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Zukünftige Raumtransportsysteme

Einleitung

In zahlreichen Artikeln habe ich mich mit den verschiedenen Konzepten beschäftigt, den Transport ins All preiswert zu machen. Sehr oft musste das Fazit lauten: zu teuer oder erfordert Technik die noch in Ansätzen nicht zur Verfügung steht. Darum in diesem Artikel der Gegenschluss: Was kann von dem was heute an Erfahrungen und Technik zur Verfügung steht tun, um die Transportkosten zu senken.

Die bisherige Entwicklung

Ariane 5 Betrachtet man die historische Entwicklung der Trägerraketen, so war der erste Schritt die Verwendung von Interkontinentalraketen. Diese tun teilweise heute noch ihren Dienst. Man hat in einem ersten Schritt durch leistungsfähigere Oberstufen die Nutzlast gesteigert, danach durch preiswerte Feststoffbooster.

Die Entwicklung einer auf Kostenreduktion bedachten Trägerrakete führt zu Konzepten wie bei Ariane 5: Große Feststoffbooster für eine große Startbeschleunigung gekoppelt mit einem hochenergetischen Antrieb auf der Basis von Wasserstoff für eine hohe Nutzlast.

Eine Episode in dieser Entwicklung ist der Space Shuttle : Er ist nicht preiswerter als eine Trägerrakete sondern teurer, vor allem wegen der bemannten Mission, dem dadurch erforderlichen Sicherheitsstandard, den Kosten für Mission und der geringeren Nutzlast wegen des Lebensraums für die Besatzung. Die Sowjetunion hat daraus gelernt und setzt ihren Shuttle nicht mehr ein.

Von einem niedrigen Orbit aus

Ist eine Nutzlast erst einmal in einem Orbit, so gibt es nicht die Forderung nach einer Mindestbeschleunigung. Hier dürften sich in den nächsten Jahren mehr elektrische Antriebe durchsetzen. Sie benötigen nur ein Zehntel des Treibstoffes normaler chemischer Antriebe. Auch wenn man berücksichtigt, das ein elektrischer antrieb schwerer ist und zusätzlich eine Energieversorgung benötigt steigt die Nutzlast für die meistbenutzten Orbits in 20.000 und 36.000 km Höhe an. Im letzten Orbit nutzen schon heute Kommunikationssatelliten elektrische Antriebe für die Bahnregelung, um die Lebensdauer die durch den Treibstoff vorgegeben ist zu verlängern. Derartige Kommunikationssatelliten benötigen auch immer mehr Strom - heute schon 7 KW und mehr, so dass das zusätzliche Gewicht der Stromversorgung sinkt. Heute wiegt ein Kommunikationssatellit in einem 36000 km Orbit trocken nur etwa ein Fünftel dessen was eine Rakete in einen 600 km Orbit transportiert. Mit elektrischen Triebwerken könnte man diesen Wert um das 2-2,5 fache steigern. Je größer der Strombedarf und die Lebensdauer von Kommunikationssatelliten werden, desto attraktiver werden elektrische Triebwerke als Alternativen.

In einen Orbit

Zahlreiche Versuche wurden unternommen eine Ergänzung zum chemischen Antrieb zu finden. Die NASA hat nach 10 jähriger Forschung still und leise Versuche begraben luftatmende Triebwerke zu bauen die als Erststufen 6-12 fach Schallgeschwindigkeit erreichen sollten. Es gelang zwar Triebwerke zu entwickeln, jedoch blieb das Problem der aerodynamischen Kräfte und Temperaturen von bis zu 1500°C durch Reibung die unlösbar blieben. Auch Studien für einen einstufigen Shuttle wurden wieder eingestellt: Es gelang nicht einmal das Eigengewicht des Shuttles in den Orbit zu bringen.

Auch fehlen noch die chemischen Wundertreibstoffe die man noch in den sechziger Jahren anvisierte. Man hoffte durch die Kombination von Fluor als stärkstem oxidationsmittel mit den stärksten Reduktionsmitteln wie Boranen, Lithium- und Berylliumhydrid die spezifischen Impulse zu erhöhen. Bei zahlreichen Raketentriebwerken wie den Boostern der Delta 4 und dem Haupttriebwerk der Ariane 5 ist heute eine ganz andere Trendwende zu erkennen: Man setzt lieber einfache Konstruktionen ein, verzichtet auf schon entwickelte Konstruktionsprinzipien wie Hauptstromverfahren und Hochdrucktriebwerke zugunsten etwas schlechterer Leistung bei niedrigeren Preisen.

Vieles spricht daher dafür das eine Wasserstoff-Sauerstoff Stufe auch in Zukunft den größten Teil der Geschwindigkeit für einen Orbit aufbringen muss. Alle moderne Konzepte wie Ariane 5 oder Delta 4 basieren auf diesem Ansatz. Für die heute als Starthilfe verwendeten Feststoffbooster könnte es aber Konkurrenz geben.

Der Start aus der Luft.

Pegasus Start Schon heute wird die Rakete Pegasus von einem Flugzeug aus gestartet. Der Start erfolgt bei 950 km/h in 12 km Höhe mit einem Passagierflugzeug. Die Vorteile sind folgende:

Damit muss die Pegasus insgesamt 600 m/s weniger an Geschwindigkeit aufbringen als ein erdgebundener Start. Das erscheint angesichts insgesamt 9400 m/s gering, es macht jedoch zirka 20-25 % mehr Nutzlast aus. (Da die Feststoffraketen schlechte spezifische Impulse haben).

Im Prinzip sind jedoch auch größere Raketen so startbar. Ein Jumbo Jet kann auf Kurzstrecken zirka 180 t Cargo mitführen, eine Antonow 124 dürfte noch höher liegen. Das ist immerhin ausreichend für eine Rakete mit 4-5 t Nutzlast. Allerdings wird man derartige Nutzlasten nicht mehr unter den Flügel hängen - der Durchmesser wäre zu groß und die einseitige Belastung eines Flügels zu hoch. Wahrscheinlich wäre ein Umbau eines Transportflugzeuges, so das die Nutzlast in einem Schacht mitgeführt wird und wie eine Bombe abgeworfen wird.

Prinzipiell wäre jede Rakete so startbar. Sicherheitsaspekte dürften aber die Wahl auf einen lagerfähigen oder festen Treibstoff begrenzen. Auch wenn Wasserstoff mehrere Stunden lagerfähig ist, so verdampfen doch ständig kleine Mengen an Treibstoff, die sich in einem Flugzeug natürlich nicht entzünden dürfen. Trotzdem sind damit schon Nutzlast von 5 t in einen Orbit zu befördern.

Der Start bei Überschallgeschwindigkeit bringt dagegen wenig: Die Nutzlast nimmt dann rapide ab, die leistungsfähigsten strategischen Bomber wie die B-1A transportieren z.B. dann nur noch 37 t Nutzlast.

Die Wiederverwendung

Bislang gab es ein grundsätzlichen Problem. Will man Raketenstufen wieder verwenden so wird dies um so aufwendiger je höher die Endgeschwindigkeit bei der Abtrennung ist. So ist es schon jetzt Routine bei den Feststoffboostern, bei der russischen Fregat Oberstufe dagegen ist man erst bei der Erprobung. Erstere muss man nur einfach an einem Fallschirm landen, letzte braucht einen Hitzeschutzschild wie ein Raumschiff - der natürlich in vollem Gewicht von der Nutzlast abgeht.

Dazu kommt als zweites Problem, das die physikalischen Gesetze es sinnvoll machen in der letzten Stufe den besten Treibstoff - also Wasserstoff einzusetzen, dieser benötigt aber wegen der geringen Dichte große Tanks und damit einen großen Schutzschild. Dagegen bestehen die Startbooster aus Feststoff und haben massive, unempfindliche Gehäuse.

Derzeit ist dieses Dilemma noch nicht gelöst. Doch die Fregat Oberstufe der Sojus zeigt, dass man daran ist das Problem anzugehen. Es kann auch dazu kommen, das man aus Kostengründen die Startkonzepte umstellt: Und als Oberstufe nur lagerfähige oder feste Treibstoffe verwendet und als Grundstufe den Wasserstoff.

Die Rückkehr des Shuttles?

Der Space Shuttle Tatsächlich arbeiten wieder einige Ingenieurbüros an Shuttle Konzepten. Sowohl bei der ESA wie NASA gibt es Studien über zukünftige Raumtransportsysteme. Man will aber die Nachteile des Space Shuttles vermeiden. Das bedeutet:

Ein solcher Shuttle wurde z.B. für die ESA projektiert: Er würde drei Vulcain-2 Triebwerke haben und den Wasserstoff im Rumpf mitgeführten. Er setzt dann eine Ariane 5 Oberstufe bei niedrigen Geschwindigkeiten aus und landet nach einem Start in Kourou z.B. auf Ascension Island im Atlantik. Dadurch fällt weg:

Im Prinzip ist es ein cleveres Konzept teure hochwertige Triebwerke wie das Vulcain in einer Erststufe zu verwenden ohne das Risiko einzugehen, das es mit 90 km/h auf eine Wasserfläche kracht, wie bei einer Fallschirmlandung. Dafür ist natürlich ein Shuttle wesentlich schwerer als eine Erststufe, doch gerade bei dieser wirkt sich dies nicht so stark auf die Nutzlast aus. Bis 2005 läuft eine Technologie Vorstudie, dann wird über die Umsetzung entschieden. Ein Erstflug dürfte so erst um das Jahr 2015 erfolgen. Die Nutzlast Beträge ca. 7 t.

Sehr oft wird dies noch gekoppelt mit einem eleganten horizontalen Start. Bei dem Konzept für die ESA ist es ein Antrieb auf Schienen mit Wasserdampf welchen den Gleiter auf 500 km/h beschleunigt. Beim Kelly Astroliner wird ein kleinerer Shuttle von einem Jumbo Jet aus huckepack gestartet. Er ist aber für kleine Nutzlasten von 1-5 t ausgelegt und kleiner als ein Space Shuttle. Zudem scheint das Projekt in den 4 Jahren von 1998 (erste Version dieses Artikels) und 2002 (Revision) keine Fortschritte gemacht zu haben.

Die Konsolidierung

Weltraumbahnhof KourouEs gibt derzeit auf dem freien Markt insgesamt 30 Raketen mit zahlreichen Varianten, weitere werden noch folgen. 1999 fanden insgesamt 73 Starts weltweit statt auf 18 verschiedenen Trägern statt. Es ist klar das dies äußerst unökonomisch ist. Man könnte den Nutzlastbereich von 500-16000 kg mit 6 Raketentypen abdecken, die jeweils immer die doppelte Nutzlast der nächst kleinere Rakete hat (500,1000...16000). Die Folge wären mehr Starts pro Typ und damit eine höhere Stückzahl = niedriger Preis möglich.

Doch dies liegt in einer weiten Zukunft. Warum? Nun gerade erst beginnen zahlreiche Nationen ihre eigenen Raketen zu entwickeln - Brasilien, Israel, Korea und Irak als Beispiel. Weil es eine nationale Prestigefrage ist, eine eigene Rakete zu haben. Selbst große Nationen wie die USA, mit teuren Trägern schreiben Startaufträge nur an nationale Unternehmen aus. Selbst wenn es um die Sicherheit geht - Die Starts von westlichen Nutzlasten auf russischen und chinesischen Trägern zeigen das es möglich ist die Nutzlast mit eigenem Personal auf der Rakete zu integrieren und keinen Spion in die Nähe zu lassen.

Es gibt auch in diesem Sinne keinen echten Wettbewerb, denn mehr als die Hälfte der 1999 gestarteten Nutzlasten fielen auf diese Kategorie der Regierungsnutzlasten. Dadurch haben nicht nur die Betreiber dieser Trägerraketen einen Vorteil, es verzerrt auch den Wettbewerb. Das es auch anders geht zeigt Ariane: Trotz massiv gestiegener Konkurrenz konnte sie ihren Marktanteil halten. Wenn man aber nach Wegen sucht die Kosten zu senken, so wäre eine internationale Vereinbarung die einfachste Möglichkeit die keinerlei Kosten verursacht z.B. in der Art: Du baust diese Raketen, ich dafür diese und wir machen uns in der Nutzlastklasse keine Konkurrenz. Eine drastische Reduktion der Anzahl der Typen hätte eine höhere Startzahl und damit geringere Kosten zur Folge.

Das gleiche gilt natürlich auch für die Startplätze. An jedem "Weltraumbahnhof" benötigt man eine größere Personenzahl als stationäres Personal - egal ob ein Start erfolgt. Derzeit gibt es auf der Welt 6 häufig frequentierte und 7 weitere genutzte - auch das ist unökonomisch. Es bietet sich an 3 offen zu halten: Einen äquatorialen, einen für mittlere Breiten und eine für hohe Breiten. Dies könnten Kourou, Cape Canaveral und Baikonur / Plesetsk sein. Auch hier wäre eine Kostenreduktion möglich, zusätzlich wäre sogar eine Nutzlasterhöhung möglich da z.B. alle geostationären Flüge dann von Kourou aus erfolgen würden - 15 % mehr Nutzlast als vom Start von Cape Canaveral.

Schon bei diesem einfachen Konzept - das man de fakto innerhalb von wenigen Jahren durch eine internationale Absprache mit geringen Entwicklungskosten erreichen könnte, ohne neue Raketen zu entwickeln wird deutlich was das eigentliche Problem ist: Die Nationalitätenfrage. Sie wird auch in Zukunft zu konkurrierenden Entwicklungen führen.

Zusammenfassung

Was es mit Sicherheit nicht geben wird ist das was die NASA für den Space Shuttle versprochen hat: Eine Kostenreduktion um den Faktor 10. Auch wenn es gelingt Oberstufen zu bergen so ist eine Überprüfung nötig, und die Nutzlast durch die Vorrichtungen zum sicheren Wiedereintritt geringer. Vieles deutet aber darauf hin, das es gelingen wird die Nutzlastkosten weiter zu senken. Allerdings nicht durch revolutionäre Konzepte sondern eher durch eine wirtschaftlich sinnvolle Kombination von Wiederverwendung, Starthilfen und herkömmlichen Wegwerf-Oberstufen.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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