Dieser Artikel entstand aus der Recherche für mein Buch über das Mercuryprogramm. Beim Mercury wurde einmal absichtlich (und zweimal unabsichtlich) der Rettungsturm von Meereshöhe aus gestartet. Damals waren Explosionen auf der Startrampe noch sehr häufig und daher fand dieser Test statt. Ich habe deswegen im Buch zwei Atlasexplosionen auf der Startrampe erwähnt und das ist heute auch das Thema des Blogs.
Ich muss sagen, ich habe den Umfang sträflich unterschätzt. Mir fielen spontan vier Ereignisse aus den letzten zwei Jahrzehnten ein: Der Explosion einer Sealaunch 2006, einer VLS 2002 und die beiden neueren von Antares 2014 und SpaceX 2016. Bei der Recherche kam ich bald auf Dutzende von Fehlstarts und Explosionen auf der Startrampe.
Auch wenn der Schaden meist gleich hoch ist, muss man zwischen der Explosion auf der Startrampe also noch vor dem Abheben und darüber unterscheiden. In den Fünfzigern und frühen Sechziger war die Zuverlässigkeit von Raketentriebwerken noch sehr niedrig. Besonders häufig gab es Verbrennungsinstabilitäten, die im Extremfall zu einer Triebwerksexplosion führen konnten, aber meistens eher dazu, dass das Sicherheitssystem einschritt und das Triebwerk abschaltete. Das ging auch damals ohne Computer relativ einfach. Es gab einen Druckmesser, der aktiv wurde, sobald die Rakete abhob und schwankte der Brennkammerdruck so sank die Spannung, die aus dem Druck generiert wurde, ab und erfolgte dies so schaltet ein Relais die Treibstoffzufuhr ab. Wenn das wenige Meter über der Startrampe erfolgt, dann fällt sie durch den zu kleinen Schub auf die Startrampe zurück und explodiert. Auch ohne Abschaltung entwickeln Raketen mit Verbrennungsinstabilität meist zu wenig Schub und fallen dann auf die Startrampe zurück.
Dagegen ging man schon damals davon aus, dass eine Rakete auch bei einem Probecountdown nicht einfach so explodiert oder vor einem Start explodiert. Das war auch damals schon bemerkenswert. Daher habe ich meine Liste in zwei Teile unterteilt: Explosionen, bevor die Rakete abgehoben hat und Explosionen, nachdem sie abhob. Auf der anderen Seite muss man natürlich noch unterscheiden, wann man eine Explosion nicht mehr zu dieser frühen Phase zählt. Rein formal kann man die Passage des Startturms als Kriterium nehmen. Ich habe es etwas weiter genommen: ich zähle auch Starts dazu die in der frühen Phase scheiterten, wenn es Schäden an der Startbasis gab.
Naturgemäß entfallen die meisten Katastrophen auf die USA. Sie traten in der Frühphase der Raumfahrt viel häufiger als später auf. Von russischen Katastrophen weis man nur wenig, zumal die meisten russischen Starts militärischer Natur sind. Erfreulich: kein europäischer Start ist in dieser Liste.
3.5.1954: Die dritte Redstone steht auf dem Pad LC-4 am Cape, als sie beim Start explodiert. Die Auswertung der Telemetrie zeigt, dass Schlamperei bei der Fertigung die Ursache war. Wernher von Braun führt ein rigides Qualitätsmanagement ein, das er in Folge bei allen Raketen beibehält, auch wenn es Widerstände gegen einige Maßnahmen gab (beim Mercuryprogramm lies er z-.B. alle Redstones von Chrysler nach Huntsville transportieren und testete sie dort auf Herz und Nieren, bevor sie an die NASA ausgeliefert wurden, das hielt man bei Space Task Group für überflüssig).
22.5.1957: Die dritte Thor Mittelstreckenrakete, Nr. 103 stand bei einem Vorbereitungstest auf der Rampe 17B (die schon vier Monate vorher durch einen Start beschädigt wurde) als ein Ventil für die Entlüftung des Sauerstofftanks stecken blieb. Dadurch wurde der Überdruck nicht abgelassen und der Sauerstofftank explodierte durch den Überdruck. Pad 17B im Cape war bis September 1957 nicht verfügbar.
25.9.1959: Eine Atlas 9C hatte eine 24 s lang dauernden statischen Test auf der Startrampe LC12. Sie sollte wenige Tage später die erste Raumsonde des Atlas Able Programms starten. Das Zünden der Triebwerke verlief zwar ohne Problem, aber eine Treibstoffleitung brach und der heraustretende Treibstoff entzündete sich. Die Atlas 9C explodierte und die Startbasis 12 musste acht Monate lang wieder instand gesetzt werden.
12.12.1959: Eine Titan I C-3 stand auf dem Pad 16 vor dem Start. Bevor sie abhob, aber nach Zünden der Triebwerke lösten die Vibrationen das Relay aus, das die Selbstzerstörung initiierte und die Titan explodierte auf der Startrampe. Die gezielte Sprengung verursachte weniger Schaden, da dabei die Treibstoffe kontrolliert verbrennen, anstatt sich zuerst zu durchmischen und dann ein explosives Gemisch zu bilden, als eine unkontrollierte Explosion, denn der nächste Start fand schon zwei Monate später statt.
5.3.1960: Bei einer Befüllungsübung explodierte auf der Vandenberg Air Force Base die Atlas 19D auf der Rampe 576-A1 als ein Feuer ausbrach.
8.4.1960: Weniger als vier Wochen nach der Explosion von Atlas 51D später zerstörte die Atlas 48D die Nachbarrampe LC11 am Cape. Sie hob diesmal nicht ab. Es gab eine Explosion in der Antriebssektion. Der Antrieb wurde daher abgeschaltet und brannte 60 s lang vor sich hin, bis auch die Treibstofftanks explodierten. Der Schaden war etwas kleiner als bei der Atlas 51D. Die Startrampe LC11 war schon drei Monate später wieder bereit für den nächsten Start.
24.10.1960: Diese Explosion hat sogar einen Namen, das Nedelin-Desaster. Eine R-16 ICBM wurde für einen Testflug vorbereitet, als es Probleme mit der Elektronik der Rakete gab. Anstatt die Rakete mit hypergolischen, giftigen Treibstoffen zu enttanken, befall der General Nedelin, Befehlshaber der Raketenstreitkräfte, dass man die Reparaturen an der betankten Rakete durchführte, und überwachte dies persönlich von einem Stuhl neben der Startrampe aus. Ein übermüdeter Techniker legte aus Versehen einen Schalter um und zündete damit die zweite Stufe, die sich wie ein Schneidbrenner durch die erste Stufe fraß und sie zur Explosion brachte. Bei dem Unglück wurden 90 Personen getötet, inklusive Nedelin, von dem man nur noch seinen Orden „Held der Sowjetunion“ fand. Offiziell kamen sie bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Die Rampe wurde nicht wieder aufgebaut und ist seit 1961 nationales Denkmal für die Opfer. Es ist unter allen Unglücken die Katastrophe mit der höchsten Zahl an Todesopfern.
3.12.1960: Die USAF baute das Titan Operational Suitability Test Facility (OSTF) als Prototyp für die späteren Silos. Am 3.12.1960 wurde eine Titan I, Nr. V-2 für Tests des Konzepts aufgetankt. Sie wurde dann mit den vollen Tanks mit dem Aufzug herausgefahren (der Start erfolgte bei der Titan I nicht aus dem Silo heraus), die Ventile geöffnet und der Druck abgebaut. Nun sollte sie mit dem Aufzug wieder in das Silo heruntergelassen werden, wo man den Treibstoff wieder abpumpte. Dabei versagte der Aufzug und die Titan fiel 48 m tief und explodierte in einem Feuerball. Das OSTF wurde nach der Katastrophe niemals fertiggestellt und es verblieb nur ein Loch im Boden.
25.7.1962: Eine Thor sollte mit einem Atomsprengkopf bei de Operation Fishbowl starten und diesen in der Stratosphäre zünden. Kurz nach dem Zünden versagte das Sauerstoffventil und das Kerosin entzündete sich in der heißen Brennkammer. Die Rakete wurde vom Sicherheitsoffizier auf der Startrampe gesprengt und mit ihr der der thermonukleare Sprengkopf. Die gesamte Area musste von dem Plutonium aufwendig gereinigt werden.
1.5.1963: Die letzte Titan I Entwicklungsrakete V-4 sollte vom Pad 395-A1 in Vandenberg abheben, doch die Triebwerke lieferten zu wenig Schub. Die Rakete kippte um und explodierte. Die Reparatur dauerte zwei Monate.
11.5.1963 eine Atlas D Agena sitzt bei einem Prelaunchcheck auf der Rampe. Auf ihr eine Agena D Oberstufe und ein GAMBIT Spionagesatellit. Da wird der obere Sauerstofftank entleert. Ohne Hereinpumpen von Helium (Leitung blockiert) sank der Druck im Tank und durch das Gewicht von Oberstufe und Nutzlast (zusammen rund 10 t) kollabierte er. Man sieht auf den Filmaufnahmen wie sich die Oberstufe mit Nutzlasthülle zuerst neigt dann zur Erde fällt. Es grenzt an ein Wunder, das der dabei beschädigte und noch volle Kerosintank keine Explosion auslöste, sondern nur 40 t Kerosin sich über die Rampe verteilten.
Das innendruckstabilisierte Konzept der Atlas erwies sich als sehr anfällig. Einige Atlas fielen zusammen, als die Innendruckstabilisierung ausfiel, darunter ein Exemplar in einem Museum. Daneben musste man beim Betanken und Enttanken genau auf den richtigen Druckunterschied achten, sonst konnte der gemeinsame Zwischentankboden in Richtung Sauerstoff oder Kerosin durchbrechen. Das passierte viermal bei den Atlas 5C, 7D, 5D, und 81D.
4.10.1963: Die Atlas 45F sollte von der Rampe 576G der Vandenberg Air Force Base abheben, doch bei einem der beiden Boostertriebwerke (B2) versagte die Treibstoffzufuhr. Ohne das Triebwerk fehlte der Schub zum Abheben und durch den asymmetrischen Schub kippte die Atlas nach rechts weg. Da sie so rechts des Silos explodierte, war die Startrampe nach 10 Wochen wieder startbereit.
3.4.1964: Einmal ist keinmal: Von derselben Rampe, 576G startete diesmal die Atlas 3F. Einziger Unterschied: diesmal zündete Triebwerk B1 nicht, sodass die Rakete nach links anstatt rechts wegkippte. Diesmal dauerte die Reparatur von 576G sechs Monate.
14.11.1966: Teststart des Sojus Raumschiffes. Vor dem Abheben entdeckte das Überwachungssystem Probleme mit dem B+W Außenblöcken und brach den Start ab. Als die Bodenmannschaften die Rakete enttanken wollten, löste der Fluchtturm nach 27 Minuten aus und ein Feuer brach im Oberteil der Sojus aus. Die Rakete war zwar deaktiviert, doch die Gyroskope rotierten weiter und verloren langsam die räumliche Orientierung. Als die Abweichung vom Vorgabewinkel 7 Grad betrug, löste der Rettungsturm SAS aus. Die 32 Sprengbolzen zerstörten eine Leitung mit entzündlicher Kühlflüssigkeit, welche das Feuer auslöste. Es gab keine große Explosion aber mehrere kleinere und der Brand wütete über 2 Minuten. Es gab mehrere Verletzte aber keine Toten bei der Katastrophe.
18.3.1980: Eine Wostok mit einem Tselina-O Satelliten explodiert, als die Rakete aufgetankt wird. Schaden an der Rampe 43/4 in Plessezk.
22.3.2002: Bei Arbeiten an der VLS, drei Tage vor dem dritten Start explodiert ein Feststoffmotor. Nicht nur das Pad wird zerstört, sondern auch 21 Arbeiter getötet. Ein Jahr später wird das Programm eingestellt.
1.9.2016: Falcon 9: Eine Falcon 9 „Full Thrust“ wurde auf Pad LC40 am Cape für einen Hotfire Test vorbereitet, als von der Oberstufe ein Flammenball ausging. Später sieht man Satellit und Nutzlasthülle herunterfallen, während aus dem Flammenball eine Explosion wird. Die Zündung des Triebwerks stand noch aus und sollte in 5 Minuten erfolgen. Der israelische Kommunikationssatellit Amos 6 war schon auf die Rakete montiert und ging verloren. Eine eingehende Untersuchung zeigte, dass eine Heliumflasche aus einem Kern aus Aluminium und einem Überzug aus Kohlefaserverbundwerkstoffen die Ursache war. Es soll sich Sauerstoff zwischen den beiden Schichten angesammelt und entzündet haben. Die Fertigung der Flaschen wurde danach überarbeitet und das Helium wärmer eingefüllt um den Sauerstoff, wenn es ihn noch gibt zu verdampfen. Die Firma setzte ihre Starts für fünf Monate aus und das Pad 40 wurde sogar erst nach 17 Monaten erneut genutzt.
26.1.1957 die erste Thor Mittelstreckenrakete hatte gerade abgehoben, als das Triebwerk ausfiel und die Thor zurückfiel und explodierte. Die Rampe 17B war jedoch nicht stark beschädigt und im April 1957 wieder verfügbar. Die Ursache wurde erst später klar, als man bei Aufnahmen entdeckte, wie die Mannschaft einen Sauerstofffilter durch eine sandige Gegend schleppten, ohne das er versiegelt war. Dadurch blockierten Fremdkörper die Treibstoffventile.
3.10.1957: Der fünfte Thor Test fand diesmal von der Nachbarrampe LC 17A vom Cape aus statt. Erneut schaltete das Triebwerk nahezu sofort nach dem Abheben ab und die Rakete fiel auf die Rampe zurück. Ursache war das sich ein Ventil zum Gasgenerator nicht geöffnet hatte. Der Schaden war gering, schon 21 Tage später fand der nächste Test einer Thor von A7A aus statt.
6.12.1957: die erste live übertragene Explosion: Die Vanguard sollte ihren ersten Satelliten starten, als nach 1 s das Triebwerk ausfiel und sie aus 2 m Höhe auf die Startrampe zurückfiel. Der Satellit wurde neben dem Pad gefunden – er sandte sogar Daten. Das Presseecho war verheerend, wobei sich die Blätter darin überboten, „nik“ an ein Wort anzuhängen, so war vom Exlodenik, Flopnik und Kaputtnik die Rede.
19.4.1958. Pad 17B ist die erste Startrampe, die hier dreimal auftaucht. Die Thor 105 hob ab, und das Triebwerk fiel unmittelbar nach dem Abheben aus. Diesmal war die Ursache eine gebrochene Treibstoffleitung. Zwei Monate dauerten die Reparaturarbeiten.
14.8.1959: Eine Titan I, Nr. B-5 hob von der Startrampe LC 19 vom Cape ab, doch vorzeitig, bevor alle Verbindungen zum Boden gekappt waren. Nach 2,87 s wurde dann eine noch nicht abgetrennte Verbindungsleitung durchrissen und die fehlende Erdung führte zum vorzeitigen Brennschluss der Triebwerke. Die Rampe LC19 wurde schwer beschädigt und war 6 Monate lang außer Betrieb.
11.3.1960: Die nächste, von einer Atlas zerstörte, Rampe war das Nachbarpad LC 13. Die Atlas 51D hob ab, doch als sie gerade mal 2 m über dem Boden war, hatte das Boostertriebwerk B2 eine Verbrennungsinstabilität und durch den absinkenden Schub fiel sie auf die Startrampe zurück. Die Explosion zerstörte LC 13 und die Reparatur dauerte sieben Monate. Es gibt auch Berichte, dass sie durch den Sicherheitsoffizier gesprengt wurde.
16.4.1960: Luna E-3 Nr.2: Eine Schwestersonde der Luna 3 Sonde startete mit einer Luna (8K72, Seriennummer 9). Die Booster entwickelten nur 75 % des Schubs und gemäß ihrer Auslegung lösen sich die Verbindungen, wenn der Schub unterhalb der Hauptstufe ist. Die vier Booster fielen ab und die Zentralstufe fiel nach 10 s auf das Pad 1. Nach einem Monat fand aber schon der nächste Start statt.
9.9.1960: Der Start des militärischen Satelliten SAMOS 3 von Point Arguello stand an. Die Atlas Agena B (106D / 2202) hatte gerade von der Startrampe LC 1-1 abgehoben, etwa 1 m, als eine nicht abgetrennte Leitung das Steuersystem zum umschalten auf externe Stromversorgung brachte, die aber schon abgetrennt war, mit der folge, dass die Triebwerke abgeschaltet wurden und die Rakete aus 1 m Höhe wieder auf die Rampe fiel und explodierte. Neun Wochen später wurde von derselben Rampe Samos 4 gestartet.
7.6.1961: Erneut scheitert eine Atlas, diesmal von der Vandenberg Air Force Base aus gestartet. Diesmal war es die erste operationale Atlas E, Nr. 27E. Auch hier war die Ursache eine Verbrennungsinstabilität in den Boostertriebwerken. Die Startrampe 476F war für neun Monate außer Betrieb.
9.4.1962: Nun erwischte es auch die Atlas Rampe 11 auf dem Cape. Die Atlas 11F hatte gerade abgehoben, als das zentrale Sustainertriebwerk explodierte und die ganze Rakete in einem Feuerball endete. Startrampe 11 benötigte drei Monate für die Reparatur.
1.6.1962: Start des militärischen Satelliten Zenit 2 mit einer Wostok. Die Rakete schaltete nach 1,8 s ab und schlug 300 m neben der Startrampe auf.
10.7.1963: Erneuter Start eines Zenit 2 Satelliten mit einer Wostok. Auch hier löst die Notabschaltung nach nur 1,5 s aus und die Startrampe wurde stark beschädigt. Es erfolgte der nächste Start nach 3 Monaten.
20.7.1963: Auch Feststoffraketen können versagen. Die Scout X-3A startete vom Pad 3A in Wallops Island. Schon nach 2,5 s in rund 70 m Höhe geriet die erste Stufe außer Kontrolle, die Rakete rotierte und Stufe 1 und 2 flogen weg, Stufe 3 und 4 direkt auf das Pad, wo sie verbrannten. Ursache waren „mangelhafte Fertigungsmethoden“ der ersten Stufe. Die Starts wurden zwei Monate ausgesetzt, in denen die ersten Stufen der Scout überprüft wurden.
2.3.1965: Die vierte Atlas Centaur (AC-5, es gibt keine AC-1) hob von der Rampe 36A ab, als nach 0,88 s das Ventil für die Haupttreibstoffzufuhr versagte und die Rakete auf die Startrampe zurückfiel und in einer Atompilz-artigen Explosion aufging. Der nächste Start von Rampe 36A fand erst nach 16 Monaten statt.
3.7.1969: Die wohl größte Bodenexplosion war die der N-1 Nr. 5L. Die zweite russische Mondrakete hatte gerade abgehoben als nach 10 s in 100 m Höhe 29 der 30 Triebwerke abgeschaltet wurden. Die Explosion zerstörte nicht nur die Rampe, die niemals wieder aufgebaut wurde, sondern auch die Nachbarrampe wurde schwer beschädigt. In Werkhallen und Hangars, noch bis zu 40 km von der Startrampe entfernt brachen durch den Winddruck die Fensterscheiben, Stücke der Rakete wurden noch in 11 km Entfernung gefunden, selbst große Brocken wie ein 400 kg schwerer Gasbehälter noch in 10 km Entfernung. Ursache war die Explosion der Turbopumpe von Triebwerk 8 eine Viertelsekunde vor dem Abheben. Die Rakete hob ab, doch die Splitter der Explosion hatten zahlreiche Treibstoffleitungen beschädigt. Es brach ein Brand aus und das Überwachungssystem KORD das die Triebwerke überwachte schaltete sie nach 10 s ab, weil die Parameter außerhalb der Vorgabe waren.
18.9.1980: Bei Routinearbeiten an einer Titan II in dem Raketensilo 374-7 fiel einem Arbeiter ein Steckschlüssel aus der Hand. Er traf nach 2,5 m Flug die Rakete, die daraufhin Treibstoff aus dem oberen Hydrazintank verlor. Es bildete sich bald ein toxischer Nebel und nach 30 Minuten wurde die Mannschaft aus dem Silo evakuiert, nach 90 Minuten auch Zivilisten aus der Umgebung. Einen Tag später sollten zwei Männer das Silo inspizieren. Sie öffneten nur die äußere Schleuse, da die Luft nach den Messwerten nicht atembar war. Sie warteten gerade auf weitere Instruktionen, als die Rakete explodierte. Der 740 t schwere Deckel wurde 61 m hoch in die Luft geschleudert und landete 200 m neben dem Silo, der W53 Sprengkopf 30 m daneben.21 Personen wurden verletzt. Der Abriss des Silos hätte 20 Millionen Dollar gekostet, eine Wiederherstellung sogar 225 Millionen Dollar. Die USAF hatte eine billigere Lösung – sie schüttete das Silo einfach zu.
15.5.1982: Explosion einer Sojus-U mit einem Zenit Spionagesatelliten.
26.9.1983: Die einzige bemannte Mission auf der Liste. 90 s vor dem Start von Sojus T10 entwich vor dem Abheben Treibstoff aus der Rakete der Feuer fing. Man aktivierte das Rettungssystem, doch die Kabel waren schon durchtrennt. Erst 20 s nach dem Entdecken des Brands gelang es das System durch Funkkommando zu aktivieren. Die Besatzung wurde durch den Fluchtturm gerettet und 4 km neben dem Pad geborgen. Kurz nach dem Auslösen des Fluchtturms explodierte die Rakete. Für mich seltsam an dem Vorfall ist, dass die Besatzung die Fluchtrakete nicht auslösen konnte.
18.4.1986: Eine Titan 34D mit dem letzten Hexagon Satelliten (Nr.20) hebt von der Vandenberg Air Force Base ab. Es ist die neunte Titan 34D und der erste Flug nach einem Fehlstart im letzten Jahr am 28.8.1985. Die Telemetrie ergab eine abnormale Situation 8,38 s nach dem Start. Ein Feststoffbooster explodierte 8,76 s nach dem Start. Die Treibwerke wurden 15,46 s nach dem Start abgeschaltet und die Selbstzerstörung nach 16.38 s ausgelöst. Das erfolgte in wenigen Hundert Metern Höhe sodass die brennenden Bruchstücke zahlreiche isolierte Feuer in einem Radius von 800 m verursachten. Daneben wurde auch die Rampe beschädigt und 57 Personen verletzt. Beide Rampen SLC 4E und 4W wurden beschädigt, vor allem aber andere Gebäude. der Schaden wurde im Untersuchungsbericht auf 70 Millionen Dollar geschätzt. Ursache war das sich ein Teil der Isolierung aus einem gummiartigen Material nahe der Verbindung von zwei Segmenten gelöst hatte und so die heißen Verbrennungsgase die Verbindung durchbrennen konnten. der synthetische Gummi verkohlte beim normalen Betrieb und der entstehende Überzug aus Graphit verhinderte eine Beschädigung der Stahlhülle. Die meisten Verletzten gab es durch die Abgaswolke nicht die Explosion. Seitdem wird mehr auf die Wetterbedingungen beim Start von Titan Raketen geachtet.
18.6.1987: Beim Start eines Resurs Satelliten mit einer Wostok wird die Startrampe 43/3 stark in Plessezk beschädigt. Der nächste Start fand erst nach 18 Monaten statt.
27.8.1988: Beim erneuten Start eines Resurs Satelliten fällt die Rakete 50 m vom Pad entfernt in den Wald und richtet beim Nachbarpad 43/4 in Plessezk großen Schaden an.
4.10.1990: Start von Tselina 2 mit einer Zenit fällt das Triebwerk RD-171 nach 2,44 s aus. Die Rampe 45 wurde vollständig zerstört und nie wieder aufgebaut.
20.12.2002: Eine Sojus-U hob mit dem Foton M1 Raumschiff zu einer von der ESA bezahlten Mission ab. Acht Sekunden nach dem Start löst sich ein Seitenbooster ab, da sein Triebwerk durch einen Fremdkörper in der Turbopumpe ausfiel, ohne den Schub stürzte die Sojus ab und schlug nach 20 s neben dem Pad auf. Der abgefallene Booster richtete geringen Schaden am Pad an. Es gab trotzdem ein Todesopfer: ein 20-jähriger Soldat beobachtete den Start aus geringer Distanz und wurde von der Explosion getötet.
30.1.2007: Eine SeaLaunch Zenit (SL24) hob mit dem Kommunikationssatelliten NSS-8 ab, explodierte nach Videoaufnahmen aber dabei. Da der Start kommerziell war, gab es nur wenige Details, doch nach unbestätigten russischen Quellen soll das Haupttriebwerk RD-171 nur 80 % des Schubs erreicht haben und die Rakete nur 8,5 cm abgehoben haben und dann nach rechts gekippt sein. Das Triebwerk scheint länger als die Rakete gearbeitet zu haben, denn von ihm empfing man noch 3,9 s nach dem Abheben Telemetrie. Der Fehlstart hatte große Auswirkungen auf das Geschäft von Sea Launch die keine neuen Aufträge gewinnen konnten und ein Jahr später Gläubigerschutz beantragen mussten.
28.10.2014: Antares. Eine Antares 130 (Nr. 5) hob mit dem Raumschiff SS Deke Slayton ab. Sie verlor unmittelbar nach dem Start an Schub und sank wieder herab und wurde noch vor dem Aufschlag durch den Sicherheitsoffizier gesprengt. So war es zwar eine beeindruckende Explosion, aber die Schäden am Pad 0A hielten sich in Grenzen. Sie kosteten „nur“ 20 Millionen Dollar, der Start dagegen 200 Millionen Dollar. Der Abschlussbericht der NASA konnte die genaue Ursache nicht klären, aber wahrscheinlich hat ein kleiner Fremdkörper die Turbopumpe eines Triebwerks zur Explosion gebracht. Schon vorher vielen die Triebwerke, die von der russischen Mondrakete N-1 stammten, bei Tests im Stennis Testcenter durch Probleme auf. Orbital machte dagegen die Russen für den Fehler verantwortlich die das Triebwerk im Jahr 2006 an die US-Firma Aerojet verkauften. Orbital Sciences wechselte das Triebwerk aus und setzt seitdem das RD-191 ein, eine Variante des RD-190 der Angara.
Relativ selten, aber schön anzuschauen sind Starts, bei denen die Rakete vom Start weg die Kontrolle verliert. Sie macht dann meistens einen Looping. So geschehen bei dem Start einer Juno II am 16.7.1959 (Seriennummer AM-16). Ein Gleichstrom in Wechselstromkonverter versagte und die Rakete drehte sich vom Start weg und wurde nach 5,5 s gesprengt.
Denselben Effekt erhält man, wenn man Beschleunigungsvermögen verkehrt herum einbaut. So geschehen am 2.7.2013 bei einer Proton mit dem Glonass-M Satelliten Nr. 48. Obwohl diese schon vor dem Aufschlag auseinanderbrach und es genügend Zeit gab, sie zu sprengen erfolgte das nicht. Warum? Nun nach den vielen Explosionen von Raketen nahe des Pads wird das Selbstzerstörungssystem der Proton erst 30 s nach dem Start aktiv um eine Explosion über der Startrampe zu verhindern ….
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© des Textes: Bernd Leitenberger. Jede Veröffentlichung dieses Textes im Ganzen oder in Auszügen darf nur mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.
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