICATION FOR MANNED SPACE FLIGHT

SHUTTLE PROPULSION OVERVIEW – THE DESIGN CHALLENGES

Space Shuttle Technical Conference Part 2

Space shuttle Main Engine: Certification for Manned Space Flight

R.A. Heppenheimer: The development of the Space shuttle 1972 bis 1981

Boeing: Space Shuttle Main Engine Orientation

Artikel erstellt am 4.10.2013

Bücher vom Autor

Es gibt von mir vier Bücher zum Thema bemannte Raumfahrt. Alle Bücher beschäftigen vor allem mit der Technik, die Missionen kommen nicht zu kurz, stehen aber nicht wie bei anderen Büchern über bemannte Raumfahrt im Vordergrund.

Das erste bemannte Raumfahrtprogramm der USA, das Mercuryprogramm begann schon vor Gründung der NASA und jährt sich 2018 zum 60-sten Mal. Das war für mich der Anlass, ein umfangreiches (368 Seiten) langes Buch zu schreiben, das alle Aspekte dieses Programms abdeckt. Der Bogen ist daher breit gestreut. Es beginnt mit der Geschichte der bemannten Raumfahrt in den USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Es kommt dann eine ausführliche technische Beschreibung des Raumschiffs (vor 1962: Kapsel). Dem schließt sich ein analoges Kapitel über die Technik der eingesetzten Träger Redstone, Little Joe und Atlas an. Ein Blick auf Wostok und ein Vergleich Mercury bildet das dritte Kapitel. Der menschliche Faktor - die Astronautenauswahl, das Training aber auch das Schicksal nach den Mercurymissionen bildet das fünfte Kapitel. Das sechs befasst sich mit der Infrastruktur wie Mercurykontrollzentrum, Tracking-Netzwerk und Trainern. Das umfangreichste Kapitel, das fast ein Drittel des Buchs ausmacht sind natürlich die Missionsbeschreibungen. Abgeschlossen wird das Buch durch eine Nachbetrachtung und einen Vergleich mit dem laufenden CCDev Programm. Dazu kommt wie in jedem meiner Bücher ein Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis und empfehlenswerte Literatur. Mit 368 Seiten, rund 50 Tabellen und 120 Abbildungen ist es das bisher umfangreichste Buch von mir über bemannte Raumfahrt.

Mein erstes Buch, Das Gemini Programm: Technik und Geschichte gibt es mittlerweile in der dritten, erweiterten Auflage. "erweitert" bezieht sich auf die erste Auflage die nur 68 Seiten stark war. Trotzdem ist mit 144 Seiten die dritte Auflage immer noch kompakt. Sie enthält trotzdem das wichtigste über das Programm, eine Kurzbeschreibung aller Missionen und einen Ausblick auf die Pläne mit Gemini Raumschiffen den Mond zu umrunden und für eine militärische Nutzung im Rahmen des "Blue Gemini" und MOL Programms. Es ist für alle zu empfehlen die sich kurz und kompakt über dieses heute weitgehend verdrängte Programm informieren wollen.

Mein zweites Buch, Das ATV und die Versorgung der ISS: Die Versorgungssysteme der Raumstation , das ebenfalls in einer aktualisierten und erweiterten Auflage erschienen ist, beschäftigt sich mit einem sehr speziellen Thema: Der Versorgung des Raumstation, besonders mit dem europäischen Beitrag dem ATV. Dieser Transporter ist nicht nur das größte jemals in Europa gebaute Raumschiff (und der leistungsfähigste Versorger der ISS), es ist auch ein technisch anspruchsvolles und das vielseitigste Transportfahrzeug. Darüber hinaus werden die anderen Versorgungsschiffe (Space Shuttle/MPLM, Sojus, Progress, HTV, Cygnus und Dragon besprochen. Die erfolgreiche Mission des ersten ATV Jules Verne wird nochmals lebendig und ein Ausblick auf die folgenden wird gegeben. Den Abschluss bildet ein Kapitel über Ausbaupläne und Möglichkeiten des Raumfrachters bis hin zu einem eigenständigen Zugang zum Weltraum. Die dritte und finale Auflage enthält nun die Details aller Flüge der fünf gestarteten ATV.

Das Buch Die ISS: Geschichte und Technik der Internationalen Raumstation ist eine kompakte Einführung in die ISS. Es wird sowohl die Geschichte der Raumstation wie auch die einzelnen Module besprochen. Wie der Titel verrät liegt das Hauptaugenmerk auf der Technik. Die Funktion jedes Moduls wird erläutert. Zahlreiche Tabellen nehmen die technischen Daten auf. Besonderes Augenmerk liegt auf den Problemen bei den Aufbau der ISS. Den ausufernden Kosten, den Folgen der Columbia Katastrophe und der Einstellungsbeschluss unter der Präsidentschaft von George W. Bush. Angerissen werden die vorhandenen und geplanten Transportsysteme und die Forschung an Bord der Station.

Durch die Beschränkung auf den Technischen und geschichtlichen Aspekt ist ein Buch entstanden, das kompakt und trotzdem kompetent über die ISS informiert und einen preiswerten Einstieg in die Materie. Zusammen mit dem Buch über das ATV gewinnt der Leser einen guten Überblick über die heutige Situation der ISS vor allem im Hinblick auf die noch offene Versorgungsproblematik.

Die zweite Auflage ist rund 80 Seiten dicker als die erste und enthält eine kurze Geschichte der Raumstationen, die wesentlichen Ereignisse von 2010 bis 2015, eine eingehendere Diskussion über die Forschung und Sinn und Zweck der Raumstation sowie ein ausführliches Kapitel über die Versorgungsraumschiffe zusätzlich.

Das bisher letzte Buch Skylab: Amerikas einzige Raumstation ist mein bisher umfangreichstes im Themenbereich bemannte Raumfahrt. Die Raumstation wurde als einziges vieler ambitioniertes Apollonachfolgeprojekte umgesetzt. Beschrieben wird im Detail ihre Projektgeschichte, den Aufbau der Module und die durchgeführten Experimente. Die Missionen und die Dramatik der Rettung werden nochmals lebendig, genauso wie die Bemühungen die Raumstation Ende der siebziger Jahre vor dem Verglühen zu bewahren und die Bestrebungen sie nicht über Land niedergehen zu lasen. Abgerundet wird das Buch mit den Plänen für das zweite Flugexemplar Skylab B und ein Vergleich mit der Architektur der ISS. Es ist mein umfangreichstes Buch zum Thema bemannte Raumfahrt. Im Mai 2016 erschien es nach Auslaufen des Erstvertrages neu, der Inhalt ist derselbe (es gab seitdem keine neuen Erkenntnisse über die Station), aber es ist durch gesunkene Druckkosten 5 Euro billiger.

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© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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