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Ich habe einmal eine Frage bekommen, warum die Nutzlast der Dnepr so gering ist, etwa gleich große wie die der Titan 2, aber diese Rakete ist deutlich größer und neuer. Ich möchte hier einmal skizzieren wie man eine ideale Oberstufe findet.
Hier einmal die wesentlichen Daten der Dnepr:
DneprErststart: 21.4.1999Letzter Start: 12.7.2006 6 Starts, kein Fehlstart, Zuverlässigkeit: 100 % (Stand 1.8.2006) Höhe 34.0 m Durchmesser 3.0 m Stufe 1: R-36M2-1 |
Stufe 2 R-36M2-3 Startmasse: 41.120 kg Leermasse: 4.380 kg Schub 755 kN über 190 sec. Spez. Impuls: 3335 m/s 1 Triebwerk RD-228 Treibstoff Stickstofftetroxid / UDMH Länge: 5.7 m Durchmesser: 3.0 m Stufe 3: R-36M2-Mirv Startmasse: 4.266 kg Leermasse: 2.356 kg Schub 18.6 kN über 1100 sec. Spez. Impuls: 3109 m/s 1 Triebwerk RD-869 Treibstoff Stickstofftetroxid / UDMH Länge: 1.0 m Durchmesser: 3.0 m |
Die beiden ersten Stufen sind "State of the Art" - Der spezifische Impuls ist für die Treibstoffkombination sehr gut. Das Voll/Leermasse Verhältnis ist gut, wenn es auch bessere Werte gibt. Das liegt an den relativ schubkräftigen und schweren Triebwerken durch die Mehrkammertechnik.
Die dritte Stufe, der MIRV Kopf fällt dagegen auf:
Hat man die Daten einer Trägerrakete so kann man bei einer gegebenen Nutzlast deren Endgeschwindigkeit errechnen. Diese wird höher als die Orbitalgeschwindigkeit sein, da man den Orbit erst erreichen muss, d.h. man auch Höhenarbeit verrichten muss. Zusätzlich gibt es Verluste durch die Aerodynamik, nicht vollständig ausgenutzte Treibstoffe etc..
Kennt man die Endgeschwindigkeit eine Rakete für eine Nutzlast so kann man bei kleineren Änderungen (und eine neue Oberstufe ist eine kleine Änderung sie ändert die Massebilanz der unteren Stufen kaum) die neue Nutzlast errechnen.
So kommt man auf die paradoxe Feststellung, dass ohne dritte Stufe die Nutzlast bei der Dnepr höher liegt nämlich bei 4750 anstatt 3800 kg. Warum? Nun die Leermasse der dritten Stufe liegt bei 2.3 t, diese muss zur Nutzlast hinzuaddiert werden. Demgegenüber ist der Gewinn durch 2 t Treibstoff recht klein.
Allerdings erreicht die Nutzlast bei zwei Stufen nur eine suborbitale Bahn. Sie müsste also als nach einem halben umlauf ihren eigenen Antrieb zünden, was bei westlichen Nutzlasten sehr unüblich ist. Daher ist dies keine Alternative.
Es muss also eine neue Oberstufe her. Sinnvollerweise sollte man sich im russischen Weltraumprogramm umsehen, es macht wenig sinn, bei einem preiswerten Träger wie der Dnepr, dessen Preis vor allem deswegen so niedrig ist, weil es eine ausgemusterte Interkontinentalrakete ist eine sehr teure westliche Oberstufe einzubauen.
In Frage kämen:
Nun die Frage an sie, den aufmerksamen Leser. Könnten sie ohne nachzurechnen angeben welches die günstigste Oberstufe ist? Ich habe richtig getippt und ich zeige ihnen wie sie auch auf die richtige Antwort kommen.
Vergleicht man zuerst Fregat und Breeze - bei nahezu gleicher Startmasse und spezifischem Impuls ist die Fregat um etwa 600 kg leichter. Die Nutzlast müsste also etwa um 600 kg höher sein. doch wie sieht es mit der Breeze-M aus. Ignorieren wir einmal dass diese Oberstufe in Wirklichkeit nicht geeignet ist (die Brenndauer ist zu lange, die Oberstufe würde mit dem Satellit wieder in die Erdatmosphäre eintreten bevor sie einen Orbit erreicht hat) wäre sie, weil schwerer nicht günstiger? Sicherlich ist sie schwer und das Voll/Leermasseverhältnis ist auch günstiger. Aber....
Bei Raketen mit Treibstoffen von gleicher "Güte" sprich gleichem spezifischen Impuls sollte für jede Stufe das Voll/Leermasseverhältnis in etwa das gleiche sein. Eine Dnepr mit einer weiteren Oberstufe sollte etwa 6-7 t Nutzlast haben. Eine Stufe die zwischen 6-7 t und der Zweitstufe mit 41 t wäre also ideal. Das wäre so bei etwa 10-15 t der Fall. An dieser Größe liegen die kleineren Oberstufen nähere dran als die schon recht schwere Breeze-M- Bei ihr ist das Verhältnis von Voll/Leergewicht mit der Nutzlast schon zu groß.
Block DM ist diffizil zu beurteilen: Zum einen ist die Leermasse höher als bei der Breeze M. Das ist ein Nachteil. Zum anderen ist auch der spezifische Impuls größer als bei den anderen Stufen. Das ist ein deutlicher Vorteil. Das Missverhältnis ist besser als bei jeder anderen Stufe, er liegt "genau" im optimalen Bereich.
Berechnungen der Nutzlast (beschleunigt auf dieselbe Geschwindigkeit wie die 3.8 t der Dnepr) ergaben:
Das ist schon ein deutliches Ergebnis. Wäre ich Missionsplaner ich würde wohl die Fragt bevorzugen, da sie fast genauso viel Nutzlast bringt wie die beiden schweren stufen.
Wie sieht es für höhere Geschwindigkeiten aus? Exemplarisch habe ich hier einmal die Nutzlast für einen Venus Trip (11400 m/s) ausgerechnet:
Hier ist nun die geringe Leermasse der Fregat und das bessere Massenverhältnis für diese kleinere Nutzlast von Vorteil.
und zwar im westlichen Lager. Nun kommen wir wirklich in das Reich der Hypothesen. Denn natürlich würde niemand eine westliche Oberstufe auf einem russischen Träger einsetzen. Sinnvoll ist es eine Oberstufe zu nehmen die Wasserstoff verbrennt und im Einsatz ist bei den Russland derzeit keine Stufe. Im Westen kennen wir die Centaur und die H10 Oberstufe. Beide gibt es in mehreren Varianten.
Ich habe mich auf die alte Ariane 4 Version der H10 beschränkt, da diese am kompatibelsten mit ihrem Durchmesser von 2.6 m ist und bei der Centaur auf die Centaur II DEC, da sie relativ schubstarke Triebwerke hat und den höchsten spezifischen Impuls der Centaur mit 3 m Durchmesser (ein größerer Durchmesser gibt Probleme beim Silo Start. Die Nutzlasten steigen dann rapide an:
Mit der H10 auf 9560 kg und mit der Centaur III DEC sogar auf 11930 kg. Für den Venuskurs sind dies nach 2350 bzw. 3280 kg. Selbst in einen GTO Orbit könnte man noch 3770 bzw. 5030 kg bringen. Das wäre eine Überlegung wärt, denn damit wäre die Dnepr konkurrenzfähig mit anderen Trägern. Es gibt übrigens durchaus die Erfahrung mit Wasserstoff in Russland. Indiens GSLV setzte ein russisches Triebwerk ein. Die Frage ist nur ob es sich lohnt, denn die Dnepr kostet praktisch nichts - es sind ja ausgemusterte ICBM, während man eine Oberstufe erst entwickeln müsste.
die Dnepr wurde in der Vergangenheit oft auch für Mehrfachstarts genutzt. Es spricht nichts dagegen dies auch in Zukunft zu tun. Dann gibt es zwei weitere Möglichkeiten. Zum einen kann ein Satellit einen integrierten Antrieb besitzen. Derartige Antriebe werden für Kommunikationssatelliten gebaut und in Serie ehrgestellt. Ein modernes Triebwerk von Astrium im 500 N Schubbereich wiegt nur 5 kg und hat einen spezifischen Impuls von 3187 m/s. Es kann dann für Anhebungen des Orbits benutzt werden. Der wesentliche Vorteil ist, dass nun der Satellit die Steuerung übernimmt und so die gesamte Steuerung wegfällt. Die Integration im Satelliten erlaubt so eine Optimierung auf diesen Satelliten. Würde man z.B. 7 Satelliten mit einer Masse von jeweils 1000 kg transportieren so müsste jeder einen integrieren Antrieb von 2036 / 236 kg Masse haben um einen Orbit zu erreichen - Die Nutzlast läge dann bei 7 t.
Eine Alterative wäre eine preiswerte Kickstufe, wie der Star 37 Motor. Bei einer Startmasse von 1125 kg und einer Leermasse von 83 kg pro Stück wären 7 Satelliten à 900 kg, zusammen also 6300 kg denkbar. Das ist etwas geringer und teurer, es ist jedoch wahrscheinlich die bessere Lösung weil man bei einem integrierten Antrieb diesen praktisch wenige Minuten nach dem Start zünden muss, d.h. der Satellit muss praktisch ohne größere Checks übernehmen. Normalerweise vermeidet man so etwas und checkt vor dem Zünden des Antriebs den kompletten Satelliten in einem Orbit durch.
Für Planetensonden kann man natürlich eine Star 37 FM mit den bisherigen Stufen kombinieren. Bei den kryogenen Stufen mit ihren hohen Leistungen macht dies nur bei hohen Geschwindigkeiten Sinn. Doch für die russischen Oberstufen schon. Hier die Nutzlast für den Venus Trip mit einer Star 37 Oberstufe zusätzlich:
Das sind recht gute Werte, mit denen man z.B. Venus Express oder Messenger hätte starten können.
Ich denke dieser kleine Überblick zeigt recht deutlich (an einem praktischen Beispiel) wie wichtig es ist eine gute Oberstufe zu haben. Bei der Dnepr war sie schlecht gewählt. Selbst ohne den ICBM Dispenser stieg die Nutzlast von 3.8 auf 4.75 t an! eine Oberstufe mit derselben Technologie kann dann drei Nutzlast auf 5.4-7 t anheben. Deutlich mehr wird es mit einem kryogenen Treibstoff, was verständlich macht, warum im Westen alle neueren Träger kryogenen Treibstoff nutzen. Die Nutzlast steigt dann auf fast 12 t an, also nochmals fast eine Verdopplung.
Des weiteren nimmt die Nutzlast bei höheren Geschwindigkeiten wie man sie für geostationäre Bahnen oder zu den Planeten braucht kaum ab. Für einen Venus Trip z.B.. liegt die Centaur 3.4 mal besser als die Fregat, während es bei der erdnahen Bahn nur 1.8 mal besser ist. Hier benötigt die Fregat schon eine weitere vierte Stufe um höhere Geschwindigkeiten zu erreichen.
Das ganze ist allerdings ein reines Rechenspiel. In der Praxis rechne ich nicht mit dem Einsatz einer der genannten Stufen. Die westlichen Stufen scheiden aus, weil man sie teuer für Devisen kaufen müsste und wahrscheinlich auch wegen der Ausfuhrbestimmungen. Bei den russischen Stufen ist es einfach eine wirtschaftliche Frage: Die Dnepr wird von einer anderen Firma vermarktetet als die Sojus, Rockot oder Proton welche die anderen Stufen eisnetzen. Man müsste also eine solche Stufe kaufen und damit wäre der geringe Startpreis der Dnepr gefährdet. Das ganze würde sich nur lohnen wenn man Nutzlasten hat die auch so schwer sind. Bislang startet die Dnepr aber Nutzlasten die weit unter ihren tatsächlichen Möglichkeiten lagen. Die bislang schwerste war TerraSAR- mit 1230 kg - Selbst wenn man die höhere Umlaufbahn und Bahnneigung berücksichtigt ist dies deutlich unter den 1700 kg welche die Dnepr starten könnte.
Die starke Nutzlastabnahme der bisherigen Dnepr (auf 700 kg in 800 km Höhe) könnte ein vielleicht schlagkräftigerer Grund sein, denn jede der angesprochenen russischen Oberstrufen ist wiederzündbar, dadurch steigt die Nutzlast für hohe Orbits an, weil man diese nicht direkt erreichen muss.
Wie man an dem Umfang der Website sieht, sind Trägerraketen eines meiner Hauptinteressen. Es gibt inzwischen eine Reihe von Büchern von mir, auch weil ich in den letzten Jahren aufgrund neuer Träger oder weiterer Informationen über alte Projekte die Bücher neu aufgelegt habe. Sie finden eine Gesamtübersicht aller Bücher von mir bei Amazon und hier beim Verlag.
Ich beschränke mich in diesem Abschnitt auf die aktuellen Werke. Für die in Europa entwickelten Trägerraketen gibt es von mir zwei Werke:
Europäische Trägerraketen 1 behandelt die Vergangenheit (also bei Drucklegung): Das sind die nationalen Raketen Diamant, OTRAG und Black Arrow und die europäischen Träger Ariane 1 bis 4 und Europarakete.
Europäische Trägerraketen 2 behandelt die zur Drucklegung 2015 aktuellen Träger: Ariane 5, Vega und die damaligen Pläne für Vega C und Ariane 6.
Wer sich nur für einen der in den beiden besprochenen Träger interessiert, findet auch jeweils eine Monografie, die inhaltlich identisch mit dem Kapitel in den Sammelbänden ist, nur eben als Auskopplung.
Weiter gehend, alle Raketen die es weltweit gibt, behandelnd, gehen zwei Bände:
und
Internationale Trägerraketen (im Sinne von allen anderen Raketen weltweit)
Auch hier habe ich 2023 begonnen, die Bände aufzusplitten, einfach weil der Umfang für eine Aktualisierung sonst weder handelbar wäre bzw. an die Seitengrenze stößt, die der Verlag setzt. Ich habe auch bei den Einzelbänden nochmals recherchiert und den Umfang erweitert. Bisher sind erschienen:
US Trägerraketen 1 mit den frühen, kleinen Trägern (Vanguard, Juno, Scout)
US Trägerraketen 2 mit der Titan-Familie
2023 wird noch die erste Auskopplung aus den internationalen Raketen über russische Träger erscheinen. Nach und nach werden alle Raketen dann in einzelnen Monografien geordnet nach Trägerfamilien oder Nationen dann aktualisiert auf den aktuellen Stand, so besprochen.
Für die Saturns gibt es noch einen Sonderband, den ersten in der Reihe über das Apolloprogramm.
Alle bisherigen Bücher sind gerichtet an Leute, die wie ich sich nicht mit oberflächlichen Informationen oder Zusammenfassung der Wikipedia zufriedengeben. Wenn sie sich nicht für Technik interessieren, sondern nette Anekdoten hören wollen, dann sind die bisherigen Bücher nichts für Sie. Für dieses Publikum gibt es das Buch „Fotosafari durch den Raketenwald“ bei dem jeder Träger genau eine Doppelseite mit einem Foto und einer Beschreibung hat. (Also etwa ein Zehntel der Seitenzahl auf den ich ihn bei den beiden obigen Bänden abhandelte). Das Buch ist anders als die anderen Bände in Farbe. Ab und an macht BOD als Print on Demand Dienstleister Mist und verschickt es nur in Schwarz-Weiß, bitte reklamieren sie dann, ich als Autor kann dies nicht beeinflussen.
Als Autor würde ich mich freuen, wenn sie direkt beim Verlag bestellen, da ich da eine etwas größere Marge erhalte. Dank Buchpreisbindung und kostenlosem Versand ist das genauso teuer wie bei Amazon, Libri und iTunes oder im Buchhandel. Über eine ehrliche Kritik würde ich mich freuen.
Alle Bücher sind auch als E-Book erschienen, üblicherweise zu 2/3 des Preises der Printausgabe – ich würde sie gerne billiger anbieten, doch da der Gesetzgeber E-Books mit 19 Prozent Mehrwertsteuer besteuert, Bücher aber mit nur 7 Prozent, geht das leider nicht. Ein Vorteil der E-Books - neben dem einfacher recherchierbaren Text ist, das alle Abbildungen, die im Originalmanuskript in Farbe, sind auch in Farbe sind, während ich sonst - um Druckkosten zu sparen - meist auf Farbe verzichte. Sie brauchen einen pdf-fähigen Reader um die Bücher zu lesen. Sofern der Verlag nicht weiter für bestimmte Geräte (Kindle) konvertiert ist das Standardformat der E-Books ein DRM-geschütztes PDF.
Mehr über meine Bücher finden sie auf der Website Raumfahrtbuecher.de und eine Liste aller Veröffentlichungen findet sich auch bei meinem Wikipediaeintrag.
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