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Sind 3,5 % Fett zuviel?

Die Werbung

Joghurt xy enthält nur 1,8 , 0.3 oder gar nur 0.1 % Fett - gemeint sind die Werbungen für Fruchtjoghurts, bei denen es offensichtlich schwer auf den Fettgehalt ankommt. Light Produkte habe ich ja schon in dem Aufsatz "Wer ist Paul" in dieser Reihe aufs Korn genommen. Heute soll es um eine besonders perfide Masche gehen: Fettarme Joghurts.

Die Wirklichkeit

Milch ist nicht umsonst die Nahrung des Säuglings, sie ist eines der wenigen Lebensmittel, das in etwa gleich viel Kohlenhydrate wie Eiweiß und Fett enthält. Dreht man an diesem Verhältnis nichts (z.B. indem man Rahm entnimmt), so gilt dies auch für Milcherzeugnisse:

Inhaltsstoff Anteil (%) Energiegehalt
Kohlenhydrate 4.6 % 79.1 kJ
Eiweiß 3.3 % 56,7 kJ
Fett 3.5 % 136,5 kJ
Milch
-
272.3 kJ

(Hinweis: Milch als natürliches Lebensmittel unterliegt natürlichen Schwankungen im Gehalt an Nährstoffen. Zumindest der Fettgehalt wird aber auf 3,5% eingestellt, da Kühe heute 4.5-5 % Fett liefern und man den Überschuss gut für Sahne, Käse, Eis etc. brauchen kann).

Bei normalem Joghurt oder normaler Milch macht Fett also einen bedeutenden Energiegehalt aus. Senkt man den Fettgehalt von 3,5 % auf 1.5 %, so reduziert man den Energiegehalt um 29 %, bei 0.3 % Fett sogar um 44 %. Dies macht also bei Naturjoghurt einen Sinn, allerdings kennt jeder den Effekt: Der Joghurt schmeckt nicht so gut, er wirkt auch körnig, weil kein Fett mehr das ausgefällte Milcheiweiß umhüllt und oft tritt Wasser aus. Wer einmal fettfreien Magerquark probiert hat weiß wovon ich rede.

Was bei Naturjoghurt noch angeht, wird bei Fruchtjoghurt zur Makulatur: Naturjoghurt hat einen Energiegehalt von 300 kJ pro 100 g. Fettarmer Joghurt mit 0.3 % Fett noch 166 kJ. Fruchtjoghurt durch den hohen Zuckeranteil jedoch 429 kJ, bzw. bei 0.3 % Fett noch 286 kJ. Das bedeutet das die Einsparung geringer ist - klar, nun macht sich der Zucker bemerkbar und selbst ein magerer Fruchtjoghurt hat noch genauso viel Energie wie ein normaler Naturjoghurt. Sinn würde es aus geschmacklichen Gründen also eher machen den Zucker durch Süßstoff zu ersetzen.

Das man dies nicht tut hat einen einfachen Grund: Der Verbraucher bekommt immer und überall gesagt "Fett ist schlecht, Fett macht dick". Okay, das stimmt auch. Doch gemeint ist damit das Fett das in großen Mengen versteckt vorkommt: In Chips, Pommes, Majonäse, Wurst, Soßen, Dressings, frittiertem etc. Wegen der 3,5 % Fett in Joghurt kommen ihre Rettungsringe auf jeden Fall nicht her. (Haben sie schon mal ein dickes Kalb gesehen das nur mit Milch gefüttert wurde?). Das zweite: Auch Zucker macht dick, denn er ist noch schneller resorbiert als Fett und sättigt überhaupt nicht. Die Fruchtmischung die zu 80 % aus Zucker besteht, ist also eher der Übeltäter.

Wenn wir hier mal dabei sind: Sehr beliebt für Missverständnisse sind auch die Angaben "Fett in der Trockenmasse (Fett i.Tr.)" bei Milcherzeugnissen. Das sind recht hohe Zahlen, weil sich die Angabe auf getrocknete Produkte, also ohne Wasser beziehen. Das essen Sie aber nicht und hätten sie diese Angabe bei Chips würden sie diese wohl auch nicht essen (32 % Fett i.Tr.). Relevant ist die Fettmenge im Produkt, die von der Wassermenge abhängt. So enthalten z.B. Frischkäse mit hohem Fettgehalt i.Tr. auch viel Wasser, so dass der gesamte Fettgehalt in normalem Maßen liegt. Die meisten Käse - seien es gereifte wie Camembert oder Schnittkäse wie Gouda, aber auch Frischkäse wie Bressot - haben Energiegehalte von 1000-1600 kJ und sind damit mit den meisten Wurstsorten vergleichbar. Vollmilch hat z.B. einen Fettgehalt von 29 % in der Trockenmasse - sie besteht aber zu nahezu 88 % aus Wasser. So gesehen ist 20 % Quark nicht Fett sondern enthält prozentual weniger Fett als die Milch!

Inzwischen haben auch Hersteller erkannt, dass man die absoluten Fettgehalte sehr gut zur Werbung nutzen kann. So gibt es einen Frischkäse der nach em Hersteller mit Joghurt gemacht wurde mit nur 9 % Fett - eine enorme Reduzierung, denn die normalen Frischkäsezubereitungen haben 60 % Fett. Aber der Hersteller redet von Fett absolut und sonst ist eben Fett in der Trockenmasse deklariert. Die 9 % Fett absolut entsprechen aber 30 % Fett in der Trockenmasse - immerhin noch eine Reduktion auf die Hälfte, aber eben weitaus weniger als man bei "9 % Fett" (mit kleingeschriebenem "absolut") annimmt. Dies ist auch ein gutes Beispiel, dass die Energie nicht um den gleichen betrag abnimmt

Inhaltsstoff normaler Frischkäse 60 % Fett i.Tr. fettarmer Frischkäse 9 % Fett absolut
Kohlenhydrate 2.6 % 2.5 %
Eiweiß 11.3 % 21 %
Fett 31.5 % 10 %
Energie
1439 kJ 764 kJ

Der Energiegehalt ist um 47 % reduziert. Dies ist viel, doch nicht so viel wie man aufgrund des geringeren Fettgehaltes (9 anstatt 60 %) annehmen würde. Daran mit schuld ist ein erhöhter Eiweißgehalt, denn das Wasser muss ja gebunden bleiben. Doch hochwertiges Milcheiweiß kann man eigentlich nicht genug bekommen, zumindest wenn man solche Leicht Produkte zum Abnehmen nimmt, denn der Eiweißbedarf muss auch dann gedeckt sein.

Fazit

Wenn sie schon Energie sparen wollen, dann eher Fruchtjoghurt mit Süßstoff wählen. Ansonsten auch hier mein Rat: Lieber ab und zu bewusster genießen, dafür ein volles Produkt wählen - oder ab und an einen Naturjoghurt anstatt einem Fruchtjoghurt wählen. Bei anderen fettreduzierten Produkten muss man einfach im Supermakt mal die Inhaltsstoffe mit herkömmlichen Produkten vergleichen und sich selbst ein Urteil bilden. Manchmal finden Hersteller wirklich gute Wege Fett einzusparen, manchmal aber auch nicht.

Dieser Täuschung ist leider auch nicht durch die neue EU Verordnung über Angaben zu energiereduzierten Produkten beizukommen. Diese fordert nun zwar, dass ein Nährstoff, der als "reduziert" oder "light" beworben wird, auch um mindestens 30% im Gehalt reduziert wurde. Doch da sich die Angabe nur auf den Nährstoff, nicht aber den Gesamtenergiegehalt bezieht sind so Täuschungen nach wie vor möglich. In diesem Falle wird ja Fett als reduziert angegeben. Wenn man nun den Fettgehalt von 3,5% auf 2,4% reduziert, so hat man diesen um 30% reduziert. Teilentrahmter Jogurt liegt mit 1,5 bis 1,8% Fett sogar noch darunter. Wenn, wie einige Hersteller dies tun, nur noch 0,2% Fett entahlten sind, so könnte man den Jogurt sogar als "fettfrei" bewerben. Da aber, wie oben erläutert Fett nur einen kleinen Teil der Gesamtenergie ausmacht ist es nach wie vor eine Täuschung über den wahren Energiegehalt des Fruchtjogurths.



Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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