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Das Gravity Recovery and Interior Laboratory GRAIL ist zusammen mit MAVEN eine neue Discovery Class Mission. Neu war für beide Missionen, dass die NASA einen festen Kosten- und Zeitrahmen vorgab. Die gesamte Mission dufte inklusive der Missionsdurchführung 485 Millionen Dollar nicht überschreiten. Die Trägerrakete ist davon allerdings ausgenommen. Dies gelang bei GRAIL und MAVEN, wobei GRAIL einen wesentlich engeren Zeitplan hatte, da MAVEN aufgrund der Kostenexplosion der Marssonde Curiosity schon früh in der Projektphase um ein Startfenster 82 Jahre) nach hinten verschoben wurde. Es gelang bei GRAIL den Plan einzuhalten, nicht nur bei den Kosten, sondern auch beim engen Zeitplan. Die Mission kostete schließlich 496,2 Millionen Dollar (reale Dollar, die 485 Millionen beziehen sich auf den Wert im Jahr 2007, doch durch die Inflation verliert die Währung ja an Kaufkraft). Davon machte die Mission (Raumsonde, Instrumente, Durchführung) 375 Millionen aus. Der Rest entfiel auf die Trägerrakete, Startdurchführung und sonstige Aufgaben.
GRAIL wird als Projekt vom NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Pasadena, Kalifornien betreut. Die experimentelle Nutzlast stammt vom Massachusetts Institute of Technologie (MIT) in Boston und die Raumsonde wird von Lockheed Martin gebaut. Die Trägerrakete wird von Boeing hergestellt und von ULA (united Launch Alliance) gestartet. GRAIL besteht aus zwei identischen Raumsonden, zuerst GRAILA+B genannt, später im Mondorbit zu "Ebb" und "Flow" umbenannt.
Primäres Ziel von GRAIL ist die Verbesserung des lunaren Gravitationsfeldes. Seit 1967 die fünf Lunar Orbiter den Mond umkreisten weiß man das das lunare Gravitationsfeld sehr ungleichmäßig ist. Es wird beeinflusst von einer unterschiedlichen Dichte. Sie liegt dort bei 3,3 g/cm², während sie in der Rest der Oberfläche bei 3,0 g/cm³ liegt. Diese Massekonzentrationen für die sich die Abkürzung "Mascons" eingebürgert hat befinden sich vor allem unter den Mare der Mondvorderseite (der Erde zugewandten Seite). Sie machen 0,01 bis 0,03% der Gesamtmasse aus. Es ergibt sich beim Mond das Paradoxon das gerade die tiefliegenden Gebiete die durch große Einschlagskrater geprägt sind eine erhöhte Gravitation aufweisen. Sie wurden vor 3,5 bis 4 Milliarden Jahren in der Endphase des Bombardements durch Protoplanetoide erzeugt als größere Brocken die Kruste durchschlugen und dichtes Magma aus dem Mantel ausfließen konnte.
Die MASCONS beeinflussen die Bahn von Mondsatelliten. Sie führen dazu, das die Umlaufbahnen schnell exzentrisch werden. Eine ursprüngliche Kreisbahn (z.B. in 100 km Höhe) wird elliptisch, indem der mondnächste Punkt näher als 100 km an den Mond heranrückte und der mondentfernteste Punkt entfernt sich auf über 100 km. Das führt dazu dass innerhalb kürzester Zeit der mondnächste Punkt der Bahn bei Höhe 0 liegt und der Satellit auf dem Mond aufschlägt.
Als Folge benötigen Mondorbiter in niedrigen Umlaufbahnen sehr viel Treibstoff, was ihre Missionsdauer begrenzt. Die Raumsonde LADEE wird während ihrer 100 tägigen Primärmission ein ”V von 150 m/s aufwenden um ihren Orbit aufrecht zu erhalten. Dabei lässt man sogar eine elliptische Bahn zu. Würde man eine Kreisbahn anstreben, so wären es sogar 400 m/s. Die meisten Mondmissionen waren daher nur wenige Monate bis etwas über ein Jahr aktiv. Nur bestimmte Bahnen sind einigermaßen stabil. Eine solche hat der Mondorbiter LRO. Er hatte anfangs einen "quasi eingefrorenen Orbit" mit einem mondnächsten Punkt in 30 km Höhe über dem Mondsüdpol. Er entfernt sich bis auf 216 km am Nordnordpol. Dieser Orbit erfordert nur 5 m/s um ihn konstant zu halten. Er ist so ausgelegt, das Störeinflüsse sich weitgehend ausgleichen. Der später eingeschlagene "Mapping Orbit" in konstant 50 km Höhe dagegen 150 m/s pro Jahr. Daher wurde LRO nach seiner Primärmission wieder in den quasi-eingefrorenen Orbit zurückgebracht. Die kürzeste Lebensdauer haben äquatoriale Bahnen, da sie viel häufiger über die stärksten Massekonzentrationen über die Mondvorderseite führen. Das zeigte sich schon bei den Apollomissionen las schon nach wenigen Stunden sich die Bahn um einige Kilometer verändert hatte. Da dies die Abstiegsbahn der Mondlander beeinflusste führte dies bei Apollo 11 dazu, dass die Mission den geplanten Landeplatz um mehrere Kilometer verpasste. Spätere Missionen erhielten die Möglichkeit das Landeprogramm um aktuelle Navigationsdaten zu ergänzen.
Lunar Prospektor machte die erste Raumsonde die eine Gravitationskarte des Mondes anfertigte. Dazu wurde die Dopplerverschiebung des Signals das auf der Erde empfangen wurde genutzt. Nach dem ersten Monat gab es die erste Karte mit einer räumlichen Auflösung von 200 km. Weitere Überflüge in den folgenden Monaten erhöhten die Auflösung auf 20 km.
GRAIL soll nun eine erheblich genauere Karten anfertigen. Auf der Mondvorderseite wird sie um den Faktor 100 genauer sein, auf der Mondrückseite, von der es keine Dopplerdaten durch Lunar Prospektor gab sogar um den Faktor 1000. Das betrifft vor allem die Genauigkeit der Gravitationsabweichungen (man könnte diese bei einer Karte der Topografie mit der Höhe gleichsetzen, es ist also genauer bekannt ob die Höhe eines Gravitationsbergs nun 7814,6 m (± 0,1 m) oder 7820 m (± 10 m) beträgt (im übertragenen Sinn, denn es gibt natürlich nicht so etwas wie Höhen bei der Gravitation). Die hier verwendete Messeinheit ist das Gal. Ein Gal entspricht einer Beschleunigung von 1 cm/s². Die Erdgravitation auf der Meereshöhe der Erde beträgt zwischen 976 und 983 Gal. Sie schwankt, weil die Erde keine perfekte Kugel ist (der Äquator hat einen 21 km höheren Radius als der Pol und es durch die ungleichmäßig verteilte Landemasse bzw. Berge und Tiefsee unterschiedliche Massenverteilungen an der Erdoberfläche gibt. GRAIL soll eine Messgenauigkeit von 10 mGal erreichen. (0,01 Gal). Auf der Erde entspricht diese Differenz z.B. der unterschiedlichen Schwerebeschleunigung zwischen dem Erdboden und dem 12 Stock in 33 m Höhe. Tatsächlich erreicht wurden 1 mGal, das entspricht dem Unterschied zwischen 0 und 3,3 m Höhe auf der Erde.
Das Messprinzip ist das gleiche das bei dem Deutsch-Amerikanischen Satellitengespann GRACE eingesetzt wird. Eine Raumsonde sendet ein Signal definierter Frequenz und einen Zeitcode an die andere Raumsonde die sie in einem Abstand von rund 200 km verfolgt. Geschwindigkeitsänderungen der Sonden zueinander führen zu einem Dopplereffekt den man bestimmen kann. Da beide Sonden den Mond auf einer Umlaufbahn umkreisen ist dabei der Messfehler der bei der Bestimmung des Dopplereffekts von der Erde aus entsteht kleiner (eine Raumsonde umkreist den Mond mit einer Geschwindigkeit von 1,6 km/s, der Mond umkreist die Erde mit 1 km/s und die Erdoberfläche rotiert (je nach Breitengrad) mit <0,46 km/s. Alle diese Geschwindigkeiten verursachen einen Dopplereffekt der viel größer ist als die Änderung der Geschwindigkeit durch die Mascons und dies begrenzt die Genauigkeit. Zudem kann man von der Erde aus wegen er gebundenen Rotation keine Funksignale von der Mondrückseite empfangen. So kann man nur indirekt eine grobe Karte der Gravitation der Mondrückseite anfertigen.
Die Raumsonde basiert auf dem von Lockheed Martin Experimental Small Satellite Bus, der mit der Mission XSS-11 2005 auf einer Minotaur 1 erprobt wurde. Wie bei den meisten Mondsonden macht der Treibstoff den Hauptanteil der Masse aus. GRAIL A+B haben jeweils 70 kg Hydrazin an Bord. Aufgrund der kleinen Masse der Sonde wird nur Hydrazin als monergoler Treibstoff eingesetzt. Ein einzelnes Triebwerk mit 22 N Schub dient als Hauptantrieb. Acht kleine Düsen von 0,8 N Schub, die Hydrazin katalytisch zersetzen dienen zusammen mit drei Reaktionsschwungrädern zur Lagekontrolle und Bahnkorrekturen. Die Raumsonde wurde um den Treibstofftrank der in der Mitte der Struktur befindet herum aufgebaut. Er bildet das Massezentrum und die anderen Komponenten müssen so anordnet sein, dass die Raumsonde während der Wissenschaftlichen Phase um 1 cm genau zur Schwestersonde positioniert werden kann. Helium in einem Druckgastank liefert den Tankdruck für den Hydrazintank von 31 Bar. Ein Diaphragma drückt dabei den Treibstoff an die Wand.
Zur Feststellung der Lage gibt es drei Systeme. das eine Sind Startrackerkameras, Dies sind weitwinkelige Kameras mit 512 x 512 Pixeln und einem bewusst defokussierten Bild. Dadurch erzeugen Sterne ein verschmiertes Bild, einen kleinen Kreis. Dadurch werden zum einen nur helle Sterne detektiert, zum anderen kann man so den Mittelpunkt subpixelgenau feststellen, also genauer als es die grobe Auflösung zulassen würde. Die Position der Sterne wird zueinander bestimmt und dann in einem Katalog nachgeschaut wohin die Kamera schaute. Da sie fest montiert ist weiß man auch wie die Raumsonde räumlich relativ zu den Sternen ausgerichtet ist. Startrackerkameras sind das primäre System um die Lage festzustellen. Sie richten die Raumsonde mit einer Genauigkeit von 22 Bogensekunden aus. Das ist weniger als ein Achtzigstel des Monddurchmessers von der erde aus. Reservesystem ist eine Inertial Measurement Unit von Honeywell. Das ist ein Inertialsystem aus Ringlaserkreiseln. Drei Stück, einer pro Raumachse geben ein Signal ab wenn die Raumsonde sich in irgendeiner Richtung bewegt. Direkt wird nur die Beschleunigung gemessen, durch Integration über die Zeit kann die Geschwindigkeit und der Weg bestimmt werden. Die IMU ist aktiv wenn die Startrackerkameras nicht eingesetzt werden können. Zuletzt gibt es einen Sonnensensor. Er wird aktiv wenn due Raumsonde in einen safe-Mode geht (bei einem Problem). Er ist auf der Ebene der Solarpanels. Er kann die Sonde mit einer Genauigkeit von 1,5 Grad auf die Sonne ausrichten. Dadurch erhalten in einem Notfall die Solarpenaels genügend Licht um Strom zu produzieren und ihre Systeme können am Laufen gehalten werden.
Ein Bordcomputer mit einer Listung von 20,7 MIPS steuert die Sonde. Es ist ein RAD750 von BAE Systems.
Die Kommunikation geschieht über eine LGA (Low Gain Antenne = omnidirektionale Antenne, die nicht genau ausgerichtet werden muss) im S-Band. Das Kommunikationssystem verwendet Komponenten aus dem Satellit Themis und der Raumsonde Genesis. Die Datenrate zur Sonde beträgt 2 kbit/s (Kommandos), die Datenrate zur Erde 128 kbit/s für wissenschaftliche Daten und 1 kbit/s für Telemetrie. Die eigentlichen Daten des LRGS Experimentes machen nur 2 kbit/s aus, der Rest entfällt auf die Videos der Moonkam. Die Sender sind redundant und haben je 5 Watt Sendeleistung.
Leider gibt es zu den GRAIL Raumsonden zwei völlig unterschiedliche Datenblätter die ich hier beide wiedergebe. Die Angabe aus dem Launch Fact Sheet wird von den meisten Websites übernommen.
Parameter | Wert MIT Grail Website / NSSC | NASA Fact Sheet |
---|---|---|
Abmessungen: | 1,09 m hoch, 0,95 m breit und 0,79 m tief | |
Startmasse: | 2 x 202,4 kg (466 kg mit Adapter) | 2 x 307 kg |
Trockenmasse: | 2 x 132,6 kg | 2 x 202 kg |
Hydrazin | 2 x 69,9 kg | 2 x 103,4 kg |
Schub Haupttriebwerk: | 22 N | |
Stromversorgung | 2 Solarpaneele aus je zwei Modulen liefern 221,8 Watt Leistung 10 NiH-Zellen liefern bis zu 10 h Strom bei 16 A x 28 V. |
700 Watt Leistung 1 Lithiumionenbatterie 30 Ah Kapazität |
GRAIL hat nur ein einziges Experiment an Bord: LGRS (Lunar Gravity Ranging System). Dazu kommt ein Studentenexperiment das nicht von der NASA gestellt wird, die MoonKam.
Das Experiment ist eine Adaption des Experimentes an Bord der beiden Satelliten GRACE die ebenfalls in Formation das Erdgravitationsfeld vermessen. Das Prinzip ist sehr einfach. Jede GRAIL Sonde hat einen Ka-Band Sende und Empfänger. Dabei sind die Sendefrequenzen unterschiedlich und liegen um 670 KHz auseinander. Beide senden ein Signal mit einer Frequenz von 32 GHz aus. Die Frequenz wird durch einen ultrastabilen Oszillator (USO) über längere Zeiträume konstant gehalten. Beim Empfänger kommt das Signal dopplerverschoben an, hat also eine leicht höhere Frequenz (Sonde bewegt sich auf andere Sonde zu) oder niedrigere Frequenz (Sonde bewegt sich vom Empfänger weg). Da die Frequenz bekannt ist kann so die Geschwindigkeit bestimmt werden. Dies geschieht auf 4,5 µm/s in einem 5 Sekundeninterval. Damit man den Ort präzise auf dem Mond lokalisieren kann, gibt es einen zweiten Kanal im S-Band mit Sendefrequenzen von 2,09 und 2,21 GHz in denen die beiden Sonden ihre Zeitbasis austauschen. Da auf dem Mond kein GPS empfangbar ist, müssen die Sonden ihre Uhren synchronisieren. der USO wird als Referenz genommen und dient auch zur Erzeugung des Uhrensignals über einen Timer. Zum Boden wird im X-Band ebenfalls ein Signal abgegeben das vom USO abgeleitet wird. Es erlaubt es den Drift des USO nachzuvollziehen. Die X-Band Sender zur Erde sind redundant, die Ka und S-Band Sender zwischen den beiden Raumsonden nicht.
Das LGRS ist sensitiver als die bisher verfolgte Vermessung des Dopplereffektes von der Erde aus, weil es wesentlich weniger Störgrößen gibt. Gemessen wird der Dopplereffekt als Frequenzverschiebung. Er ist ein Summenparameter proportional zur Geschwindigkeit zwischen Empfänger und Sender. Bei den beiden Satelliten auf identischen Umlaufbahnen ist dies vornehmlich die Veränderung dieser durch die Mondgravitation unterschiedlicher Stäke. Sie sollten aber in etwa die gleiche Geschwindigkeit haben. Misst man das Signal dagegen von der Erde aus, so addieren sich auf komplexe Weise die Erdrotation (0-460 m/s je nach Breitengrad), die Rotation des Monds um die Erde (etwa 1000 m/s) und die Bewegung der Sonde um den Mond (etwa 1600 m/s). Bei solchen Störeinflüssen den kleinen Einfluss der Mascons zu finden ist schwierig und so ist die Messung im Mondorbit viel genauer. Schon die japanische Raumsonde Kajagua versuchte dies zu vermeiden indem sie einen Subsatelliten entließ, jedoch konnte dieser seinen Orbit nicht der Hauptsonde anpassen.
Die GRAIL MoonKAM (Moon Knowledge Acquired by Middle school students) ist ein Ergebnis des NASA Bildungs- und Öffentlichkeitsprogramms, das die Mission bekannter machen soll. Schließlich produziert die Mission keine Bilder sondern nur Datensätze die man zu Gravitationskarten oder Dichtekarten aufbereiten kann. Das Projekt wurde initiiert und betreut von der ehemaligen Astronautin Sally Ride.
Die Kameras selbst sind niedrigauflösende Webkameras mit Sensoren von 640 x 480 Pixel. Sie machen Videoaufnahmen mit 30 Bildern pro Sekunde. Jede GRAIL Raumsonde hat vier Kameras die an eine gemeinsame Auswerteelektronik angeschlossen werden. Drei Kameras haben Linsen von 6 mm Brennweite und eine eine Linse von 50 mm Brennweite. Diese stärker vergrößernde Kamera schaut direkt nach unten, die anderen um 60 Grad nach vorne (zwei Kameras) bzw. nach hinten (eine Kamera).
Über ein Webinterface konnte jedermann einen Wunsch vorbringen was die Moonkams aufnehmen sollten. Für ein Planetenprojekt war die Nachfrage aber überschaubar. 2012 gab 4.853 Besucher mit 13.230 Seitenaufrufen. Während der Primärmission wurden 70.000 Aufnahmen angefertigt, bis zum Ende der erweiterten Mission waren es 120.000 Aufnahmen.
Im Januar 2008 startete die Phase B von GRAIL. Im März 2009 folgte der Beginn der Phase C, der Beginn der Entwicklung. Im November 2009 wurde das Critcal Design Review abgeschlossen und im Juli 2010 konnte an die Phase D, den Zusammenbau der Raumsonde gegangen werden. Ein Jahr später war dies im Juli 2011 abgeschlossen und 10.9.2011 wurden die beiden Raumsonden zusammen mit der vorletzten Delta II gestartet (zumindest nach der damaligen Planung, inzwischen hat die NASA einige weitere Delta II aus den Restbeständen geordert). Damit wurde die Raumsonde in weniger als vier Jahren von der Genehmigung bis zum Start gebaut.
Am 10.6.2011 starteten GRAIL A+B mit einer Delta 7920H. Das "H" steht für die Heavy Variante. Diese Version ist eigentlich nicht die geeignete für Missionen zum Mond. Die "0" an der letzten Stelle zeigt an, dass keine Oberstufe verwendet wird. Ohne diese sinkt aber die Nutzlast für einen Mondtransferorbit stark ab, da alleine die zweite Stufe eine Leermasse von 950 kg hat. Bisher erfolgten daher alle Starts von Raumsonden mit einer zusätzlichen dritten Stufe, entweder einem Star-37 Antrieb ("6" als letzte Ziffer) oder einem Star 48 Antrieb ("5" als letzte Ziffer). Damit kann die Delta II 998 / 1230 kg zum Mond transportieren. Man hätte bei den beiden leichten GRAIL Raumsonden sogar die Zahl der Booster auf 3 senken können.
stattdessen verwendet man 9 Booster und zwar die schwereren und teureren GEM-46 Booster, Der einzige Grund den es dafür geben kann ist, dass man nur noch diese Konfiguration verfügbar hat, denn auch bei zwei Jahre nach dem Start erfolgten Nachbestellungen waren nur die "Heavy" Varianten verfügbar, was zu zusätzlichen Kosten führte, da man wegen des höheren Startschubs Anlagen in Vandenberg umbauen musste (dort startete nie eine Delta II in der Heavy Variante). Beide Raumsonden werden nebeneinander auf einem gemeinsamen Adapter montiert, haben nach Abtrennung von der Delta Oberstufe aber getrennte Bahnen.
Die Wahl der Trägerrakete hatte auch Auswirkungen auf die Bahn. GRAIL wurde nicht direkt zum Mond geschickt sondern in eine langestreckte Bahn, die weit über die Mondumlaufbahn hinausführte. Das gab Zeit die Sonde über einige Tage in betrieb zu nehmen und durchzuchecken. Schließlich änderte ein Kurskorrekturmanöver die Bahn in Richtung Mond, wo man mit einem kleinen Impuls von 190 m/s in einen ersten Übergangsorbit einschwenkte. Mit einer Oberstufe hätte man zuerst einen Parkorbit erreicht der anders als die gewählte Bahn nicht nach einem Umlauf wieder an den Startort zurückführt, wo die Sonde dann in der Erdatmosphäre verglüht wäre. Die langgestreckte Bahn gab genügend Zeit für die Überprüfung der Sonde. "Schnelle" Bahnen zum Mond wie sie in den sechziger Jahren üblich waren, wo eine Raumsonde nach 3-4 Tagen den Mond erreichte sind heute unüblich, da man alleine für das Aktiveren der Sonde länger braucht. Auch die neueste Mondsonde LADEE wird drei Wochen brauchen um ihren Mondorbit zu erreichen. Der Umweg über den L1-Librationspunkt hat aber auch einen Vorteil: die Raumsonde kommt mit einer niedrigeren Geschwindigkeit an und spart rund 130 m/s an Treibstoff.
So dauerte es drei Monate um den Mond zu erreichen nachdem die Raumsonden gestartet wurden. Die Raumsonden wurden zuerst in den L1-Liberationspunkt geschickt. Dieser befindet sich 1,5 Millionen km von der erde entfernt auf der Linie Sonne-L1-Erde. Ein dort eingeleitetes Kurskorrekturmanöver brachte die Raumsonde dann auf einen Mondkurs. Dort angekommen, zündete die Raumsonde ihr Triebwerk für 38 Minuten und bremste um 190 m/s ab. Sie erreichte so einen ersten Orbit mit einer Umlaufdauer von 11,5 Stunden. (90 x 8.363 km, Perilunäum über dem Südpol). GRAIL A erreichte den Orbit am 31.12.2011, GRAIL B folgte am 1.1.2012. Weitere Zündungen des Triebwerks senkten den Orbit sukzessive ab, sodass schließlich eine 55 km hoher kreisförmige Bahn erreicht wurden und beide Raumsonden auch hintereinander in kurzem Abstand auf derselben Bahnebene den Mond umkreisen. Nur so sind die Messungen möglich.
Am 17.1.2012 wurden die beiden Raumsonden in "Ebb" und "Flow" umbenannt (Ebbe und Flut). Diese Namen wurden aus 11000 Vorschlägen von Schülern bis zur 12 Klasse ausgewählt. Jeden Tag gibt es zwei Perioden in denen Daten übertrag werden. Dies ist während 8 Stunden pro Tag der Fall.
Die primäre Mission von GRAIL dauerte vom 1.3.2012 bis zum 29.5.2012. Sie umfasste drei Mondumläufe um die Erde. (82 Tage oder dreimal 27,3 Tage). Während dieser Zeit mussten sowohl der Orbit stabilisiert werden, wie auch die gegenseitige Position der Raumsonden sich nicht stark ändern. Sie sollten zueinander einen Abstand von 175 bis 225 km halten. Das kostet wegen der Störungen des unregelmäßigen Gravitationsfelds viel Treibstoff. Der Orbit wurde zwischen 10 und maximal 55 km gehalten. Der Abstand zwischen 50 und 250 km.
Nach dem Ende der Primärmission musste beschlossen werden wie man weiter macht. Bei wenig Treibstoff hätte man die Sonde noch einige Tage lang betrieben und dann abgeschaltet. Sie wäre dann innerhalb von 40 Tagen auf dem Mond aufgeschlagen. Da es genügend Treibstoff gab, wurde die Mission verlängert und vom 30.8.2012 bis zum 14.12.2012 erfolgte eine zweite Messphase, diesmal aus einem viel niedrigeren Orbit von 23 anstatt 55 km Höhe. Dazwischen wurde die Raumsonden in einem 84 km hohen Parkorbit belassen, Die Orientierung von Sonne, Erde und Mond zueinander lies eine Messung während der Zwischenzeit nicht zu. Der Orbit wäre zu stark gestört worden, weiterhin hätten die Batterien die Sonnenfinsternis (Bedeckung der Erde vom Mond aus) im Juni 2012 nicht überstanden. Das war auch ein Grund für die späte Ankunft, den im Dezember gab es auch schon eine solche Sonnenfinsternis.
Das Resultat war eine Gravitationskarte mit einer räumlichen Auflösung von 13 km Diese war um den Faktor 4 höher als die vorherige die von Kaguya (Selene A) stammt. Bei der Genauigkeit der Kenntnis des Gravitationsfeldes war der Sprung noch höher und der Faktor betrug je nach Ort 1000 bis 100.000. Am 6.12.2012 wurde die Bahn nochmals erniedrigt auf einen neuen Tiefpunkt von 11 km für spezielle Messungen über dem Mare Orientale. Nach Ende der Messphase sank der Orbit ohne Kontrolle innerhalb von wenigen Tagen schnell ab und beide Sonden schlugen auf einen Berg nahe des Nordpols am 17.12.2012 auf. Die Koordinaten betragen 75.6083°N 33.4043°E und 75.6504°N 33.1643°E.
Am 17.12.2012 benannte die NASA den Einschlagspunkt von GRAIL nach der inzwischen verstorbenen Astronautin und Initiatorin von Moon Kam in "Sally K. Ride impact Site". Die gesamte Datenmenge des primären Experiments ist erstaunlich klein. Es sind nur 637 MByte, sie würden also auf eine einzige CD passen.
Die Mission war ein voller Erfolg. Diese Karten zeigen das Mondgravitationsfeld an. Zwischen dem 80 und 300 Breitengrad folgt es weitgehend der Topografie in diesem Bereich kann man ein höheres Gravitationsfeld mit Erhebungen (Hochländer) und ein niedrigeres mit Vertiefungen (Kratern) in Übereinstimmung bringen. Die Dichte der Mondkruste konnte mit 2,55 g/cm³ im Mittel bestimmt werden. Sie ist zwischen 34 und 43 km dick. Vorher nahm man geringere dicken von teilweise nur 20 km an. Bei dem Diagramm rechts wurden allerdings die alten Basaltgebiete von der Bestimmung ausgeklammert, da diese eine erheblich höhere Dichte von 2,8 bis 3,0 g/cm³ aufweisen. Analog konnte man die Porosität bestimmen. Diese abgeleiteten Daten haben eine räumliche Auflösung von 360 km. Das Gravitationsmodell das sich durch die Überlagerung von harmonischen Schwingungen einer Kugel berechnet wird hatte nach der Primärmission die Ordnung 420, nach der erweiterten Mission eine Ordnung von 660 und nach Auswertung aller Daten will man eine Ordnung von 1000 erreichen. Je höher die Ordnung desto besser werden kleinräumige Schwankungen des Mondgravitationsfeldes im Modell wiedergegeben.
Ereignis | Zeitpunkt |
---|---|
Start | 10.6.2011 |
Mondumlaufbahn erreicht | 31.12.2011 und 1.1.2011 |
Beginn wissenschaftliche Phase | 1.3.2012 |
Ende wissenschaftliche Phase | 29.5.2012 (drei Mondumläufe zu je 28 Tage) |
Beginn erweiterte Messphase | 30.8.2012 |
Ende erweiterte Messphase | 14.12.2012 |
Aufschlag auf dem Mond | 17.12.2012 |
INTERNATIONAL LUNAR
ORBITER FLEET - A COMPARATIVE DATABASE - JULY 2005
https://directory.eoportal.org/web/eoportal/satellite-missions/g/grail
GRAIL NASA Fact Sheet
GRAIL Launch
NASA's Grail Discocery Mission:Lessons learned
NSSDC Master Catalog: GRAIL
Operating the Dual Orbiter GRAIL to measure moons gravity
http://issfd.org/ISSFD_2012/ISSFD23_FDOP1_1.pdf
Artikel erstellt am 5.11.2013, Artikel zuletzt geändert: 25.11.2013
Lang Zeit gab es von mir nur ein Buch über Raumsonden: die beiden Mars-Raumsonden des Jahres 2011, Phobos Grunt und dem Mars Science Laboratory. Während die russische Raumsonde mittlerweile auf dem Grund des Pazifiks ruht, hat für Curiosity die Mission erst bekommen. Das Buch informiert über die Projektgeschichte, den technischen Aufbau der Sonden und ihrer Experimente, die geplante Mission und Zielsetzungen. Die Mission von Curiosity ist bis nach der Landung (Sol 10) dokumentiert. Einsteiger profitieren von Kapiteln, welche die bisherige Marsforschung skizzieren, die Funktionsweise der Instrumente erklären aber auch die Frage erläutern wie wahrscheinlich Leben auf dem Mars ist.
2018 wurde dies durch zwei Lexika, im Stille der schon existierenden Bücher über Trägerraketen ergänzt. Jedes Raumsonden Programm wird auf durchschnittlich sechs bis acht Seiten vorgestellt, ergänzt durch eine Tabelle mit den wichtigsten zeitlichen und technischen Daten und Fotos der Raumsonde, bzw., Fotos die sie aufgenommen hat. Ich habe weil es in einen band nicht rein geht eine Trennung im Jahr 1990 gemacht. Alle Programme vorher gibt es in Band 1. Die folgenden ab 1990 gestarteten dann in Band 2. In Band 2 ist ein Raumsonden Programm meist eine Einzelsonde (Ausnahme MER). In Band 1 dagegen ein Vorhaben das damals zumeist aus Doppelstarts bestand, oft auch mehr wie z.B. neun Ranger oder sieben Surveyor. Beide Bänder sind etwa 400 Seiten stark. In Band 1 gibt es noch eine gemeinsame Einführung für beide Bände über Himmelsmechanik und Technik der Instrumente. Beide Bände haben einen Anhang mit Startlisten, Kosten von Raumsonden und Erfolgsstatistiken. Band 2 hatte Redaktionsschluss im Januar 2018 und enthält die für 2018 geplanten Missionen über die es genügend Daten gab.
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