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Mariner 8+9

Einleitung

Das Startfenster von 1971 zum Mars war das beste im ganzen Marinerprogramm. Der Mars hat im erdnächsten Punkt eine Entfernung von 55.5-100 Millionen km, je nach Position und 1971 sollte er sich bis auf 55.8 Millionen km nähern. Erst 2003 würde es ein bessres geben. Eine solche Position wiederholt sich nur alle 13-17 Jahre. Dies würde es erlauben bis zu 1031 kg schwere Raumsonden mit der Atlas-Centaur zu starten. Dies reichte um genügend Treibstoff mitzuführen um eine Raumsonden einen Orbit einzubremsen. Mariner 8+9 sollten mindestens 90 Tage im Orbit verblieben und in einer elliptischen Umlaufbahn von 32.8 h Dauer die nördliche bzw. südliche Hemisphäre im aufnehmen.

Die Raumsonden

Mariner 8+9Beide Sonden wurden aus den 1969 gestarteten Sonden Mariner 6+7 weiterentwickelt. Bei Mariner 8+9 war die NASA schon auf dem Sparkurs: Innerhalb von fünf Jahren sank das Budget von 1968 bis 1973 um ein Drittel. Mariner 8+9 sind im Prinzip Mariner 6+7 Sonden mit einem Triebwerk zum Einbremsen in den Orbit und neuen Instrumenten. Zentraler Elektronikteil, Sender / Empfänger und Solarpanels sind identisch zu den früheren Mariner Sonden.

Struktur, Stromversorgung

Die Sonde bestand wie bei Mariner 6+7 aus einem oktogonalen Grundgerüst aus einer leichtgewichtigen Magnesiumlegierung mit einer Diagonale von 138 cm und einer Höhe von 45.7 cm. Die Masse betrug lediglich 18 kg.

Die Temperaturregelung geschah durch polierte Seiten und sechs Louver. (Jalousien) an den Außenseiten des Oktaeders. Sie wurden durch Bimetallstreifen gedreht wenn die Temperatur im Inneren zu hoch war. Zusätzlich überzog ein Nylonnetz den oberen Teil der Sonde und darunter befanden sich mehrere Schichten aus Mylarfolie. Bei zu tiefen Temperaturen sprang eine elektrische Heizung an.

Mit den 4 Solarpanel von je 90 × 213 cm Größe hatte die Sonde eine Spannweite von 6.89 m und eine Gesamthöhe von 2.28 m. Die Solarpanel waren belegt mit 17.472 Solarzellen von 2 x 2 cm Größe. Diese machten 6.98 von 7.72 m² Fläche des Panels aus. Der Solargenerator lieferte beim Start 800 Watt, in Marsnähe je nach Entfernung noch 450- 500 Watt Strom. Man rechnete mit einem maximalen Stromverbrauch von 400 Watt im Marsorbit.

Die wieder aufladbare Nickelcadmium Batterien hatten eine Kapazität von 20 Ah (600 Wh bei 30V). Die Eingangsspannung wurde zwischen 26 und 36 V geregelt.

Aus dieser Spannung wurden drei Netzspannungen generiert: 56 V (± 1%) für Gleichstrom, 2.4 KHz (± 0.01 %) Wechselstrom für den Sequencer als Taktrate und 400 Hz Wechselstrom für die Motorantriebe. Die gesamte Stromversorgung wog 72.6 kg. Folgende Verbraucher gab es:

System Stromverbrauch
TV Kameras 33 W
Andere Experimente 41-45 W
Datenaufbereitung 23 W
Datenspeicherung 13-22 W
Kommandoempfänger 3-3.5 W
Bordrechner 22.5 W
Lageregelung 11-65 W
Instrumentplattformsteuerung 32.5 W
Triebwerkssystem 30-35 W
Telemetriesystem 15.5 W
Sender 54-90 W

Lageregelung, Kurskorrekturen

Die Lageregelung geschah mit drei Kreiseln als Referenz und einem System von je 6 redundanten Düsen (6 Düsenpaare), die Stickstoff Kaltgas in zwei Titantanks unter 176 Bar Druck nutzten. Die Lage wurde durch Sonnensensoren und Kanopussternsensoren ermittelt. Die Sonnen und Sternsensoren waren Photodioden. Zusätzlich gab es ein Beschleunigungsmesser, welches Bewegungen bestimmte. Wie bei den anderen Mariner Sonden waren Lageregelung und Kurskorrektur getrennte Systeme.

Auf dem zentralen Elektronikring befand sich der Treibstofftank mit den Treibstoffen Monomethylhydrazin und Stickstofftetroxid. Das Gewichtsverhältnis beider Treibstoffe zueinander betrug 1 zu  1.57. Dies erlaubte es die beiden Tanks gleich zu fertigen, da die Füllmenge identisch ist. Jeder der beiden Kugeltanks hatte einen Durchmesser von 76 cm. Die Füllmenge betrug maximal 477 kg. Die Tanks waren mit Glasfasermatten und mehreren Lagen Kapton Gewebe umgeben um sie vor Mikrometeoriten zu schützen. Der Tankdruck wurde reguliert und betrug maximal 17,41 bar. Vor dem Einbremsen in den Orbit lag er bei 12,0 bar im MMH und 14,39 Bar im NTO-Tank. Als Druckgas diente Helium in einer eigenen Druckgasflasche.

Das Triebwerk von Rocketdyne hatte einen Schub von 1335 Newton (exakt 300 amerikanische Pfund). Die 439 kg Treibstoff reichten aus, um eine Geschwindigkeitsänderung von 1600 m/s durchzuführen. Alleine 1450 m/s betrug die Geschwindigkeitsänderung beim Einbremsen in den ersten Orbit. Das Triebwerk war um 9 Grad schwenkbar. Ein elektrisches Stellsystem drehte es dazu in seiner kardanischen Aufhängung.

Das Triebwerk bestand aus einem Einspritzkopf aus Aluminium, einer Brennkammer aus Beryllium mit Filmkühlung und einer Düse aus einer hochtemperaturfesten Kobalt Legierung welche die Hitze durch Strahlungskühlung abstrahlte. Gefördert wurde der Treibstoff Helium aus einer Druckgasflasche mit >250 Bar Anfangsdruck. Der Brennkammerdruck betrug mindestens 8 Bar, der Treibstofffluss 0.48 kg/s (spezifischer Impuls 2781 m/s). Der relativ hohe Schub (heute setzen die Marsorbiter obwohl erheblich schwerer nur Triebwerke mit 400 bis 500 N Schub ein) machte eine aktive Kühlung der Brennkammer nötig. Sie bestand aus formgepressten Beryllium das mit Nickel überzogen wurde. Durch die Nickelröhren zirkulierte der Treibstoff zur aktiven Kühlung. Die Düse aus einer Nickellegierung war ungekühlt. Dadurch konnte das Triebwerk sehr lange arbeiten ohne zu überhitzen musste aber damit der Treibstoff nicht erstarrte vor der Zündung auf 338 K (65 Grad) erhitzt.

Es konnte mindestens fünfmal wiedergezündet werden. Gefertigt wurde das Triebwerksystem von Marin Marietta. Die Sonde hatte mit 439 kg Treibstoff eine Gesamtmasse von 998 kg, nahe am Limit, was eine Centaur zum Mars befördern konnte. Dies ging, weil 1971 energetisch ein sehr günstiges Startjahr war.

System Parameter
Schub: 1334 N
Expansionsverhältnis: 40:1
Treibstoffe MMH und NTO
Verhältnis: 1,57 Teile NTO auf 1 Teil MMH
Tankdruck: 17,41 bar (1.741.000 Pa)
Brennkammerdruck: 8,06 bar
Druckgas: Helium von 276 bar Anfangsdruck
Nominelle Brenndauer für Einschwenken: 15 Minuten
Spezifischer Impuls: 2775 m/s
Maximale Treibstoffkapazität: 462,5 kg
Nutzbare Treibstoffkapazität: 440 kg
Druckgastank und Untersysteme 32,6 kg
Treibstofftanks mit Isolation 40,6 kg
Triebwerk 7,8 kg
Schubgerüst und Tankgerüst 14,8 kg
Kleinteile, Leitungen 14,1 kg
Gesamtgewicht trocken 110 kg
Gesamtgewicht mit Treibstoffen: 540 kg

Kommunikation

Die 1.02 m große High Gain Antenne (HGA) war beweglich angebracht. Sie konnte so auf die Erde ausgerichtet werden, ohne die Raumsonde zu drehen. Dazu gab es noch eine Niedriggewinnantenne in Rohrform (0.1 x 1.44 m langer Mast) neben dem Triebwerk und eine Mittelgewinnantenne an der Unterseite ebenfalls in Rohrform (10 cm Durchmesser und 30 cm Länge). Die Kommunikation erfolgte bis auf kurze Zeit nach dem Start durch eine parabolische Hochgewinnantenne und die Mittelgewinnantenne. Von letzterer wurde 20 Jahre später ein Reserveexemplar mit der Magellan Raumsonde gestartet. Eine Niedriggewinnantenne war für Notfälle gedacht. Die 64 m große Empfangsantenne in Goldstone (DSS14) konnte maximal 16.2 KBit/sec empfangen. Diese Datenrate resultierte bei minimaler Entfernung des Mars. Die anderen Stationen nur 2.025 KBit/sec. Bei steigender Entfernung sank die Datenrate in Zweierpotenzen bis auf 1012 Bit/sec bei der DSS14 Antenne. Telemetrie (90 Kanäle  der Sonde) wurde mit 8.33 und 33.33 Bit/sec gesendet.

Die beiden redundanten Sender hatten zwei wählbare Sendeleistungen von 10 beziehungsweise 20 Watt. Die entsprach einer Eingangsleistung von 54 bzw. 90 Watt. Sendefrequenzen waren 2295 ± 5 MHz. Empfangen wurden Kommandos von der Erde bei 2113 ± 5 MHz.

Mariner 8+9 SystemeElektronik und Datenspeicherung

Die Mariner 8+9 Sonden hatte einen verbesserten Sequenzer vom Typ DC 86, der während der Mission umprogrammiert werden konnte. Er wog 11.7 kg und hatte einen Speicher von 512 Kommandoworten. Er verstand 86 Befehle zum Steuern der Sonde und neun Befehle zur Programmsteuerung. Eine Neuprogrammierung dauerte bis zu 8 Stunden. Die Datenrate zur Sonde betrug nur 0.5 Bit/sec.

Der Speicher mit einer Größe von 512 Worten bestand aus Ringkernspeichern zu je 22 Bit. Es gab 3 Typen von Worten die gespeichert wurden:

Von den 86 möglichen Kommandos wurden 82 verwendet. Davon entfielen 16 auf den Bordcomputer, der Rest diente zum Steuerung der Subsysteme der Raumsonde.

Die 16 Kommandos des Sequenzer bestanden aus Dekrementierungs- (Von Stunden, Minuten, Sekunden, Variablen) und Inkrementierungsanweisungen (Zähler, Sprünge), Zähler und Sprüngen sowie den Befehlen ADD und SUB. Diese wurden aber selten eingesetzt, da sie 27 ms zur Ausführung benötigten. Die Taktfrequenz des Sequenzer betrug 2.4 kHz. Dies erlaubte es etwa 100 Kommandos pro Sekunde auszuführen. Damit waren die Sequenzer programmierbar - auch wenn sie keine Computer waren.

Der Sequenzer hatte mit 512 Wörtern die vierfache Kapazität des Mariner 6 Pendants, er arbeitete aber mit derselben Technologie und denselben Befehlen. Man hatte lediglich den bisher nur zu einem Viertel ausgenutzten Adressspeicher auf 512 Worte erhöht. Als Backup gab es noch einen Sequenzer mit festen Abläufen, der nicht frei programmierbar war.

Der Sequenzer empfing in 11 Monaten 46000 Kommandos. Mehr als das 50 fache seiner beiden Vorgänger Missionen. Der Sequencer verbrauchte 22.5 W an Strom.

Das 11 kg schwere Magnetbandlaufwerk hatte eine Kapazität von 180 MBit bei einer Länge von 168 m. Es speicherte die Daten nun digital und verfügte über 8 Spuren. Die Datenrate betrug beim Schreiben 132 KBit/sec. Zur Erde konnten Daten mit 16, 8,4, 2 und 1 KBit/sec übertragen werden. Es konnte maximal 36 Bilder der TV Kamera zwischenspeichern. Es war für insgesamt mindestens 2000 Umspulvorgänge qualifiziert. Bei zwei Übertragungen pro Tag entspräche dies drei Jahren im Orbit.

Das Magnetbandlaufwerk diente nur dem Speichern von Messdaten. Programme des Sequencers konnten nur in seinem Ringkernspeicher abgelegt werden.

Gesamtübersicht

Die folgende Tabelle informiert über die Massen der einzelnen Subsysteme der Sonden

System Gewicht
Struktur + Mechanik 155.1 kg
Elektrik 60.8 kg
Stromversorgung + Batterien 72.6 kg
Sequenzer 10.4 kg
Lagekontrolle 39.4 kg
Pyrotechnik und Kabel 49.4 kg
Treibstoff (Lageregelung) 98.0 kg
Treibstoff (Antrieb) 439.1 kg
Wissenschaftliche Nutzlast 63.1 kg
Temperaturkontrolle 10.0 kg
Summe 997.9 kg

Die Instrumente

Die wissenschaftliche Nutzlast bestand aus zwei Fernsehkameras. Dazu kamen wie bei Mariner 6+7 ein Infrarotradiometer und Spektrometer (übernommen vom NIMBUS Wettersatelliten) sowie ein UV Spektrometer, das schon in ähnlicher Form bei Mariner 6+7 eingesetzt wurde. Das Gesamtgewicht der vier Instrumente lag bei 63.7 kg. Man verzichtet auf die Instrumente zur Erforschung des Magnetfeldes und der Strahlung, die bei den frühen Marinersonden so häufig eingesetzt wurden. Die Sonde konnte daher erst im Marsorbit Messungen machen. Es gab keine Instrumente die Parameter des interplanetaren Raumes maßen.

Die Instrumente saßen auf einer Scanplattform (heute sind sie in der Regel fest auf einer Seite montiert die entweder dem Planeten dauerhaft zugewandt ist oder die ganze Raumsonde wird gedreht). Die Scanplattform war in zwei Achsen beweglich und konnte durch einen Motor in einer Achse um 215 Grad und in der anderen um 69 Grad gedreht werden.

Infrarotspektrometer (IRIS)

Das Infrarotspektrometer war eine Modifikation eines Instrumentes übernommen von den NIMBUS B+D Wettersatelliten. Es sollte die Zusammensetzung und die vertikale Schichtung der Marsatmosphäre untersuchen. Es war ein Michelson Interferometer. Es deckte den Spektralbereich von 6 bis 50 Mikrometern ab, wobei die Auflösung 1.2 cm-1 bzw. 2.4 cm-1 je nach Modus betrug.

Ein beweglicher Spiegel selektiert als Quelle für das Instrument den Mars, den Weltraum oder ein Platte mit bekannten spektralen Eigenschaften. Diese diente der Kalibration. Durch einen Eintrittsschlitz mit einem 10 cm² großen IR Filter fällt das Licht dann in das Spektrometer. Ein Strahlenteiler teilt das Licht in zwei Strahlen auf, die durch einen beweglichen Spiegel zur Interferenz gebracht werden. Das Spektrometer arbeitete daher nach dem Interferometerprinzip. Durch Drehen eines Spiegels wird das Spektrum an dem bolometrischen Detektor (Wärmemessgerät) vorbeigefahren. So misst man an 4096 Positionen die Infrarotintensität. Das Anfertigen eines Spektrums dauerte 18.2 Sekunden.

Es gab einen Zyklus, in dem zuerst die 298 K warme Platte spektroskopiert wurde (Eichung), dann folgten 7 Spektren des Mars und zum Schluss ein Spektrum des 3 K kalten Weltraums. Das Gesichtsfeld betrug 4.5 x 4.5 Grad, dies entsprach 116 km aus 1600 km Entfernung. Verbesserungen gegenüber dem Instrument bei dem NIMBUS Wettersatelliten war eine wesentlich bessere spektrale Auflösung. Es wog 23 kg und hatte einen Stromverbrauch von 24-28 Watt.

Infrarotradiometer

Das Radiometer hatte die Aufgaben die Oberflächentemperaturen des Mars zu messen und so eine Temperaturkarte zu erstellen. Das Instrument maß die Temperatur in zwei Kanälen. Kanal 1 erfasste die Strahlung von 8 bis 12 Mikrometern Wellenlänge und Kanal 2 die von 18 bis 25 Mikrometern Wellenlänge. Beide Kanäle waren Teleskope mit infrarotdurchlässigen Linsen gekoppelt. Die Öffnung betrug 20 cm² und hatte ein Gesichtsfeld von 30 Grad. Auf halbem Weg zu den Detektoren konnte ein drehbarer Spiegel auf eine Platte aus Aluminium und einen 20 × 20 Grad Ausschnitt des Weltraums gerichtet werden. Die Aluminiumplatte diente zur Kalibrierung. Das Gesichtsfeld bei Kanal 1 lag bei 0.53 × 0.53 Grad, das von Kanal 2 bei 0.7 × 0.7 Grad. Detektoren waren in beiden Fällen Bismut-Antimon Thermoelemente von 0.25 × 0.25 beziehungsweise 0.4 × 0.4 cm Größe.

Durch die Scanplattform wurde das Radiometer nach einem festen Programm geschwenkt : Planet (19.2 Sekunden), Weltraum (2.4 Sekunden), Planet (18.0), Kalibration (2.4 Sekunden). Zwischen jedem gab Ziel gab es eine 0.25 Sekunden Pause, so dass ein Zyklus genau 42 Sekunden dauerte. Die Sensoren wurden alle 1.2 Sekunden abgefragt. Die eigentliche Messung von zwei Kanalwerten dauerte nur 200 ms. So wurden während eines 42 Sekunden Zyklus 31 Messungen des Planeten und je 2 vom Weltraum und der Kalibration gewonnen.

Der optimale Arbeitsbereich des Instruments lag bei 150 - 325 K, also -121 bis +54 Grad Celsius. Der Messfehler lag bei 0.6 K bei 140 K und 0.12 K bei 325 K. Das Instrument war mit der TV Kamera zusammen montiert, so dass beide auf denselben Punkt auf den Planeten schauten. Die Auflösung beim marsnächsten Punkt betrug 20 × 20 km (Kanal 1) bzw. 25 × 25 km (Kanal 2). Das Instrument war eine Modifikation des bei Mariner 6+7 verwendeten Gerätes. Es erfasste die Atmosphäre bis in 60 km Höhe.

Das Infrarotradiometer wog 4,7 kg und hatte einen Stromverbrauch von 24-28 Watt.

Radio Science

Passiert die Raumsonde von der Erde aus den Mars, so durchleuchtete der S-Band Sender zuerst die Ionosphäre und dann Atmosphäre. Man bestimmte so Anzahl der geladenen Teilchen in der Ionosphäre und den Brechungsindex der Atmosphäre im S-Band wenn die Sonde von der erde aus hinter dem Planeten verschwand (Bedeckungsexperiment) . Weiterhin können Gravitationsanomalien, wie der Vulkanschild um die Tharis Vulkane die Bahn der Sonde verändern. Diese Änderungen werden gemessen und erlauben es eine Gravitationskarte vom Mars zu erstellen. Der S-Band Sender sandte bei 2.295 MHz.

TV Kamera

Geisterbild Mariner 9Die Sonde verwandte dieselbe Optik wie Mariner 6+7, jedoch neue Detektoren. Die Kameras hatten ein Gesichtsfeld von 10.50 × 13.56 und 1.092 × 1.413 Grad bei Brennweiten von 50.8 und 508 mm. Kamera A war eine Weitwinkelkamera, deren Mechanik noch auf Mariner 4 zurückging, aber eine Weitwinkellinse anstatt einem Teleskop einsetzte. Kamera B benutzte ein kleines Schmidt-Teleskop als Optik.

Der Detektor war eine Vidicon Röhre von 9.60 x 12.35 mm Größe. Anders als bei Mariner 6+7 wurde diese aber nicht analog abgetastet sondern der Helligkeitswert gleich digitalisiert und digital gespeichert. Dies verbesserte die Bildschärfe deutlich. Die Bilder bestanden aus 700 Zeilen mit je 832 Punkten mit 9 Bits für die Helligkeit. Der Informationsgehalt eines Bildes betrug somit 5.241.600 Bits. Die Ausleserate war mit der Speicherrate auf das Band synchronisiert. Das Speichern mit maximaler Geschwindigkeit erfolgte in 42 Sekunden, die Übertragung zur Erde dauerte 324 Sekunden.

Es gab 8 Filter : Rot, Grün, (Minus-)Blau, Violett, drei Polarisationsfilter (0,60 und 90 Grad) und einen Klaren Filter. Farbaufnahmen gab es aber nur während des Staubsturms am Anfang der Mission, da durch den Ausfall von Mariner 8 ihre Schwestersonde deren Mission mit erfüllen musste.

Die Vidiconröhre hatte allerdings ein Problem, das auch die Mariner 6+7 Kameras hatten: Das alte Bild wurde mit 5-10 maligem Beschreiben mit dem Elektronenstrahl gelöscht, aber nicht vollständig. Etwa 5-10 der Helligkeit verblieben und zeigten sich als Geistbilder, auffällig vor allem bei Bildern nahe am Horizont oder dunklen Bildern. Dies beeinträchtigte die Auswertung sehr. (Siehe Bild : Die Vorgängeraufnahme die den Mars als Viertelkugel zeigt, ist noch deutlich rechts unten zu sehen).

Der Vorteil der besseren Vidiconröhre waren wesentlich bessere Aufnahmen: Die Bilder waren rauschärmer, die Kameras empfindlicher und auch die Verschlusszeiten und die Bewegungsunschärfe geringer. Die hohe Abtastung des Helligkeitswerts in 9 Bits (512 Stufen) wurde allerdings bei keiner späteren Planetensonde wiederholt. Die Auflösung beider Kameras im marsnächsten Punkt lag bei 50 m / 500 m pro Bildpunkt, oder wie bei Vidicons üblicher 100 m / 1000 m pro Linienpaar. (Dies war auch deswegen wichtig, weil die Pixel nicht rechteckig waren, sondern 13.7 × 14.8 Mikrometer Größe hatten). Die Weitwinkelkamera sollte den gesamten Mars mit 1 km Genauigkeit kartographisch erfassen. Die Telekamera ausgewählte Gebiete genauer untersuchen.

Die Weitwinkelkamera wog 4 kg, die Telekamera 16 kg. Beide verbrauchten 33 Watt an Strom.

UV Spektrometer

Das UV Spektrometer sollte die obere Atmosphäre untersuchen und dabei nach Spurenmolekülen wie Ozon und molekularen Sauerstoff suchen. Es basierte auf einem für Mariner 6+7 entwickelten Ebert Spektrometer. Da die Mariner 6+7 Ozon in niedriger Konzentration (etwa 1/1000 der irdischen) entdeckt hatten, hatte man das Instrument verbessert , so dass es dreimal sensitiver war.

Das Licht passierte einen Eintrittspalt und wurde durch einen Spiegel auf ein Gitter geworfen, das es in sein Spektrum aufteilte. Durch Rotation des Gitters und Spiegels wurde das Spektrum über die beiden Detektoren gefahren, die so nacheinander ein Spektrum abtasteten.

Es gab zwei Kanäle, jeweils mit einer Photomultiplieröhre bestückt. Kanal 1 detektierte Strahlen von 110 bis 200 nm Wellenlänge mit einer Cäsiumiodid Photokathode. Ein Lithiumfluorid Fenster blockte hier Strahlen unterhalb von 110 nm ab. Kanal 2 maß Licht von 145 bis 352 nm Wellenlänge mit einer Cäsiumtellurid Photokathode. Kanal 1 wurde auch für astronomische Untersuchungen benutzt und Kanal 2 auch für Bestimmungen der Oberflächeneigenschaften im UV. Die spektrale Auflösung betrug 1.5 nm und die Zuordnung einer Wellenlänge war auf 0.5 nm Genauigkeit möglich.

Die Elektronik von Mariner 9 fragte den Kanal 1 alle 5 ms ab und den Kanal 2 alle 2.5 ms. Pro Sekunde gab es so 200 bzw. 400 Spektralwerte. Das Abtasten eines ganzen Spektrums dauerte 3 Sekunden. Jeder Wert umfasste 8 Bits plus einem Vorzeichen Bit. Das Gesichtsfeld betrug beim ersten Kanal 0.19 × 1.9 Grad und beim zweiten Kanal 0.19 × 0.55 Grad. Dies entsprach aus 1600 km Entfernung 5.3 × 9.7 beziehungsweise 5.3 × 53 km. Abgetastet wurde der Horizont bis in 600 km Höhe.

Neben der Beobachtung des Mars machte das Instrument auch Untersuchungen der Marsumgebung im Licht der Lyman Alpha Linie bei 121.6 nm in einem speziellen Modus mit niedriger Datenrate. Das UV Spektrometer hatte ein Gewicht von 16 kg und einen Strombedarf von 15 Watt.

Die Mission

Start von Mariner 9Das Projekt wurde am 23.8.1968 vom JPL als Ersatz für das ambitionierte Voyager Projekt vorgeschlagen und am 14.11.1968 genehmigt. Voyager war ein Projekt einer Marslandesonde mit einem Orbiter, gestartet auf Titan 3C Raketen. Die Ziele von Voyager sollte später Viking umsetzen. (Es hat nichts mit den Voyagersonden zu tun die später zu Jupiter und Saturn flogen). Die Verwendung von schon erprobter Hardware von Mariner Mars 69 erlaubte es das Projekt in einer Zeit zu verwirklichen, in der die NASA schon anfing überall zu sparen. Mariner 8+9 waren die ersten Orbiter der NASA um einen anderen Planeten.

Intern liefen die Sonden unter der Bezeichnung Mariner H+I. Die NASA benutzte auch die Bezeichnung "Mariner Mars 71" für die Sonden, während das JPL bei Mariner 8+9 blieb. Nach dem Fehlstart von Mariner H erwog man zeitweise die nächste Sonde (Mariner I) Mariner 8 zu nennen, kam jedoch von diesem Plan ab.

Die ursprüngliche Mission war so geplant: Mariner 8 sollte in 90 Tagen mindestens 70 % der Mars Oberfläche kartieren. Mariner 9 war für die Kartierung der Gebiete zuständig die Mariner 8 nur aus großer Entfernung erfassen konnte. Weiterhin sollte die Sonde die zeitliche Veränderung der Mars Atmosphäre beobachten und von ausgewählten Regionen Detailaufnahmen machen. Zusammen erwartete man von beiden Sonden 5000 TV Aufnahmen und 25-30 GBit an Daten. Anders als Mariner 6+7 flogen die Sonden auf einer langestreckten Bahn mit 398 Millionen km Länge zum Mars, um die Ankunftsgeschwindigkeit zu minimieren.

Mariner 8 wäre dann in eine Umlaufsbahn mit einer Umlaufszeit von 12 Stunden eingeschwenkt, mit einer Periapse von 1250 km und einer Neigung von 80 Grad zum Äquator und Mariner 9 in eine von 32.8 Stunden Umlaufszeit. (Alternativvorschlag war eine 20.5 h Bahn mit einer Periapse von 850 km). Die Mariner 8 Bahn wurde so gewählt, weil sich dann die Sonde alle zwei Umläufe (1 Erdtag) während des marsfernsten Punktes im Empfangsbereich der damals am besten ausgerüsteten DSN Station Goldstone mit ihrer 64 m Antenne befand. Dann wären die Daten und Bilder der letzten zwei Umläufe übertragen worden. Sie hatte die Aufgabe den Mars global zu kartieren.

Für Mariner 9 war eine 32.8 Stunden Bahn vorgesehen gewesen, weil der Mars eine Tagesdauer von 24 Stunden 37 Minuten hat. Nach 4 Marstagen sind also 98 Stunden 28 Minuten vergangen - genau die gleiche Zeit  braucht die Sonde auf ihrer 32.8 Stunden Bahn für 3 Umläufe. die Sonde kann ein bestimmtes Gebiet der Marsoberfläche also alle 4 Tag erneut fotografieren. Ziel war es 3 ausgewählte Gebiete nach Veränderungen durch Wetterphänomene oder sogar nach solchen zu suchen. Da die Sonde auf ihrer Bahn weniger Treibstoff zum Einbremsen braucht, da diese elliptischer ist steht genügend Treibstoff zur Verfügung um den marsnächsten Punkt auf der Suche nach solchen Plätzen langsam um den Planeten "wandern" zu lassen. Die Gebiete erforderten eine um 50 Grad zum Marsäquator geneigte Umlaufbahn.

Später passte man die Bahnen leicht an, die aufgaben blieben aber so verteilt, im Presskit vor dem Start wurden folgende Bahnen genannt:

Mariner 8: 1.250 x 17.286 km, 80 Grad Bahnneigung, Periode 12 Stunden. Aufgabe: 70% globales Mapping, 5 % der Oberfläche im Detail

Mariner 9: 850 x 27.579 km, 50 Grad Bahnneigung, Periode 20,5 Stunden. Aufgabe: Untersuche von Veränderungen der Atmosphäre und der Oberfläche über die Zeit.

Mars in staub gehülltGeplant waren der Start von Mariner 8 am 8.5.1971 und der von Mariner 9 am 18.5.1971. Die Ankunft war unabhängig vom Startdatum für den 14.11.1971 für Mariner 8 und den 24.11.1971 für Mariner 9 vorgesehen.

Doch es kam anders als geplant. Am 8.5.1971 startete Mariner 8 mit einer Atlas Centaur Trägerrakete. Doch kurz nach der Zündung der Centaur gab es Abweichungen. Die Oberstufe mit der Sonde begann zuerst zu rollen, dann vollführte sie unkontrollierte Bewegungen. Daher wurde 365 Sekunden nach dem Start die Stufe in 148 km Höhe vom Bordcomputer vorzeitig abgeschaltet. Die Sonde stürzte 570 km nördlich Puerto Rico in den Atlantik, 150 km vom Cape Canaveral entfernt. Ursache war eine fehlerhafte Diode im Wert von einigen Cents im Centaur Bordcomputer. Sie sollte die integrierten Schaltkreise schützen und fiel aus. Die integrierte Schaltung war der Pitch-Kanal des Verstärkers der Gyroskopdaten im Autopilot. So wurden 25 Sekunden nach der Zündung zu geringe Korrekturen der Pitchachse vorgenommen und die Centaur Oberstufe begann zu taumeln. 30 Minuten vor dem Start wurde der Autopilot überprüft und funktionierte damals.

Man verschob den Start der Schwestersonde um einige Tage, um den Bordcomputer zu überprüfen. Er klappte dann am 30.5.1971. Der Start erfolgte direkt zum Mars, ohne vorher eine Parkbahn einzuschlagen. Trotzdem wurde die Transferbahn zum Mars mit hoher Genauigkeit erreicht. Während des Fluges von Mariner 9 zum Mars begann man auf der erde die mission neu zu planen, da man nun nur noch eine Sonde hatte.

Am 5.6.1971 in 1.34 Millionen km Entfernung von der Erde korrigierte Mariner 9 ihre Bahn um Startungenauigkeiten zu beheben. Die Sonde war so gestartet worden, dass sie an Mars vorbei flog, um bei einem Ausfall eine Kontamination zu vermeiden. Eine Korrektur der Geschwindigkeit um 6.7 m/s verlegte den Ankunftstag um 20 Stunden vom 14 auf den 13.11.1971 und damit in den Empfangsbereich der 64 m Antenne von Goldstone und führte die Sonde bis auf 1209 km an den Mars heran. Das Haupttriebwerk musste nur 5.11 Sekunden betrieben werden um die Geschwindigkeit um 6.731 m/s zu ändern.

Am 22.7.1971, als die Sonde schon 15.3 Millionen km von der Erde entfernt war und 142.5 Millionen km zurückgelegt hatte wurde das Programm für das Einschwenken in den Marsorbit übertragen. Dieses sollte, falls der Funkkontakt verloren ging automatisch vom Sequenzer am 13.11.1971 ausgeführt werden. Bis dahin empfing die Sonde 600 Kommandos. Als Orbit wurde damals ein 1200 x 16090 km Orbit mit einer Inklination von 65 Grad genannt. Er erlaubte 2 Überspielungen von Daten pro Tag. Im Originalplan hätten Mariner 8+9 zusammen 3 Überspielungen pro Tag vorgenommen.

Sandsünen in einem KraterAm 26.10.1971 gab es die zweite Kursänderung um letzte Abweichungen der Bahn zu kompensieren. Am 11. und 12.11.1971 übermittelte Mariner 9 beim Anflug zwei Serien von jeweils 30 Bilder des Mars.

Am 13.11.1971 zündete die Sonde ihre Triebwerk für 915.6 Sekunden und schwenkte in einen 1.397 × 17.616 km Orbit mit einer Inklination von 64.28 Grad ein. Die Umlaufsdauer betrug 12,567 Stunden. Als neue Herausforderung für die Navigation musste dabei ein 700 km breiter Korridor getroffen werden. Wäre die Sonde zu tief eingetaucht, so wären die Kameras beim marsnächsten Punkt mit der Bewegungskompensation überfordert gewesen und auch ein 12 Stunden Orbit wäre nicht möglich gewesen. Wäre die Sonde in zu hoher Entfernung abgebremst worden, so wäre ebenfalls kein 12 Stunden Orbit möglich gewesen. Der Orbit war ein Kompromiss zwischen den Anforderungen von Mariner 8 und 9 und dem Funkkontrakt zur Erde. Er war so ausgerichtet, dass die Sonde nach 17 Marstagen und 35 Umläufen wieder das gleiche Gebiet beobachten konnte.

Am 16.11.1971 wurde der Orbit angepasst um einen 12 Stunden Orbit zu erhalten. Sie war die erste Raumsonde, die in einen Orbit um einen anderen Planeten einschwenkte. Nun lag die Entfernung zwischen 1.387 × 17123 km bei 64.3 Grad Inklination und einer Umlaufszeit von 11.98 Stunden. Am 30.12.1971 erfolgte die letzte Änderung auf einen 1.653 x 16.915 km hohen Orbit mit einer Umlaufszeit von 11 Stunden 59 Minuten und 28 Sekunden. Dieser höhere Orbit ergab einer geringere Überlappung der Bilder beim marsnächsten Punkt und ein größeres Blickfeld, so dass die Sonde alleine das Primärziel der Kartierung absolvieren konnte. Seine Anpassung war nötig geworden, weil durch den Staubsturm man während der ersten Wochen keine Bilder machen konnte und durch eine größere Distanz deckten die Bilder nun eine größere Fläche ab. Zugleich sah man nun den Südpol unter einem 27 Grad Winkel. Bei der ersten Bahn betrug dieser nur 22 Grad. Die Kartierungsbahn erlaubte es vor allem die mittleren Breiten und den Äquator gut zu erfassen, die beiden Pole waren nur schräg oder in größerer Entfernung erfassbar.

Schon vor der Ankunft baute sich ein globaler Staubsturm auf, der Bilder weitgehend strukturlos machte, nur einige Vulkane wie Olympus Mons ragten aus der Staubwolke heraus. Er begann wie viele Staubstürme im Hellas Becken und war auch von der Erde aus gut beobachten. Es war der stärkste Staubsturm seit Jahrzehnten und bald sah man nichts mehr von der Oberfläche. Nur 4 Punkte waren zu sehen, die man zuerst nicht zuordnen konnte und in Anlehnung an die vier Marx Brothers Groucho, Harpo, Chico und Zeppo nannte. Erst später stellte sich heraus, dass es sich dabei um die Calderen der drei Tharsis Vulkane und Olympus Mons handelte. Temperaturmessungen zeigten, dass die Vulkancalderen 7 Grad wärmer waren als ihre Umgebung weil sie höher waren und dadurch der globale Staubsturm weniger Licht absorbieren konnte.

Aus dem Orbit heraus konnte die Sonde aber den Marsmond Phobos fotografieren, dessen Orbit sie kreuzte. sie stellte fest, dass dieser irreguläre Gestalt hat und von Kratern zerfurcht ist: Ein eingefangener Asteroid. Vom zweiten Marsmond Deimos gibt es nur grobe Aufnahmen, da die Sonde sich niemals mehr als bis auf einige Tausend Kilometer an den nur 20 km großen Mond näherte. Allerdings wurde der Schatten des Mondes auf der Oberfläche aufgenommen.

Der Sturm begann am 22.9.1971 und endete erst in de dritten Februarwoche des Jahres 1972. In dieser Zeit wurden einige wenige Farbbilder gewonnen, die einzigen während der ganzen Mission. Später verzichtete man darauf um den ganzen Mars in möglichst vielen Bildern zu erfassen. Die Sonden Mars 2+3 die zeitgleich in einen Orbit einschwenkten arbeiteten dagegen mit Film und hatten diesen verbraucht bevor sich der Staubsturm legte. Das Infrarotspektrometer IRIS konnte feststellen, dass der Staub vorwiegend aus silikatischen Partikeln bestand und von einem weitgehend differenzierten Gestein stammen musste. Einige Theorien über den Aufbau des Mars prognostizierten, dass dieser undifferenziert wäre, also sehr schnell erstarrt. Diese Theorien waren nun hinfällig.

SüdpolkappeAm 14.12.1971 gab es erste Ergebnisse zu vermelden. Zum einen ergaben die Temperaturmessungen, dass der Staub den Mars abkühlte. Er absorbierte Sonnenlicht in großer Höhe. Es konnte auch eine gelbe Wolke beobachtet werden die man bei Libya-Moeris Lacus nördlich des Äquators entdeckt hatte. Sie enthielt Wasserdampf im Spektrum und konnte über 1 Woche beobachtet werden, während sie sich mit durchschnittlich 100 km/h bewegte.

Ab Mitte Januar legte sich allmählich der Staub und die Sicht wurde klarer. Nun erkannte man die Natur der Vulkane und entdeckte auch weitere kleinere oder niedrig gelegen. Bis Ende Februar hatte man schon 20 Vulkane gefunden. Die früheren Vorstellungen nach den Vorbeiflügen von Mariner 4, 6 und 7 von einem geologisch inaktiven Mars mussten nun revidiert werden.

Die Mission von Mariner 9 musste nun auch die Vorgaben von Mariner 8 mit übernehmen, daher wurde die Bahn so gewählt, dass man die nördlichen Gebiete besser kartieren konnte, als dies ursprünglich geplant war. Die Zeit zwischen der Beobachtung von Detailregionen wurde von 5 auf 17 Tagen ausgedehnt. Jeden Tag machte die Sonde über 21 Stunden Aufnahmen (max. 36 Stück) auf den Bandrekorder und übertrug diese während 3 Stunden zur Erde. Auf der Erde lag die Empfangszeit zwischen 13 und 22 Uhr kalifornischer Zeit, wenn die 64 m Antenne in Goldstone genutzt werden konnte, Pro Tag lag so die maximale Ausbeute bei 60 Bildern. Meistens wurden die Aufnahmen nahe des marsnächsten Punktes gemacht. Schon im Juli 1971 bemerkte man ein Leck im Stickstofftank, der mit 176 Bar Druck für die Lageregelung diente. Dadurch war die Missionsdauer begrenzt, denn nun verlor die Sonde laufend Stickstoff und der Druck sank.

Am 31.1.1971 hatte die Sonde 158 Orbits um den Mars absolviert und 5174 Bilder seit dem Start übertragen. 21000 Kommandos waren zur Sonde übertragen worden.

Am 11.2.1972, nach den 90 Tagen Primärmission, verkündete die NASA, Mariner 9 hätte ihr Missionsziel erfüllt. Bis dahin hatte die Sonde 4 Zyklen von je 20 Tagen absolviert in denen sie den Mars von 65 Grad Süd bis 50 Grad Nord kartierte. Die Datenrate nahm von 16200 auf 2000 Bit/sec durch die größere Entfernung ab.

Vom 8.4.1972 bis 2.6.1972 musste man wegen der Konjunktion die wissenschaftlichen Aktivitäten einschränken, da die Sonde zwischen Mars und Erde stand. Gleichzeitig brauchte auch die Apollo 16 Mission die Antennen des DSN. Sehr früh in der Mission blieb nach 70 Tagen das Filterrad der Weitwinkelkamera stecken. Der Filter (ein Orange Filter mit Polarisation) war zwar für die Kartierung brauchbar, doch Farbaufnahmen gab es von nun an nicht mehr. Bei der Telekamera konnte man sich wegen des kleinen Blickfeldes den Luxus von Farbbildern nicht leisten, schließlich konnte man mit ihr höchstens einige Prozent der Oberfläche erfassen. Sie litt unter einer Defokusierung, wodurch die Bilder unscharf waren und hatte lange Belichtungszeiten. Zumeist nahmen die Bilder nur einen kleinen Teil der verfügbaren Helligkeitswerte ab, weil man die Belichtungszeit kurz wählte um nicht weitere Verschmierungen zu dem defokussierten Bild hinzufügen.

Kanal abgebildet von Mariner 9Ab dem Juni 1972 stand die Vorbereitung der Viking Missionen im Vordergrund und Mariner 9 erfasste vorwiegend potentielle Viking Landeplätze in höherer Auflösung. Später wurden interessante Gebiete besser erfasst. Die Entdeckung von Flussläufen und chaotischem Terrain, bei dem Eis unter der Oberfläche aufgeschmolzen sein muss und dabei Einbrüche hinterließ (Siehe Bild oben) deutete erstmals auf flüssiges Wasser hin und gab der Viking Mission neuen Auftrieb. Die verlängerte Missionszeit erlaubte es erstmals jahreszeitliche Veränderungen zu beobachten und der Nordpol der anfangs im Schatten lag bekam immer mehr Licht und konnte so auch noch kartographisch erfasst werden.

Nach 349 Tagen im Orbit war am 27.10.1972 das Druckgas erschöpft und die Sonde wurde abgeschaltet. Sie hatte bis dahin 7329 Bilder zur Erde übermittelt. Davon entstanden 5000 nach Ende des Staubsturms, das heißt auswertbare Bilder. Die Gesamtzahl der Informationen betrug 54 GBit - 27 mal mehr als alle vorherigen Missionen zusammen. 85 Prozent der Oberfläche waren in einer Auflösung von 1-2 km oder besser erfasst worden: Mariner 9 hatte alleine das gesamte Messprogramm von Mariner 8+9 absolviert und sogar mehr Daten geliefert als man sich von beiden Sonden erwartet hatte!

Aus 1500 Bildern konnte das JPL einen Marsglobus mit einer Auflösung von 1-2 km erstellen. Dazu wurden Fotos auf einen 1.2 m großen Marsglobus geklebt. 1-2 % der Oberfläche wurden mit 100 m Auflösung erfasst. Es wurden 1.500 Weitwinkelaufnahmen gewonnen, der Rest waren Teleaufnahmen mit Auflösungen von 100 bis 300 m, die aber wegen der kleineren Bildgröße nur 1-2% der Oberfläche zeigten. Die Bilder waren gut genug für eine globale Karte im Maßstab 1:5 Millionen (Anforderung: 1:25 Millionen). Ausschnitte gab es in Karten im Maßstab 1:1 Million und 1.250.000.

Die Fotos von Mariner 9 wurden auf dem Boden noch von den Bildschirmen abfotografiert. (Siehe oben). Dies war die damals schnellste Art der Auswertung. Digital wurden die Daten auf 335 Magnetbändern mit einer Dichte von 6250 Bit/Zoll archiviert und später nach und nach verarbeitet. Anfang der neunziger Jahre wurden die Originalbandaufnahmen ausgelesen und auf WORM gesichert. Unter folgender URL kann man auf die Originalaufnahmen zugreifen.

Phobos, beste AufnahmeWeiterhin hatte man nun genaue Vorstellung von der Marsatmosphäre, den globalen Temperaturen und ihrem Tages- und jahreszeitlichen Veränderungen. Nachdem Mariner 4,6,7 den Mars wüst präsentierten, entdeckte man auf den Mariner 9 Bildern Spuren von Flüssigkeit (ausgetrocknete Flüsse), Vulkane bis 27 km Höhe und das Valles Marineris, einen 4000 km langes Canyon System, das nach den Mariner Sonden benannt wurde. Erstaunlicherweise ist dieser riesige Grabenbruch allen irdischen Beobachtungen entgangen.

Die Missionskosten der Mariner 8+9 Mission betrugen durch Verwendung von Teilen der Mariner Mars 69 Mission nur 137 Millionen Dollar. Die Trägerraketen sind dabei nicht enthalten. Sie kostete weitere 10 Millionen USD pro Stück. (129 Millionen USD für die Primärmission und 8 Millionen Dollar für die Verlängerung). Die Umlaufbahn der Sonde wird noch mindestens bis zum Jahr 2022 stabil bleiben. Die Kartierung des Mars und die Druck und Temperaturprofile der Atmosphäre ebneten den Weg für die Viking Mission: Die Auswahl der Landeplätze und den Ablauf der Landung wurden durch die Ergebnisse von Mariner 9 bestimmt. Nicht zuletzt verwandte die Mariner 10 Sonde Technologien der Sonde und konnte dadurch preiswert realisiert werden. Auch Magellan bediente sich der Sonde. 18 Jahre nach Mariner 9 startete Magellan mit einer von den Sonden übrig gebliebenen Mittelgewinnantenne.

Die Bilder von Mariner 9 können heute über das PDS Archiv heruntergeladen werden. Mein Voyager Bilderkonverter kann das dort vorliegende Format entschlüsseln und in GIF, JPG oder PNG umwandeln. Die abgebildeten Bilder wurden nur von Pixelfehlern befreit (durch den Cassini Image Verbesserer) und in der Helligkeit (Skalierung auf 0..255 Grauwerte) angepasst und modert über eine unscharfe Maske mit Radius 2 nachgeschärft.
Parameter Wert
Genehmigt: 14.11.1968
Start: 8.5.1971 Mariner 8
30.5.1971 Mariner 9
Ankunft: 13.11.1971
Missionsende 27.10.1972
Bilder: 7.329
Gesamtkosten: 129 Millionen Dollar Primärmission, 8 Millionen Dollar Verlängerung, 20 Millionen Dollar Trägerraketen
Startmasse: 998 kg
Trockenmasse: 544 kg

Links

NSSC Informationen Mariner 8

NSSC Informationen Mariner 9

On Mars: Exploration of the Red Planet

PDS Archiv Mariner 9

JPL Press Releases 1970-1979

https://ntrs.nasa.gov/archive/nasa/casi.ntrs.nasa.gov/19730003068.pdf

Press Kit Mariner Mars 1971

Artikel zuletzt geändert am 7.12.2016


© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.

Bücher vom Autor über Raumsonden

Lang Zeit gab es von mir nur ein Buch über Raumsonden: die beiden Mars-Raumsonden des Jahres 2011, Phobos Grunt und dem Mars Science Laboratory. Während die russische Raumsonde mittlerweile auf dem Grund des Pazifiks ruht, hat für Curiosity die Mission erst bekommen. Das Buch informiert über die Projektgeschichte, den technischen Aufbau der Sonden und ihrer Experimente, die geplante Mission und Zielsetzungen. Die Mission von Curiosity ist bis nach der Landung (Sol 10) dokumentiert. Einsteiger profitieren von Kapiteln, welche die bisherige Marsforschung skizzieren, die Funktionsweise der Instrumente erklären aber auch die Frage erläutern wie wahrscheinlich Leben auf dem Mars ist.

2018 wurde dies durch zwei Lexika, im Stille der schon existierenden Bücher über Trägerraketen ergänzt. Jedes Raumsonden Programm wird auf durchschnittlich sechs bis acht Seiten vorgestellt, ergänzt durch eine Tabelle mit den wichtigsten zeitlichen und technischen Daten und Fotos der Raumsonde, bzw., Fotos die sie aufgenommen hat. Ich habe weil es in einen band nicht rein geht eine Trennung im Jahr 1990 gemacht. Alle Programme vorher gibt es in Band 1. Die folgenden ab 1990 gestarteten dann in Band 2. In Band 2 ist ein Raumsonden Programm meist eine Einzelsonde (Ausnahme MER). In Band 1 dagegen ein Vorhaben das damals zumeist aus Doppelstarts bestand, oft auch mehr wie z.B. neun Ranger oder sieben Surveyor. Beide Bänder sind etwa 400 Seiten stark. In Band 1 gibt es noch eine gemeinsame Einführung für beide Bände über Himmelsmechanik und Technik der Instrumente. Beide Bände haben einen Anhang mit Startlisten, Kosten von Raumsonden und Erfolgsstatistiken. Band 2 hatte Redaktionsschluss im Januar 2018 und enthält die für 2018 geplanten Missionen über die es genügend Daten gab.

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