Home Raumfahrt Raumsonden Einzelne Programme Site Map counter

Mariner 3 + 4

Einleitung

Nach den Mariner 1+2 Missionen zur Venus galt dem Mars der nächste Besuch. Bei Mariner 3-5 handelte es sich um neu entwickelte Sonden, während Mariner 1+2 relativ schnell umgebaute Sonden mit der Ranger Block I Serie waren. Allerdings teilten auch sie die Vorgeschichte der Mariner 1+2: Ursprünglich waren weitaus ambitionierte Sonden zum Mars geplant. Die NASA Plante von 1960 bis 1962 das Mariner B Projekt: Eine Atlas Centaur sollte eine mindestens 585 kg schwere (ja nach Startfenster sogar 635 kg schwere) Raumsonde zum Mars befördern. Neben acht Experimenten in dem Vorbeiflugteil (Gesamtgewicht: 80 kg) sollet auch eine Landekapsel mit 10 Experimenten abgesetzt werden, die auf dem Mars noch 23 kg wog. Als Mitte 1962 klar wurde, dass die Centaur Oberstufe aufgrund Verzögerungen in der Entwicklung nicht für das Startfenster von 1964 zur Verfügung stehen würde, verwarf das JPL das ambitionierte Mariner B Projekt und plante neu. Heraus kam eine sehr leichte Sonde, weil nun die Trägerrakete eine Atlas Agena D war die nur 11 kg Nutzlast mitführen konnte. Weder die NASA noch die Wissenschaftler waren ganz zufrieden mit Mariner 3+4, weil die wissenschaftliche Nutzlast minimal war, doch mehr war nicht mit der Agena D Oberstufe beförderbar.

Die Raumsonden

Mariner 4Die Gesamthöhe der 260.8 kg schweren Sonden betrug 2.89 m und die Spannweite 6.88 m. Sie waren für eine "Lebensdauer" von 6.000 Stunden (250 Tage) ausgelegt. Auch dieser Wert war höher als bei Mariner 1+2 (2.500 Stunden). Jede Sonde bestand aus 138.000 Einzelteilen. (Wobei man damals vor den gedruckten Schaltungen natürlich jeden Transistor, jeden Kondensator und jede der 28.224 Solarzellen zählte). Sie enthielt damit mehr als doppelt so viele Bauteile wie die Mariner 1+2 (54.000) bei nur 61 kg Mehrgewicht.

Struktur

Mariner 3+4 hatten einen zentralen Körper von achteckiger Gestalt mit einem Durchmesser von 127 cm und einer Höhe von 45.9 cm. In diesem befanden sich acht Einschübe, die Elektronik, Lageregelung, Batterien, Druckgas etc. aufnahmen. Der Rahmen war extrem leichtgewichtig, aus einer Magnesiumlegierung aufgebaut. Er wurde durch mehrere Lagen von Folien isoliert. Louver, eine Art Jalousie, regelten die Innentemperaturen.

Stromversorgung

An diesem schlossen sich vier Solarpanel mit je 176 × 90 cm Größe mit 28.224 einzeln verschalten Solarzellen an. Die Panels mit einer Gesamtfläche von 6.3 m² lieferten bei der Erde 700 Watt an Leistung, in Mars Distanz noch 310 Watt Strom. 170 Watt wurden mindestens zum Betrieb benötigt. Damit hätte man den Ausfall eines Panels tolerieren können.  Mariner 2 war bei ihrem Flug zur Venus um mehr als einen Venusdurchmesser vom Kurs abgekommen. Man führte dies auf den von der Sonde entdeckten Sonnenwind zurück. Man hatte aus der Ablenkung von Mariner 1+2 gelernt und befestigte an dem Ende jedes Solarpanels vier kleine Sonnensegel von 0.65 m² Größe, im spitzen Winkel angebracht, die ein Ablenken der Sonde vom Kurs reduzieren sollten. Eine wiederaufladbare 1200 Wattstunden Silber-Zink Batterie diente als Puffer für die Zeiten, in denen die Solarpanels nicht zur Sonne zeigten.

Mariner 4 SystemeLageregelung und Kurskorrekturen

Wie bei allen Mariner Sonden gab es ein getrenntes System für Kurskorrekturen und Lageregelung. Die Kurskorrektur geschah über ein 222 N Triebwerk an einer Seite, das Hydrazin katalytisch zersetzte. Die gesamte Geschwindigkeitsänderung betrug 81 m/s. Dieses verfügte über Schubvektorsteuerung in vier Richtungen. Es war anders als das von Mariner 2 wiederstartbar und es waren auch zwei Kurskorrekturen geplant. Die Position im Raum wurde durch Erd- , Mars-, Sonnensensoren und einen Kanopus Sternsensor festgestellt. Dies war neu, Mariner 1+2 orientierte sich nur nach der Erde und der Sonne. Als zweites System gab es drei Kreisel, die als interne Referenz (Internal Measurement Unit) dienten. Die Lage wurden über 12 redundante kleine Düsen an der Seite und den Panels gesteuert. Sie wurden mit Stickstoff Druckgas betrieben.

Kommunikation

Die Kommunikation geschah über eine parabolische Hochgewinnantenne von 116.8 cm maximalem und 53,6 cm kleineren Durchmesser und eine Niedriggewinnantenne am Ende einen 223 cm langen Auslegers mit Sendern von 7/10 Watt Sendeleistung. Neu war die Verwendung des S-Bandes anstatt des L-Bandes wie es noch Ranger und Mariner 1+2 nutzten. Die Sendefrequenz betrug 2300 MHz. Die Datenrate betrug wegen des geringen Gewinns der Antenne von 23 dbi trotzdem nur 33,33 und 8,33 Bit/sec. Daten und Telemetrie wurden gemultiplext übertragen. (Daten und Telemetrie wechselten sich ab, es gab keinen getrennten Daten und Telemetriekanal. So gab die NASA an, dass bei der Übertragung eines Bildes 240.000 Datenbit mit 10.000 Telemtriebits vermischt wurden).

Elektronik

Gesteuert wurde die Sonde durch 29 Kommandos von der Erde aus. Ein Sequenzer konnte Kommandos mit einem Zeitindex entgegennehmen und zum korrekten Zeitpunkt durchführen. Es waren aber nicht wie bei den folgenden Sonden komplette Programme möglich.

Zur Datenspeicherung wurde ein analoger Bandspeicher von 5.24 Megabit Kapazität eingesetzt. Er benutzte ein ¼ Zoll Magnetband von 100 m Länge. Bei 240 KBit Daten pro Bild reichte die Kapazität für 21 Bilder Die Schreibegeschwindigkeit auf das Magnetband betrug 10700 Bit/sec. Ein Bild konnte in 24 Sekunden aus der Vidiconröhre ausgelesen und auf Band geschrieben werden. Ein 38.4 kHz Quarzsignal diente als Uhr und Takt für den Sequenzer. Aus diesem wurden auch die Frequenzen für die Wechselspannungen abgeleitet.

Wesentliche Systeme der Sonde und ihre Masse:

System Gewicht
Struktur und Mechanik 49.4 kg
Elektrik + Transponder 52.6 kg
Batterie + Solarpanel 61.5 kg
Lageregelung 29.0 kg
Sequenzer 5.2 kg
Pyrotechnik und Kabel 15.4 kg
Treibstoff (Lagekontrolle) 12.8 kg
Thermalkontrolle 6.4 kg
wissenschaftliche Nutzlast 15.8 kg
Treibstoff (Antrieb) 12.5 kg
Gesamtmasse 260.8 kg

Aufteilung der Buchten:

Bucht System
1 Stromversorgung
2 Kurskorrekturtriebwerk
3 Instrumente, Datensammelanlage
4 Daten Encoder und Kommandogeber
5 Bandrekorder
6 Sender und Empfänger
7 Lagekontrolle
8 Stromregulation und Batterie

Instrumente

Aufgrund der geringen Startmasse war die instrumentelle Ausstattung von Mariner 3+4 begrenzt. Vom Gewicht her waren es weniger als bei Mariner 1+2, die 18.6 kg an Instrumenten mitführten. Die Gesamtmasse aller Experimente betrug nur 15.8 kg. Trotz dieser kleinen Masse waren es sieben Instrumente sowie ein passives (Radio Science) Experiment. Es gab ein einziges Experiment welches nur bei Mars eingesetzt wurde: Die TV Kamera. Die anderen Instrumente untersuchten auch den interplanetaren Raum. Ein Magnetmeter sollte Magnetfelder vermessen. Eine Sonnenplasma Sonde vermaß Ionen im Sonnenwind, ergänzt wurde es durch einen Geigerzähler / Ionisationskammer. Zwei Detektoren vermassen hochenergetische und niedrigenergetische Teilchen. Weiterhin gab es einen Staubdetektor. Eigentlich sollte die Sonde ein achtes Instrument mitführen, ein UV Photometer mit dem man die Atmosphäre untersuchen hätte können. Nach dem Fehlschlag der Ranger 6 Sonde durch einen Kurzschluss testete man alle Instrumente ob bei Ihnen dasselbe Problem vorliegt und dies war bei dem UV Photometer der Fall. Allerdings konnte man es nicht einfach weglassen, denn es beeinflusste den Schwerpunkt der Sonde und die Abgabe von Strahlung. so führte die Sonde als "Dummy" Instrument einen gleich schweren polierten Aluminiumblock an der Position des UV Photometers mit.

Kamera von Mariner 4Mars TV Kamera

Erstmals sollte eine US Planetensonde Bilder eines fremden Himmelskörpers aufnehmen. Sie befand sich auf einer in zwei Richtungen schwenkbaren Scanplattform. Die Kamera hatte ein kleines Cassegrain Teleskop mit 304.8 mm Brennweite und 38.1 mm Durchmesser. Das Gesichtsfeld betrug 1.05 × 1.05 Grad. Sie löste nur 200 × 200 Pixel in 6 Bit für die Helligkeit auf. Die Verschlusszeit für die GEC 1343-010 Vidicon Röhre war fest einprogrammiert und betrug 200 ms. Das Auslesen der 240.000 Bits dauerte 24 Sekunden. Die Daten wurden analog auf ein Magnetband gespeichert. Zur Erde dauerte die Übertragung eines Bildes bei 8,33 Baud über 8 Stunden aus Marsentfernung (140 Millionen km). Die Bildsequenz nahm zwei Bilder hintereinander auf (Überlappend), dass nächste wurde dann übersprungen. Die Bilder wurden abwechselnd durch Rotfilter und Grünfilter angefertigt. Danach eine Pause. Diese Sequenz wurde dann 12 mal wiederholt. Alle Bilder wurden analog gespeichert. Die Rot und Grün Bilder überlappten sich um 100 Pixels. Sie wog 5,72 kg

Magnetometer

Das erste der beiden Magnetometer an Bord war ein Heliummagnetometer. Es maß die Feldstärke in allen drei Raumachsen in jeder Sekunde. Die Komponenten mussten immer nacheinander übertragen werden. Der zeitliche Abstand lag bei 1.5, 0.9 und 2.4 Sekunden. Alle 12.5 Sekunden wurde die Messung wiederholt. Die Genauigkeit der Messung lag bei 0.35 nT. Es wog 2,49 kg

Plasmaprobe

Die Plasmaprobe maß den Fluss von ionisierten Teilchen der Sonne im Bereich von 5 x 105 bis 2 × 109 Teilchen/cm². Weiterhin bestimmte Sie die Energie der Teilchen in einem Bereich von 30 eV bis 10 keV. Das Instrument bestand aus drei Sektoren mit je einem elektrostatischen Analysator, die jeweils die Teilchen detektieren, die einer bestimmten Energie entsprachen. Dazu wurde zuerst bei allen 3 Sektoren die Spannung in 16 Schritten hochgefahren, dann individuell bei jedem der 3 Analysatoren. Diesen 64 Messschritten schlossen sich 8 Schritte für die Kalibration an. Diesem Zyklus von 72 Schritten folgte ein zweiter mit Spannungen, die zwischen denen des ersten Zyklus lagen. Nach 144 Schritten wiederholte sich das Messprogramm. Die Plasmaprobe fiel im Dezember 1964 vorzeitig aus. Es wog 2,91 kg.

Kosmisches Strahlenteleskop

Dieser Detektor bestand aus drei Siliziumdetektoren mit Oberflächenbarrieren. Alle drei Detektoren waren 500 Mikrometer dick mit einer sensitiven Schicht von 200 Mikrometern. Bedeckt wurde je ein Detektor mit einer Mylarfolie, einer Aluminiumschicht und einer Platinschicht um Teilchen unterschiedlicher Energie abzublocken.. Dies entsprach Energieschwellen von 1.2, 15 und 70 MeV/Nukleon. Dadurch konnten die Teilchen in drei Klassen (1.2-15,15-70,>70 MeV) eingeteilt werden.

Ein 128 Kanal Puls-Höhenanalysator maß die Energien der Teilchen. Das Anfertigen einer Messung dauerte 18 Sekunden und wurde alle 72 Sekunden wiederholt.

Der Teilchendetektor wog 1,17 kg und verbrauchte 0.6 Watt an Strom. Am 15.10.1965 wurde das Instrument abgeschaltet um Strom zu sparen. Als das Instrument im November 1965 wieder angeschaltet wurde, war es nicht mehr ansprechbar.

Kosmische Strahlungen niedriger Energie

Das Experiment von Van Allen bestand aus vier Geiger-Müller Zählern und zwei Siliziumdetektoren mit Oberflächenbarrieren. Die Geigerzähler erfassten Protonen von 0.5,0.7, 3 und 11 MeV Energie sowie Elektronen von 0.04, 0.5 und 1.5 MeV Energie. Dazu kamen zwei Siliziumdetektoren für Protonen von 0.9-5.5 und 0.5-11 MeV Energie. Die Detektoren waren um 70 und 135 Grad zur Achse der Sonde angeordnet.

Gemessen wurde die Anzahl der Teilchen welche die Sensoren in einem Intervall von 45 Sekunden gemessen hatten. Das Experiment arbeitete bis zum Abschalten der Sonde am 20.12.1967 und detektierte auch eingeschlagene Mikrometeoriten über die freigesetzten Ionen. der Detektor wog 1,2 kg.

Staubdetektor

Der Staubdetektor sollte Staub auf dem Weg zum Mars nachweisen. Er bestand aus einer 22 × 22 cm großen dünnen Aluminiumplatte. Deren Seiten waren bis auf eine, mit einem nicht leitenden Material mit dem Raumschiff verbunden. An einer Seite war ein piezoelektrisches Material angebracht, das auftretende Erschütterungen in Stromimpulse umsetzte. Weiterhin nahm ein hochempfindliches Mikrophon die Erschütterung auf. Aus beiden Parametern konnte man Masse und Geschwindigkeit des Partikels abschätzen. Die Werte wurden elektronisch zu 8 Bit Werten digitalisiert. Alle 28.6 Stunden wurde das Instrument neu kalibriert. Der Mikrometeoritendetektor war das letzte Instrument das noch kurz vor dem Ausfall der Sonde noch Daten lieferte. Der Staubdetektor wog 0,95 kg.

Ionisierende Kosmische Strahlen

Eine Ionenkammer gefüllt mit Argon und ein Geiger-Müller Zähler detektierten kosmische Teilchen von mehr als 500 keV Energie für Elektronen und mehr als 10 MeV für Protonen. Die Ionenkammer war empfindlich für Teilchen aller Richtungen, während der Geiger - Müller Zähler nur einen Ausschnitt von 14 % des Himmels zwischen den Solarpanel erfasste. Am 3.3.1965 fiel die Ionenkammer aus, kurz danach der Zähler.

Radio Science

Mariner 4 Start Wie bei anderen Raumsonden wurde die Funkverbindung von Raumsonde zu Erde genutzt, um damit Wissenschaft zu treiben. Die Funkverbindung wurde genutzt um über den Dopplereffekt die Masse von Mars genauer zu bestimmen. Die Abschwächung des Funksignals über 2 Minuten bei Passieren der Atmosphäre wurde genutzt um die Dichte und andere physikalische Eigenschaften der Atmosphäre zu bestimmen.

Die Mission

Die Mission "Mariner Mars 1964" wurde im Juli/August 1962 nach dem erfolgreichen Start von Mariner 2 ausgearbeitet. Am 1.3.1963 wurde das Projekt offiziell beschlossen, nachdem es schon im November 1962 ein vorläufiges OK für das JPL gab. Zum Start wurden die Sonden, die intern unter Mariner C, D, M oder Mars liefen, dann in Mariner 3+4 umbenannt. Gebräuchlich ist auch bei der NASA die Bezeichnung "Mariner Mars 64". Das JPL verwendet dagegen durchgängig Mariner 3+4. Primäres Ziel der Mission war die Gewinnung von Aufnahmen vom Mars aus einer Entfernung von bis zu 5000 Meilen (8045 km). Im Mai 1963 wurde die Sondenanzahl von drei auf zwei gekürzt um Mittel einzusparen. Die schon begonnene dritte Sonde wurde zu Testzwecken verwendet und später nach Umrüstung als Mariner 5 zur Venus gestartet.

Als Mariner 3 am 5.11.1964 mit einer Atlas Agena D startete, setzte man erstmals eine neue leichtere Nutzlasthülle aus Fiberglas ein, um Gewicht zu sparen. Auch die Atlas D war in Details verbessert worden und für die Agena D Oberstufe war es der erste Einsatz für eine interplanetare Mission. Die Nutzlast war nahe an der Grenze was diese Trägerrakete transportieren konnte. So gab es kaum Reserven um Verzögerungen beim Start aufzufangen und die Reisezeit zum Mars erhöhte sich von 7.5 auf 8.5 Monate zum Ende des Startfensters hin.

Beim Aufstieg erhitzte die neue Nutzlasthülle sich jedoch so stark, dass sie teilweise schmolz und so das Innengewebe aus Kevlar an der Sonde haften blieb. Dadurch war die Sonde nicht nur schwerer als geplant, es war auch unmöglich die Solarpanel auszufahren. Das Keflargewebe war zu stabil, als dass der für den Betrieb im Vakuum gedachte Ausfahrmechanismus es hätte zerreißen können. Die Sonde erreichte einen 0.983 x 1.31 AU Orbit mit einer Umlaufzeit von 448 Tagen, 8 Stunden 34 min nach dem Start waren die Batterien entladen und die Sonde blieb stumm. Sie sollte den Mars nach 325 Tagen am 20.7.1965 passieren. Selbst wenn man die Solarzellen hätte ausfahren können, hätte die Sonde den Mars nicht erreichen können, da der sonnenfernste Punkt durch das Mehrgewicht noch innerhalb der Marsbahn lag. Der Start von Mariner 4, der zwei Tage später erfolgen sollte, musste nun verschoben werden.

Innerhalb von 3 Wochen fertigte man für Mariner 4 eine neue Verkleidung aus Magnesium an und verbesserte das Einspritzsystem der Agena D Oberstufe, um die damit etwas höhere Startmasse ausgleichen zu können. Dafür wurde ein Teil des Selbstzerstörungssystems der Agena D Oberstufe ausgebaut um Gewicht zu sparen und den Start um einige Tage nach hinten legen zu können und so mehr Zeit für die Fabrikation der neuen Nutzlastverkleidung zu haben. Die neue Nutzlasthülle war 50 Pfund (22.7 kg) schwerer als die alte. Der Ersatz des funkgesteuerten Selbstzerstörungssystems durch ein unabhängiges brachte 30 Pfund (13.7 kg). Die restlichen 20 Pfund (9.0 kg) musst die Oberstufe aufbringen. 9 kg erscheinen wenig, doch dies waren 4 % des Startgewichtes von Mariner 4. Schon vorher gab es ein rigides Programm zur Steigerung der Nutzlastmasse, da die Atlas Agena D anfangs eine um 45 kg zu niedrige Nutzlast aufwies.

Für die Verkleidung wurde 17 Tage lang in drei Schichten gearbeitet, damit sie noch rechtzeitig zum Start fertig würde. So konnte das Startfenster gerade noch eingehalten werden und Mariner 4 startete am 28.11.1964. Sie gelangte in einen 1.013 × 1.51 AU Orbit mit 526 Tagen Umlaufszeit. Ziel war bei beiden Sonden eine Passage in mindestens 13.750 km Mars Entfernung am 20.7.1965 (Mariner 3) und 15.7.1965 (Mariner 4).

Das Startfenster des Jahres 1964 war ein besonders ungünstiges: In diesem Jahr kam Mars der Erde nur bis auf 100 Millionen km nahe, dies ist nahe am maximalen Wert von 101.6 Millionen km. Das hatte drei Auswirkungen. Zum einen war die Startgeschwindigkeit hoch (11.5 km/s), zum zweiten die Reisedauer sehr lang und als drittes war der Mars bei der Ankunft der Sonde auch noch viel weiter entfernt als die Venus bei der Mariner 1+2 Mission. Als Folge davon musste man mit der Datenrate auf 8.33 Bit/sec herunter gehen.

Nach einigen Problemen konnte die Sonde am 30. November auf den Stern Kanopus ausgerichtet werden und man konnte nun die Bahn der Sonde genau vermessen. Diese ergab, dass sich die Sonde am 17.7.1965 dem Mars auf 246.378 km nähern würde. Das war zu weit entfernt und zwei Tage zu spät, so war es nötig die Bahn zu verändern. Berechnungen zeigten, dass eine Erhöhung der Sondengeschwindigkeit um 17.4 m/s dies leisten könnte. Diese Kurskorrektur wurde für den 5.12.1964 in 2 Millionen km Entfernung von der Erde vorgesehen.

Flugpfad von Mariner 4Am 5.12.1964 bewirkte ein Zünden des Bordtriebwerks, dass die Sonde den Mars in einem Abstand von 8.000 bis 9.600 km passieren würde. Es änderte die Geschwindigkeit um 17,3 m/s. Doch wie bei Mariner 2 ging es nicht ohne Probleme ab. Der Sternsensor konnte Kanopus als Referenz nicht finden, am 30.11.1964 gelang es endlich die Sonde korrekt auszurichten, so dass man am 4.12.1964 das erste Kurskorrekturmanöver ansetzen konnte. Da hatte die Sonde jedoch wieder Kanopus verloren, so dass sich dieses um einen Tag verspätete. Wahrscheinlich geriet ein Staubpartikel in das 5 cm große Gesichtsfeld des Sternsensors und die Sonde rotierte in 44 Minuten um 342 Grad um sich dann auf den Stern Gamma-Vela einzustellen.

Schon am nächsten Tag kam der nächste Ärger, die Daten der Plasmasonde waren nicht mehr dekodierbar. Das Experiment fiel vollständig aus.

In der Folge verlor die Sonde Kanopus immer wieder, bis man am 17.12, das Gesichtsfeld des Sensors durch ein Bodenkommando erweiterte. Am 3.1.1965 wechselte man wegen der ansteigenden Entfernung von 33.33 auf 8.33 Baud Datenrate, wodurch nun einige Daten des Plasmaprobe wieder lesbar waren und schaltete am 5.3.1965 auf die High Gain Antenne um.

Wie bei den Experimenten erläutert fielen von den Experimenten die auch im interplanetaren Raum arbeiten sollten (alle außer der Kamera) die Hälfte während des Fluges aus. Doch auch die Kamera hatte ein Problem. Zum einen gab es ein "Designproblem", das bewirkte, das Licht auf die Vidiconröhre fiel. Zum zweiten waren die 6 Bit für die Helligkeit nicht ausreichend für die langzeitbelichteten Bilder. Die Bilder waren teilweise gesättigt. Ab Aufnahme 11 degradierte die Leistung der Röhre und man konnte zunehmend weniger Details erkennen.

Am 11.2.1965 gab man das Kommando den Deckel von der Kamera abzuwerfen, aktivierte einige Systeme der Kamera zu Testzwecken und die Scanplattform. Ursprünglich war dies einige Tage vor dem Vorbeiflug am Mars vorgesehen, damit sich möglichst wenig Staub auf der Linse absetzen konnte. Doch die Erfahrungen mit Staub der den Kanopus Sternsensor verwirrte ließen befürchten, dass beim Abtrennen der Linse noch mehr Staub freigesetzt wird und die Sonde wiederum die Orientierung verlieren würde.

Am 29.4.1965 setzte Mariner 4 einen neuen Rekord: Die Kommunikationsdistanz übertraf die von Mariner 2, drei Jahre zuvor. Am 14.7.1965 wurde die Kamera ersten mal aktiviert und 10 Stunden lang vorgewärmt.

Am 15.7.1965 passierte die Sonde Mars. Die gesamten Resultate der Mission wurden innerhalb von weniger als einer Stunde gewonnen: Um 0:11 wurden die Kamera auf den Mars ausgerichtet und vorgewärmt. Von 0:23 (aus 14.464 km Entfernung) bis 0:45 (10.743 km Entfernung) wurden Bilder im 48 Sekunden Rhythmus auf das 100 m lange Magnetband aufgezeichnet. Es waren 21 vollständige Bilder und 21 Linien des 22.sten Bildes. Ein wichtiges Ergebnis war, das man kein Magnetfeld beim Mars nachweisen konnte. Bis auf die Bilder wurden alle Daten in Echtzeit gesendet. Weitere Ergebnisse waren die Detektion eines schwachen Strahlungsgürtels beim Mars, von weniger als einem 1000.stel der Stärke des irdischen Van Allen Gürtels. Die Oberflächentemperatur des überflogenen Streifens wurde zu minimal -100 Grad Celsius bestimmt. Mariner 4 führte auch die Radiobedeckungsmethode als wissenschaftliches Experiment ein. Wernher von Braun brauchte für die von ihm geplanten Landemissionen einen präzisen Wert für den Bodendruck und schlug dieses Experiment vor. Um 1:00 passierte die Sonde den Planeten in 9.843 km Entfernung und die Sonde verschwand hinter dem Mars. Dabei durchlief das Funksignal die Atmosphäre wodurch man deren Dichte feststellen konnte. Es wurde ein Bodendruck von 4 Millibar bestimmt, wesentlich weniger als die 100 Millibar, die man damals als Bodendruck annahm. Seitdem wird diese Methode routinemäßig als kostenloses Experiment eingesetzt, denn über eine Funkverbindung verfügt jedes Raumfahrzeug. Trotzdem waren ohne ein spezifisches Experiment zur Atmosphärenanalyse die Atmosphäre noch weitgehend unbekannt. 1967 gab die NASA den Bodendruck je nach Modell zwischen 10 und 40 mb an und vermutete 85% Stickstoff und 14% Kohlendioxid in der Atmosphäre. (NASA SP-3030, Handbook of the physical Properies of the Planet Mars).

Mariner 4 Bild vom MarsDie Übertragung der Daten zur Erde dauerte neun Tage bis zum 24.7.1965, dann lagen die 21 Bilder vor, die in groben Strukturen 1 % der Marsoberfläche mit 3 km Auflösung abdeckten. 16 davon wurden als brauchbar eingestuft, die anderen zeigten keine Details. Die Bilder hatten eine maximale Auflösung von 3 km am Boden und überlappten sich um 50-100 km. Abwechselnd wurden Bilder durch einen Rot- und einen Grünfilter benutzt. Die Belichtungszeit lag fest bei 0.2 Sekunden.

Da die größten Empfangsantennen der NASA damals nur 26 m Größe hatte, dauerte die Übertragung eines Bildes 8 Stunden 20 Minuten bei 8.33 Bit/sec. Es schlossen sich dann weitere 90 Minuten mit Telemetrie über die Sonde an. Empfangsstationen gab es in Goldstone in Kalifornien, Johannisburg in Südafrika und Canberra in Australien.

Die Bilder deckten ein Gebiet von 1.5 Millionen km² der Oberfläche ab. Es war eine Schneise von bis zu 250 km Breite in Süd-südöstlicher Richtung. Die Auswertung der Bilder geschah indem die Rohdaten zuerst durch einen Digitalen Image Prozessor verarbeitet wurde - er stellte im wesentlichen die Helligkeit der Punkte fest und gab diese dann so aus, dass den Helligkeitsbereich eine Kathodenstrahlröhre die genau kalibriert war, abdeckten. Von dieser Röhre wurde die Fotos dann abfotografiert und diese Fotos vervielfältigt. Die geringe Datenmenge erlaubte es später die Daten gedruckt zu publizieren. In dieser Form existieren sie noch heute in Universitätsbibliotheken, während man die digitalen Daten heute nicht mehr zur Verfügung hat.

Nach der Passage hatte Mars durch seine Schwerkraft Mariner 4 in eine neue Bahn umgelenkt. In dieser näherte sich die Sonde bis auf 165.380 Millionen km der Sonne und entfernte sich bis auf 235.33 Millionen km bei einer Neigung der Bahn von 2.543 Grad zur Ekliptik.

Mariner 4 war auch nach der Passage aktiv und wurde weiterhin angefunkt. Am 31.8.1965 nahm die Sonde im 24 Sekunden Abstand 10.5 Bilder auf und übertrug in der folgenden Zeit 5 davon zur Erde. Ziel der Aufnahmen des Weltraums war es, die übertragenen Bilder zu verbessern, indem man sie als Kalibrationsaufnahmen benutzte welche das Hintergrundrauschen der Kamera wiedergaben.

Am 24.9.1965 gab das JPL bekannt, dass man die Sonde noch über zwei Jahre periodisch verfolgen würde, auch wenn man keine Telemetrie mehr empfangen würde. Bis dahin hatte man 42 Kommandos zur Sonde übertragen. Mariner 4 stellte am 1.10.1965 einen neuen Entfernungsrekord auf - Signale aus 307 Millionen km konnten empfangen werden. Mehrfach rief man den Inhalt des Bandrekorders in den Monaten ab um Fehler in der Datenübertragung beim ersten Mal zu eliminieren. Im März 1966 stand die neu gebaute 64 m Antenne von Goldstone zur Verfügung und man konnte trotz der nun größeren Entfernung nicht nur das Signal von Mariner 4 empfangen sondern auch Daten.

Indirekt bestimmte die Sonde einen Klasse 3 Sonnensturm am 3-4.9.1966, als sie durch ihn 10 % der Leistung verlor. Der Sturm wurde auch von Pioneer 6+7 registriert. Am 13.8.1967 befand sich die Erde in einer Linie Mariner V - Erde - Mariner IV mit einer Länge von 112 Millionen km. Die Untersuchung der solaren Strahlung von beiden Sonden erlaubte es die Unterschiede im Magnetfeld und den Teilchengeschwindigkeiten durch die Passage im Raum festzustellen. Dafür wurde die Sonde im August 1967 reaktiviert und die Daten über eineinhalb Tage hinweg zur Erde übertragen. Am 15.9.1967 registrierte die Sonde innerhalb von 7 Minuten 17 Meteoritentreffer. Neben dem Mikrometeoritendetektor konnte man Teilchen auch durch das bekannte Problem des Verlustes des Ausrichtung auf Kanopus und 5 Schwankungen in der Signalstärke der Sonde registrieren. (Durch Veränderungen der Achse) und in Veränderungen der Sondentemperatur.

Im Oktober 1967 reaktivierte man die Sonde zum letzten Mal für Test der Lageregelung, bevor man diese bei der Mariner 5 Sonde anwenden wollte, da beide denselben Bus benutzten. Am 26.10.1967 zündete man erstmals seit drei Jahren das Haupttriebwerk und verfeuerte den restlichen Treibstoff. In 70 s beschleunigte die Sonde um 62 m/s. Am 22.11.1967 nahm man ein Bild des Hintergrundes auf und übertrug es zur Erde. Schließlich war am 7.12.1967 das Lagekontrollgas erschöpft und man konnte nun nicht mehr weiter die Solarpaneele der Sonne nachführen.

Am 20.12.1967 wurde der letzte Funkkontakt zur Sonde hergestellt, danach konnte kein Kontakt mehr hergestellt werden. Insgesamt lieferte Mariner 4 während ihrer Mission 9 MBit an Informationen. 40 Jahre später, wird der Mars Reconnaissance Orbiter pro Sekunde 6 Millionen Bits pro Sekunde zur Erde übertragen! Mehr über die Fortschritte der Technik bei der Gewinnung von Bildern auf einer eigenen Seite.

Wissenschaftlich zeigte sich Mars auf den Bildern zerkratert wie der Mond. Es gab keine Spur der Kanäle die man auf Teleskopaufnahmen von der Erde sah. Stattdessen konnte man auf den Fotos über 100 Krater zählen. Rechnete man dies hoch, so sollte es auf dem Mars etwa 10.000 Krater geben - verglichen mit einigen auf der Erde. Der Mars muss sich geologisch also seit langer Zeit kaum verändert haben. Wie die Venus hat der Mars kein oder nur ein kleines Magnetfeld und die Atmosphäre ist sehr dünn, maximal 10-30 Millibar Bodendruck. Das enttäuschte die Wissenschaftler und machte auch nicht Mut auf neue Missionen. Die Zusammensetzung der Atmosphäre war ohne ein Spektrometer war nicht bestimmbar, durch die Bedeckungsdaten des S-Band Senders war aber eine grobe Aussage möglich. Die Atmosphäre sollte zu 80-100 % aus Kohlendioxid bestehen, maximal 16 % Stickstoff und maximal. 8 % Argon.

Technologisch hat die Sonde auch viel gebracht: Sie arbeitete erheblich länger als Mariner 2 und es konnte eine Kommunikation über die vierfache Distanz aufrecht erhalten werden. Der Bau von Mariner 3+4 kostete damals 83.2 Millionen USD. Dazu kamen die Startraketen und die Missionsüberwachung. Die Gesamtkosten von Mariner 3+4 betrugen 120 Millionen USD.

Links:

NSSC Masterkatalog Mariner 4

NSSC Masterkatalog Mariner 3

Bilder von Mariner 4

On Mars: Exploration of the Red Planet

Dieser Text stammt von Bernd Leitenberger
© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.

Bücher vom Autor über Raumsonden

Lang Zeit gab es von mir nur ein Buch über Raumsonden: die beiden Mars-Raumsonden des Jahres 2011, Phobos Grunt und dem Mars Science Laboratory. Während die russische Raumsonde mittlerweile auf dem Grund des Pazifiks ruht, hat für Curiosity die Mission erst bekommen. Das Buch informiert über die Projektgeschichte, den technischen Aufbau der Sonden und ihrer Experimente, die geplante Mission und Zielsetzungen. Die Mission von Curiosity ist bis nach der Landung (Sol 10) dokumentiert. Einsteiger profitieren von Kapiteln, welche die bisherige Marsforschung skizzieren, die Funktionsweise der Instrumente erklären aber auch die Frage erläutern wie wahrscheinlich Leben auf dem Mars ist.

2018 wurde dies durch zwei Lexika, im Stille der schon existierenden Bücher über Trägerraketen ergänzt. Jedes Raumsonden Programm wird auf durchschnittlich sechs bis acht Seiten vorgestellt, ergänzt durch eine Tabelle mit den wichtigsten zeitlichen und technischen Daten und Fotos der Raumsonde, bzw., Fotos die sie aufgenommen hat. Ich habe weil es in einen band nicht rein geht eine Trennung im Jahr 1990 gemacht. Alle Programme vorher gibt es in Band 1. Die folgenden ab 1990 gestarteten dann in Band 2. In Band 2 ist ein Raumsonden Programm meist eine Einzelsonde (Ausnahme MER). In Band 1 dagegen ein Vorhaben das damals zumeist aus Doppelstarts bestand, oft auch mehr wie z.B. neun Ranger oder sieben Surveyor. Beide Bänder sind etwa 400 Seiten stark. In Band 1 gibt es noch eine gemeinsame Einführung für beide Bände über Himmelsmechanik und Technik der Instrumente. Beide Bände haben einen Anhang mit Startlisten, Kosten von Raumsonden und Erfolgsstatistiken. Band 2 hatte Redaktionsschluss im Januar 2018 und enthält die für 2018 geplanten Missionen über die es genügend Daten gab.

Hier eine Beschreibung des Buchs auf meiner Website für die Bücher, wo es auch ein Probekapitel zum herunterladen gibt. Sie können das Buch direkt beim Verlag kaufen (versandlostenfrei). Dann erhalte ich als Autor eine etwas höhere Marge, aber auch über den normalen Buchhandel, Amazon (obige Links) und alle anderen Portale wie Bücher.de oder Libri.

Sitemap Kontakt Neues Impressum / Datenschutz Hier werben / advert here Buchshop Bücher vom Autor Top 99