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Immer wieder gibt es in den Medien Meldungen über bestimmte Nahrungsmittel, die wundersames können. Man isst sie zusätzlich zu der normalen Ernährung, nimmt aber dadurch auf geheimnisvolle Weise ab. Erreicht soll dies durch natürliche "Fat-Burner" werden, Lebensmittel welche die Fettverbrennung ankurbeln können. Ananas, Kiwis und Papayas sollen solche Lebensmittel sein. Doch kann das funktionieren? Zuerst mal eine kleine Einführung, wie der Körper Energie gewinnt, wenn er gerade mal keine Nahrung verdaut.
Fett ist die einzige Möglichkeit, die unser Körper hat, Energie zu speichern. Nur Fett kann er in größeren Mengen im Fettgewebe einlagern. Dazu gibt es dort Zellen, die Adipositen, die nicht nur 90% des Zellinneren durch Fett ersetzen können, sondern sich auch vergrößern können. Als Folge ist die Menge an Fett, die man als Speicher anlegen kann, enorm hoch. Man kennt einige Fälle, bei denen bei den Personen das Körpergewicht 300 kg überstieg, also ein Vielfaches des normalen Gewichtes betrug. (Allerdings liegt bei einem solch hohen Gewicht dann oft eine krankhafte Störung des Hormonhaushaltes vor).
Natürlich ist, dass jeden Tag der Körper Fett abbaut und einlagert. Zum einen haben die Fettzellen eine begrenzte Lebensdauer, es werden also laufend Fettzellen abgebaut und durch Teilung neue gebildet. Zum anderen sind die Möglichkeiten unseres Körpers mit den anderen Nährstoffen Vorräte anzulegen begrenzt. Eiweiß ist vorwiegend Baustoff, zu viel aufgenommenes Eiweiß wird verbrannt, sobald der Eiweißpool, eine kleine Menge an freien Aminosäuren die für Bauzwecke zur Verfügung stehen, gefüllt werden.
Etwas besser ist die Situation bei Kohlenhydraten. Kohlenhydrate machen in unserer Ernährung den Großteil der Menge, wie auch des Energiegehalts aus. Auch die Zellen verarbeiten am liebsten Kohlenhydrate, die meisten Organe können sich aber auch auf andere energieliefernde Nahrungsbestandteile umstellen. Damit vor allem das Hirn (das sich nicht umstellen kann) genügend Energie hat, bildet die Leber laufend Glucose. Dazu hat sie einen kleinen Vorrat an Kohlenhydraten. Zwischen den Mahlzeiten baut es von diesem Vorrat aus Glykogen Teile ab und bildet Glucose. Nach den Mahlzeiten wird durch die aufgenommenen Kohlenhydraten wieder Glykogen aufgebaut. Isst man gar nichts, so reicht dieser Vorrat aber nicht einmal einen Tag.
Daneben wird immer Fett abgebaut und zur Energiegewinnung genutzt, sowohl bei der Verdauung aufgenommenes Fett wie auch aus dem Körperfett abgebautes. Zwischen den Mahlzeiten dominiert der Fettabbau, direkt danach der Fettaufbau.
Das suggerieren ja die Empfehlungen mit "Fat-Burnern". Die Message ist, dass man diese Lebensmittel zusätzlich ist und dadurch abnimmt, obwohl man ja rein logisch gesehen zusätzliche Kalorien aufnimmt.
Was alle Fat-Burner gemeinsam haben, ist das sie Enzyme enthalten. Ananas die Bromelaine, zwei proteinspaltende Enzyme. Papayas das Papain, Kiwis das Actindain, die ähnlich wirken. Diese Enzyme spalten Eiweiß, machen es damit leichter verdaulich. Diese Wirkung hat man sich schon zunutze gemacht, indem man die Pflanzensäfte reinigte und den Trockenextrakt als Fleischzartmacher in den Handel brachte. Damit kann man Steaks zarter machen, aber auch zähes Fleisch als nicht so zäh verkaufen. Heute werden ähnliche Enzyme in der Industrie genutzt um die Oberfläche von Fleischstücken anzulösen und so die nun klebrigen Fleischstücke zu einem größeren festen Stück zu verbinden ("Formfleisch").
Das Ganze hat nur zwei Haken: Erstens sind die Enzyme auf das Spalten von Protein spezialisiert und nicht den Abbau von Fett und zum Zweiten werden alle Enzyme (und die meisten Lebensmittel enthalten Enzyme) bei der Verdauung zerstört. Im Magen bewirkt die Magensäure eine Denaturierung, eine Strukturveränderung, die zum Funktionsverlust führt und im Dünndarm zerschneiden dann körpereigene Enzyme das Enzym in Bruchstücke, wie sie es mit dem Rest der Nahrung auch tun. Kurzum: Die Enzyme kommen nicht im Körper an sondern nur die Aminsäuren aus denen sie bestehen.
Ein zweiter Stoff, der angeblich die Fettverbrennung forcieren soll, ist L-Carnitin, eine Verbindung aus zwei Aminosäuren. L-Carnitin hat im Körper eine wichtige Funktion. Es schleust Fettsäuren in die Mitochondrien, wo die eigentliche Verbrennung stattfindet. Daraus wurde dann die Bedeutung als Fettverbrenner postuliert und auch, dass man so durch Carnitin Muskeln aufbauen kann, also aus Fett Muskeln macht - wäre das nicht toll? Leider ist dem nicht so. Zum einen kann der Körper bei einem Mangel L-Carnitin selbst bilden, auch wenn er es normalerweise durch die Nahrung aufnimmt. (L-Carnitin steckt in Fleisch und Käse). Zu viel L-Carnitin verbrennt er wie jedes andere Eiweiß. Zum Zweiten zeigten Studien keinerlei Wirkung als Fettverbrenner, wenn man L-Carnitin zuführt und auch Untersuchungen bei Leistungssportlern zeigten keinerlei erhöhtes Muskelwachstum wenn diese L-Carnitin zusätzlich zuführten. Das verwundert nicht, denn Muskeln werden gebildet, weil durch Beanspruchung (Krafttraining) die bisher vorhandenen Muskeln nicht ausreichen, der Körper also "nachrüstet", aber nicht einfach so aus Lust und Laune heraus. Die einzige Wirkung, die wahrscheinlich gegeben ist, ist dass wenn man Sport betrieben hat L-Carnitin die Erholungsphase verkürzt. Kurz: Man hat Energie verbraucht und ist der Stoffwechsel angekurbelt, um die kurzzeitigen Energievorräte aufzufüllen. L-Carnitin kann das nun durch Fettabbau zirkulierende Fett nutzen, um diese Vorräte schneller aufzufüllen. Aber man verbraucht nicht mehr Fett.
Das war es also mit den Wunderlebensmitteln. Die einzige Wirkung, die sie haben, ist die, dass man zunimmt, denn man hat zusätzliche Energie aufgenommen.
Diese Frage ist etwas anders gelagert, aber geht in dieselbe Richtung, nämlich etwas zu essen und trotzdem abzunehmen. Nun es gibt eine Reihe von Diätkonzepten, die dies versprechen. Die bekanntesten sind die Atkins und Ducan-Diät. Sie beruhen darauf, dass zum einen der Körper Eiweiß nicht sehr gut ausnutzt und von der enthaltenen Energie viel verloren geht, letztendlich als Wärme (daher wird einem auch nach einer reichlichen Mahlzeit vor allem im Bauch warm - schon unter normalen Umständen verbraucht das Verdauungssystem 10% der Energie in der Nahrung für sich selbst. Zum Zweiten bauen diese Diäten auf den höheren Sättigungswert der erlaubten Lebensmittel (man wird schneller satt) und durch die starke Einschränkung der erlaubten Lebensmittel isst man auch weniger, weil das was man gerne essen würde nicht erlaubt ist (die Diäten haben daher auch eine hohe Abbrecherquote).
Es gibt aber tatsächlich eine Ernährung bei der man essen darf, soviel man will, und trotzdem abnimmt!
Auf diese Erkenntnis kamen Anthropologen, die eigentlich etwas anderes untersuchten. Die Fragestellung war, inwieweit wir uns von unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen in der Ernährung entfernt haben. Diese essen, wie wir heute wissen, nicht nur Früchte und Wildgemüse, sie erweitern ihren Speiseplan auch durch Insekten und jagen sogar Affen, nehmen dadurch mehr Protein zu sich. Eine Reihe von Probanden bekam die Kost, die Schimpansen im Zoo erhalten, vor allem Früchte und Gemüse. Alles natürlich roh und unzerkleinert. Durch Blut- und Urinuntersuchungen sollte festgestellt werden, wie unser Körper mit dieser Diät zurechtkommt. Soweit zumindest die Theorie.
In der Praxis musste man das Experiment nach nicht einmal einer Woche abbrechen. Alle Studienteilnehmer bekamen ernsthafte Verdauungsprobleme - die einen Durchfall, die anderen chronische Verstopfung. Dies ist nun kein Wunder, denn unser Verdauungssystem kommt mit einem plötzlichen Wechsel der Ernährungsweise (in dem Sinne, dass man die Zusammensetzung oder Menge stark verändert) nicht zurecht und beschwert sich so. Schon lange ist die Standardbehandlung bei Personen, die lange hungern mussten, dass diese zuerst wenig Essen und leicht verdauliches Essen bekommen. Auch hier hat sich das Verdauungssystem an den Zustand „kaum Essen“ angepasst und würde mit der normalen Kost nicht zurechtkommen. Es kann sich aber, wenn man langsam umstellt, an jede Nahrung anpassen.
Zur Einstellung führte aber ein anderer Tatbestand und dieser war schon nach wenigen Tagen offensichtlich: Keiner der Probanden konnte auch nur annähernd seine ihm zugedachte Portion essen. Das scheiterte schon an dem nicht auf das Zerbeisen von viel grober Nahrung ausgelegten Kauapparat, setzte sich in dem Magenvolumen fort und die Darmprobleme zeigten, dass auch dieser überfordert war. Das verwundert nicht Gemüse hat einen Energiegehalt von meist unter 100 k/100 g. Obst ist energiereicher und liegt meistens zwischen 100 und 300 kJ/100 g. Es gibt in beiden Lebensmittelarten auch hochkalorische Ausnahmen wie Hülsenfrüchte, Nüsse, doch sie sind auch selten und tauchen in dem Speiseplan der Schimpansen kaum auf.
Nimmt man einen mittleren Energiegehalt von 150 kj pro 100 g für die Mischung aus Gemüse und Obst an, so müsste eine Frau, die sich wenig bewegt 5,6 kg Nahrung pro Tag essen, ein Mann sogar 7 kg. Man muss nur mal diesen Berg an Möhren, Lauch, Salat, Blumenkohl, Orangen, Äpfeln und Bananen vor sich platzieren und es wird jedem klar werden: Das schafft man nicht. Bei Gemüse mit den harten Zellstrukturen kommt man mit dem Essen schon nicht hinterher und selbst bei Obst ist bald der Magen voll, auch wenn man es vielleicht schaffen würde, 56 Orangen innerhalb eines Tages zu essen.
Dieses Ergebnis zeigt, das wir uns durch die Nutzung des Feuers (belegt durch Funde über einen Zeitraum von 500.000 Jahren) an vorwiegend gekochte Nahrung gewöhnt haben, aber auch seit mindestens ebenso langer Zeit Fleisch verzehren, das erheblich energiereicher ist.
Wer also mal abnehmen will, ohne Kalorien zu zählen, kann es mal mit einem eingeschobenen Obsttag versuchen.
Artikel verfasst am 1.3.2015
Zum Thema Ernährung, Lebensmittel und Lebensmittelchemie/recht sind bisher vier Bücher von mir erschienen:
Das Buch „Was ist drin?“ wendet sich an diejenigen, die unabhängige Informationen über Zusatzstoffe und Lebensmittelkennzeichnung suchen. Das Buch zerfällt in vier Teilen. Es beginnt mit einer kompakten Einführung in die Grundlagen der Ernährung. Der zweite Teil hat zum Inhalt eine kurze Einführung in die Lebensmittelkennzeichnung - wie liest man ein Zutatenverzeichnis. Welche Informationen enthält es? Ergänzt wird dies durch einige weitere Regelungen für weitergehende Angaben (EU Auslobung von geografischen Angaben, Bio/Ökosiegel etc.).
Der größte der vier Teile entfällt auf eine Beschreibung der technologischen Wirkung, des Einsatzzweckes und der Vorteile - wie auch bekannter Risiken - von Zusatzstoffen. Der letzte Teil zeigt beispielhaft an 13 Lebensmitteln, wie man ein Zutatenverzeichnis sowie andere Angaben liest, was man schon vor dem Kauf für Informationen aus diesem ableiten kann, die einem helfen, Fehlkäufe zu vermeiden und welche Tricks Hersteller einsetzen, um Zusatzstoffe zu verschleiern oder ein Produkt besser aussehen zu lassen, als es ist. 2012 erschien eine Neuauflage, erweitert um 40 Seiten. Sie trägt zum einen den geänderten Gesetzen Rechnung (neue Zusatzstoffe wurden aufgenommen, Regelungen über Lightprodukte beschrieben) und zum anderen ein Stichwortregister enthält, das sich viele Leser zum schnelleren Nachschlagen gewünscht haben.
Wie sich zeigte, haben die meisten Leser das Buch wegen des zentralen Teils, der die Zusatzstoffe beinhaltet, gekauft. Ich bekam auch die Rückmeldung, dass hier eine Referenztabelle sehr nützlich wäre. Ich habe daher 2012 diesen Teil und den Bereich über Lebensmittelrecht nochmals durchgesehen, um die neu zugelassenen Zusatzstoffe ergänzt und auch um neue Regelungen, wie bei der Werbung mit nährwertbezogenen Angaben. Ergänzt um eine Referenztabelle gibt es nun die zwei mittleren Teile als eigenes Buch unter dem Titel "Zusatzstoffe und E-Nummern" zu kaufen.
Nachdem ich selbst über 30 kg abgenommen habe, aber auch feststellen musste wie wenig viele Leute von Ernährung oder der Nahrung wissen, habe ich mich daran gemacht einen Diätratgeber "der anderen Art" zu schreiben. Er enthält nicht ein Patentrezept (wenn auch viele nützliche Tipps), sondern verfolgt den Ansatz, dass jemand mit einer Diät erfolgreicher ist, der genauer über die Grundlagen der Ernährung, was beim Abnehmen passiert und wo Gefahren lauern, Bescheid weiß. Daher habe ich auch das Buch bewusst "Das ist kein Diätratgeber: ... aber eine Hilfe fürs Abnehmen" genannt. Es ist mehr ein Buch über die Grundlagen der Ernährung, wie eine gesunde Ernährung aussieht und wie man dieses Wissen konkret bei einer Diät umsetzt. Es ist daher auch Personen interessant die sich nur über gesunde Ernährung informieren wollen und nach Tipps suchen ihr Gewicht zu halten.
Das Buch "Was Sie schon immer über Lebensmittel und Ernährung wissen wollten" wendet sich an alle, die zum einen die eine oder andere Frage zu Lebensmitteln und Ernährung haben, wie auch die sich für die Thematik interessieren und auf der Suche nach weitergehenden Informationen sind. Während andere Autoren zwar auch populäre Fragen aufgreifen und diese oft in einigen Sätzen beantworten und zur nächsten Frage wechseln, habe ich mich auf 220 Fragen beschränkt, die ich mehr als Aufhänger für ein Thema sehe, so hat das Buch auch 392 Seiten Umfang. Jede Frage nimmt also 1-2 Seiten ein. Sie sind nach ähnlichen Fragestellungen/Lebensmitteln gruppiert und diese wieder in vier Sektionen: zwei Großen über Lebensmittel und Ernährung und zwei kleinen für Zusatzstoffe und Lebensmittelrecht/Werbung. Man kann das buch daher von vorne bis hinten durchlesen und so seinen Horizont erweitern, aber auch schnell mal nach einer Antwort suchen. Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen, vor allem weil der Stil nicht reißerisch ist und ein Dogma verbreiten will, sondern aufklärend ist.
Sie erhalten alle meine Bücher über den Buchhandel (allerdings nur auf Bestellung), aber auch auf Buchshops wie Amazon, Libri, Buecher.de und ITunes. Sie können die Bücher aber auch direkt bei BOD bestellen.
Mehr über diese Bücher und weitere des Autors zum Themenkreis Raumfahrt, finden sie auf der Website Raumfahrtbucher.de.
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