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Die Saturn-Trägerraketen sind einzigartig im Arsenal der US-Träger. Keine andere Raketenfamilie war so erfolgreich (kein einziger Fehlstart!), keine andere Rakete so groß und keine andere Rakete wurde in so relativ kurzer Zeit entwickelt. Dieser Aufsatz soll die technische Entwicklung der Saturn erläutern. Er geht aber auch auf die geschichtliche Bedeutung und das Wettrennen zum Mond ein und beleuchtet dabei die unterschiedlichen Konzepte in Ost und West. Da dieses Thema sehr umfangreich ist, habe ich den Artikel in mehrere thematisch getrennte Aufsätze geteilt:
Da die Stufen und Triebwerke in mehreren Trägern eingesetzt wurden (S-I und H-2 in der Saturn I und IB, J-2 und S-IVB in der Saturn IB und V), finden Sie in den Aufsätzen teilweise identische Absätze, dafür ist aber jeder in sich abgeschlossen.
Es gibt eine Gemeinsamkeit aller Saturnraketen: Sie wurden von Wernher von Braun entworfen und die Entwicklung fand im Marshall Raumfahrtzentrum in Huntsville, Alabama statt. Am Höhepunkt des Apollo-Programms arbeiteten hier unter Wernher von Braun 7.500 Menschen, wobei ein großer Teil der Führungspositionen mit Deutschen besetzt waren. Von den 1,8 Milliarden Dollar Jahresetat im Jahre 1965/66 gingen 90 Prozent an die Industrie.
Die Entwicklung aller 3 Raketen hatte schon vor Kennedys Apollo-Rede begonnen, auch wenn es für die Saturn V nur Studien gab. Es gab eine Aufteilung: Die Entwicklung der Raketen erfolgte in Huntsville. Dort fanden auch die Tests der Triebwerke statt. Die eigentliche Fertigung wurde dann an Industriebetriebe vergeben, wobei man hier auf eine Streuung achtete, um das Know-How möglichst vielen Firmen zukommen zu lassen. Die erste Rakete einer jeden Serie war noch in Huntsville gefertigt, bei der Saturn I waren es sogar noch die ersten 8.
Die Saturn IB entstand aus der Saturn I. Während die erste Stufe weitgehend unverändert blieb (wenn auch etwas mehr Schub aus dem verbesserten H-2-Triebwerk herausgeholt werden konnte), wurde in der zweiten Stufe nun das neuentwickelte J-2-Triebwerk verwendet. Es war bis zum Start des Space Shuttle das größte mit Wasserstoff betriebene Triebwerk und auch heute gibt es nur 3 Triebwerke auf der Welt, die mehr Schub mit diesem Treibstoff entwickeln.
Die Saturn IB (ursprüngliche Bezeichnung: Saturn C-2) wurde am 31.3.1961 genehmigt. Die Entscheidung über einige Subkomponenten erfolgte jedoch erst relativ spät. Ursprünglich sollte die Saturn I bemannte Flüge durchführen, doch erst am 30.10.1963 kam man davon ab. Vorher hatte man noch 21 Saturn I-Raketen bestellt. Abnehmen musste man mindestens 10. Daher startete man mit den letzten 3 Saturn I die Pegasus-Satelliten.
Wahrscheinlich war die Apollo-Kapsel mit Versorgungsmodul zu schwer für eine Saturn I. So gab es erst im Juni 1963 den endgültigen Zuschlag für die Entwicklung der S-IVB-Stufe und erst im April 1964 für den Bordcomputer und die Navigation. Das verbesserte H-1-Triebwerk (je nach Autor H-1B oder H-2 genannt) wurde erst am 8.11.1963 genehmigt. Auch hier arbeitete Rocketdyne in Rekordzeit und lieferte schon im Juni 1964 die ersten 4 H-2-Triebwerke aus.
Am 1.4.1965 gab es den ersten statischen Brennversuch der S-1B, der ersten Stufe der Saturn IB. Gleichzeitig bekam Rocketdyne den Auftrag, den Schub des H-2 auf 93 t zu steigern. Der erste Test einer S-IVB fand am 8.5.1965 statt. Zu diesem Zeitpunkt war das Saturn I-Programm schon abgeschlossen. Am 9.8.1965 und am 19.9.1965 trafen die erste und zweite Stufe des ersten Flugexemplars am Cape ein. Der erste Start fand am 28.2.1966 statt.
Auf dem Cape gab es zwei Startkomplexe für die Saturn 1B: Komplex 34 mit einer und Komplex 37 mit zwei Startrampen. Zu jeder gehörte ein 95 m hoher Versorgungsturm.
Die Saturn 1-Erststufe hat einen Durchmesser von 6,53 m und eine Länge von 25 m. Nachdem die ersten 7 Exemplare am MSFC gebaut wurden bekam Chrysler den Auftrag, die letzten 3 Exemplare zu bauen.
Es gibt einen zentralen Tank, der den Sauerstoff aufnimmt, von 2,67 m Durchmesser. Umgeben ist er von 8 weiteren Außentanks von 1,78 m Durchmesser. Alle Tanks sind 17 m lang. Die Hälfte der Außentanks nimmt Kerosin RP-1 auf, die andere Hälfte weiteren Sauerstoff. Die 8 Triebwerke des Typs H-1 sitzen in einem achteckigen Rahmen. Die zentralen 4 Triebwerke sind fest eingebaut und die Düsen weisen eine Neigung von 3 Grad zur Längsachse auf. Die vier äußeren Triebwerke sind schwenkbar um Kurskorrekturen durchführen zu können. Sie haben beim Start eine Neigung von 6 Grad zur Längsachse. Die inneren Triebwerke sind weitgehend bauidentisch zu den äußeren. Sie verfügen auch über den Schwenkmechanismus, nur ist er durch ein Gerüst, in das die Triebwerke fest eingepasst sind, unwirksam. Das Abgas der Turbine wird bei den inneren Triebwerken seitlich neben den Düsen und bei den äußeren an den Düsen in den Abgasstrom geleitet.
Der Tankdruck im Kerosintank wird durch Stickstoff gewährleistet, im Sauerstofftank ist es gasförmiger Sauerstoff, der aus dem flüssigen Sauerstoff durch einen Wärmeaustauscher am Triebwerk gewonnen wird. Ein grundsätzliches Problem bei einer Rakete mit vielen Triebwerken ist die erhöhte Ausfallwahrscheinlichkeit eines Triebwerks. Bei 8 Triebwerken ist dies statistisch 8 mal häufiger als bei einem Triebwerk. Bei der Saturn I hat man daher die Treibstoffleitungen untereinander verbunden. Fällt ein Triebwerk aus, so können die anderen 7 Triebwerke trotzdem den ganzen Treibstoff verbrauchen, sie müssen nur etwas länger arbeiten. Solange der Ausfall nicht durch ein katastrophales Ereignis, wie z.B. bei einer Explosion, geschieht, liefert die Bündelung sogar einen Sicherheitsgewinn: Bei einer Rakete mit nur einem oder zwei Triebwerken bedeutet der Ausfall eines Triebwerks das Scheitern der Mission. Die Wahl der Tankformate der Redstone und Jupiter Trägerrakete wurde recht früh im Programm beschlossen. Der Bau eines Tanks mit 6 m Durchmesser hätte die Einführung von neuen Technologien des Schweißens und der Tankverbindungen erfordert. Bei der Saturn I ging es aber darum, möglichst bald eine Trägerrakete zur Verfügung zu haben. Man kam daher auch von dem Plan ab, nur 4 Triebwerke, jedes dafür mit einem Schub von 1.600-1.690 kN, einzusetzen, da deren Entwicklung zu lange gedauert hätte. Ein Vorteil von 8 Triebwerken ist, das eines während des Fluges ausfallen kann und man trotzdem einen Orbit erreicht ("enigne-out capabillity"). Dies wurde beim Flug A-4 erprobt. Bei 4 Triebwerken ist dies nicht mehr gegeben, da der Schubverlust dann zu groß ist. Mindestens ein Schub/Gewichtsverhältnis von 1,25 musste gewährleistet bleiben. Etwa 22 Sekunden nach dem Start hatte die Saturn I genügend Treibstoff verbraucht, so dass ein H-1 ausfallen konnte, ohne die Mission zu gefährden.
Die relativ großen Finnen (4 große und 4 kleine) hatten eine Fläche von 11,9 und 4,86 m². Sie dienten vor allem der Stabilisierung der Rakete im Falle eines Triebwerksausfalls in der frühen aerodynamischen Phase. Versagt hier die Triebwerkssteuerung, so kann die Rakete bei niedriger Geschwindigkeit schneller kippen als das Rettungssystem reagieren kann. Die Finnen bewirken einen aerodynamischen Widerstand, der das Kippen verlangsamt und so genügend Zeit für das Retten der Besatzung lässt.
Das H-1 war vom Schub und der Technologie her vergleichbar den Triebwerken in den Thor- und Atlas-Trägerraketen. Es wurde aus dem S3D der Jupiter entwickelt. Anders als diese sollte es aber Menschen befördern. Daher galt es das Triebwerk besonders sicher zu machen. Ein Problem, dass man damals bei vielen Raketen hatte, war die "combustion instability", am besten umschrieben mit Verbrennungsinstabilität. Dabei verbrannte ein Triebwerk nach wie vor den Treibstoff, doch nicht gleichförmig. Es kam zu turbulenten Strömungen und Druckschwankungen, welche das ganze Triebwerk zerstören konnten und Ursache vieler Fehlschläge der damaligen Raketen war. Bei dem H-1 sollten diese Störungen nicht auftreten und wenn, sollte das Triebwerk fähig sein, sie automatisch auszugleichen. Dazu setzte man eine neue Technik ein, die man "Bomb tests" nannte. Man platzierte einen kleinen Sprengsatz mit 3 g Sprengstoff in der Brennkammer. Dieser war so geschützt, dass die Triebwerkszündung ihn nicht zum Explodieren brachte, aber die Verbrennung von Treibstoff die Isolation abtrug, so dass er kurz nach dem Hochfahren des Triebwerks explodierte. Der Effekt war eine Druckwelle welche die Verbrennungsflamme in Instabilität brachte, genauso wie dies manchmal von alleine passierte. Bei Thor- und Jupiter-Raketen konnte in 8 von 16 Fällen das Triebwerk nicht wieder in den Normalzustand zurückkehren. Man veränderte die Anordnung der Löcher in den Injektoren so lange und brachte zum Schluss noch Blenden unter die Löcher an, bis das H-1 diese "Bomb tests" bestand.
Das H-1 war ein Triebwerk herkömmlicher Bauart mit Nebenkreislauf ohne besonders hohe Brennkammerdrücke. Eine gemeinsame Turbine trieb über ein Getriebe die Pumpen für Sauerstoff und Kerosin mit selber Drehzahl an. Das Mischungsverhältnis von Sauerstoff/Kerosin lag bei 2,26. Angelassen wurde es durch eine Feststoffpatrone mit 3 kg Ammoniumnitrat. Die Zündung des Treibstoffs erfolgte durch einen hypergolen Vorlauf mit Triethylaluminat, welches hypergol mit dem Sauerstoff reagiert.
Gegenüber dem Vorgängermodell S3D bestand eine wesentliche Verbesserung in der drastischen Reduktion der Einzelteile. Dies wurde vor allem durch das direkte Anbringen der Turbopumpe an der Schubkammer erreicht, da die Anzahl der flexiblen und dadurch störanfälligen Verbindungen reduziert wurden. Die Turbopumpe machte so alle Schwenkbewegungen mit. Ventile wurden durch einfache, geeichte Blenden in den Treibstoffleitungen ersetzt. Das führte zu einer drastischen Reduktion der Einzelteile um 90 %. Man sparte z.B. den 73 l-Tank für Schmieröl ein und nutzte dazu das Kerosin. Die dadurch erzielten Einsparungen in den Produktionskosten führten dann zum Einsatz des Triebwerks in der Delta von 1974-1992. Eine weitere Verbesserung war die Wahl einer glockenförmigen Düse. Gegenüber der konischen Düse verringerte diese die Baulänge um 20 %. Völlig neu war auch die Benutzung von Kerosin als Schmierstoff für die Turbopumpe.
Der Auftrag für das H-1 wurde am 11. September 1958 an Rocketdyne vergeben. Ziel war damals noch ein Schub von 836 kN. Die ersten Triebwerke, die abgeliefert wurden, hatten jedoch nur 734 kN Schub um die Zuverlässigkeit zu erhöhen. Ingesamt gab es das H-1 in 4 Versionen mit 734, 836, 890 und 912 kN Schub. Die Saturn I setzte die 734 und 836 kN-Versionen ein. Die Saturn IB für die ersten 5 Flüge die 890 kN-Version und die folgenden Flüge die 912 kN-Version. Manche Autoren sprechen auch vom H-2 bei der Saturn 1B.
Der Grund, warum die Triebwerke für die ersten Starts nur 734 kN Schub hatten, war ein bei den ersten Tests mit 836 kN auftretendes Problem: Die dünnen Röhrchen, aus denen die Brennkammerwand bestand und in denen das Kerosin floss, gab es Risse und dadurch versagte das Triebwerk bei den Tests. Es zeigte sich, dass der im Kerosin in kleinen Mengen enthaltene Schwefel bei höheren Verbrennungsdrücken mit dem Nickel der Röhrchen reagierte und diese porös machte. Die Lösung war, die Röhrchen durch rostfreien Edelstahl zu ersetzen, welcher nicht mit Schwefel reagierte. Doch dies dauerte und so nahm man für die ersten Tests (ohne oder nur mit Dummy-Oberstufe) die 734 kN-Versionen, bei denen das Problem nicht auftrat.
Im Dezember 1966 entdeckte man hinter dem Einspritzkopf eines H-1-Triebwerks bei einem Test mit zu niedriger Performance eine Reihe von Teflonstücken, welche offensichtlich den Treibstofffluss behinderten. Da man bei Rocketdyne zwei andere Triebwerke hatte, die ebenfalls eine zu geringe Leistung hatten, war dies ein weiteres Problem. Bei der Untersuchung zeigte sich, dass die Teflonstücke beim Fertigen der Leitungen verwendet wurden. Diese wurden bei der Solar Division der International Harvester Company gefertigt. Dort nutzte man Teflon, um das Blech beim Schweißen vor dem direkten Druck von Klammern zu schützen und es musste dabei nach innen in die Leitung für den flüssigen Sauerstoff gerutscht sein.
Ebenfalls im Dezember 1966 zerlegte sich eine Turbine bei einem Prüfstandtest. Als man das Triebwerk demontierte stellte man fest, dass die Turbinenblätter nicht den Beanspruchungen stand hielten. Sie waren aus "316 rostfreiem Stahl" anstatt "Stellite 21" gefertigt. Obgleich jedes Blatt Röntgenuntersuchungen durchlief, fiel dies nicht auf. Ursache war ein Streik in der Fertigungsfabrik. Danach hatte man die Fertigungslinien der Blätter für die Atlas und Saturn durcheinander gebracht. Die Herstellerfirma stellte eine tragbare Einheit zur Verfügung, die zwischen beiden Materialen unterscheiden konnte. Als man daraufhin die Triebwerke untersuchte stellte sich heraus, dass in 10 H-1-Turbinen die falschen Blätter eingebaut worden waren.
Die Produktion für die H-1 der Saturn I (734 und 836 kN-Versionen) lief 1962 aus und die verbliebenen 72 Triebwerke wurden eingelagert.Das H-1 in Zahlen:
Parameter | Wert |
---|---|
Schub am Boden | 890 kN |
Spezifischer Impuls Boden | 2.481 m/s |
Spezifischer Impuls Vakuum | 2.824 m/s |
Mischungsverhältnis LOX zu Kerosin | 2,27 zu 1 |
Verbrennungsträger | Kerosin RP-1 |
Oxidator | flüssiger Sauerstoff (LOX) |
Schub : Gewichtsverhältnis trocken | 110 |
Schub : Gewichtsverhältnis nass | 91 |
Düsenhalsdurchmesser | 41,3 cm |
Düsenmündungsdurchmesser | 116,3 cm |
Entspannungsverhältnis | 8:1 |
Charakteristische Brennkammerlänge L* | 98,3 cm |
Schubbeiwert (Boden) | 1,5 |
Brennkammerdruck | 37,5 bar |
Brennkammer und Düse | 331 kg |
Kardanische Aufhängung | 32 kg |
Turbopumpen | 224 kg |
Leitungssysteme Oxidator | 25 kg |
Leitungssysteme Verbrennungsträger | 21 kg |
Gasgenerator | 17 kg |
Sonstiges | 30 kg |
Flüssigkeiten | 145 kg |
Gewicht (trocken/nass) | 825/680 kg |
Und die Daten des Treibstofffördersystems:
Pumpe | Oxidator | Verbrennungsträger |
---|---|---|
Förderdruck | 48,7 bar | 57,7 bar |
Durchsatz | 230,7 kg/s | 90,4 kg/s |
Laufraddurchmesser | 27,9 cm | 34,4 cm |
Wellendrehzahl | 5.940 U/min | 5.940 U/min |
Wirkungsgrad | 75 % | 71 % |
Wellenleistung | 1.726 PS | 1.165 PS |
Turbine | ||
Wellenleistung | 2.975 PS | |
Einlassdruck | 31,3 bar | |
Druckverhältnis | 18,3 | |
Wellendrehzahl | 28.924 U/min | |
Einlasstemperatur | 650 °C | |
Übersetzungsverhältnis Turbine:Pumpe | 4,88 | |
Wirkungsgrad | 68 % | |
Gasgenerator | ||
Durchsatz | 5,8 kg/s | |
Mischungsverhältnis LOX/Kerosin | 0,342 | |
Kammerdruck | 32,8 |
Die erste Stufe der Saturn entstand aus der S-1 der Saturn. Sie hatte dieselben Abmessungen und verwandte dieselben Treibstoffe. Es gab jedoch zwei Änderungen. Das eine waren die Triebwerke, diese lieferten etwa 80 kN mehr Schub als die H-1 der Saturn I und wurden aus diesen entwickelt. Chrysler, der Kontraktor für die S-1B, begann schon frühzeitig Pläne für ein Upgrade der Triebwerke zu schmieden. Im November 1963 erhielt Rocketdyne einen Auftrag für die Weiterentwicklung des H-1 auf 890 kN Schub. Die Triebwerke sollten bis 1968 gefertigt werden. Am 30.6.1967 wurde dieser Kontrakt um 60 weitere Triebwerke erweitert. Die Gesamtzahl aller H-1, die gefertigt wurden, beläuft sich damit auf 322. Davon flogen 160 an Bord der Saturn I und Saturn IB. Weitere 102 Triebwerke wurden in der Delta 29xx,39xx,49xx und 69xx Serie von 1974-1992 eingesetzt.
Der um 60 t gesteigerte Schub machte es möglich, eine schwerere Oberstufe einzusetzen und damit die Nutzlast bei nur leichter Steigerung der Startmasse um mehr als 50 % zu steigern. Weiterhin konnte man die erste Stufe evolutionär verbessern. Die relativ großen Finnen, die als aerodynamische Stabilisierung in der ersten Flugphase dienten, konnten nach den Erfahrungen mit der Saturn I verkleinert und die Leermasse der Stufe um 5,5 t verringert werden.
Während der ersten Flüge übertrug man über 500 Messwerte zum Boden und führte Hochgeschwindigkeitskameras mit. Später wurden diese eingespart. Die erste Stufe beinhaltete 85.000 m elektrische Kabel, 73.000 Kontakte und 1.700 elektrische und elektronische Komponenten. 320 Ventile steuern Gas- und Flüssigkeitsströme. Zwei 28 V-Batterien dienen zur Stromversorgung.
Die zweite Stufe S-IVB setzte erstmals das J-2-Triebwerk ein, welches Wasserstoff und Sauerstoff verbrannte und 15 mal mehr Schub als das Triebwerk RL-10 der Saturn I entwickelte. Ein Triebwerk reichte aus um eine Stufe zu transportieren, die mehr als doppelt so schwer wie die S-IV war. Dadurch steig auch die Nutzlast auf 18,6 t an. Ursprünglich plante man eine S-IVB-Stufe, die 30 Tage lang im Erdorbit verbleiben konnte weil man die Mondlandung noch direkt durchführen wollte, denn dabei hätte man zwei Raketen gebraucht. Eine um ein viel schweres Mondraumschiff in den Orbit zu bringen und eine zweite, welche eine voll betankte S-IVB Stufe in den Erdorbit bringen sollte. Doch als man von diesem Verfahren abkam, fiel diese Forderung weg. Nun sollte eine etwas stärkere Rakete (die C-5 statt der C-4) eingesetzt werden und man musste den Durchmesser der S-IVB von 5,6 auf 6,6 m vergrößern.
Jedes J-2-Triebwerk wog 1.578 kg und hatte bei der S-IVB der Saturn IB einen Nominalschub von 896 kN bei der Zündung. Bei der Saturn V wurden verbesserte J-2 mit einem Schub von bis zu 1.020 kN eingesetzt.
Die S-IVB Stufe hatte einen Durchmesser von 6,61 m und eine Länge von 18 m. Sie enthielt einen einzigen Tank, der durch einen Zwischenboden in einen Sauerstofftank (unten, beim Triebwerk) und einen Wasserstofftank (oben) getrennt wurde. Das Mischungsverhältnis von Wasserstoff zu Sauerstoff konnte im Bereich von 1:4,5 bis 1:5,5 (Gewichtsanteile) variiert werden. Der Schub variierte im gleichen Maße von 784 bis 1.008 kN. Das nominelle Mischungsverhältnis lag bei 1:4,84. Der Brennkammerdruck des J-2 betrug 48,5 bar. Die Treibstoffzuladung betrug 87.200 kg flüssiger Sauerstoff und 18.000 kg flüssiger Wasserstoff. Die Tankvolumen waren allerdings wegen der geringen Dichte des Wasserstoffs anders verteilt: Der Wasserstofftank hatte ein Volumen von 252.750 l, während der Sauerstofftank nur ein Volumen von 73.280 l hatte. Von diesem Tankvolumen wurden beim Wasserstofftank 229.000 l genutzt. Die Tanks sind selbsttragend und das Design erinnerte weniger an die leichte Centaur-Oberstufe als vielmehr an die relativ massive Thor-Zelle: In der tragenden Zelle befand sich der Tank mit einer relativ dünnen Tankwand von 0,813 bis 1,4 mm Dicke. Material waren Aluminiumlegierungen wie 2014 T6 (die gleiche, welche auch die S-II einsetzte). Doch wie sollte man eine 12 m lange und 6,6 m breite Stufe isolieren? In der frühen Planung wollte man Balsaholz nehmen: Es ist leicht, isoliert gut und ist gut formbar. Doch eine einfache Überprüfung des Vorkommens zeigte, dass es in Südamerika nicht genug Balsaholz für diese Stufen gibt. So ging man an die Fertigung von "synthetischem Balsa": Es gelang eine dreidimensionale Fiberglasmatrix in einen Polyurethanblock einzubetten. Das Fiberglas gab dem Block Härte und Stabilität, das Polyurethan isolierte. Diese Konstruktion bewährte sich. Hätte man sie beim Space Shuttle übernommen, so hätte die Beschädigung der Columbia durch einen losen Schaumblock beim Start vermieden werden können. 4.300 dieser 20 cm dicken und 30 x 30 cm großen Kacheln wurden in der Innenseite des Wasserstofftanks angebracht und bildeten die Tankisolation. Abgeschlossen wurden sie durch ein im Vakuum aufgebrachtes Fieberglasnetz, welches verhinderte, dass sich ablösende Kacheln bewegen konnten. Die Isolation der S-IVB-Stufe erlaubte es, die Flugdauer von 10 Minuten auf 4,5 Stunden zu strecken. Ohne die Isolation hätte der Wasserstofftank 1.100 l Wasserstoff pro Minute durch Verdampfen verloren.
Die Saturn S-IVB-Stufe musste anders als die S-IV im Vakuum wiederzündbar sein. Bei der Saturn V musste sie nach einer bis drei Erdumkreisungen das Apollo Raumschiff zum Mond bringen und nach dem Abkoppeln sich selbst auf eine Fluchtbahn oder eine Mondaufschlagsbahn bringen. Dafür mussten die Tanks unter Druck gesetzt werden. Dazu diente ein O2/H2-Vorbrenner. Dies war ein kleines Raketentriebwerk von 71-89 N Schub. Es verbrannte gasförmigen Sauerstoff und Wasserstoff, was von sich aus in den Tanks entstand. Das Verbrennungsgas öffnete Ventile in den 9 Heliumflaschen, die wiederum den Sauerstofftank unter einen Druck von 2,6-2,9 bar setzten. Dies war genug um genügend Treibstoff in die Leitungen zu pressen um den Gasgenerator anspringen zu lassen. Beim Wasserstofftank reichte alleine der Druck des durch das Verdampfen gebildeten Wasserstoffgases für den Tankdruck von 2,2-2,4 bar aus. Überdruckventile verhinderten einen zu hohen Druckanstieg. Der O2/H2-Vorbrenner besorgte auch das Vorkühlen der Sauerstoffpumpe und der Sauerstoff-Treibstoffleitungen, indem es eine kleine Leitung öffnete, mit der ein kleiner Sauerstofffluss durch diese Systeme vor der Zündung geleitet wurde.
Ursprünglich meinte man, durch einfaches Ventile öffnen das Triebwerk starten zu können: Treibstoff im Gasgenerator verbrennen und so die Turbopumpen anfahren. Diese fördern dann mehr Treibstoff und die Leistung der Turbine und der Turbopumpen steigt. Es zeigte sich aber, dass dies zu langsam war. So verfügt die S-IVB über einen Tank von 0,1 m³ Volumen, der mit Wasserstoff gefüllt wird. Ein darin liegender Heliumtank sorgt für einen hohen Druck in diesem Tank. Zusammen mit den Treibstoffventilen wird dieser Gastank geöffnet und das zusätzliche Gas bringt die Turbine schnell auf Touren. Vor dem Start wird er am Boden gefüllt, später mit Gas aus den Tanks, bevor das Triebwerk nach der Brennperiode abgeschaltet wird. Damit dies möglich ist, muss die Stufe mindestens 50 Sekunden lang brennen. Diese Technik erlaubt beliebig viele Wiederzündungen. Zudem erreichte das J-2 recht rasch 90 % des Nennschubs: In 5,0 Sekunden bei einem Mischungsverhältnis von 4,5:1 und in 2,5 Sekunden bei einem Verhältnis von 5,0:1.
Eine Besonderheit der S-IVB der Saturn IB war, dass sie das Mischungsverhältnis von Sauerstoff zu Wasserstoff während des Betriebs variierte. Es ist dies, soweit mir bekannt ist, der einzige Fall, bei dem diese Technik angewandt wurde. Das Triebwerke zündet mit einem Verhältnis von 5:1, entsprechend 890 kN Schub, 5 Sekunden später wird auf 5,5:1 umgestellt und man erhält den maximalen Schub von 1.020 kN. Nach 325 Sekunden ist die Stufe erheblich leichter und 2/3 des Treibstoffs verbraucht worden. Nun wird auf ein Mischungsverhältnis von 4,7:1, entsprechend 827 kN Schub, umgestellt. Dies reduziert nicht nur die Beschleunigung vor Brennschluss von 5 auf 4 g, sondern es steigert auch den spezifischen Impuls. In dieser Phase liegt er bei 4.187 m/s, während er vorher bei 4.148 m/s liegt. Entsprechend schwankt auch der Brennkammerdruck im J-2 um 6 bar um den nominellen Wert von 50 bar.
Um die S-IVB auf zwei Raketen einsetzen zu können, änderte man das Verfahren bei dem Stufenadapter. Bei der S-IVB verbleibt der Stufenadapter an der darunter liegenden Stufe. Dadurch muss man nur eine Version der S-IVB fertigen, aber zwei Adapter für die S-I und die S-II.
Wie bei den anderen Triebwerken der Saturn begann auch die Entwicklung des J-2 vor der S-IVB. Im Herbst 1959 vergab die NASA Aufträge für die Untersuchung von Triebwerken mit 150.000 Pfund Schub, daraus wurden dann am 15.12.1960 200.000 Pfund (890 kN). Am 1.6.1960 bekam Rocketdyne den Zuschlag für die Entwicklung. Im finalen Kontrakt, der im September 1960 abgeschlossen wurde, tauchte erstmals bei einem Triebwerk die Forderung nach einer maximalen Sicherheit für bemannte Einsätze auf.
Verlässlichkeit war das Stichwort und von der ersten Skizze an gab es dauernde Untersuchungen der geleisteten Arbeit, ob man die Zuverlässigkeit nicht noch verbessern konnte. Was daraus entstand war kein Triebwerk, sondern ein selbst startendes Antriebssystem, das anders als z.B. das RL-10 keine weiteren Systeme brauchte um im Vakuum wiedergezündet werden zu können.
Das J-2 war fähig, das Mischungsverhältnis von Sauerstoff und Wasserstoff zu variieren und zwar in den Grenzen von 4,0 zu 6,0 (Gewicht O/H) in Schritten von 0,5 Bei den Saturn-Trägern machte man von einer Variation im Bereich von 4,5 bis 5,5 Gebrauch. Den höchsten spezifischen Impuls erhält man bei 1:4,5 (4.270 m/s). Den höchsten Schub bei 1:5,5 (1.020 kN). Der minimale Schub wurde bei 4,5 erreicht (807 kN) und der minimale spezifische Impuls bei 5,5 (4.148 m/s). Man machte von dieser Technik bei der S-IVB der Saturn IB und der S-II der Saturn V gebrauch, jedoch nicht bei der S-IVB der Saturn V. Der Grund war in beiden Fällen die Optimierung der Performance. Bei den zweiten Stufen war es wichtig einen hohen Schub zu haben, daher betrieb man die Triebwerke nach der Zündung in dem Modus, bei dem sie am meisten Schub entwickelten. War der Treibstoff weitgehend verbraucht, so war die Stufe leichter und Schub nicht mehr so wichtig. nun konnte man auf ein niedrigeres Mischungsverhältnis wechseln und den Treibstoff so besser ausnutzen.
Über den Einfluss des Mischungsverhältnisses bei dem ersten Batch des J-2 (890 kN Nennschub-Version) informiert folgende Tabelle. Der Anstieg des Schubs und der Abfall des spezifischen Impuls ist annähernd linear.
Mischungsverhältnis | 1:4.5 | 1:5.0 | 1:5.5 |
---|---|---|---|
Schub (kN) (890 kN-Version) | 806 kN | 890 kN | 978 kN |
Ausströmgeschwindigkeit (890 kN-Version) | 4.236 m/s | 4.178 m/s | 4.119 m/s |
Schub (kN) (1.020 kN-Version) | 827 kN | 910 kN | 1.030 kN |
Ausströmgeschwindigkeit (1.020 kN-Version) | 4.260 m/s | 4.187 m/s | 4.148 m/s |
Die Entwicklung des J-2 verlief sehr rasch. Schon im November 1961 gab es die ersten Testläufe der Sauerstoff- und Wasserstoff-Turbopumpen. Im März 1962 lief erstmals eine Brennkammer für 2,57 Sekunden - noch ohne regenerative Kühlung und ohne Turbopumpen. Schon am 4.10.1962 wurde eine Brenndauer von 250 Sekunden erreicht. Inzwischen hatte man auch beschlossen, das J-2 in der S-IVB einzusetzen und am 1.7.1962 bekam Rocketdyne einen Kontrakt für die Produktion von 55 Test- und Serienexemplaren bis 1965.
Im Juli 1966 wurde dieser Vertrag erweitert. Rocketdyne bekam den Auftrag, eine erweiterte Version des J-2 mit einem Schub von 230.000 Pfund (1.023 kN) zu entwickeln. Daran arbeitete man schon intern seit 1965. Die Stückzahl der Triebwerke steig auf 155. Eingesetzt wurde es bei der Saturn IB ab AS-208 und bei der Saturn V ab AS-504. Ausgeliefert wurde es erstmals im Frühjahr 1968. Die frühen Exemplare des J-2 hatten noch ein nominelles Mischungsverhältnis von 1:5 während die folgenden ein höheres von 1:5,5 aufwiesen.
SA 201-203 | SA-204-207 und SA-501-503 | SA 208 f und SA-504 ff | |
Maximaler Schub | 889 kN | 1.000 kN | 1.023 kN |
Maximale Brennzeit | 500 sec | 500 sec | 500 sec |
Minimaler spezifischer Impuls | 4.099 m/s | 4.109 m/s | 4.129 m/s |
Trockengewicht J-2 | 1.637 kg | 1.637 kg | 1.642 kg |
Flächenverhältnis | 27,5:1 | 27,5:1 | 27,5:1 |
Mischungsverhältnis | 5,0:1 | 5,5:1 | 5,5:1 |
Das J-2 wurde intensiv getestet. Man konnte hier den Zeitplan gut einhalten und die meisten Tests fanden zwischen Dezember 1965 und Januar 1966 statt. Es gab insgesamt 203 Tests mit einer akkumulierten Brennzeit von 33.579 Sekunden (entsprechend etwa 60 Einsätzen). Ein Triebwerk wurde 30 mal gestartet und brannte 3.774 Sekunden lang - die nominelle Betriebszeit betrug lediglich 470 Sekunden und erforderte zwei Starts. Völlig neu waren auch Tests in Vakuumkammern, welche die Bedingungen in 305 km Höhe simulierten. Die minimale Lebensdauer eines J-2 wurde mit 3.750 Sekunden angegeben. Zum Vergleich: Das RL-10, das nicht so hohe Verlässlichkeitskriterien erfüllen musste, hatte eine minimale Lebensdauer von 1.680 Sekunden.
Anders als bei den Stufen und den F-1 und H-1-Triebwerken verlief die J-2-Entwicklung reibungsloser. Das einzige Problem, das auftrat, war der Injektor, die Rocketdyne-Entwürfe neigten zum Durchbrennen. Das MSFC bestand nun darauf, dass Ingenieure von Pratt & Whitney, welche den Injektor für das RL-10 entwickelten, hinzugenommen wurden. Man fand sehr bald eine praktikable Lösung: Der Injektor wurde elektrochemisch porös gemacht. Etwa 5 % des Wasserstoffs konnten durch ihn diffundieren und als Kühlfilm vor den Temperaturen der Brennkammer schützen. Der Injektor hatte 614 Löcher, wobei in der Mitte der Sauerstoff und außen der Wasserstoff hindurch gepresst wurde.
Die Brennkammer bestand aus zwei Reihen von Stahlröhren. Wasserstoff passierte zuerst 180 Außenröhren bis zum Ende der Düse und dann 360 Innenröhren, bis er beim Injektor ankam. Dabei wurde er von -253 auf -162 Grad Celsius erhitzt und gasförmig. Die Flussgeschwindigkeit variierte dabei zwischen 18 und 300 m/s. Die Abgase der Turbine wurde mit dem Sauerstoff in die Brennkammer eingespritzt.
Man entschied sich bei dem J-2 für einen Konstruktion mit getrennten Wellen für Sauerstoff- und Wasserstoffturbopumpe. Dadurch konnte man diese nahe den Treibstoffleitungen links und rechts des Triebwerks anbringen und ermöglichte die Variation des Mischungsverhältnisses. Dies wurde erreicht, indem man die Ausgangsdrehzahl der Sauerstoffpumpe zwischen 6.000 und 8.800 U/min regelte. Die 7-stufige Wasserstoffpumpe arbeitete mit konstant 27.500 U/min. Die Kraft für beide Pumpen lieferte eine zweistufige Turbine, welche beide Pumpen über getrennte Wellen antrieb. Die Schmierung der Pumpen erfolgte über das Abzweigen von Treibstoff (0,4 kg Wasserstoff und 2,3 kg Sauerstoff/sec)
Bei den ersten Vorschlägen für ein Space Shuttle wollte man die F-1 und J-1 erneut einsetzen um Entwicklungskosten zu sparen und gab damals an, dass beide Triebwerke 10 mal einsetzbar wären.
Gesamtlänge | 3,38 m |
Gesamtbreite | 2,04 m |
Düsendurchmesser | 1,96 m |
Maximalschub | 1.020 kN |
mittlerer spezifischer Impuls | 4.168 m/s |
minimaler spezifischer Impuls | 4.148 m/s |
maximaler spezifischer Impuls | 4.216 m/s |
Schub bei Zündung | 896 kN |
Maximaler Schub | 1.020 kN |
nominelle Brenndauer | 500 s |
Massendurchsatz LOX | 208,2 kg/s |
Massendurchsatz LH2 | 37,8 kg/s |
Mischungsverhältnis | 4,5-5,5:1 |
Brennkammerdruck | 50-54 bar |
Triebwerksgewicht (trocken) | 1.578 kg |
Schub zu Gewicht | 66:1 |
Flächenverhältnis | 27,1 |
Brennkammertemperatur | 3.160 °C |
Drehzahl LH2 Turbopumpe | 27.500 U/min |
Leistung LH2 Turbopumpe | 7.970 PS |
Ausgangsdruck LH2 Turbopumpe | 88 bar |
Drehzahl LOX Turbopumpe | 8.800 U/min |
Leistung LOX Turbopumpe | 2.250 PS |
Ausgangsdruck LOX Turbopumpe | 77 bar |
Oberhalb der S-IVB befand sich die Instrumenteneinheit IU der Rakete. Sie hatte eine Masse von 2.041 kg und befand sich in einem 6,6 m breiten und 91 cm hohen Ring. Hier befanden sich Batterien für die Bordstromerzeugung, Kreisel als Inertialplattformen, Telemetriesender und -empfänger und der Bordcomputer. Dazu kam das Sicherheitssystem, welches den Rettungsturm auslöste, wenn mehrere der H-1-Triebwerke ausfielen, die Rakete sich stark drehte oder es Sensormeldungen über Brüche in Leitungen oder an der Außenhaut gab. Wegen des damals hohen Energieverbrauchs musste auch ein Temperaturkontrollsystem eingebaut werden, dass die Geräte mit Wasser kühlte, das verdampfte und ins Vakuum abgelassen wurde. Die Internal Unit der Saturn IB war identisch zu der der Saturn V und damit für eine Trägerrakete dieser Größe überdimensioniert. Entsprechend der Sicherheitsphilosophie von Wernher von Braun konnte man die IU aber so flugqualifizieren und für die Missionen der Saturn IB reichte die Nutzlast immer noch aus.
Der Computer ST-124M der Saturn IB hatte inklusive der Flugeinheit (Kreisel, Navigation) 114 kg Gewicht (35 kg Computer alleine) und 1,6 m³ Volumen, Der Stromverbrauch lag bei 438 Watt. Er leistete im Durchschnitt 11.300 Befehle oder 9.600 Rechenoperationen pro Sekunde (28 Bit Wortbreite). Eine Addition dauerte 82 Mikrosekunden eine Multiplikation oder Division 328 Mikrosekunden. Er verfügte über 6 Speichermodule mit je 4.096 Worte à 28 Bit, erweiterbar um zwei weitere Module. Gesamtkapazität: 917.504 Bits (32 KWorte à 28 Bit). Von den 28 Bits entfielen 26 Bits auf die Daten und 2 Bits um Fehler im Speicher zu erkennen. Die Zuverlässigkeit lag bei einer MTBF (Mean Time between Failures) von 45.000 Stunden. Das war für die damalige Zeit eine enorme Zuverlässigkeit und würde auch heute noch einen guten Wert darstellen (entspricht einem Ausfall nach durchschnittlich 5 Jahren). Anders als bei der Saturn I war der Rechner auch schon vor dem Start aktiv und arbeitete während der letzten Checks vor dem Start mit dem Computer des Startzentrums zusammen. Durch die Freiflugphase bei Mondmissionen der Saturn V war eine maximale Betriebsdauer von 10 Stunden am Stück gefordert worden.
Dieser Rechner (ST-124) wurde als erster in einer Trägerrakete mit integrierten Schaltungen gefertigt. Während heute in einem PC ca. 50 Chips arbeiten, bestand der ST-124 aus 8.918! Inklusive anderer Bauteile (Transistoren, Kondensatoren, Widerstände) bestand der Computer aus 40.800 Teilen. Anders als die Bordcomputer des Command Module und der Mondlandefähre LEM waren entsprechend von Brauns Sicherheitsphilosophie alle Teile des Computers dreifach redundant ausgelegt und verfügte über einen Abstimmmechanismus, das heißt, rechnete ein Computer falsch, so überstimmten ihn die beiden anderen. Die Speichermodule waren sogar 6-fach redundant: Jeder Computer hatte zwei redundante Speichermodule. Die redundante Auslegung sollte sich noch lohnen: Als beim Start von Apollo 12 ein Blitz in die Saturn V einschlug, fiel der Bordcomputer der Kapsel aus, doch die Saturn blieb weiter auf Kurs. Das Apollo-Raumschiff kann nach Zündung der S-II die Steuerung der Saturn V übernehmen, falls die IU ausfällt. Im Normalfall betätigte die Besatzung nur das Absprengen des Rettungsturmes manuell.
Während des Betriebs der ersten Stufe wurde ein vorgegebenes Programm abgefahren und verzichtet darauf, Störeinflüsse adaptiv auszugleichen. Dies war beim damaligen Stand der Technik nicht schnell genug möglich und es galt zudem vorwiegend die Rakete auf Höhe zu bringen. Ab der zweiten Stufe wurde eine adaptive Kurskorrektur gefahren. Dies bedeutet, dass die Rakete ständig Geschwindigkeit und Ort mit vorgegebenen Werten vergleicht und Abweichungen korrigiert, um an die Sollwerte zu kommen. Eine Neuberechnung wurde einmal pro Sekunde durchgeführt. Sofern es zu gravierenden Abweichungen kam, wurde auch eine alternative Trajektorie eingeschlagen. Diese Fähigkeit rettete zweimal eine Mission der Saturn V, einmal bei dem zweiten Qualifikationsflug AS-502 (Apollo 6), als durch POGO-Schwingungen die S-II Stufe vorzeitig abschaltete und bei Apollo 13, als das mittlere Triebwerk der S-II ausfiel.
Die Saturn IB war von zweierlei Bedeutung. Zum einen konnte die komplette dritte Stufe der Saturn V getestet, sowie das Triebwerk für die zweite Stufe flugerprobt werden, ohne das man eine teure Saturn V hätte starten müssen (das J-2 wurde in zweiter und dritter Stufe der Saturn V eingesetzt, die dritte Stufe der Saturn V war weitgehend identisch zur zweiten der Saturn IB). Auch die Instrumenteneinheit IU der Saturn V wurde in der Saturn IB eingesetzt und getestet.
Dies ersparte Kosten und Zeit. Zum anderen lieferte die Rakete genug Nutzlast, um ein Apollo-Raumschiff mit Versorgungsteil (aber mit reduziertem Treibstoffvorrat) in den Erdorbit zu befördern. Damit stand ein preiswerter Träger für bemannte Missionen in den Erdorbit zur Verfügung und die Apollo-Hardware konnte vor dem ersten bemannten Mondflug getestet werden. Später brachten Saturn IB auch die Besatzungen von Skylab und Apollo-Sojus in den Orbit. Wie schon bei der Saturn I verlief auch diese Erprobung sehr erfolgreich: Es gab keinen einzigen Fehlstart. Dadurch konnte das Erprobungsprogramm vorzeitig abgeschlossen werden. Es waren dadurch noch einige Saturn IB übrig, welche später die Erdorbitmissionen Apollo 7,9, Skylab 2,3,4 und Apollo-Sojus durchführten.
Obwohl die Entwicklung der Saturn IB erst am 20.7.1962 beschlossen wurde, also 6 Monate nach dem Start der Entwicklung der Saturn V, flog sie 20 Monate früher, da sie auf die schon in der Entwicklung befindlichen Saturn I aufbauen konnte.
Die ersten 3 Starts erfolgten noch mit einer Dummy-Oberstufe wie bei der Saturn I. Das H-2-Triebwerk der Saturn IB wurde danach mit kleineren Modifikationen in der Delta-Trägerrakete ab der 2000er Serie (1974) eingesetzt. Insgesamt wurden schon vor dem ersten Flug 12 Saturn IB geordert. Anders als ursprünglich geplant, verschob sich der Apollo-Flugplan und anstatt einiger Erprobungsflüge im Erdorbit mit Saturn IB ging man bald zu der Mondlandung über. So gab es bis 1968 nur 5 Flüge und danach wurde die Saturn V eingesetzt.
Es verblieben so 7 Saturn IB. Von zweien dieser Raketen wurden die zweiten Stufen zu 2 Skylab umgerüstet, wovon nur ein Skylab gestartet wurde (man hätte dafür auch die S-IVB der Saturn V nehmen können, so dass man die Raketen nicht verloren hätte). Dies waren die Raketen AS-211 (Skylab) und AS-212 (Skylab Ersatzmodell).
AS-206/7/8 dienten zum Start von Skylab 2-4 und AS-210 für das Apollo Sojus Test Projekt. Die AS-209 war mit der Apollo-Kapsel CSM-119 als Rettung für die Besatzung von Skylab vorgesehen. Nicht geflogen sind also AS-209 und die ersten Stufen von AS-211/12. Diese 3 Raketen können in Cape Canaveral, Huntsville und Houston besichtigt werden.
Saturn IB mit unbemanntem Apollo Raumschiff (AS-203 am 5.7.11966) |
Saturn 1B10 Starts zwischen dem 26.3.1966 und dem 15.5.1975Nutzlast: zirka 18,6 t in eine 185 km 28,8°-Bahn Stufe 1: S-1B Stufe 2: S-4B Instrumenteneinheit (IU): |
Alle Starts der Saturn 1B.
Erfolg | Datum | Bezeichnung | Nutzlast |
---|---|---|---|
x | 26.2.1966 | AS-201 | CSM-009 "Apollo 2" (suborbital) |
x | 05.07.1966 | AS-203 | keine |
x | 25.8.1966 | AS-202 | CSM-011 "Apollo 3" (suborbital) |
x | 22.01.1968 | AS-204 | LM 1 Ascent Stage ("Apollo 5") |
x | 11.10.1968 | AS-205 | Apollo 7 |
x | 25.05.1973 | AS-206 | Skylab SL-2 |
x | 28.07.1973 | AS-207 | Skylab SL-3 |
x | 16.11.1973 | AS-208 | Skylab SL-4 |
x | 15.07.1975 | AS-210 | Apollo (ASTP) |
Die NASA suchte natürlich auch nach anderen Einsatzmöglichkeiten für die Saturn 1B. Eine davon war, die Saturn IB als überschwere Trägerrakete für Planetensonden einzusetzen. Schon 1960 plante man eine Landung von Robotern auf dem Mars und das Absetzen von Orbitern. Dieses Projekt lief ab 1964 unter der Bezeichnung "VOYAGER". Die Saturn IB wäre mit einer zusätzlichen Centaur-Oberstufe ausgerüstet worden. Diese Kombination hätte 4.770 kg zum Mars transportieren können, eine Nutzlast, die erst von der Titan 4 mehr als 25 Jahre nach dem Erstflug der Saturn IB überboten wurde (wenn man die Saturn V einmal außen vor lässt und sich auf andere US-Träger konzentriert).
Die Ergebnisse von Mariner 4 zeigten aber, dass der Mars nahezu keine Atmosphäre hat. Damit erschien die direkte Landung zu riskant und Orbiter und Lander sollten zuerst in eine Umlaufbahn einschwenken. Die Lander brauchten zudem nun einen Antrieb um landen zu können. Das Fluggewicht von Voyager stieg von 3,5 t auf 6-10 t und damit zu schwer für eine Saturn IB. Man erwog eine Zeitlang jeweils 2 Lander und Orbiter mit einer Saturn V zum Mars zu starten (Nutzlast dafür: 28 t), doch entschloss man sich schließlich zu einem kleineren Programm: Viking.
Durch den Verlust von Apollo 1 entfielen eine Reihe von Flügen mit der Saturn IB, die 1966-1967 die Apollo-Kapsel auch bemannt erproben sollte. Diese Träger nutzte man für Skylab und das ASTP. Da man mittlerweile die Startrampen für den Start der Saturn V umgebaut hatte, starteten diese Missionen von einem erhöhten Starttisch.
Saturn IB CentaurNie eingesetztNutzlast: 4.770 kg zum Mars Stufe 1: S-1B Stufe 2: S-4B Stufe 3: Centaur D |
Die Entwicklungskosten für die Saturn IB betrugen 1.002,2 Millionen USD. Dazu kam noch ein Teil von den 900,1 Millionen USD für Triebwerksentwicklung (welche allerdings auch das F-1 in der Saturn V mit einschließen). Die Produktionskosten einer Saturn IB betrugen insgesamt 46,7 Millionen USD, die sich wie folgt aufteilten:
Stufe | Hardware Produktion | Modifikationen | Sicherheitsreserve | Bodenunterstützung | Boderunterstützung Entwicklung | Gesamt |
S-IB | 7,9 | 0,3 | 1,1 | 0,1 | 0 | 9,4 |
S-IVB | 13,0 | 1,9 | 0,9 | 0,2 | 0 | 16,0 |
IU | 8,3 | 0,4 | 0,6 | 0,4 | 0 | 9,7 |
Bodenanlagen | 0 | 0,5 | 0,5 | 3,1 | 2,6 | 11,5 |
Triebwerke | 3,6 | 0 | 1,0 | 0 | 0 | 4,6 |
Gesamt | 32,8 | 3,1 | 4,1 | 3,8 | 2,6 | 46,7 |
Der Start kostete 71,8 Millionen USD. Diese Startkosten enthalten neben den reinen Produktionskosten auch den Transport zur Startplattform auch eine Beteiligung an den Kosten des Raumflughafens (z.B. die nach jedem Start notwendigen Reparatur- und Wartungsarbeiten) und die Personalkosten für die Techniker. Die Vorarbeiten für einen Saturn IB-Start erstreckten sich über 4 Monate.
Wie teilen sich die Kosten auf ? Nun, für die Saturn IB gibt es auch dafür eine Übersicht:
Art | Anteil |
Herstellung | 65 % |
Startoperation | 18 % |
Bodenanlagen | 12 % |
Transport, Treibstoffe, Bahnvermessung | 5 % |
Gesamt | 100 % |
Die Herstellung kann man noch weiter unterteilen:
Art | Anteil Herstellungskosten | Anteil Gesamtkosten |
Materialkosten | 6 % | 3,9 % |
Qualitätssicherung | 66 % | 42,9 % |
Fertigung und Montage | 28 % | 18,2 % |
Gesamt | 100 % | 65 % |
Man sieht hier sehr deutlich, wie die Qualitätssicherung, die Voraussetzung für eine hohe Zuverlässigkeit ist, die Kosten bestimmt.
Starts aufgeschlüsselt nach Modellen
Starts, aufgeschlüsselt nach Startjahr:
NASA SP-4206 "Stages to Saturn"
NASA MHR-5 "Saturn illustrated Chronologie"
Jesco v. Puttkammer "Apollo 11: Wir sehen die Erde"
Wie man an dem Umfang der Website sieht, sind Trägerraketen eines meiner Hauptinteressen. Es gibt inzwischen eine Reihe von Büchern von mir, auch weil ich in den letzten Jahren aufgrund neuer Träger oder weiterer Informationen über alte Projekte die Bücher neu aufgelegt habe. Sie finden eine Gesamtübersicht aller Bücher von mir bei Amazon und hier beim Verlag.
Ich beschränke mich in diesem Abschnitt auf die aktuellen Werke. Für die in Europa entwickelten Trägerraketen gibt es von mir zwei Werke:
Europäische Trägerraketen 1 behandelt die Vergangenheit (also bei Drucklegung): Das sind die nationalen Raketen Diamant, OTRAG und Black Arrow und die europäischen Träger Ariane 1 bis 4 und Europarakete.
Europäische Trägerraketen 2 behandelt die zur Drucklegung 2015 aktuellen Träger: Ariane 5, Vega und die damaligen Pläne für Vega C und Ariane 6.
Wer sich nur für einen der in den beiden besprochenen Träger interessiert, findet auch jeweils eine Monografie, die inhaltlich identisch mit dem Kapitel in den Sammelbänden ist, nur eben als Auskopplung.
Weiter gehend, alle Raketen die es weltweit gibt, behandelnd, gehen zwei Bände:
und
Internationale Trägerraketen (im Sinne von allen anderen Raketen weltweit)
Auch hier habe ich 2023 begonnen, die Bände aufzusplitten, einfach weil der Umfang für eine Aktualisierung sonst weder handelbar wäre bzw. an die Seitengrenze stößt, die der Verlag setzt. Ich habe auch bei den Einzelbänden nochmals recherchiert und den Umfang erweitert. Bisher sind erschienen:
US Trägerraketen 1 mit den frühen, kleinen Trägern (Vanguard, Juno, Scout)
US Trägerraketen 2 mit der Titan-Familie
2023 wird noch die erste Auskopplung aus den internationalen Raketen über russische Träger erscheinen. Nach und nach werden alle Raketen dann in einzelnen Monografien geordnet nach Trägerfamilien oder Nationen dann aktualisiert auf den aktuellen Stand, so besprochen.
Für die Saturns gibt es noch einen Sonderband, den ersten in der Reihe über das Apolloprogramm.
Alle bisherigen Bücher sind gerichtet an Leute, die wie ich sich nicht mit oberflächlichen Informationen oder Zusammenfassung der Wikipedia zufriedengeben. Wenn sie sich nicht für Technik interessieren, sondern nette Anekdoten hören wollen, dann sind die bisherigen Bücher nichts für Sie. Für dieses Publikum gibt es das Buch „Fotosafari durch den Raketenwald“ bei dem jeder Träger genau eine Doppelseite mit einem Foto und einer Beschreibung hat. (Also etwa ein Zehntel der Seitenzahl auf den ich ihn bei den beiden obigen Bänden abhandelte). Das Buch ist anders als die anderen Bände in Farbe. Ab und an macht BOD als Print on Demand Dienstleister Mist und verschickt es nur in Schwarz-Weiß, bitte reklamieren sie dann, ich als Autor kann dies nicht beeinflussen.
Als Autor würde ich mich freuen, wenn sie direkt beim Verlag bestellen, da ich da eine etwas größere Marge erhalte. Dank Buchpreisbindung und kostenlosem Versand ist das genauso teuer wie bei Amazon, Libri und iTunes oder im Buchhandel. Über eine ehrliche Kritik würde ich mich freuen.
Alle Bücher sind auch als E-Book erschienen, üblicherweise zu 2/3 des Preises der Printausgabe – ich würde sie gerne billiger anbieten, doch da der Gesetzgeber E-Books mit 19 Prozent Mehrwertsteuer besteuert, Bücher aber mit nur 7 Prozent, geht das leider nicht. Ein Vorteil der E-Books - neben dem einfacher recherchierbaren Text ist, das alle Abbildungen, die im Originalmanuskript in Farbe, sind auch in Farbe sind, während ich sonst - um Druckkosten zu sparen - meist auf Farbe verzichte. Sie brauchen einen pdf-fähigen Reader um die Bücher zu lesen. Sofern der Verlag nicht weiter für bestimmte Geräte (Kindle) konvertiert ist das Standardformat der E-Books ein DRM-geschütztes PDF.
Mehr über meine Bücher finden sie auf der Website Raumfahrtbuecher.de und eine Liste aller Veröffentlichungen findet sich auch bei meinem Wikipediaeintrag.
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