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Wer ist Paul?

Die Werbung

"Paul findet meinen Busen zu klein... Und meinen Bauch zu dick... Und meinen Hintern ...? Ich aber finde mich extrem ok! Paul? Wer ist eigentlich Paul?". So lautete vor mehreren Jahren die Werbung für Light-Produkte von „Du darfst“, die nun mit "Apfel oder Birne" fortgesetzt wird. Diese Werbung soll nach Marketing Experten die unabhängige Frau ansprechen, die dann gerne Light Produkte kauft. (also nicht einmal ein Bezug zum Thema Figur, Schlanksein, obwohl ebenfalls von Du Darfst lange Zeit Frauen mit einem Body-Massindex von etwa 20, also an der Grenze zum Untergewicht gezeigt wurden die gerne ihr Spiegelbild in einer Schaufensterglasscheibe ansahen.

Die Wirklichkeit

Beschäftigen wir uns mal (über die Produkte von „Du-Darfst hinaus) genauer mit dem Geheimnis von Light-Produkten. Es heißt: Wasser. Wie? Sie finden Wasser ist etwas profan? Nein, es ist natürlich besonderes Wasser, denn es kostet je nach Lebensmittel 4-10 DM pro Liter. Es gibt eigentlich nur zwei Wege ein energiereiches Produkt "light" zu machen, wenn der Großteil der enthaltenen Energie in Fett steckt. Zum einen Fett durch einen anderen Inhaltsstoff zu ersetzen, der weniger Energie hat. Das gibt es z.B. bei Geflügelwurst, wo der Eiweißanteil höher ist. Oder man ersetzt das Fett durch Wasser und Emulgatoren, wie bei Butter.

Das grundlegende Problem dabei ist, das unser Körper leider nicht auszutricksen ist. Fett ist nicht nur energiereich, es ist Geschmacksträger. Es gibt Speisen ein cremiges Gefühl. Selbst mit den besten Tricks der Substitution ist dieses Mundgefühl nicht 100%-ig nachzubilden. Dabei verwenden Hersteller nicht unerhebliche Mühe darauf, Wasserkügelchen mit Fett zu umgeben und in Lösungen zu halten. Damit sie sich auf der Zunge ähnlich anfühlen wie Fett, was auch den genauso hohen Preis von Light-Produkten wie herkömmliche Ware ergibt. Nicht simulieren kann man aber das Fett vielen Geschmackstoffen erst auf die Sprünge hilft. Oftmals schmecken Light Produkte fade, und sehr oft leidet auch die Textur darunter: Ohne Fett bemerkt man die faserige Struktur von Muskelfasern in Wurst z.B. erheblich stärker, was nicht als angenehm empfunden wird. Der Preis sind etliche zugesetzte Zusatzstoffe so Emulgatoren um das Fett in Lösung zu bringen, Verdickungsmittel, um die Konsistenz zu erhalten. Andere Hersteller nehmen Milcheiweiß oder Molke, um das Wasser zu binden und die Textur zu verbessern. Eventuell muss man noch Aromen, Säureregulatoren etc. zusetzen um

Die Alternative ist jedoch einfacher: Es sollte sich jeder überlegen, ob er nicht ein herkömmliches Produkt nimmt und dieses bewusster genießt. z.B. muss man Butter nicht aufs Brot schmieren, wenn man noch einen anderen Belag (Marmelade, Wurst, Käse) darauf hat, oder man kann sie dünner auftragen. Es ist natürlich jedem überlassen, ob er wenig eines "normalen" Produktes isst oder mehr eines "light" Produktes.

Was mich an der Werbung jedoch stört, ist das diese Damen doch gar nicht so emanzipiert sind. Denn wären sie es, so würden sie bestimmt das essen, was sie mögen und nicht "Du Darfst". Denn damit, das sie sich beim Essen einschränken, um schlank zu bleiben oder zu werden, entsprechen sie doch gerade dem Wunsch von "Paul". Der in diesem Spot symbolisch für die Vorstellungen der "Männerwelt" steht. In dieser Beziehung ist die alte "Du Darfst" Werbung erheblich besser gewesen. Natürlich wendet sich diese zwangsläufig an Personen, die schlank bleiben wollen - wer abnimmt, wird dies durch eine Ernährungsumstellung machen und nicht durch Light-Produkte. Aber die alte Werbung setzte den Schwerpunkt auf die Frauen selbst - "Ich will so bleiben, wie ich bin".

Fazit

Light Produkte sind sehr kontrovers diskutiert. Sie sind aber auch aus dem Angebot nicht wegzudiskutieren. Sie stellen einen großen Markt dar, angefangen von Joghurts ohne Fett (aber mit viel Zucker in dem Fruchtanteil), über fettarme Brotaufstriche, Wurst bis hin zu dem Ersatz von Zucker durch Süßstoffen in Marmeladen und Getränken. Die meisten Ernährungsfachleute halten sehr wenig von Light-Produkten und raten mehr zum bewussten Umgang mit normalen Produkten. Dabei sind Light Produkte meistens sogar noch teurer als herkömmliche Ware. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass man mit Light-Produkten nicht abnehmen kann - man isst einfach entsprechend mehr. Light heißt übrigens nicht automatisch auch wesentlich weniger Energie. Oftmals steckt nur viel Marketing dahinter. Wer z.B. einen Joghurt mit 15 % Zucker und 3.5% Fett "light" macht und dabei lediglich den Fettanteil auf 0.3 % senkt, der hat am Energiegehalt sehr wenig geändert. Die EU hat inzwischen sich dem Thema angenommen und geregelt, welche Begriffe man verwendet. Demnach muss ein „Light-Produkt“ mindestens um 30% in einem Inhaltsstoff gegenüber einem konventionellen Produkt reduziert sein. Dieser Inhaltsstoff muss angegeben werden. Bei den beiden häufigsten Fällen fett und Zucker kann man auch schreiben „fettarm“ oder „zuckerreduziert“.

Die Werbung "Wer ist Paul" kann darüber nicht hinwegtäuschen und vermittelt meiner Meinung nach auch nicht mehr das selbstbewusste Bild der "Du Darfst" Kundin (warum wendet sich die Werbung eigentlich nur an Frauen?) von früher - Frauen, die zwar die Wunschvorstellungen der Männerwelt ablehnen, aber ihr durch ihr Essverhalten doch nachkommen. Vom Aussehen ganz zu schweigen (warum sind alle „Du darfst“ Reklameträger fast untergewichtig schlank?). Vielleicht hat aber Paul auch nur die Nase voll von seiner Freundin, die dauernd vor dem Spiegel sitzt und Minderwertigkeitsgefühle hat. Im Übrigen: Der Busen ist wirklich zu klein...

Seit einigen Jahren läuft dieser Spot, der früher mit demselben Slogan "Ich will so bleiben, wie ich bin", in unterschiedlichen Versionen gezeigt wurde, nicht mehr im Fernsehen.

Über die Ursachen kann man spekulieren. Sind die Verbraucher heute aufgeklärter als früher? Meiner Erfahrung nach, wenn ich mir die Berichterstattung in den Medien ansehe und auch die Fragen, die ich bekomme, Revue passieren lasen, würde ich sagen: eher nicht. Aber dieser Spot richtet sich ja nicht an jedermann, sondern primär an junge, figurbewusste Frauen. Innerhalb dieser Gruppe ist durchaus ein größeres Ernährungsbewusstsein vorhanden und in Zeiten des Internets ist es leicht sich zu informieren, ob man mit "Du darfst" Produkten wirklich abnimmt. Dies mag ein Grind dafür zu sein, dass für diese Produkte nun nicht mehr geworben wird.

Inzwischen haben sich zwar die gesetzlichen Auflagen für gesundheitsbezogene Werbung durch die sogenannte Health Claims Verordnung verschärft, doch die Werbung von Du darfst war von dieser nie betroffen, da sie nie explizit sagte, dass man mit den energiereduzierten Produkten dieser Firma abnehmen kann.

Links zum Thema

Test eines "Light Puddings" in der "Was ist Drin Rubrik"

Test einer "Light Pizza" in der "Was ist Drin Rubrik"

Test einer "Lyoner Light" in der "Was ist Drin Rubrik"

Vergleich normale / energiereduzierte Erdnussflips

Vergleich normale / energiereduzierte Wurst

Zuckersatzstoffe

Artikel zuletzt geändert am 6.4.2016

Bücher vom Autor

Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:

Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).

Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.

Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.

Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.

Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.

Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.

Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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